Hachenburg im Westerwald

Vermählung des Burggrafen Wilhelm Georg von Kirchberg mit Isabella Augusta, Gräfin von Reuß zu Greiz - 1771

Beschreibung des festlichen Einzugs von der Grenze des Saynischen Landes bis in die Residenzstadt und Schloss Hachenburg 1771 anlässlich der bevorstehenden Vermählung des Burggrafen Wilhelm Georg von Kirchberg mit Isabella Augusta, Gräfin von Reuß zu Greiz 1771.

Zusammentreffen in Kirburg "bey den Kühständen"

Bis zum Abend des 23.[Juni 1771] herrschten Regen, Nebel und Kälte, sodass man zweifelte, den Einzug auf feierliche Art begehen zu können.

Am 25. Juni [1771] war dann heiteres und schönes Wetter. Morgens um 6 Uhr fuhr die verwitwete Gräfin [Luise?] unter Begleitung verschiedener Wagen aus Hachenburg heraus, regelte in Kirburg noch einige Dinge zum Empfang und begab sich an die äußerste Grenze der Grafschaft bey den Kühständen genannt, wohin der Graf ebenfalls in Begleitung verschiedener Kavaliers ritt. Dort erwartete man die Braut, an der Strecke unterwegs waren Corps postiert, um die Ankunft zu erwarten. Die schlechte Witterung und die dadurch in Mitleidenschaft gezogenen Wege verlängerten die Reise. Nachmittags gegen halb drei Uhr sah man die Wagen in einer Entfernung von einer halben Stunde ankommen. Sie waren von zahlreichen Untertanen aus dem gemeinschaftlichen Grund Selbach und Burbach umringt waren. Die Ankunft wurde mit Geschütz und kleinem Gewehr gemeldet. Die Schützen liefen beständig neben dem Wagen mit, machten sooft sie konnten halt, und gaben Salve. Um drei Uhr traf man endlich zusammen. Die von beiden Seiten angekommenen Wagen waren so postiert, dass sie den hier stehenden Grenzstein Nr. 82 in der Mitte hatten. Man begrüßte sich, wobey die von der zärtlichsten Regung durchdrungenen Umarmungen aller hoher Herrschafften in Anwesenheiten von etlichen 1.000 in- und ausländischen Anwesenden betrachtet wurden. Dann wurden drei unweit postierte Kanonen abgefeuert. Man unterhielt sich kurz und begab ich dann zu den zur Einfahrt in Hachenburg vorgesehenen Wagen und Reitpferden.

