Bibliothek

0.Die Familie Abraham Melchior und die „Eisen- und Stahlhütte“ in Hamm/Sieg

von Annette Röcher

Zu Abraham Melchior, zu dem es hieß, dass er mit Rudolf de Witt um 1700 die Bergwerke in Hamm übernommen hatte, gab es wenige Hinweise auf persönliche Hintergründe. Im reformierten Kirchenbuch Hamm fanden sich folgende Einträge:

30.9.1708 hat Abraham Melchior der Jüngere von der Hütten ein Töchterlein taufen lassen. - keine weiteren Angaben, wie Name oder Paten -
31.5.1711 hat H. Abraham Melchior Junior auf der Hütten alhier ein Söhnlein zur H. Tauf befördern lassen.
25.11.1711 beerdigt Abraham Melchior auf der Hütten ein Söhnlein begraben lassen.
11.1713 d 30t hat H. Abraham Melchior auf d`hütten ein Söhnlein ohn` Gevattern taufen lassen voo (Name): Abraham.
15. Dez. 1721 H. (Herr) Abraham Melchior begraben worden.
2. Mai.1732 H. Abraham Melchiors hinterl (assene) Frau Wittib begraben

Dazu gab es im evangelischen Kirchenbuch von Hamm einige Nennungen als Paten:

24.10.1700 Louisa Catharina Tochter von Hanß Joachum Klein, Steiger auf der Hohen Greten zu Salterberg, Pate: u.a. Catharina Margaretha meine Tochter (Pastor Müller), H. Abraham Melchior von Sollingen ...

4.7.1706 Sohn Johann Georg von Christian Richter, Steiger Patin: u.a. Catharina, Herrn Abraham Melchiors auf der Hütten Tochter ...

13.8.1707 Sohn Johann Franz Ernst von Johann Georg Happ Patin: u.a. Herrn Abraham Melchiors Liebste auf der Hütte, Magister Johann Müller ...

26.12.1708 Sohn Johann Abraham von Christian Richter, Steiger: Pate: u.a. Abraham Melchior Junior aus der Hütten, meine Tochter Clara Hedwig (Pastor Müller) ...

18.3.1712 Sohn Conrad(s) Johann Erich von Zigeuner, geboren ... Patin: u.a. Herr Melchiors Tochter, meine Tochter Clara Hedwig (Pastor Müller) ...

3.10.1714 war Johannes Melchiors Pate bei Hans Henrich Geilhausen.

Im reformierten Kirchenbuch von Hamm wurde am 5.1.1729 u.a. als Patin eingetragen: Sohn Henrich Wilhelm des reformierten Pfarrers Hofmann, Jungfer Catharina Melchiorin Herrn Abraham Melchiors Hüttenherrn zu Hamm eheliche Tochter ...

Dazu fand sich ein Eintrag in Hachenburg:
Melchior Abraham, Sohn Melchior Abraham *1713 +Jan.1718 in Nisterhammer=Nister, Vater Verwalter? beerdigt am 16.1.1718 in Altstadt=Hachenburg 4 Jahre, in der Kirche begraben, der Vater als Herr bezeichnet.[Anm. 1]

Die Daten zu Abraham Melchior waren nicht sehr ergiebig, gaben jedoch „Solingen“ als Herkunftsort an und der genannte Begriff „Herr“ bezeichnete seine Person in einem angesehenen, gesellschaftlichen Status.
In den frühen Einträgen war meist eine Ortsbezeichnung angegeben, so würde ich hier lesen, dass die Familie, bestehend aus Junior, Tochter, Liebste (Ehefrau von wem), eine der ersten Nennungen war, die offensichtlich einen Wohnsitz in der Nähe der Hütte hatten.
Der Todeseintrag 1721 würde Abraham Melchior „Senior“ betreffen, der Eintrag 1732 seine Witwe und da der Junior ebenfalls Abraham hieß, wäre die Geburt 1713 mit Kindesname Abraham und die Beerdigung 1718 in Hachenburg, die vermutlich zusammengehören, Melchior „Junior“ zuzuordnen.

