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Die Belagerungen der Ebernburg von 1692 und 1697

Zeitgenössische Berichterstattung

Zusammengestellt von Jörg Julius Reisek

In den Ebernburg-Heften publizierte Prof. Dr. Walter G. Rödel eine umfangreiche Arbeit über „Die Ebernburg in der französischen Strategie während des Pfälzischen Krieges“. Ergänzend dazu folgen an dieser Stelle Beschreibungen der Belagerungsszenerien aus dem „Theatrum Europaeum“. Sie sind der Ursprung zahlreicher Zitate, die in der Ebernburgliteratur tradiert werden. Der Text folgt dem Digitalisat der Universitätsbibliothek Augsburg.

1. Die Belagerung von 1692

1692 Hessen rücken vor Ebernburg

Th. E. Bd. 14, S. 262

Den 20. dito [September 1692] marchireten Ih. Dl. [Ihro Durchlaucht] von Hessen-Cassel mit einem starckem Corpo auf Ebernburg / ein Schloß in der Unter-Pfaltz / nechst der Nabe [Nahe] / oberhalb Creutzenach / auf einer Höhe gelegen / und mit einer starcken Mannschafft von 8. biß 10. Compagn.[nien] in 4. biß 500 M.[ann] bestehende / versehen / solches zu belagern; liessen auch zu dem Ende das so genannte Hessis.[che] Ober-Rheinische Regiment / das über ein Jahr zu Coblentz in Guarnison gelegen / ins Lager kommen; und solten des Hn. Marggrafen von Bayreuth Hochfl. [Hochfürstliche] Durchlaucht sie mit der übrigen Armee bedecken.

1692 Ebernburg belagert

Th. E. Bd. 14, S. 264-265

Die Belagerung von Ebernburg betreffende / so seynd / wie zuvor gedacht / des Herrn Landgraffen von Hessen Hochfürstl. Durchl. den 20. Septembr. dahin aufgebrochen / und lagerten sich denselben Tag zwey Stunden über Worms; Den 21. mit Anbruch des Tages ward der General Major Spiegel mit 2000 so Reutern als Dragonern voraußgeschickt / Ebernburg zu berennen; Das Lager aber gieng biß nach Altsheim [Alzey] / und den 22. biß Flanen [Flonheim] / den 23. ward noch ein Detachement [Abteilung] auf Ebernburg geschickt / um den General Major Spiegel zuverstärcken / den 24. gieng das Lager weiter biß Wilstein [Wöllstein] / von dar der Herr Landgraf in Begleitung des Herrn General von Thüngen außging die Vestung zu recognosciren [ausspähen] / und kam zu Abends wieder ins Lager; Den 25. gieng der March auf Kreuznach / und ward ein Theil der Trouppen beordert über die Nahe zugehen / um an den Lauf-Graben zu arbeiten; Den 26. wurden die Batterien aufgeworffen / und liessen die Belagerten eine Mine springen / jedoch ohne Effect; Den 27. ward das Schloß [zur Übergabe] aufgefordert / so aber der Commandant abgeschlagen / hergegen einige Hanen / Raphüner [Rebhühner] / Feldhüner / benebst 20. Quart Wein an den General heraus schickte / mit dem Auftrag / daß er dergleichen Lebens-Mittel mehr durch das Thal bekommen könte. Die folgende Nacht wurden einige Viertel-Carthaunen und andere Geschütze auf die drey verfertigte Batterien gebracht; Den 28. Frühe kam das grosse Geschütze an halben Carthaunen und Mörseln [Mörser] von Mayntz an / und ward aus den Canonen zu schiessen der Anfang gemacht / auf einen Thurn [Turm] / aus welchem die in den Approches [Laufgräben, Bedeckungen] arbeitende etwas waren incommodirt [belästigt] worden: Den 29. wurden die Mörsel in die Kessel [Mörsergrube bzw. Mörserbatterie] / und die halbe Carthaunen auf die Batterien gebracht / / und mit schiessen continuiret [fortgefahren].