Zug nach Kirburg

Die Wagenkolonne zog, rechts und links von Menschen begleitet, unter ständigen Gewehrsalven und Vivatrufen nach Hachenburg.
Vorneweg ritten 10 blasende Postillione unter Führung des Hachenburger Posthalters Wehler. Man trug die gewöhnliche kaiserliche Uniform gelb und schwarz.
Ihnen folgten 12 Mann des hochgräflichen Husarenkorps unter Führung ihres Wachtmeisters in rot und grüner Montur.
An 3. Stelle ritt das Jäger-Corps mit aufgesetzten Büschen, von Forstmeister Avemann angeführt, Das Corps bestand aus zwei Oberförstern und zehn Förstern nebst zwei Büchsenspannern. Ihre Uniform war grau und grün mit Duplierung und stark mit Silber bordiert.
Dann folgte hoch zu Pferd der Oberamtmann von Flurer pr. Marechal.
An 5. Stelle ritt der regierende Graf [Wilhelm Georg] in seiner "militarischen Uniform".
Ihm folgten die Livrée-Bedienten und die Reitknechte mit den Handpferden, insgesamt 12 Mann.
An 7. Stelle kam der Staatswagen, in dem die Frauen Gräfinnen saßen.
Ihm folgte der 2. Wagen, in dem sich die mitgereisten Fräulein von Schaurod, Fräulein von Bock, Frau von Meusbach und Gesandter und Kanzleidirektor Grün saßen.
Im 3. Wagen fuhren Hauptmann von Meusbach und Herr von Beust.
Der 4. Wagen war mit Hofrat Boehm und dem jungen Herrn Meusbach besetzt.
An 11. Stelle, im 5. Wagen saßen die Kammerdienerinnen der beiden Gräfinnen und ein Kammerdiener des Grafen.
Der ganzen Kolonne schloss sich eine große Menge Menschen an.
Der General, der Herrn Major von Hayn, Leutnant Schaurod von Neuwied und dessen Offizianten und Reitknechte ritten vor, um in Kirburg die ersten zu sein.
In dieser Ordnung ging der Zug bis an das sog. Heydenfeld. Dort warteten die gesamte Dienerschaft, Räte, Amtleute, Sekretäre, 12 Mann an der Zahl, in rot- und gold-bordierter Uniform, nebst dem Landschultheißen in blau-roter Uniform, gleichfalls mit Gold bordiert, die sich nach kurz vorgetragenen Komplimenten in den Zug in der Weise einreihten, dass die Schultheißen hinter dem Jägercorps und nach diesen die Dienerschaft folgte, derer Reitknechte sich hinter die Wagen verfügten.
Unweit dieses Ortes, vor den sog. Buchen unmittelbar beim Hohensayner Hofe, traf man auf ein von der Bürgerschaft zusammengestelltes Korps Kavallerie, das aus 30 Mann mit drei Offizieren in Blau mit gelber und Gold gestickter Montur bestand. Dieses Korps rückte bei der Ankunft der Wagen mit Trompeten und Standarte, aus einem Wäldchen hervor, ließ den Zug unter Jubel (Salutation) passieren, um sich hinter den ersten Wagen anzuschließen.
Zwischen diesem Ort und Kirburg auf dem Höchsten genannt, war von den Untertanen des Kirchspiels Kirburg die erste Ehrenpforte errichtet worden. Dieser [Triumpfbogen] war mit einem dreifachem Bogen, grün mit lebenden Blumen und einem Vivat geschmückt. Vor der Ehrebpforte standen sämtliche Untertanen mit Gewehr und klingendem Spiel. Der Pastor übermittelt bei Annäherung der Wagen die Glückwünsche des Ortes und hielt eine kurzen Ansprache. Am Ehrenbogen bis an die Pforte hatten sich alle unverheirateten Frauen (Frauenzimmer) in zwei Reihen aufgestellt. Eine Kapelle trug angenehme[n] Musik vor. Die Damen hatten ihre beste Kleidung an und präsentierten der regierenden Frau Gräfin ein sehr schönes mit Gold und Silber gesticktes Bouquet. Dabei wurde ein salbungsvolles Gedicht vorgetragen[Anm. 1]
Nahe Kirburg, bei dem Kappes Garten, waren etliche große und kleine Hütten aufgebaut worden, die mit den Namen der beiden regierenden Herrschaften sowie Girlanden aus lebenden Blumen verziert waren. In diesen Hütten wurde eine Tafel für 18 Personen (von 18 Couverts) serviert. Über dem Platz der regierenden Frau Gräfin schwebte ein gebundener Blumenkranz. Als der Zug die Hütten erreichte, postierte sich jedes Corps in Reih und Glied auf dem vor den Hütten eingerichteten großen Platz. Die zwölf Offizianten. die bei den besagten Hütten geblieben waren, formierten sich in zwei Reihen in ihrer rot und grün mit Gold bordierten Uniform vor den Eingang der herrschaftlichen Hütte. Sämtliche Herrschaften betraten diese Hütte, wo sie vom Grafen und dessen Gefolge (Suite) empfangen wurden und sich sogleich an die bereits servierte Tafel setzten. Das Essen, welches unter einer beständigen Kanonade verschiedener unweit postierter Böller und Musik begleitet wurde, wurde innerhalb einer guten Stunde eingenommen.

Zug durch die Bretthausener Hardt

Danach nahm die Kolonne in der oben beschriebenen Ordnung unter fortdauernder Kanonade und unter dem Läuten der Glocken in der Kirchspielskirche, seinen Weg wieder auf, nur dass sich die hier dazugekommene Offizianten hinter dem Grafen dem Zug ebenfalls anschlossen.
Sobald der ganze Train diesen Ort verlassen hatten, ritt wieder die oben genannte Abteilung voraus, um in Hachenburg der Gräfin Caroline die Nachricht der bevorstehenden Ankunft zu überbringen, und zugleich die notwendigen Maßnahmen zum Empfang zu delegieren (ordinieren).
Ungefähr ¾ Stunden von Kirburg unter der Brethaußer Harth, hatten die Jäger (sämtliche Jägerei) eine sechsfache Ehrenpforte errichtet, oben mit einem großen Schild, auf dem der Name der Herrschaft prangte, nebst einem Vivat, weiß gebunden und mit Blumen verziert. Am Ehrenbogen, in einer Erhöhung von 10 Schuh, standen auf beiden Seiten zwei Jäger in voller Uniform (völligem Zeug) und bliesen auf ihren Waldhörnern. Darunter hatten sie sämtliche Jägerburschen in zwei Reihen zusammen mit den Zeugknechten aufgestellt und präsentierten mit ihren Büchsen, und streuten aus mitgebrachten Füllhörnern Blumen in den Weg der vorbeifahrenden Herrschaft.