0.1.Berichte von auswärtigen Hütten

Bei der Recherche stieß ich auf folgende Texte, die ich in kurzen Auszügen wiedergeben möchte:
„Der Hunsrück ist reich an armen Erzen“ - das ist eine alte Weisheit. Die zahlreichen Erzlager sind meistenteils auf enge „Nester“ begrenzt, aber über weite Gebiete des Hunsrücks verstreut. Sie finden sich sowohl in den großen Waldbezirken als auch in den weniger bewaldeten Höhengebieten, am dichtesten dort, wo sich die heutigen Kreisgebiete von Simmern, Kreuznach und St. Goar berühren. Allein im Bezirk des Kreises Kreuznach hat man über 100 Schürfstellen festgestellt. Der Raseneisenstein – das „Wasem-Erz“ wie der Hunsrücker sagt, - liegt meist in geringer Mächtigkeit hart unter der Erdoberfläche und war daher schon in der Frühzeit gewöhnlich ohne besondere Schwierigkeiten im Tagbau zu gewinnen. Stollenbau gab es nur in wenigen Fällen, und der Schachtbau blieb auch in der späteren Zeit praktisch auf die Braunsteingruben bei Waldalgesheim beschränkt …[Anm. 2]

… Der Sensweiler Hammer in der Bürgermeisterei Wirschweiler wurde Abraham Melchior junior zu Hamm bei Haggeburg (Hamm a.d.Sieg) am 20. Juni 1716 gegen Zahlung von 1000 Thaler, ein Thaler zu 45 Petermännchen gerechnet, in Erbbestand gegeben. Derselbe errichtete noch in demselben Jahre einen zweiten Hammer und verkaufte 1737 beide Hämmer für 2500 Thaler an die Gebrüder Stumm zu Birkenfelder Hammer. Die Hämmer waren Stahlhämmer und wurden durch Wasserkraft betrieben. Sie kamen in den 50er Jahren dieses Jahrhunderts zum Erliegen …[Anm. 3]

Zum gleichen Sachverhalt an anderer Stelle:[Anm. 4]

Sensweiler
um 1700: Anlage eines Stahlhammers durch die Familie Clarenbach aus Lennep;
20.6.1716 Verkauf des Stahlhammers durch Johannes Clarenbach an Abraham Melchior, Eisenhüttenherr zu Hachenburg, gleichzeitig wild- und rheingräflicher Erbbestand für Abraham Melchior zum Betrieb des Stahlhammers sowie zur Errichtung eines zweiten gleichartigen Werkes
19.6.1727 Wild- und rheingräflicher Erbbestand für Abraham Melchior zum Bau eines zweiten Stahlhammers
1736 Dreijährige Pacht der Sensweiler Stahlhämmer durch die Firma Stumm 19.12.1737 Verkauf der beiden Stahlhämmer durch Abraham Melchior an die Fa. Stumm

Stromberger Hütte
28.4.1649 Jean Mariotte kauft die Stromberger Hütte;
um 1689 Zerstörung des Eisenhüttenwerkes im Pfälzischen Krieg;
05.12.1711 Erbbestand für den Kaufmann Heinrich von Außem aus Mühlheim zum Aufbau und Betrieb eines Eisenhüttenwerks;
31.5.1714 Nach Auseinandersetzungen zwischen Johann Heinrich von Griesheim und Heinrich von Außem werden beide zu gleichen Teilen in einem erneuten kurpfälzische Erbbestand mit dem Eisenhüttenwerk belehnt;
06.05.1719 Johann Heinrich von Griesheim verkauft seinen Erbbestandteil, der sich auf das neu angelegte Hammerwerk Daxweiler (spätere Stromberger Hütte) bezog, an Peter Pastert, so daß von Außem zum Alleinbesitzer der Stromberger Hütte wurde.

Stromberger Neuhütte
31.5.1714 Kurpfälzischer Erbbestand für den Kaufmann Heinrich von Außem und dem herzoglichen Statthalter zu Altenkirchen Johann Heinrich von Griesheim zum Bau und Betrieb von Eisenwerken bei Stromberg;
zwischen 1714/19 Errichtung eines Hammerwerkes bei Daxweiler, das zur Stromberger Hütte gehörte;
06.05.1719 … Pastert baute zusammen mit seinen Söhnen Jakob und Abraham Friedrich das Hammerwerk zum Eisenhüttenwerk aus.

… Nachdem mancherlei andere Bewerber nicht zum Ziele gekommen waren, hatte Heinrich von Außem, Handelsmann in Mülheim a. Rh. und späterer kurpfälzischer Kommerzienrat mit Lehensbrief vom 5. Dezember 1711 von dem Kurfürsten Johann Wilhelm von Kurpfalz das im Oberamt Stromberg befindliche Eisenberg- und Hüttenwerk zu Lehen empfangen. Nach dem Ausbruch der Streitigkeiten zwischen dem Herrn von Außem und dem Herzogl. Sachsen- Eisenach`schen Oberaufseher und Statthalter Johann Heinrich von Griesheim zu Altenkirchen war unterm 31. Mai 1714 ein neuer Lehensbrief ausgestellt worden, dahingehend daß von Außem und von Griesheim das Stromberger Werk, ein jeder als „Halbscheid“ als Erblehen nutzen sollten. Nur bei dem Bergwerk von Warmsroth führte jeder von ihnen für sich seinen eigenen Stollen weiter. Beide bauten nun zusammen die alte bereits verfallene Hütte zu Stromberg wieder auf, errichteten 1719 an der Stelle der alten Schultheißen Mühle die Daxweiler Hütte, (die später so genannte Stromberger Neuhütte), und zwar zunächst nur als Hammerwerk und legten auch einen Hammer bei Schweppenhausen an.
Während von Außem die alte Stromberger noch bis 1746 weiterführte, verkaufte von Griesheim seinen Anteil, nämlich die Stromberger Neuhütte, bereits am 6.Mai 1719 an Peter Pastert …