Auch marchirte das Regiment Husarn von 1200. Pferden mit Erlaubniß des Herrn Landgrafen nach des Marggrafen von Bayreuth Lager / mit grosser Zufriedenheit des Land-Volcks / welches von denselben sehr war belästiget worden; Und verlangte zwar der Herr Marggraf durch den Obristen Erfa noch mehr Succurs [Unterstützung] / dessen sich aber der Herr Land-Graf noch zur Zeit entschuldiget / als der des Volcks zu der gegenwärtigen Belagerung selbst benöthigt wäre. Den 30. ward das Schloß mit Bomben begrüsset / und im Brand gebracht / so aber die Belagerte bald geleschet. Den 1. Octobr. ward das Städtlein Thal am Fuße des Schlosses gelegen / in welchem 50. biß 60. Franzosen lagen / mit Abhauung der Palisaden und Einbrechung der Mauer weggenommen / worinnen viel Wein und Früchten gefunden worden / den Belagerten aber dadurch in so weit Abbruch geschehen / daß sie kein frisch Wasser mehr / so sie sonsten durch diesen Ort geholet / als aus einem Brunnen in dem Schlosse haben können.

Den 2. Octobr. zu Abends arrivirten [Ankunft] die Völcker aus Rheinfelß und Coblentz / samt einigen Mayntzischen in 2. bis 3000. Mann starck: Und weil die Bomben mehrentheils zu kurtz gefallen / so macht man nahe bey dem Schlosse eine neue Batterie / von welcher man die Bomben anfieng zu werfen / auch mit Approchen continuirte [die Belagerungswerke ausbaute]. Den 4. Oct. ward ein Detachement von 4. Regimentern Infanterie / 2. Cavallerie und 2. Dragoner / dem Herrn Marggrafen zu Bayreuth zum Succurs [zur Unterstützung] und um Heidelberg zu bedecken / auf inständiges Anhalten des Grafen von Hohenloh / abgefertiget: Den 6. waren die Lauffgraben biß an die Contrescarpe [Brustwehr der Festungswerke] / auch eine Mine an dem einen Thurn angelegt / anbey Anstalt gemacht zu stürmen. Es kam aber die folgende Nacht zwischen dem 6. und 7. ein Courier von dem Commandanten von Heidelberg / und bald darauf ein anderer von dem Marggrafen von Bayreuth / berichtende / daß die Frantzosen zu Philippsburg wieder über den Rhein gegangen / und in aller Eyl nach Ebernburg marchirten / um solches zu entsetzen / und hernach Mayntz zu bombardiren / daß sie auch zu dem Ende ihre Armee aus den Besatzungen von Philipsburg / Landau und anderen Orten verstärcket hätten: dergleichen Nachrichten dann ferner den folgenden 7. Oct. von unterschiedenen Orten folgeten / wie denn auch des Mittags sich einige feindliche Cavallerie auf einer Höhe sehen liesse: welchem nach Se. Hochfl. Durchl. KriegsRath gehalten / und darauf beschlossen die Belagerung aufzuheben / so auch den 8. Octobr. geschehen; zuvor aber noch bey 30. Bomben in das Schloß geworfen worden; und nahm das Lager seinen March auf Bingen / wovon ein Theil noch denselben Tag über den Rhein gegangen / der Gen.[eral] von Thüngen aber mit 3000. Mann sich nach Mayntz begeben; der erste gieng die folgende Nacht über / und den nächsten Tag die Artillerie und Bagage nebst 2. Regimentern / welche um solche zu convoyiren [geleiten] zurücke geblieben waren; Und bemüheten sich zwar die Frantzosen in die Arrierguarde [Hinterhalt] zu fallen / und des Geschützes sich zu bemächtigen / waren aber zu späte gekommen / daher sie sich bey Hevelsheim [Heuchelsheim?] / allwo das Landgräfliche Lager gestanden hatte / niedergelassen.

