Udenheim in Rheinhessen

Die Bergkirche bei Udenheim

Bildstrecke zur Bergkirche[Bild: Stefan Dumont]

Die Pfarrei Udenheim, die im Erzbistum Mainz lag, wird im Jahre 1250 erwähnt. Weiteren Urkunden ist zu entnehmen, dass von 1527-1685 die gesamte Gemeinde lutherisch blieb. Nach dem Friedensvertrag von Münster und Osnabrück im Jahre 1648 wurde 1685 in Udenheim das Simultaneum durch den Ortsherren Köth von Wanscheid eingeführt. Dieses Simultaneum bezog sich ausschließlich auf die Konfessionen, nicht aber auf die kirchlichen Gebäude. Seit dem Jahr 1685 fanden in der Bergkirche evangelische und katholische Gottesdienste statt, die bedauerlicherweise zu schwierigen Auseinandersetzungen zwischen den Konfessionen führten.

Die Evangelischen protestierten sogar beim Reichstag in Regensburg und beim Reichskammergericht in Wetzlar gegen die harten Bedrückungen, die sie durch den Ortsherren Johann Philipp Köth von Wanscheid erlitten. Bis zum Jahre 1796 hingen drei Glocken in der Bergkirche, die zu Kriegszwecken von den Franzosen eingeschmolzen wurden. In den Jahren 1874/75 entstand eine Besonderheit in der Ortsgemeinde Udenheim: Nachdem die evangelische Gemeinde einen Platz gekauft hatte, wurde in der Ortsmitte der 28 Meter hohe Glockenturm erbaut, der noch heute zu den Gottesdiensten ruft. Seit dem 15. September 1986 läutet in der Bergkirche im Westturm eine neue Bronze "Vater-Unser" Glocke.

Das 1685 zwangsweise eingeführte Simultaneum wurde durch einen Vertrag zwischen evangelischen und der katholischen Kirchengemeinde am 2. Juli 1959 friedlich abgelöst. Seit dieser Zeit ist die Bergkirche Alleineigentum der evangelischen Kirchengemeinde. Nicht nur des kunsthistorisch bedeutsamen Gebäudes wegen ist Udenheim bei Kennern ein Begriff, sondern auch das Udenheimer Kruzifix aus dem 12. Jahrhundert, das seit der Aufhebung des Simultaneums in der Godehart-Kapelle im Mainzer Dom aufbewahrt wird, gilt als eines der qualitätvollsten seiner Art.

Baubeschreibung

Innenraum der Bergkirche.[Bild: Stefan Dumont]

Den ältesten Teil stellt der dreigeschossige Westturm dar, der aus dem 12. Jahrhundert stammt. Während der Turm von drei romanischen Fenstern im 2. Obergeschoß belichtet wird, hat er eine spätgotische Tür, die heute wieder den Haupteingang bildet. Lange diente der quadratische Turmeingang als Kohlenkeller. Die Kreuzrippengewölbe des Westturmes sind mit prächtigen Schlusssteinen verziert, die die Jahreszahlen 1518 bzw. 1527 tragen. Der sich im Erdgeschoß befindliche mit Trauben- und Laubornamenten verzierte Stein passt vorzüglich zur Weinlandschaft. Betritt man nun den Gottesdienstraum durch den spätgotisch erneuerten Rundbogen, so befindet man sich im 10 m langen und 9 m breiten einschiffigen Saalraum des Langhauses, das seine Form nach einem Brand 1689 erhielt. An jeder Seite spenden zwei spätgotische Maßwerkfenster mit Mittelpfosten und sechssteiligem Rautenstern ausreichend Licht. Das linke spitzbogige Portal an der Nordwand stellt, zur Zeit den Ausgang dar, rechts erkennt man an der Südwand zwei Pfeiler, deren Arkaden zugemauert sind.

Chorraum der Bergkirche.[Bild: Stefan Dumont]
Deckengewölbe im Chor.[Bild: Stefan Dumont]

Während die spätgotische Basilika der mittelrheinischen Dorfarchitektur entspricht, so erhielt die Bergkirche mit dem Chorneubau und den Umgestaltungsarbeiten zwischen 1518-1527 sehr prächtige und künstlerisch hervorstehende Besonderheiten. Insbesondere die hohen Maßwerkfenster und das Sternengewölbe übertreffen dörfliche Kirchenarchitektur. Während der Renovierung zu Beginn der 60er Jahre schuf der Künstler Heinz Hindorf für den Chorraum einen Zyklus von Figurenfenstern, deren Szenen aus dem dem Neuen Testament und zu Werken der Barmherzigkeit gemeinsam mit dem damaligen Ortspfarrer Dr. Werner Stroh ausgearbeitet wurden. Kleine Einzelscheiben, die Farbigkeit und Kombination der Ornamente passen vorzüglich zum spätgotischen Altarraum. Das leuchtende Ornamentfenster an der Südseite des Chores lässt die Figurenfenster im hellen Licht erscheinen. Die Fenster im Kirchenschiff erhielten ein Schuppenmotiv aus echtem Antikglas, für die Maßwerkfüllungen wurden Blumenornamente des 19. Jahrhunderts übernommen.