Hier wurden Abraham Melchior aus Hamm, Johann Heinrich Griesheim aus Altenkirchen, bei dessen Kindern Lucretia von Diest und Töchter als Paten genannt wurden, und Hüttenmeister Peter Pastert angegeben, der in weitem Umkreis tätig war.[Anm. 5]

0.2.Zur Hütte in Hamm

Später fand ich eine Erklärung, warum ein Abraham Melchior aus Hamm in Sensweiler genannt wurde, denn es gibt im Hauptstaatsarchiv Wiesbaden eine Akte,[Anm. 6] die nach der Transkription interessante und teilweise unbekannte Details enthielt.

Kundt und zu wissen sey hirmit Jedermänniglich, denen daran gelegen ist, daß nachdem unsere seeligen Eltern albereiths in Ihrem Leben schwere und kostspielige proceße, mithin großen Schaden gehabt, nach welcher absterben, der proceß mit einem Kaufman Roeloff de Witt auß Amsterdam, auf unß Erben gekommen, welche dann, insbesondere die Comißion, so große und schwere Unkosten verursacht, daß wir bey anderen, dazu gekommenen beschwerlichen Umständen fast außer Stand gesetzt, das Hüttenwerck fortzutreiben, und deßwegen genötight worden, bey einem Kaufmann Herr Teschemacher in Cölln ein gewißes Capital under schweren intereßen zu unserer bloßen Subsistenz (a) und Unterhaltung der Eisen und stahl bergwercke aufzunehmen, aber ohn eintziger Einnahmen glatterdings aus der hand gezehret; denn dann hinzu gekommen, daß die kupfer und bley bergwerke in solchen guten stand gediehen, daß die Kohlen rar, und der preiß derselben ja mehr und mehr gestiegen, daß man keine Vergewißerung der kohlen hat haben können und dahero des landes herrn Hochgräfl. Excell: den stillstand der Commercyi, nicht länger indifferent haben ansehen wollen, mithin zu befahren gestanden, daß die berge /: zu mahlen auch der schmeltzofen und hütten bau gantz verfallen und von grund auf wieder neu erbaut werden müßen :/ nach Verordnung der klaren bergrechte in das freye verfallen (b), und wir vollendts um alles kommen weren:
so haben wir unß … auß dießen und anderen vordringenden Umbständen gezwungen gesehen, dieses unser Hüttenwerck auf andere zu transferieren, Nachdem sich aber niemandt von privatis hierzu meliren (c) wollen; so haben wir deshalb bey der Hochgebohrenen Gräfin und … Frau Sophien Amalien burggräfin von Kirchberg, gräfin zu Sayn und Wittgenstein, ... zu farnroda, gebohrene Gräfin zu Naßau, Saarbrücken und Saarwenden einen unterthänigen Antrag gethan, ob deroselben gnädig gefällig seyn möchte, dieses unser Hüttenwerck auf billige Conditiones zu übernehmen, welche zwaren anfangs hiebey viele bedenklichkeiten gehabt, jedoch auf weiteres demüthigstes ansehen sich gnädig gefallen laßen, in Tractaten einzutretten, welche dann entlich auch nach folgende Conditiones zum schluß gebracht seyend, nahmens: Es ist ein redlicher und aufrichtiger Cessions (d) Contract heut dato abgewendet und geschlossen worden, daß der von hochverehrten Frau burggräfin von Kirchberg als cessionarie (e), wir unterschribenen cedentes (f), unser gantzes hüttenwerck und alles zubehör, als benantlich, das Wohnhaus, hoff und hüttenplatzung, kohlschoppen, garthen, weyer sambt aller Hütten und hammergewaltigkeit unter Hamm, nebt denen zu gehörigen Eißen und stahlbergen in Summa aller zu gehöhr und zwar in der Maaße und Weiße, wie unsere seel. Eltern solche von dem vorigen poßeßore (g) Herrn Maximilian von Diest mittels Ablegung (h) des Heistermannischen Capitals a 7000 rthr: resp: nicht nur auf sich bracht, benutzt und beseßen, sondern auch nach und nach dazu gekauft, verbauet, verbeßert und verwendet haben, übertragen und transferieren, dargegen … Hochgräfl. Exell: versprechen Summa von 3300 Rthr auf die arth und weiße wie eins nechst beschrieben folget in
gangbahrer Müntze an bemelten Kaufman Herrn Teschemacher zu bezahlen ...