Den 9. Oct. ist die Aliirte Armee wieder zurücke über den Rhein gegangen / worauf man die Schiffbrücke zu Sandhofen [bei Eich] / abgebrochen / und von Repartirung [Erneuerung] der Winterquartiere zu reden anfangen; welche auch den 12. dito erfolget; ...

2. Die Belagerung von 1697

„Am 27. September 1697 wurde die Ebernburg letztmalig in ihrer militärischen Eigenschaft als Festungswerk gefordert. Kaiserliche Soldaten unter dem Oberbefehl des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden, der sich in den Kämpfen gegen die Osmanen den Beinamen „Türkenlouis“ erworben hatte, zwangen eine französische Besatzung zur Kapitulation und eroberten die Burg zurück. Dies war die letzte Kampfhandlung in dem Krieg, der in der deutschen Geschichtsschreibung mehr als ungenügend mit „Pfälzischer Krieg“ oder „Pfälzisch-Orléans´scher Erbfolgekrieg“ bezeichnet wird.“ Walter G. Rödel

1697 Die Aliirte Armee ziehet sich herunter gegen Mayntz...und geht daselbst über den Rhein Ebernburg zu belagern

Th. E. Bd. 15, S. 131-133

Den 24. gieng das Lager bey Kostheim über den Mayn / und ferner zu Maintz über den Rhein / und setzte sich bey Mombach. Wie es dann nunmehr an dem war / dass das abgezielte Deffein herausbracht / und die Belagerung von dem Schlosse und Vestung Ebernburg sollte vorgenommen werden / als einem Ort / welcher zu Uberbringung der Völcker aus den Niederlanden nach Teutschland / oder von dar nach den Niederlanden / auch Hinderung der feindlichen March und Rückmarche sehr wohl gelegen war / und ward indessen den 25. Rasttag gehalten: den 29. gieng man biß Gretzingen [Gensingen] / und ward daselbst das Haupt-Quartier genommen / den 30. gieng Se. Durchl. der Herr General Lieutenant / in Begleitung vieler Fürstl. und Generals-Personen / und Gefolge von einer Escorte von 2000. Pferden / das Schloß rings herum recognosciren [in Augenschein zu nehmen] / auff welche die Feinde zwar 50 Canonen und vielen Doppelhacken schossen / aber ohne Effect: den 1. Septembr. ward Anstalt gemachet zu einer formalen Belagerung / welche mit 30000 Mann geschehen / jedoch wurden nur etliche 1000. Mann zu der Belagerung gebrauchet / die übrigen aber sollten die Bewegungen des Marchals de Choiscul observiren [beobachten]. Den 3. Sept. marchirte die Armée auf die Höhe von Kreuznach / und ward bey Nieder-Hambach eine Schiff-Brücke geschlagen. Den 5. frühe Morgens giengen Se. Durchl. in nochmahliger Begleitung der Fürstl. und Generals-Personen das Schloß zum andernmähle recognosciren / und resolvirten [erörterten] das Lager von Bingen längst der Nohe [Nahe] biß an Kreuznach / mit einer Linie zu bedecken: Hergegen wurden 100. Pferde / nebst etlichen Gemeinen / durch eine Parthey von 100. Pferden aus Kirn auffgehoben. Den 9. kamen die Chur-Brandenburgische / Münsterische und Paderbornische Trouppen bey 8000. Mann starck an / und conjungirten [verbanden] sich den 10. mit der Armée. Den 11. kamen noch 3. Regimenter Dragouner und Reuter / unter dem Hn. Graffen von Vehlen / und dem Chur-Pfältz. General-Major von Jungheim an. Den 12. ward die Circumvallations-Linie [Belagerungsring] vollzogen: Den 17. fasseten zu Nachts einige commandirte Granadier in der bey dem Flecken vor Ebernburg liegenden Kirchen und Kirchhoff [Friedhof] posto [Posten], wobey nur ein Lieutenant erleget / und etliche Gemeine verwundet worden. Den 18. war man beschäfftiget eine Menge Pulver / Kugeln / Bomben / Carcassen [kleine Bomben] / auch Sturmleitern / derer etliche so breit waren / dass 4. Mann neben einander konten hinauffsteigen / anzuführen. Zu Abends ward auch das