Zug nach Nister

Kurz vor dem Dorf Nister, welches ungefähr eine Viertelstunde davon entfernt ist, wurde der Zug von den Einwohnern des Dorfes mit einer Kanonade aus grobem Geschütz willkommen geheißen. Im Dorf Nister war eine doppelte Ehrenpforte gleich den vorigen aufgebaut, welche mit doppelter, jedoch gemalter Grenadierswache mit Kanonen und oben auf dem Boigen mit zwei geflügelten Engeln verschönert war. Davor stand die gesamte Mannschaft mit Gewehr, und von hier bis zur Pforte hatten sich wieder die ledigen Mädchen im schönsten Putz in zwei Reihen aufgestellt, fingen mit einem roten Band die Kutschenpferde ein und übergaben zusammen mit einem „treuen Herzenswunsch“ ein Blumenbouquet. Als sich der Zug wider in Bewegung setzte, wurden die Stücke der Dorfbewohner unter Vivatrufen wieder abgefeuert.

Empfang in der Stadt Hachenburg

Nachdem der Zug Nister verlassen hatte, konnte man ihn vom Hachenburger Schloss aus sehen. Die Konstabler auf der Schanze (Schantze) begrüßten den Zuge befehlsgemäß mit einer Salve aus 20 Kanonen. Dies wurde nach 15 Minuten wiederholt. In dieser Zeit hatte sich der Zug dem ¼ Stunde von Hachenburg aufmarschierten Bergkorps genähert. Dieses Korps bestand aus 150 Mann, in schwarz-grüner Uniform, die Offiziere mit Silber bordierten Berghabits unter Anführung des Herrn Bergrats Freudenbergs.
Das Bergkorps hatte auf seinem Standort einen Stollen und ein Schacht formiert, ließen bei Annäherung der Wagen wechselweise Glückauf-Bergmusik hören und Fahnen schwenken. Die Männer ließen den Zug passieren und schlossen sich am Ende des ganzen Zugs an, worauf die 3. Salve von der Schanze aus abgefeuert wurde. Gleichzeitig begannen alle Glocken in Hachenburg und Altstadt zu läuten.
Kurz vor der Stadt auf dem Marktplatz [Neumarkt] hatten sich 40 Bürgerstöchter, ganz in weiß gekleidet, frisiert und mit roten Bändern geschmückt, in zwei Reihen aufgestellt, ebenso eine Ehrenwache von zehn jungen Männern. Sie überreichten bei Ankunft des Wagens ein kostbares mit Gold, Silber und Perlen verziertes Bouquet, mit den Worten: Euer Hochgräfliche Gnaden nehmnen mit dero angebohrnen  Huld und Gnade, die Zeugniße der tiefsten Ehrfurcht und Freude, von denen Töchtern dero getreuen Residenz-Stadt an, welche an heutigen beglückten Tag, bey dem Anblick ihrer theuersten Landes Mutter mit denen reinesten Wünschen für das beständige hohe Wohlergehen Euer Hochgräflichen Gnaden erfüllet sind. Wir übergeben zu dem Ende an diesem Freuden-Tag mit gegenwärtigen Unvollkommenheiten unsere Hertzen voll Ehrfurcht und Liebe, mit demüthigster Bitte, sich solche gnädigst gefallen zu laßen, und uns in Dero beharrliche hohe Gnade Schutz und Huld aufzunehmen.
Zwischen den beiden Toren der Stadt standen sämtliche Magistratsherren in schwarzer Kleidung mit Mänteln, der regierende Bürgermeister empfahl der Herrschaft sich, den Magistrat und die ganze Bürgerschaft und trug in kurzen Worten deren eifrige Wünsche vor.
Innerhalb der Stadt an dem Tor, stand ein Infanteriekorps, gebildet aus 80 Mann der ältesten Bürgerschaft, in ihrer besten Kleidung, der Offizier in blau-weißer Uniform mit Gold gestickt, und ließen unter klingendem Spiel der Musik, des Präsentierens der Gewehre und Salutation der Fahne, den Zug passieren. Dabei standen auch die jungen Männer der Stadt, zur Hälfte als Grenadiere, zur anderen Hälfte als Musketiere gekleidet (montiert), die ebenfalls ihre Ehrenbezeugnisse erwiesen.
Wo die Reihe der Männer endete, stand [auf dem Marktplatz] ein Ehrenbogen, mit grün gebunden Blumen verziert. An dem Ehrenbogen standen 40 Schulknaben in blauer und roter Montur, ebenfalls mit klingendem Spiel, Fahne und Gewehr. Gegenüber vor dem Franziskanerkloster hatte sich der ganze Konvent in einer Reihe aufgestellt und bezeugte durch eine tiefe Verbeugung vor den Herrschaften seine Ehrfurcht. Daneben stand wieder ein Korps von 30 ganz kleinen Knaben, die zwar nur hölzerne Flinten, doch gleich den vorigen ihre klingenden Spiele, Fahnen und Musik präsentierten und damit wie alle anderen ihre Freunde bezeugten. Auf diese folgten 20 als Schäferinnen verkleidete Bürgertöchter, neben denen eine dreifache und mit doppelten Bogen versehene Ehrenpforte errichtet worden war, welche grün geschmückt, mit Blumen, Wagen und Namen der Herrschaft verziert war. Oben drauf ließen sich Trompeten und Pauken vernehmen. Die Schäferinnen war ganz in weiß gekleidet, mit roten Bändern verziert (garniert), ebenso ihre Taschen, Stäbe und Hüte. Sie führten ein Lamm bei sich, das ebenfalls mit allerlei Bändern auf das Beste geputzt war. Die Schäferinnen übergaben das Lamm, nachdem sie die Pferde des [herrschaftlichen] Wagens mit einem roten Band eingefangen (gehemmt) hatten, und trugen ein Gedicht folgenden Wortlauts vor