(a) Selbsterhaltung; (b) Bergrecht: ins Lehen, an den Grundherrn zurückfallen; (c)entscheiden; (d) Verkauf; (e) Erwerber; (f) Verkäufer; (g) Besitzer; (h) es bezahlen

Wie man liest, muss sich die Lage der Bergwerke aus verschiedenen Umständen drastisch verschlechtert haben:

„… zu mahlen auch der schmeltzofen und hütten bau gantz verfallen und von grund auf wieder neu erbaut werden müßen“.

Ferner gaben Melchiors an, dass sie „von der Hand in den Mund leben mussten“, dass sie keine Einnahmen hätten und befürchteten, dass sie die Bergwerke ohne Gegenleistung verlieren, wenn diese nicht bewirtschaftet würden.

Weiter führten sie an, dass „die Kupfer- und bley bergwercke in solchen guten Stand gediehen“, demnach die Konkurrenz wohl deutlich spürbar war und die Kohlen, die dringend benötigt wurden, schlecht zu bekommen und teuer waren. Sie hätten sich aus vielen Gründen dazu entschlossen „unser ganzes Hüttenwerk und Zubehör“ zu verkaufen, sie aber keine Privatleute fanden, die daran Interesse gehabt hätten.

Man hatte investiert, dazu gekauft, gebaut und verbessert, doch das bei Johann Teschemacher aufgenommene Kapital war offenbar nicht ausreichend, um den Prozess zu führen und die Bergwerke in Gang oder in Stand zu halten. So wurde der Burggräfin die Übernahme durch einen Kauf zu „billigen Bedingungen“ angeboten, wenn sie 3300 Reichsthaler an Herrn Teschemacher bezahlen würde.

Unter den weiteren Punkten wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Burggräfin auf gar keinen Fall etwas mit „den in - oder ausländischen Prozessen der Melchiors“ zu tun haben wollte und ein Kaufvertrag einem zu erwartenden Urteil nicht vorgreifen wollte. Bis zur gerichtlichen Entscheidung sollten nur die jährlichen Zinsen an Herrn Teschemacher gezahlt werden. Die Verkäufer mussten sich verpflichten, den Prozess alleine und auf eigene Kosten zu bestreiten.
Wenn das Kammergericht entscheiden sollte, dass die Bergwerke einem Dritten abgetreten werden müssten oder die Burggräfin gezwungen würde, diese zurückzugeben, so sollten die Verkäufer die eventuell entstandenen Bau - und Instandsetzungskosten erstatten.

Ferner sollten die Verkäufer jegliche Unterstützung leisten und alle Akten, Abschriften und Dokumente, insbesondere die, die sich auf Herrn Diest und die „Heistermann Obligationen“ bezogen, aushändigen. Dieser Vertrag sollte von beiden Seiten gehalten werden, auch im Hinblick auf den abwesenden Bruder und den minderjährigen Vetter.
Nach Ende des „Wittischen Prozesses“ und wenn keine weiteren Forderungen zu erwarten wären, sollte die Zahlung von 3300 Reichsthalern an Herrn Teschemacher erfolgen. Als Abschluss des Vertrages bestätigten Melchiors, dass die Burggräfin nun im rechtmäßigen Besitz des gesamten Hüttenwerkes war, der Vertrag in doppelter Ausfertigung beurkundet und jeweils ein Teil ausgehändigt wurde.
Die vorliegende Fassung wurde „geschriben Hachenburg den 28. Novembris 1732“ und von Sophia Amalia Burggräfin von Kirchberg unterschrieben.

0.3.Nachtrag zum Kaufvertrag

Etwas später kam es zu einem Nachtrag, in dem es hieß, dass die Burggräfin den Vertrag bisher nicht als gültig annehmen wollte, weil der Bruder und Onkel Abraham Melchior aus Sensweiler den Vertrag nicht gegengezeichnet hätte.