schwere Geschütze und Mörsel [Mörser] hinter die Kirche gebracht / und ein Kessel verfertiget / wobey 8 Granadierer verwundet / und 4. getödtet worden. Den 19. gegen Mittag fieng man an / das Schloß aus zweyen Mörsern / so hinter der Kirchen gestanden / zu bombardiren / und ward damit den ganzen Tag und die Nacht continuiret [fortgefahren]. Auch bekamen währender Zeit 500. Grenadirer und 600. Mann Mußquetirer / unterm Commando eines Obristen Lieutenants Ordre, den unter dem Schlosse gelegenen Flecken / Nieder-Ebernburg geheissen / so mit einer Mauer von 4. Klafftern [ca. 7 Meter] hoch umgeben war / zu bestürmen: Die Attaque geschahe den 20. gegen 2. Uhr morgens / die Franzosen hatten die Pallisaden mit Pech-Gräntzen [Pechkränze] umwickelt / und Stroh daran gehängt / welches sie bey der Belagerer Ankunfft angezündet / und nach gethaner Salve wovon 1. Hauptmann / 1. Lieutenant und 3. Gemeine getödtet / und 6. verwundet worden / sich auf das Schloß salviret [in Sicherheit begeben]: kamen also die Belagerer ungehindert in die Stadt / und wurden ferner 4. Stücken [Kanonen] auff der Höhe gepflanzet / die Kessel vor die Mörsel näher an das Schloß gebracht / neben der Kirchen noch eine neue Batterie angeleget / und den Kranz der Schloß-Mauer zu beschiessen angefangen / um denen Belagerten die Defension [Gegenwehr] zu benehmen. Den 21. ward mit dem Bombardiren fortgefahren / und in der Nacht das nächst am Schloß gemachte Logiment [Stellung] zu erweitern / starck gearbeitet; worüber ein Engländischer Hauptmann mit 13 Gemeinen blessiret / und so viel getödtet worden. Es kam hiernächst der Ruff bey der Armée, als ob der Feind einigen Entsatz vorhätte / weßhalben man jedem Regimente zu Fusse eine Bataillon in die Linien commendiret / um ihm den Zugang zu verwehren. Besagte Nacht und Tag hat man eine Batterie von 4. halben Carthaunen verfertiget / ingleichen an einer Communications-Linie / sowohl in als ausser dem Thor des Fleckens / zu arbeiten angefangen / worüber den 21. 4. Gemeine erschossen und 2. blessiret worden. Den 22. hat man mit der Arbeit in so lang einhalten müssen / weilen die Belagerten sehr starck auff jetzt-erwehnte Communications-Linie geschossen. In der Nacht aber ward die Arbeit wieder fortgesetzt / und damit soweit avancirt [fortgekommen] / dass das Logiment und Linie fast völlig ausgemacht / die am Fuß des Bergs angelegte Batterie verfertiget / und mit 6 halben Carthaunen / so dieses Tags im Lager ankommen / besetzt worden / mit welchen man den 23. angefangen die Courtinen [Fläche zwischen Bollwerken] zu beschiessen: wobey den Tag und Nacht über 45. blessirt und in 6. getödtet worden. Den 24. frühe Morgens ist von der neuen Batterie der 6. halben Carthaunen das Eckichte zwischen der Mauer liegende Werk / da die feindlichen Stücke gestanden / beschossen / den ganzen Tag hindurch continuiret / und so viel effectuiret [erreicht] worden / dass die Belagerten gegen Abend ihre Stücke nicht mehr brauchen können: In der Nacht hat man die Communications-Linie völlig bedeckt / die 2. Batterien zur rechten Hand ausgemacht / auch einen Kessel von 2. Mörsern verfertiget / worüber 2. Hauptleute / als einer vom Lothringischen Regiment / Hauptmann Jouvini, so Ingenieurs-Dienste gethan / und einer von den Engländischen / nebens 5. Gemeinen getödtet / und ein Hauptmann von gedachtem Lothringischen Regiment / Herr Graff Dietrichstein / 2. Lieut. und 6. Gemeine blessirt worden: Man fieng diesen Tag einen Franzosen / welcher sich in Ebernburg zu werfen gesuchet / und Briefe bey sich hatte / in welchen den Belagerten