Westhofen in Rheinhessen

Marktplatz in Westhofen

Der Marktplatz in Westhofen.[Bild: Torsten Schrade]

Der Marktplatz in Westhofen besteht aus zwei Bereichen. Der obere Teil an der Kirche wurde bis ins 16. Jahrhundert als Gemeindefriedhof genutzt, während auf dem unteren, östlichen Teil des Platzes – genannt „Gänsemarkt“ – bereits seit Jahrhunderten Märkte stattfinden. Beide Bereiche sind durch eine kleine Mauer und Treppen getrennt. Bereits für das Jahr 1733 ist die Abhaltung eines Winter- und eines Jahrmarktes auf dem Gänsemarkt überliefert. Diese fanden „am ersten Dienstag in der Fasten“ beziehungsweise am Laurentiustag im August statt. Feilgeboten wurden Waren aller Art, von Nahrungsmitteln über Tuche bis hin zu Salben der Bader.  [Anm. 1]


Die Gestaltung des heutigen Marktplatzes stammt in den Grundzügen aus dem Jahr 1832. Der damalige Bürgermeister Johannes Orb (*17. Januar 1854, †11. November 1911; Bürgermeister 1825- 1849, SPD) wollte ihn als „einen der schönsten in Rheinhessen“ herrichten. Die an den Platz angrenzende Bebauung zeigt Architekturbestandteile vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Neben der evangelischen Kirche befinden sich zwei Denkmäler auf dem Platz: Der Veteranenstein und das Kriegerdenkmal. Beiden wurden im Laufe der Zeit unterschiedliche Bedeutungen und Symboliken zugesprochen, je nach dem von wem sie betrachtet wurden.

Der Veteranenstein erinnert an die in den Napoleonischen Kriegen (1792- 1815) auf Seiten der französischen Armee gefallenen Westhofener und wurde von den Veteranen im Jahr 1847 in der Mitte des Marktplatzes errichtet.  Nur wenige Jahrzehnte später entstand das Kriegerdenkmal. Dieses ehrt im Gegenzug diejenigen Westhofener, die im Krieg gegen Frankreich (1871) ihr Leben lassen mussten.

In der Folge des Ersten Weltkrieges (1914-1918) endete das deutsche Kaiserreich und die Weimarer Republik wurde errichtet. Das Gebiet westlich des Rheins, in dem auch Westhofen liegt, wurde erneut von den Franzosen besetzt. Diese gaben dem Veteranendenkmal die Symbolik der Aussöhnung und der Völkerverständigung. Um diese zu verfestigen, erhielten die Westhofener als Erste im Kreis Worms wieder die Erlaubnis jagen zu gehen. Die erste Jagd wurde sodann von den Nachfahren der napoleonischen Kriegsveteranen zusammen mit dem französischen Delegierten für den Kreis Worms veranstaltet.

1935 war der Aspekt der Völkerverständigung nicht mehr von zentraler Bedeutung; der Veteranenstein wurde an den Rand des Markplatzes versetzt, um nationalsozialistischen Paraden Platz zu geben. Das Denkmal stelle ein „großes Verkehrshindernis, bei jeglichen festlichen Gelegenheiten, sowie Aufmärschen von Formationen der National Sozialistischen Deutschen Arbeiter Partei, bei Militär- und Feuerwehrübungen“ dar. Das Veteranendenkmal war nun ein Symbol für die „Einigkeit des Deutschen Volkes“ in der „napoleonischen Zeit, der größten Erniedrigung und Schmach unseres Deutschen Vaterlandes.“ [Anm. 2] Als das Rheinland nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges (1939-1945) von US-amerikanischen Truppen besetzt wurde, fand auch die nationalsozialistische Deutung des Veteranendenkmals ein Ende .

Heute steht der Westhofener Marktplatz unter Denkmalschutz und beherbergt Veranstaltungen aller Art – vom Wochenmarkt bis zum Boule Turnier [Anm. 3]. Die historischen Denkmäler gibt es noch immer auf dem Gänsemarkt.

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Dorina Henninger

Verwendete Literatur:

Aktualisiert am: 03.04.2017

Anmerkungen:

  1. Grünewald 1984, S. 123. Zurück
  2. Protokolle der Sitzung des Gemeinderats Westhofen vom 18. Juli 1936 mit angefügter Urkunde vom Juni 1936. Zurück
  3. Ortsgemeinde Westhofen: Westhofener Markt. Online verfügbar unter: http://www.westhofen.eu/westhofenermarkt.html (zuletzt aufgerufen am 03.04.17). Zurück