Der Hintergrund:

Es wurde am 8. August 1732 ein Vergleich zwischen den Melchior Erben geschlossen, bei dem Abraham Melchior (Junior) auf das Hüttenwerk verzichtete, wenn dafür die Zahlung der erzielten Kaufsumme an Herrn Teschemacher erfolgte. Melchiors überlegten, ob sie vor der „Hochwild. und rheingräflichen Cantzley zu Grehweiler“[Anm. 7] auf eine formlose Erklärung oder eine Unterschrift klagen sollten, verwiesen aber auch auf ein Schreiben, das Abraham Melchior am 27. April an Kammerrat Wirths geschickt hatte, worin er seinen Verzicht unter den genannten Gründen wiederholte.
Sie baten darum, dieses Schreiben, das auf ihre Bemühungen zurück zu führen wäre, anstelle der Unterschrift anzuerkennen und das Berg - und Hüttenwerk umgehend durch „Bergverständige“, Zeugen und den Notar zu besichtigen, um weitere Schäden zu verhindern und in dieser Zeit nicht nur die Auszahlung, sondern auch die Verzinsung ruhte. Dazu wurde angefügt, dass sie wegen ihrer extremen Notlage von der Burggräfin bereits 100 Reichsthaler in bar erhalten hatten und diese abgezogen werden sollten, sodass Herrn Teschemacher noch 3200 Reichsthaler ausgezahlt werden müssten.

… zu deßen Urkund wir uns hier nochmahlen unterschrieben haben, so geschrieben Hamm auf der Hütten d. 4. Junyi 1733
urkunden und bekennen hiermit, daß wir vorbeschriebenen hütten ceßions contract in allen puncten wie solcher beschrieben ist, angenommen haben und Hat und unverbrüchlich zu halten versprechen geschehen zu ham dato wie vorgemelt … Sophia Amalia burggräfin von Kirchberg ggzu Naßau

Am 4. Juli 1733 gab es in Köln ein Treffen zwischen Catharina Melchior und Johann Teschemacher zu einer „General-Liquidation“. Wegen Buchungen, die Catharina Melchior beanstandete, kam es zu „Zwistigkeiten“, sodass man sich unverrichteter Dinge trennte.

Am 1. September 1734 unterschrieb Johann Teschemacher in Cölln eine „carte blanche“ (Vollmacht) für Herrn Frantz Philipp Fauth, um eine Einigung „in Güthe mit der Jungfer Catharina Melchior zu Hamm“ herbeizuführen und das Geld von der „hachenburger Herrschaft“ zu erhalten, das ihm nach dem Vertrag vom 4. Juni 1733 plus Zinsen zustehen würde.

Darauf erfolgte eine Buchungsaufstellung, Abrechnung und abschließender Vergleich, der am 4. September 1734 in Hamm an der Sieg von Herrn Fauth, Catharina Melchiors und dem „hochgräflichen Hüttenverwalter Johann Wilhelm Simonis“ als Zeuge unterschrieben wurde.

0.4.Forderungen nach 1740

Einige Jahre später musste sich Hachenburg mit einem anderen Erben auseinandersetzen, denn am 20. Mai 1742 schrieb die Witwe des Peter Schmitz aus Köln, dass nach dem Vertrag vom 4. September 1734 zwischen dem Bevollmächtigten des verstorbenen Herrn Teschemacher und Catharina Melchior von der „gnädigen Herrschaft“ aus dem Hüttenverkauf 1732/33 eine Summe von netto 3000 Reichsthalern an Herrn Teschemacher und 200 Reichsthaler an die inzwischen verstorbene Catharina Melchior ausgezahlt werden sollten.
Sie hätte kürzlich von Johann Gottfried von der Nüll, dem Enkel Teschemachers gehört, dass deren Geld ausgezahlt worden sei und da Abraham Anthon Melchior ebenfalls verstorben sei, würde sie, als Tante, nun die Auszahlung der 200 Reichsthaler plus Zinsen beanspruchen.

Es folgten weitere Schreiben von Frau Schmitz, bis es am 16. Dezember 1744 in Hachenburg zu einem Abschluss kam.
Der Sohn Johann Anton Arnold Schmitz erschien als Bevollmächtigter seiner Mutter und Abraham Gottfried Melchiors, um die „Kaufschilling aus der hammischen mahl und Eisenhütte“ entgegen zu nehmen.
Nach einer vorausgegangenen Einigung zwischen Hachenburg und Frau Schmitz wurden von 200 Reichsthalern noch 160 Reichsthaler zuzüglich rückständiger Zinsen von 49 Reichsthaler 10 Kreuzer, zusammen 209 Reichsthaler 10 Kreuzer in bar, gegen Quittung zu obigem Datum, an ihn ausgezahlt.