Hoffnung zum Entsatz gemachet worden: Es kamen auch der Zeit 4. Überläufer aus dem Schlosse / welche berichteten / dass die Besatzung 400. Mann starck wäre. Den 25. ward das Rondeel [Rondel = rundes Bollwerk] beschossen / die Communications-Linie verfertiget / und an einer neuen Batterie rechter Hand / von 4. halben Carthaunen gearbeitet. Den 26. ist von der neuen Batterie das attaquirte eckige Werk starck beschossen / und damit biß an den 27. continuiret worden. An welchem Tage um 4. Uhr Nachmittag eine Bombe das Gasthaus in dem Schlosse in Feuer gesetzet / welches biß in die Nacht gebrant: Noch selbigen Tag wurden unter einem dicken Nebel / von der Reuterey / viele Fachinen / Leitern und ander Sturm-Zeug in den Flecken gebracht. Den 27. ward mit dem starcken Canoniren fortgefahren: und weil die Belagerer immer weiter avancirten / so ließ der Commandant ein wenig vor 2. Uhr Nachmittage / aus Beysorge eines Sturms / wie dann dazu ziemliche Anstalt gemacht war / die Chamade [Trommelzeichen] schlagen / und eine weisse Fahne ausstecken / womit alle Feindseligkeiten eingestellt / und gegen Abend die Accords-Puncten [Kapitulationsvereinbahrung] von Sr. Durchl. dem Herrn Gen. Lieutenant und Herrn Hertzogen zu Würtenberg / welcher dieses Tags als Obrister in den Approchen [Laufgräben] commandirt / unterschrieben / und folgender massen beschlossen worden: 1. Sollten die Frantzosen mit Ober- und Untergewehr / klingendem Spiele und Kugeln im Munde über die Bresche oder über das Thor ausmarchiren; 2. Alle Stücke / Munition / Proviant / und was sonsten im Schloß befindlich / nebst allen Kaiserl. Deserteurs zurücke lassen; 3. Alle ihre Bagage mitnehmen / und hierzu die nöthige / jedoch unbedeckte Wägen bekommen. Welchem nach dann die Belagerer noch selbigen Abend die Bresche und zwei Aussenwercke besetzten / den folgenden 28. aber die Guarnison durch ein Loch / so man ihnen an der Breche / weilen diese zu passiren noch nicht Platz genug gewesen / gebrochen / in 250. Mann starck / worunter 43. Verwundte gewesen / heraus gezogen: Es wurde dem Commendanten viele Höflichkeit erwiesen / den Officirern Pferde gegeben / und insgesamt durch einen Rittmeister mit 60. Pferden auff Lautern [Kaiserslautern] convoyiret: Der jüngere Hertzog von Würtenberg ist so bald mit einigen Commandirten in das Schloß marchirt / und hernach von 300. Mann unter dem Commando eines Obrist-Lieutenants von Fechenbach wieder abgelöset worden. Bißher gemeldtes Schloß Ebernburg ligt unweit der Nohe oberhalb Creutzenach auff einem hohen Felsen / welcher mehr als die Helffte heruntzer sapirt [in Feindrichtung] / und an der Seiten / wo es am accessibelsten [zugänglichsten] scheinet / mit einem über 19 [?] Schuhe [1 Schuh entspricht ca. 30 cm.] tieff in den Felsen eingehauenen Graben / nicht weniger gemauerten Vorwercken fast in Form eines halben Mondes versehen ist. Nach dessen Eroberung war das Deffein auff Kirn gerichtet / so aber nach Ankunft der Couriers / die den Stillstand der Waffen mitgebracht / wieder zurück gegangen; und weilen währenden gedachten Stillstands / welcher den 6. Octobr. N. E. unter Paucken / Trommeln und Trompetenschall publiciret worden / die Campagne zu Ende gegangen / so fieng die Alliirte Armee solchen nach an aus einander zu gehen / Ihro Durchl. der Herr Marggraf von Durlach / des Schwäbischen Craises General Feld-Marschall machte mit beyder Craise Völckern den Anfang / denen die Englische / Brandenburgische / Münsterische und Schweitzerische (davon die ersten und letzten nach Holand gegangen) nebst den übrigen insgesamt gefolget.