Gestühl in der Bergkirche.[Bild: Stefan Dumont]

Auffällig ist auch das Kirchengestühl. Während der Renovierungsarbeiten fand man ein Patronatsgestühl und drei Wangen von Kirchenbänken mit Flachschnitzerei verziert, die aus der Werkstatt Erhard Falkeners aus Abensberg in Bayern stammen. Da alte rote, grüne und gelbe Farbreste vorhanden waren, konnten diese sichtbar bleiben und die neue Farbgebung genauestens bestimmt werden. Eine vierte gefundene Bankwange wurde mit neubemaltem Füllbrett zusammen mit den drei anderen zu den linken Kirchenschiffbänken zusammengefasst. Völlig neu, aber in Konstruktion, Farbgebung und den Füllbrettern dem barocken Gestühl angepasst, ist das im Altarraum umlaufende Presbyteriumsgestühl.

Altarraum der Bergkirche.[Bild: Stefan Dumont]

Bei der Aufhebung des Simultaneums nahm die katholische Kirchengemeinde den barocken Hochaltar aus dem Altarraum heraus. Glücklicherweise fand sich unter der barocken Altartischverkleidung der alte gotische Steinaltar, der nur geringfügig ausgebessert werden musste und nun das Zentrum des Altarraumes bildet. Passend zu diesem Altar wurde aus Flonheimer Sandstein die Kanzel neu gearbeitet. Aus diesem einheimischen Sandstein wurden auch Platten für Fußboden, Altarpodest und die Stufen zum Altarraum gelegt. Der spätgotische Taufstein um 1500 mit Maßwerk- und Astwerkfüllung an allen 7 (!) Seiten verziert, erhielt einen neuen Kupferdeckel mit einem Fisch als Griffschmuck. Nach dem Abbruch der Nordempore ist die Westempore der Kirche über eine angekaufte barockeichene Spindeltreppe eines Westerwälder Bauernhauses zugängig. Eine barocke Emporenstütze konnte für die Westempore wiederverwendet werden, die zweite wurde wie auch die Emporenbrüstung neu gearbeitet. Heinz Hindorff untersuchte Wände und Gewölbe auf dass Gründlichste nach alten Malereien, bevor die notwendige Neuausmalung des Kircheninneren erfolgte. Als schönster Fund kam zwischen Westturm und erstem Fenster eine qualitätsvolle Steifenkomposition zum Vorschein. Durch ein dreifaches Band in Rot-Gelb-Rot nach oben und ein einfaches Band nach unten wird ein Fries gerahmt, dessen erhaltene Szenen aus den alten Testament zeigen: Ein Mann hackt unter einem Birnbaum und eine Frau dreht unter einem Apfelbaum den Spinnrokken. Der Apfelbaum trennt dieses Bild von Adam und Eva nach dem Sündenfall "als Adam grub und Eva spann" vom zweiten Bild, das oben in der Rundmandola das Brustbild Gott-Vaters zeigt, der zu einer mit dem Kreuzesmal über dem Haupt gezeichneten Jünglingsgestallt mit dem antiken Redegestus "Kain, wo ist dein Bruder Abel?" spricht. Die erschlagene Gestalt des Bruders ist rechts in der Rückenlinie bruchstückhaft erhalten. Ohne Zweifel war der Fries früher nach Osten weitergeführt. Man vermutet Schöpfungsszenen, Sündenfall und Vertreibung. An der Nordwand dürften Szenen aus dem Neuen Testament gemalt gewesen sein. Aufgrund der Haartracht Adams, der Kleidung und deren Faltenstil sowie der Baumdarstellung kann man als Entstehungszeit etwa die Zeit um 1300 annehmen.

Nachweise

Verfasser: Dorothea Klein (Evang. Kirchengemeinde Schornsheim-Udenheim)

Literatur:

  • Gemeindeverwaltung Udenheim (Hrsg.): 1200 Jahre Udenheim: 773-1973. Zur Erinnerung an die erste urkundliche Erwähnung vom 12. Juni 773. Udenheim 1973.
  • Webseite der Kirchengemeinde

Aktualisiert am: 28.11.2014