In der Akte befindet sich das Testament des Abraham Anthon Melchior, welches er am 1. April 1738 in Büchenbeuren vor Zeugen verfasste.
Offensichtlich war der Anspruch auf 200 Reichsthaler von Catharina Melchior nach deren Tod auf ihn übergegangen. Er vermachte seiner Braut die „Halbscheid“ seines Vermögens, die andere „Halbscheid seinen anderen freunden“.
Frau Schmitz löste am 9. September 1740 in Büchenbeuren 100 Reichsthaler, „die Erbportion“, bei der Erbin bar aus und erhielt darüber eine quittierte Abtretungserklärung.

Abraham Gottfried Melchior hatte in seiner Vollmacht für Johann Anton Arnold Schmitz erklärt, dass er „den vierten Theil wegen des Ehemahligen Melchiorischen Hammer Hüttenwerck“ durch Erbe erhalten hatte. Frau Schmitz hatte vermutlich den verbleibenden Teil, sodass sie den kompletten Betrag einfordern konnte.[Anm. 8]

0.5.Kleine Genealogie zu den „Erben Melchiors“

Bedingt durch die vielen Dokumente und Beglaubigungen, die zu einem großen Teil von Frau Schmitz eingereicht wurden, finden sich eine Fülle von Daten, Unterschriften und Urkunden, aus denen man mehr zur Familie Melchior und anderen Personen erfährt.
Aus den zahlreichen Texten ergibt sich, dass von dem um 1700 in Hamm genannten Abraham Melchior, der 1721 in Hamm starb, drei Kinder abstammen: Tochter Catharina, sowie die Söhne Christian und Abraham.

0.5.1.Catharina Melchior

Wie aus der Ausarbeitung hervor geht, kam Catharina Melchior um 1700 mit ihren Eltern nach Hamm, war ledig und nach dem Tod des Vaters Abraham Melchior 1721 scheinbar maßgeblich an der Führung der Bergwerke beteiligt. Welche Rolle dabei ihrer 1732 verstorbenen Mutter, die wahrscheinlich ebenso lange in Hamm lebte, zukam, ist nicht ersichtlich. Catharina muss laut obigen Texten zwischen dem 4. September 1734 (Vergleich) und dem 1. April 1738 (Testament) gestorben sein.

0.5.2.Christian Melchior

Frau Schmitz erhielt in Köln am 30. Juni Anno 1744 eine Bestätigung, dass Sie die Ehefrau des verstorbenen Peter Schmitz und eine geborene von Orsoy sei. Sie wäre die noch einzig lebende Schwester der verstorbenen Gerardia Melchiors, geborene von Orsoy, Ehefrau von Christian Melchiors ebenfalls verstorben, und damit die nächste „Anverwandin“ des Sohnes Abraham Anthon Melchiors aus der Ehe Christian Melchiors.[Anm. 9]

Abraham Anthon Melchior hatte das Duplikat des Kaufvertrages, worin auch die bereits erhaltenen 100 Reichsthaler genannt wurden, am 4. Juni 1733 gemeinsam mit seiner Tante Catharina Melchior unterschrieben. Wie weit er an der Führung der Bergwerke in Hamm beteiligt war, geht nicht hervor.

Ich armer Krancker und nach göttlichem Willen auf meinem bette liegender Mensch bezeuge in meiner Schwachheit für Gott und allen anwesenden Zeugen daß ich meiner lieben braut mit welcher ich mich ehelich verlobet, bis in den Tod getreu verbleiben will, und mein einzig Verlangen ist mit ihr priesterlich eingesegnet und copuliert zu werden, und wenn danach Gott über mich gebiethen werde, daß ich zeitlich abscheiden soll, so schencke ich ihr meiner lieben braut Catharina Christin die sämtliche halbscheid von allen meinem Vermögen und meinen anderen freunden die andere halbscheid                                                                                            büchenbeuren
d. 1. April 1738

Abraham Anthon Melchior
J.J. Schneider Pfarrer als Zeuge
Matthias Piller als Kirchenältester
Conrad Dieterich
Hans Adam G…

Johann Matthias Schröter

Am 3. August 1742 stellte der reformierte Pfarrer Johann Jacob Schneyder ein „Attest“ aus, dass Abraham Anthon Melchior am 2. April 1738 in Büchenbeuren, Oberamt Kirchberg, gestorben und am 4. April 1738 christlich begraben wurde. Demnach verstarb er einen Tag, nachdem er seinen „letzten Willen“ verfasst hatte. Seine Frau hieß Anna Catharina Christ und war die Tochter von Johann Wilhelm Christ, Schuldiener der Gemeinde Büchenbeuren. Johann Wilhelm Christ gab bei der Ablösung des Erbes an Frau Schmitz an, dass seine Tochter, verehelichte Melchior, in zweiter Ehe Johann Caspar Napp, Bürger und Rotgerber, geheiratet hatte.[Anm. 10]

0.5.3.Abraham Melchior

Der Sohn Abraham Melchior wurde zu Beginn in Hamm genannt, musste laut obiger Ausarbeitung 1718 einen Sohn in Hachenburg beerdigen lassen und wurde 1716 in Sensweiler tätig.
Im Dezember 1737 verkaufte er seinen dortigen Besitz an die Gebrüder Stumm und zog mit seinem Sohn Abraham Gottfried Melchior nach Duisburg. Er hatte auf die Ansprüche in Hamm zu Gunsten von Herrn Teschemacher verzichtet.