Was dieses zarte Lämmlein ziert
im sanften Sinn bequem zur Liebe
ein Herz von Unruh niemals trübe
von Unschuld überall geführt
Das sey dem steten Schmuck und Heil
O theurer Gräfin unsere Freude
wir singen jetzt auf Flur und Weyde
allein von deinem Glück und Heil
Uns sey dein günstiges Geschick
gedeihe und Trost auf unsern Wegen
Dein tägliches Geschäft sey Segen
und deine Wohlfahrt unser Glück.

Auf der anderen Seite der Ehrenpforte standen 30 "ganz kleine" Schulmädchen, welche gleich den vorigen, weiß und rot angezogen waren- Diese übergaben in den Wagen, nachdem sie ihn durch eine Band eingefangen hatten, zwei kleine Kinderhäubchen, von beiderlei Geschlechts, besonders schön und reich verziert, ebenfalls mit einem Gedicht:

Wir wünschen aus treuen Herzen
langes Leben, Freund und Scherzen
viel Vergnügen, vielen Segen
den man in die Wieg kann legen
auf den Kopf die Häubgen setzen
und sich mit ihn offt ergetzen
Sind wir Mädgen gleich noch klein
so ist unser Wunsche doch rein.

Während des Vortrag streuten die übrigen Kinder Blumen in den Weg.
Vor der Wohnung des Inspektors Wredow hatten sich einige Geistliche und Schuldiener mit Mänteln aufgestellt. Wredow wünschte in ihrer aller Namen dem hohen Ehepaar den geistlichen Segen.