Zusatz

Über weitere Einzelheiten des Geschehens berichtet ein zeitgenössisches Flugblatt. Die Datumsangaben konnte ich auf meiner Vorlage nicht entziffern.

Flugblatt: „Eigentliche Erzehlung dessen / was sich seithero beschehener Attaque, biß auff erfolgte Übergab / von Tag zu Tag vor Ebernburg begeben und zugetragen.“

[Auszug]

…Den 6. ft. n. hat die Armee über die Nohe fouragiret [Nahrungsmittel besorgt] / worbey von einer feindlichen Partey aus Kirn über 100.Pferde nebst etlichen Knechten / weilen sie nicht dahin / wo die Bedeckung gestanden / sondern rückwerts hinter das Lager gangen / gefangen worden. Den 8. ff. n. kam eine Husaren-Parthey mit 27. erbeuteten Pferden / desgleichen der Hr. Obrist Vaubon mit 20. Gefangenen und 60. Pferden zusamst der Mondirung [Bekleidung] im Lager an. …

…Den [?] kam eine ausgegangene Husaren-Parthey mit 60. Pferden und etlichen Gefangenen / worunter ein frantzösischer Rittmeister / wieder zurück / indessen man das Schloß ganz und gar eingesperret / und mit der Circumvallations-Linie fertig worden: Den [?] langte abermahl eine Husaren-Parthey mit 150. feindlichen Pferden / etlichen Maul-Eseln / vielen Mänteln / Röcken und Gewehr / nebst verschiedenen Gefangenen im Lager an: Den [?] brachten wiederum zwey Husaren-Partheyen 130. Pferde ein / und muste der auscommandirte Hr. Obrist Vaubonne, weilen sich der Feind in seinem alten Lager bey Odernheim gantz eingeschlossen gehalten / unverrichter Sachen / ausser Niederhauung 10. Mann Merode [Marode], wieder zurück kehren….

…Den [?] haben zwoHusaren-Partheyen ohnweit dem feindlichen bey Odernheim sich annoch befindlichem Lager 50. Frantzosen völlig niedergehauen….

…Diesen Nachmittag brachte eine Husaren-Parthey 13. Pferde und 3. Maul-Esel mit zurück / und wurde auff eingelangte höchst-erfreuliche Nachricht wegen der Türcken grossen Niederlage von der gantzen Armee / welche ausgerückt / dreymal aus Stücken und Mußqueten salve gegeben:…

…Eodem, wurde ein aus dem Lager des Marschalls de Villeroy gekommener Frantzos / der sich mit Briefen an dem Gouverneur in Ebernburg / deren Inhalt denselben eines unfehlbaren Entsatzes versichert / practiciren wollen / attrapiret [ertappt] / eben als kurtz vorhero zwey Husaren-Partheyen etliche 50. Pferde / samt 3. Maul-Eseln mit sich zurück ins Lager gebracht / und 5. Deserteurs aus Ebernburg / die ausgesagt / das in allein sich 400. Mann Besatzung darin befinde / samt 50. andern aus der feindlichen Armee / meistens Irrländer / zu den hohen Alliirten übergelauffen; Den [?] liesse sich der Commendant durch einen Expressen [Boten] heraus geschickten / daß er / wann man ihme mit 30. verdeckten Wägen heraus zu marchiren erlauben würde / capituliren wollte / vernehmen / allein es ist solcher unangehört / und unverrichter Sache wieder zurück verwiesen / dargegen mit canoniren und Bomben einwerfen / mit gutem sucess, also starck fortgefahren worden / daß am [?] bereits ein ziemliches Stück Mauerwerck eingefallen gewesen / und am [?] allschon allerhand Anstalten zu einem Sturm herbey geschaffet gehabt / welches den Feind bewogen/ daß er weit mehrern Ernst als vorhero zu einem geschwinden Accord von sich verspüren lassen / selben auch / wie er ihm vorgeschlagen worden / angenommen / und am [?] Nachmittags / so viel man dato davon verstanden / mit deme was ein jeder auff dem Rücken heraus tragen können / ausgezogen.

