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2. Sympathisantinnen, Zuschauerinnen, Aktivistinnen: Frauen als Anhängerinnen der Revolution von 1848/49 – Eine problemorientierte Darstellung

Die Kulturanthropologin Sabine Kienitz verweist darauf, dass ein grundlegender Paradigmenwechsel notwendig sei, um die Beteiligung von Frauen an der Revolution zu verstehen. Politik dürfe aus ihrer Sicht nicht nur auf Haupt- und Staatsaktionen im Sinne einer Ereignisgeschichte oder auf formalrechtliche Kompetenzen wie die Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen eingeengt werden. Im Kontext des Revolutionsalltags müsse man stattdessen eine größere Bandbreite von Deutungen und Bedeutungen politischen Handelns anlegen und hier nach den Handlungsperspektiven der Subjekte fragen. Politik von Frauen müsse also an die zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume rückgebunden werden und könne nicht nur an offiziellen politischen Aktionen gemessen werden. In den scheinbar unpolitischen, in den Alltag integrierten Aktionen von Frauen sei eine hohe politische Symbolik eingebunden. Auf der Basis dieser Auffassung von Politik und politischem Handeln sowie unter einem sozialgeschichtlichen Blickwinkel stehen frauenspezifische Formen der politischen Partizipation im Mittelpunkt der folgenden Untersuchungen:[Anm. 1]

Die 1840er Jahre gelten im Allgemeinen sowohl als eine „Umbruchs- […] als [auch] eine Aufbruchsphase im Vorfeld der deutschen Revolution von 1848/49“[Anm. 2]. Schon die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde in der zeitgenössischen Wahrnehmung als eine Periode charakteristischer Umwälzungen erlebt und als eine Chance auf tiefgreifende Veränderungen erkannt. Während der revolutionären Umbruchszeit entstanden schließlich viele neue Aktionsfelder, Handlungsspielräume und -möglichkeiten, die von Männern wie von Frauen genutzt wurden. Dabei begriffen sich Frauen einerseits als „Teil der demokratischen Freiheits- und nationalen Einheitsbewegung“[Anm. 3], für deren Ziele sie gemeinsam mit den Männern eintraten. Andererseits schlossen sie sich „zu einer separaten Frauenöffentlichkeit“[Anm. 4] zusammen und engagierten sich für die revolutionären Ideale auf unterschiedliche Weise.[Anm. 5]

Nachweise

Autorin: Derya Özdemir

Erstellt am: 05.03.2021

Anmerkungen:

  1. Sabine Kienitz, Frauen. In: Christof Dipper/Ulrich Speck (Hg.), 1848. Revolution in Deutschland. Frankfurt am Main/Leipzig 1998, S. 272–285, hier S. 275f. Zurück
  2. Freund, Schriftstellerinnen, S. 13. Zurück
  3. Ebd., S. 16. Zurück
  4. Ulla Wischermann, Die Revolution lebt!? In: Ariadne. Almanach des Archivs der deutschen Frauenbewegung 33 (1998), S. 59–65, hier S. 62. Zurück
  5. Freund, Schriftstellerinnen, S. 13, 16; Joeres, Anfänge der deutschen Frauenbewegung, S. 58.  Zurück