Empfang im Schloss

Zwischen den beiden Toren des Schlosses stand die ganze Garnison, welche aus 100 Mann, Grenadiere und Musketiere bestand, ganz neu montiert, in Parade. Bei diesen hielt der gesamte Wagenzug, worauf sich auf dem unteren Schlosshof jedes Korps in Reih und Glied aufstellte. Im Eingang des Schlosses standen Gräfin Caroline und einige gräflichen Kavaliere zum Empfang bereit, welcher sich hier abermals in der zärtlichsten Empfindung und größten Rührung aller Anwesenden abspielte. Dann verfügten sich die Herrschaften in ein nahes Nebenzimmer, von dem aus sie den oberen Schlosshof übersehen konnten. Es wurde befohlen, dass, nachdem die Wagen wieder zurückpassiert, der ganze Zug heraufkommen sollte, welches auch sogleich in bester Ordnung geschah. Dabei wurde eine 4. Salve aus den auf der Schanze stehenden Kanonen abgefeuert. Hierauf begab sich der ganze Zug nach entsprechendem Befehl wiederum vom Schlosshof herunter in die Stadt, von wo aus sich jeder in sein Wohnhaus begab. Sobald dieses geschehen war, marschierten die vier seitens der Bürgerschaft errichteten Infanteriekorps in militärischer Ordnung auf die Schanze, wo von den drei ersteren jedes dreimal feuerte, und dabei die Luft mittels eines dreimal ausgerufenen Vivat erfüllen ließ, während das 4. Korps ebenfalls ein desto helleres Vivat erklingen ließ, welches sich vor allen anderen, durch die klare Stimmen sehr wohlklingend unterschied.
Sobald die vier Korps wider abmarschiert waren, verfügten sich sämtliche Herrschaften an die Tafel, die aus 18 Gedecken (Couverts) bestand. Nach dem Essen, das von einer angenehmen Musik begleitet war, begab man sich wieder auf die Schanze, wo man bei stillster Luft und schönstem Abend ein Feuerwerk unter dem Schall der Kanonen und dazugehörigen Musik abbrennen sah, in dessen Verlauf, neben allerhand künstlich verfertigten Stücken, auch die brennenden Namen der beiden regierenden Hohen Herrschaften zusehen waren. Das Bergkorps sorgte für eine begleitende Illumination. Als das Feuerwerk vorbei war, marschierte das Bergkorps mit ihrer Musik und brennenden Lampen im Gänsemarsch (schlangenweise) wieder aus dem Garten heraus, und nahm, an den Herrschaft vorbei, seinen Weg Richtung Stadt, worauf sich sämtliche Herrschaften, da es schon spät und die Herrschaften von der Reise sehr ermüdet waren, in ihre Zimmer begaben.

Am 26. Juni vormittags wurden die Dienerschaft, dann die Geistlichen und darauf das ganze Corps und mehrere wie sie in der Ordnung folgen, ein jedes von seinem Anführer, der regierenden Frau Gräfin vorgestellt. Darüber rückte die Zeit der Tafel herbei, an die sich die hohe Herrschaft und auch die übrigen Gäste in nachstehender Ordnung und Anzahl begaben.
1. Die Herrschaftliche Tafel bestand aus 20 Gedecken (Couverts), für die beiden regierenden Herrschaften, die gnädige Gräfin Caroline, die verwitwete Frau Gräfin, den General Franz von Schaurod, Franz von Bock, Frau von Mensbach, Hauptmann von Menbach, Forstmeister von Avemann, Herr von Beust, Gesandter Grün und noch einige fremde Kavaliere. Während des Desserts machten die Bürgertöchter erneut einen Aufzug und trugen ein Lied (Carmen) vor. Das Zimmer blieb von aller Livree befreit. Die Aufwartung wurde durch das Jägerkorps und die Offizianten verrichtet. Begleitet wurde das Essen von ausgesuchter Tafelmusik und beständiger Kanonade nebst Pauken und Trompeten bei den Trinksprüchen (Gesundheitstrinken).
2. Die Tafel der Dienerschaft umfasste 18 Personen.
3. Die Tafel der Geistlichen war 23 Personen stark.
4. An der Tafel für Magistrat, Offiziers der Bürgerschaft und Schultheißen saßen 30 Personen.
5. Die Tafel für die Offizianten, das Jägerkorps und übrigen Bergoffiziere war 40 Personen stark.
Alle diese Tafeln befanden sich im Schloss, jede wurde von einer besonderen Tafelmusik begleitet. In der Stadt wurden noch zwei Tafeln im Gasthof Krone (die Crone genannt) für die Postillione, Musikanten und Unteroffiziere eingerichtet, wobei an der erste 12 und an der anderen 58 Personen speisten.
Nach Aufhebung dieser Tafeln wurde jedem eingerichteten Korps beiderlei Geschlechts sowie allen übrigen auf dem Lande für ihre Ehrbezeugungen reichliche Belohnungen zuteil. Danach wurde allerlei Lustbarkeiten zum tanzen und womit man sich sonst ergötzen (divertuieren) wollte, veranstaltet, worauf in kurzer Zeit alle, sowohl im Schloss, als auch in der Stadt mit Freuden teilnahm. Auf der Reitbahn am Schloss tanzte das Schäferkorps mit denen neu eingekleideten Garnisonsgrenadieren in Bärenkappen nebst den ganz kleinen Mädchen und Schulknaben, die beide einen artigen Aufzug formierten. Unter dem Schloss, auf dem Zimmerplatz, tanzten die übrigen bürgerlichen Infanteriekorps nebst ihren Ehefrauen und den jungen Frauen (Jungfern), die das Bouquet präsentiert hatten, sowie die übrigen an verschiedenen Orten in der Stadt. Dies dauerte den ganzen Tag an.
Die "gnädige Herrschaft" verfügte sich, nachdem sie alle diese Lustbarkeiten besehen hatte, in den Garten und blieb dort bis die Zeit zur Abendtafel kam, die auf der Schanze serviert wurde. Hierbei machten zuerst die Schäferinnen und übrigen Bürgerstöchter, begleitet von Danach kam wieder das Bergkorps mit Musik und brennenden Lampen. Es formierte auf den ledigen Burschen und Grenadiers, ihren Aufzug, formierten einen Kreis um die Tafel und tranken unter ihrer Musik und freudigem Vivatrufen den Herrschaften Gesundheit zu. der Schanze und um die Tafel eine Illumination, wobei von ihnen noch allerhand ansehbare Manöver veranstaltet wurden. Am Ende ging mit dem Verlöschen all ihrer Lichter der vergnügte Abend zu Ende. Damit begab sich die Herrschaft auf ihre Zimmer.