1697 Die Frantzös. Armee geht bey Straßburg wieder über den Rhein / ...willens Ebernburg zu entsetzen...geht aber wegen des Stillstands in die Quartier.

Th. E. Bd. 15, S. 133

 

...Den 8. [September] gieng man biß Federsheim [Pfeddersheim] / den 9. nach Alzey / und bliebe in der Gegend / weil nicht Gelegenheit abzusehen / wie Ebernburg zu entsetzen / liegen: biß endlich der Stillstand gleichfalls in dem Lager publiciret ward / worauff die Armee von darnach den Cantonir-Quartieren auffgebrochen.

3. Demolation

1698 Ebernburg wird demolirt.

Th. E. Bd. 15, S. 392-393

In dem aber nun hierzu Anstalten gemachet werden wollen [die Erfüllung der Auflagen des Friedensabkommens] / ließ sich der Gouverneur von Elsaß Marquis d´Uxelles vernehmen / daß die Vestungen Philipsburg / Kehl / Brisach und Freyburg Ihro Kayserl. Majest. und dem Reich nicht ehe abgetreten werden könten / bis disseits Ebernburg demoliret / und Rheinfels an seinen rechtmäßigen Herrn restituiret [rückerstattet] wäre. Welchem nach dann im Monat Junio die Wercke [Befestigungen] um Ebernburg nebst dem Schlosse gesprenget worden / jedoch mit solcher Vorsichtigkeit / daß weder die dabey gelegene Häuser noch sonsten rund herum etwas beschädiget worden: Welches dann sowohl der Eigenthums – Herr Baron von Sickingen als die Einwohner in dem Thal dem Kaiserl. Ober-Ingenieur Fontana höchlich gedancket:

Des Barons von Sickingen Gesinnen deßhalben an den Reichs-Convent.

Der Herr Baron von Sickingen aber hielt hierauff bey dem Reichs-Convent zu Regensburg an / daß weil er diese Demolation amore Boni Publici hätte müssen geschehen lassen / man ihm zu wieder-Auffbauung einer ihm höchstnöthigen Behausung eine zulängliche Satisfaction [Genugtuung] und Ergötzlichkeit widerfahren lassen / oder etwan mit einem Reichs-Lehn versehen möchte.

1699 Ebernburg rasirt / dargegen dessen Possessor [Kläger] Herr von Sickingen umb einige Geldhülffe zu Erbauung eines Hauses / zu Regensburg ansuchet.