In einer Beglaubigung vom 20. August 1744 aus Duisburg, unterschrieben von Jac: Th: Steinberg, hieß es, dass Abraham Melchior welcher sich 1739 hier niedergelaßen Anno 1741
10. Januar, das zeitliche mit dem Ewigen verwechselt und Abraham Gottfried Melchior S.S. Theologie Canditatum als einzigen Sohn und Erben zurück gelassen

Am 19. August 1744 unterzeichnete Sekretär Bergius in Duisburg ein Dokument, in dem es hieß, „... Abraham Melchior anno 1739 hirher gezogen, ein Haus an sich gekauft und sich häuslich hirselben niedergelaßen ...“ - weitere Ausführung wie oben -

Seine Immatrikulation war am 19.4.1739 in Duisburg:
… aus Sensweiler, Amt Wildenburg, spätere Tätigkeit ab 1748 Pfarrer in Lingen.
[Anm. 11]

Um 1722 in Sensweiler geboren, starb er am 4.2.1799 in Lingen, Landkreis Emsland, Niedersachsen.
Seine Eltern wurden als Johann Melchior, Stahlherr und Faktor und Anna Maria Christine NN angegeben. Abraham Gottfried heiratete zweimal und bekam einen Sohn.[Anm. 12]

Der Familienname „von Orsoy“ wurde auch als „van Orsoy“ geschrieben und in den Dokumenten wechselte der Name „Melchior“ teils zu „Melchiors“.

0.6.Zusammenfassung

Laut den Akten befand sich die „Stahl - und Eisenhütte mit allem Zubehör“ seit 28. November 1732, spätestens ab dem Nachtrag des Vertrages vom 4. Juni 1733 im Besitz der Burggräfin von Kirchberg. Wie die weiteren Unterlagen zeigen, wurde der Kauf nicht von dem Spruch des Kammergerichts beeinflusst, da keine Hinweise darauf enthalten sind und die Zahlung der Kaufsummen, wenn auch durch Vergleiche reduziert, nach 1742 erfolgten.

Bisher unbekannt ist die Angabe, dass die Eltern Melchior das „gesamte Werk“ von dem vorigen Besitzer Maximilian von Diest für 7000 Reichsthaler erworben hatten, indem man das „Heistermannische Capital“ ablöste.

In einem Schreiben vom 28. September 1744, das aus Hachenburg an Frau Schmitz geschickt wurde, hieß es, dass die Teschemachers Erben 4500 Reichsthaler aus dem Verkauf der Hütte zu fordern gehabt hätten, doch mit 3500 Reichsthaler einverstanden gewesen wären.
Wie sich die Summe von 4500 Reichsthaler zusammensetzte, obwohl im obigen Text von 3000 Reichstaler die Rede war, ist nicht ersichtlich, sodass man die ursprünglich aufgenommene Kredithöhe und den Zeitpunkt der Aufnahme nicht kennt.
In der Berechnung im Jahr 1734 wurden Buchungen von 1724 und vom 10. März 1726 eingetragen.

Weiter hieß es, ...ist nicht mehr als billig dass sie sich ebenfalls solche Condition gefallen laßen
… .
So kam es, dass auch an der Forderung von Frau Schmitz, wie oben erwähnt, ein Abzug erfolgte.

In der Ausarbeitung eines „Hüttenbuches“ nennt Norbert Langenbach für 1700 eine Zahlung an Maximilian Diest in Höhe von 237 Reichsthaler und 4 Albus und für 1702 „Maximillian von Diest für dieses Jahr 259 Reichsthaler und 30 Albus“. Weiter schrieb er: Abraham Melchior und Rudolf de Witt hatten die Hammer Hütte zunächst gemeinsam gepachtet, von der Witwe von Diest und deren Sohn Maximilian von Diest und machten einen eigenen gemeinsamen Vertrag am 20. August 1700 zu dem „Gott seinen Segen gebe.“

