Bibliothek

IV. Heimat als Ort

Woher stammt eigentlich das Wort Heimat? In seinem Buch „Heimatschichten“ beschreibt der Autor Joachim Klose das wie folgt:

„Die Vorläufer des Heimatbegriffes sind mittelhochdeutsch „heimout(e)“ und althochdeutsch „heimuoti“ bzw. „heimoti“. In ihnen steckt die indogermanische Wurzel „kei“ mit ihrer Bedeutung „liegen, Ort an dem man sich niederlässt“. So enthält der Heimatbegriff in semantischer Hinsicht Tönungen von Sicherheit und Ruhe.“[Anm. 1]

Heimat hat also häufig einen klaren Ortsbezug. Dieser wird zum Beispiel auch in dem folgenden Volkslied, zuweilen auch als Heimatlied bezeichnet, angesprochen. Es transportiert auf emotionaler Ebene vielleicht auch heute noch ein Gefühl von Heimat.

Es geht um das Lied „Kein schöner Land in dieser Zeit“, das von seinem Dichter Anton Wilhelm von Zuccalmaglio erstmals 1840 veröffentlicht wurde:[Anm. 2]

Kein schöner Land in dieser Zeit

Kein schöner Land in dieser Zeit,
als hier das unsre weit und breit,
wo wir uns finden
wohl unter Linden
zur Abendzeit, Abendzeit.

Da haben wir so manche Stund'
gesessen wohl in froher Rund'
und taten singen;
die Lieder klingen
im Eichengrund.

Daß wir uns hier in diesem Tal
noch treffen so viel hundertmal,
Gott mag es schenken,
Gott mag es lenken,
er hat die Gnad'.

Nun, Brüder, eine gute Nacht,
der Herr im hohen Himmel wacht!
In seiner Güten
uns zu behüten
ist er bedacht.

Auch in der Lyrik finden sich häufig Heimatmotive oder die Sehnsucht eines „nach Hause Kommens“ wird ausgedrückt.

Der spätromantische Dichter Joseph von Eichendorff hat dieses Thema in seinem um 1835 geschriebenen und 1837 veröffentlichten Gedicht „Mondnacht“ in folgende Worte gefasst:[Anm. 3]

Mondnacht

Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt'.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Beim „nach Hause fliegen“ der Seele kann die Frage entstehen, welches zu Hause denn gemeint ist? Der Geburtsort? Der Ort, wo man als Kind und Jugendliche/r aufwuchs? Den Ort, der mit Berufsausbildung, Studium, oder Berufstätigkeit zusammenhängt? Oder der Ort, wo man aktuell mit Familie oder Freunden und Nachbarn wohnt?

Welche Rolle die Territorialität beim Begriff Heimat spielt, erklärt die Kulturanthropologie, also die Wissenschaft, die das Verhältnis des Menschen zu seiner Kultur untersucht, aus wissenschaftlicher Sicht wie folgt:

„[Es sind] …drei Basisbedürfnisse, die die Territorialität des Menschen ausmachen: die Bedürfnisse nach Sicherheit, Stimulation und Identität. So ist Heimat das vom Subjekt von innen heraus entworfene Verhältnis zur Welt. Sie ist sowohl Umgebung, an die man sich anpasst, als auch etwas, das es erst zu schaffen gilt.“[Anm. 4]

Ein Zwischenfazit: Heimat ist ein Ort, an der man sich wohlfühlt und mit dem man sich identifiziert, und gleichzeitig auch etwas, zu dem man immer wieder neu unterwegs ist.

NACHWEISE

Verfasserin Text: Marion Nöldeke

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

  • Bernecker, Walther L./Thomas Fischer: Deutsche in Lateinamerika. In: Klaus J. Bade (Hg.): Deutsche im Ausland – Fremde in Deutschland. Migration in Geschichte und Gegenwart. München 1993.
  • Klose, Joachim: Heimatschichten: Anthropologische Grundlegung eines Weltverhältnisses. Wiesbaden 2013.
  • Mitzscherlich, Beate: Heimat. Kein Ort. Nirgends. In: Joachim Klose: Heimatschichten: Anthropologische Grund-legung eines Weltverhältnisses. Wiesbaden 2013, S. 47-67.

Abbildungsverzeicnis

Erstellt am: 13.02.2021

Anmerkungen:

  1. Klose, Joachim: Heimatschichten: Anthropologische Grundlegung eines Weltverhältnisses. Wiesbaden 2013, S. 23. Zurück
  2. A. Wilh. V. Zuccalmaglio: Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen, unter Mitwirkung von E. Baumstark, „als Fortsetzung des A. Kretzschmer’schen Werkes“. Zweiter Theil. Vereins-Buchhandlung, Berlin 1840, Nr. 274, S. 494 f. (https://books.google.de/books?id=IGY4AQAAIAAJ&pg=PA494&q=Abendlied#v=onepage&q=Abendlied&f=false, Aufruf 13.02.2021). Zurück
  3. Eichendorff, Joseph von: Mondnacht. Stuttgart 2003, S. 3. Zurück
  4. Klose 2013, S. 24. Zurück