Th. E. Bd. 15, S. 536-537

Unter diesen wird zuförderst aus dem vorigen Jahre zu wiederholen seyn / was wegen Evacuirung und Demolirung oder Abtrettung eines und des andern Orts in dem H. Röm. Reiche vermöge des Ryßwickischen Friedenschlusses erzehlet worden: Und weil unter andern die Sprengung der Vestung Ebernburg darunter begriffen / solche auch der Baron von Sickingen der gemeinen Ruhe zum besten hatte geschehen lassen / nur daß er wegen Wieder-Aufbauung einer Behausung umb eine zulängliche Satisfaction [Genugtuung] bey E. Hochl. Reichs-Convent angehalten: So ist dieses Orts weiter zu gedencken / daß vorgedachter Herr Baron von Sickingen / den 30. Maji deßhalben noch weiter Ansuchung gethan / daß nemlich ihn zwar die süsse Hoffnung gewisser Willfährigkeit in regard [Anwesenheit] so hoher Chur- und Fürstl. vor ihn ergangener Vorschreiben höchstens erfreuet / biß dahin aber ohne Effect seines höchst-billigen Ansuchens ohngetröstet leben müssen / hätte also nochmals inständig bitten wollen / seine dem Röm. Reich und Publico ohnverrückt erwiesene beständige Treue und erlittenen grossen Schaden in reiffliche Consideration [Überlegung] zu ziehen / und zu Wieder-Erbauung einiger Behausung (massen er ja leider in einer mehr als bäurisch gleicher und sehr miserablen Wohnung sich auffzuhalten benöthiget wäre) eine zulängliche Satisfaction und Ergetzlichkeit / bevorab da man vergewissert worden / daß anjetzo einige gewisse Gelder ad Cassam gebracht werden solten / wiederfahren zu lassen / oder aber in Entstehung dessen / wie schon gebeten / mit einem anderwärtigen Reichs-Feudo zu belehnen.

Nachweise

Verfasser: Jörg Julius Reisek

Redaktionelle Bearbeitung: Dominik Kasper

Literaturhinweise:

  • Rödel, Walter G.: Die Ebernburg in der französischen Strategie während des Pfälzischen Krieges. (In: Ebernburg-Hefte. Folge 31.1997. S. 69-89. / = Blätter für Pfälzische Kirchengeschichte und religiöse Volkskunde, 64. S. 407-427)
  • Die Baudenkmale in der Pfalz. O. J. Bd. V. S. 1-15
  • Ebhardt, Bodo: Die Ebernburg bei Münster am Stein. Baugeschichtliche Untersuchung. Berlin-Grünewald: Burgverlag, 1917. (enthält u. a. Abbildungen von Belagerungsplänen und einen Minensprengplan aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe)
  • Kultur- und Geschichtslandschaft Nahe – Hunsrück. Festgabe für Werner Vogt zum 70. Geburtstag. 1994. (zugl. Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach, Sdbd. 27) Farbtafel V: Minensprengplan
  • Lehmann, Johann Georg: Urkundliche Geschichte der Burgen und Bergschlösser in den ehemaligen Gauen, Graffschaften und Herrschaften der bayerischen Pfalz. Bd. 4. 1857.
  • Pfälzisches Burgenlexikon Bd. 1. S. 277-288
  • Reiniger, Wolfgang: Landkarten und Ortspläne des Kreises Bad Kreuznach 1668-1897 : Katalog mit einer geschichtlichen Einführung in die Herrschaftsverhältnisse ab dem 10. Jh. Bad Kreuznach : Selbstverlag, 1987.
  • S. 26: Grundriss der Ebernburg 1692, Kupferstich von Nikolaus Person
  • S. 29: Ort und Burg 1697, Zeichnung
  • S. 30-31: verschiedene Pläne von Nicolaus de Fer, 1695 ff.
  • Reiniger, Wolfgang: Stadt- und Ortsansichten des Kreises Bad Kreuznach 1523-1899 : Katalog der Holzschnitte, Kupfer-, Stahl- und Holzstiche sowie der Steinzeichnungen. Bad Kreuznach : Selbstverlag, 1990.
  • S. 74/75: 1.) Einblattdruck (106 x 170)„Eygentliche Erzehlung dessen / was sich seithero beschehener Attaque, biß auff erfolgte Übergab / von Tag zu Tag vor Ebernburg begeben und zugetragen.“ 2.) Einblattdruck (125 x 155) mit einem Kupferstich der Belagerung.
  • Schneegans, Wilhelm: Geschichte des Nahetals nach Urkunden und Sagen. 3. Aufl. Kreuznach: Schmithals 1889. S. 171 ff.

Interessenten finden in der Heimatwissenschaftlichen Zentralbibliothek eine umfangreiche Literatursammlung über die Ebernburg.

Erstellt: 21.06.2010