Herr Langenbach machte darin viele weitere Angaben zum Hüttenbetrieb, wie über Fahrten nach Solingen; von Hamm über Salterberg nach Neuwied; sowie: 1703 „über die Reise mit Herr de Witt und Herr Teschemacher ins Märkische Land ist verzehret,“ und 1700 „für Instrumenten, so von Frau Heistermanns bekommen 25 Reichsthaler.
Am 11. April 1716 gewährt Rudolf de Witt zu Behufe und Anlegung der Hütte bey Ham Abraham Melchior einen Betrag von 8000 Thalern, den dieser schon 1717 als Betrag von 8613,58,2 Reichsthaler zurück gibt.
[Anm. 13]

Wie man aus der Ausarbeitung erkennen kann, bleiben weitere Fragen unbeantwortet, wie zum Übergang der Werke von Maximilian von Diest an Abraham Melchior um 1700 und dem „Heistermann – Capital“, durch dessen Ablösung Abraham Melchior Besitzer der Hütte wurde.

Was war der Grund für den Prozess und welche Konsequenzen ergaben sich für Rudolf de Witt?

Wurden die 8000 Reichsthaler, die Rudolf de Witt 1716 gab, für die Ablösung in Hamm und für die Übernahme in Sensweiler genutzt? Wie konnte das Geld so schnell zurückgezahlt werden?

Es wäre schön, wenn sich darauf noch Antworten finden lassen.

0.7.Nachweise

Verfasserin: Annette Röcher

Red. Bearb.: Lutz Luckhaupt

Anmerkung:

Verzeichnis der Communicanten im Kirchspiel Hamm im November 1704: Brächt H. Melchior auf der Hütten; Frau, 2 Söhne, 1 Tochter = fünf reformierte Personen. Brigitte Burbach „Das Kirchspiel Hamm“ 1981.

Erstellt am: 24.06.2019

Anmerkungen:

  1. Bierbrauer Familienforschung Hachenburg <1804> Altstadt; Eintrag im Beerdigungsregister Hachenburg: 1718 d 13 January starb undt d 16. dito ward begraben Abraham H. Abraham Melchior hütten (Archion). Zurück
  2. Schriften zur Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsgeschichte Band 6 Robert Schmitt; Geschichte der Rheinböllerhütte, Rheinisch Westfälisches Wirtschaftsarchiv zu Köln, 1961 Seite 9, Seite 42. Zurück
  3.  Zurück
  4. https.//www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/Deutschland/Rheinland-Pfalz/Hunsrück und Zurück
  5. http://rpb.lbz-rlp.de/cgi-bin/wwwalleg/srchrnam.pl?db=rnam&recnums=0000895. Peter Pastert (1841-1728) Hüttenmeister; Pächter und Besitzer vieler Hütten, so in Honnefeld, Niederbreitbach, Stromberg und im Westerwald. Vielleicht identisch mit Eintrag im evgl. Kirchenbuch Hachenburg: 1691 d. 21. Decemb. ein Söhnl., obit 19. Febr. 92, Peter Bastert Hüttenmeister (Archion); Zur Honnefelder Hütte, Peter Pastert und Johann Stroe aus Altenkirchen (1628): Heimatjahrbuch 1967 Wilhelm Idelberger Seite 126/127. Zurück
  6. „Ankauf der Eisen- und Stahlhütte zu Hamm durch Burggräfin Sophia Amalia von Kirchberg von den Erben Melchiors“ HHStAW 340/1957j, 57 Seiten. Zurück
  7. Wild- und Rheingrafensteinische Kammer zu Grehweiler. Zurück
  8. Vollmacht für Abraham Gottfried Melchior erteilt in Köln im August 1744, bestätigt durch B.H.(S) Nipshagen. Zurück
  9. Unterschrift: Joh. Printzen und Joseph Herwig; familysearch Film Nr. 187151 evgl. Köln-Stadt werden folgende Taufen angegeben: 22. März 1710 Barbara Catharina Melchiors; 14. Dezember 1712 Abraham Anthon Melchiors; 27. Januar 1715 Barbara Sybilla Melchiors; als Eltern werden genannt: Christian Melchiors und Gerardia Willems von Orsoy; bei „Willems“ könnte es sich um die falsche Lesung eines zweiten Vornamens handeln, sodass man die Daten im Original prüfen müsste; Gerardia = eine weibliche Form von Gerhard. Zurück
  10. familysearch Film Nr. 492992 Sohren evgl.: Anna Catharina Melchior Heirat am 18. Nov. 1738 mit Johann Caspar Napp; Vater: Johann Jacob Napp. Zurück
  11. http://matrikeldb.ub.uni-due.de/depa/person.jsp?ID=3404 Zurück
  12. Gedbas Ortsfamilienbuch Lingen, Niedersachsen. Zurück
  13. Die Sayner Hütte oder die Heinrichshütte, Norbert Langenbach 2006; Kreisarchiv Altenkirchen. Zurück