Am 27. Juni setzten sich die Lustbarkeiten des vorigen Tages an allen Orten fort. Hinzu kam ein Aufzug sämtlicher 32 Schutzjuden. Diese marschierten vormittags unter ihre Musik paarweise auf. Sie hatten auf einer Art von Fahne eine Zeichnung in Form der Gesetzestafeln gemacht, an der Wappen und Namen der Hohen Herrschaft und unter diesen ihre Wünsche in deutscher und hebräischer Sprache zu sehen waren. Sie überbrachten als Präsent ein silbernes Lavoir mit zugehöriger Kanne. Nachdem sie das Geschenk überreicht hatten und der Herrschaft ihren Treuewunsch übermittelt hatten, begaben sie sich in ihre Behausung, und feierten ebenfalls mit (fingen gleich den übrigen an, sich lustig zu machen).
Nach Beendigung des Mittagessens, wobei Musik der Bergleute zu hören war, verfügte sich die gesamte Herrschaft erneut in den Garten und verbrachte dort vergnügt ihre Zeit. Die Abendtafel wurde im Zimmer serviert, danach begaben sich die Herrschaften allerseits zur Ruhe.

Die Kurzweil setzte sich am 28. Juni fort. Der Garnison war der Tanz beim Schloss unter freiem Himmel erlaubt. Er dauerte bis in die späte Nacht fort. Nachmittags fuhren sämtliche Hohen Herrschaften auf [das Schloss] die Louisenlust und nahmen sowohl die daselbst befindlichen Gebäude als auch die ganze umliegende sehr angenehme Gegend in Augenschein.

Am 29. Juni kehrte wieder alles in seine vorige Ordnung und Ruhe zurück. Alles war froh, eine so würdige Gräfin bei sich zu haben, alles rühmte ihre Gnade und Leutseeligkeit. Bemerkenswert ist noch, das am Tag nach dem Einzug, am 26. Juni, ein Bruder des bei der Heimführung anwesenden Bergrats Freudenberg, welcher seine Hütten und Bergwerke im Dierdorfischen außerhalb Landes [der Grafschaft Sayn] hatte, und sich deshalb nicht dem Corps der Dienerschaft oder sonst einem anderen zugesellen konnte, um den Hohen Herrschaften seine Ehrfurcht als ein Landeskind zu bezeugen, 50 Reichstaler unter die Armen austeilen ließ, welches von denen mit ebensoviel Dank wie von Hoher Herrschaft mit Gnade aufgenommen wurde.
Übrigens bezeugten auch ein Teil der Bürgerfrauen der Herrschaft ihre Freude durch Überreichung eines schön und künstlich verfertigten Tisches, wonach dieselben nebst ihren Männern im Gasthof zur Krone (Crone) einen Tanz veranstalteten.[Anm. 2]

Anmerkungen:

  1. Das Gedicht ist im Wortlaut erhalten. Zurück
  2. HHStAW Abt 130II Nr. 7733. Weitere Einzelheiten bei Söhngen S. 160f. Zurück