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Die Straßennamen auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

von Wolfgang Stumme

0.1.Ackermann-Weg

Jakob Fidelis Ackermann (* 1765 in Rüdesheim am Rhein, + 1815 auf seinem Weingut in Rüdesheim am Rhein) besuchte das Gymnasium in Köln; anschließend studierte er Medizin in Würzburg und Mainz. Das Thema seiner viel beachteten Dissertation im Jahre 1788 lautete: „Über die körperliche Verschiedenheit des Mannes vom Weibe außer den Geschlechtstheilen“. [Anm. 1]
Danach unternahm er ausgedehnte Reisen nach Göttingen, Wien, Padua und in die Schweiz. Zurück in Mainz lehrte er als Privatdozent ‚Gerichtliche Medizin‘ und ‚Medizinalpolizei‘. Mit seiner Arbeit „Über die Kretinen (wir sprechen heute von Oligophrenen oder geistig Behinderten), eine besondere Menschenart in den Alpen“; beabsichtigte er, „durch Zergliederung eines solchen Geschöpfes die im Körperbau liegende Grundursache ihrer Schwächlichkeit und Blödsinnigkeit entdeckt zu sehen.“ [Anm. 2] Wir halten heute diesen Ansatz für absonderlich – ähnlich wie auch bei seinen galvanischen Versuchen an den Leichen von Schinderhannes und dessen Komplizen (1803). Die wissenschaftliche und publizistische Diskussion der damaligen Zeit sah dies anders, nämlich als bedeutsam und modisch-modern.
Ackermann wohnte 1792 in Mainz bei seinem Kollegen, dem Universitätsmediziner Georg Christian Wedekind, der nach Ankunft der Franzosen im Herbst sich sogleich politisch engagierte, indem er Mitglied des Jakobinerclubs wurde. Auf Vorschlag von Wedekind wurde auch Ackermann in den Jakobinerclub aufgenommen, von dessen demokratischen Forderungen er überzeugt war.

Nach dem Zusammenbruch der Mainzer Republik und der Rückkehr des Kurfürsten (1793) floh Ackermann nach Holland, kehrte dann jedoch nach Mainz zurück, wo er wegen seiner Anhänglichkeit an den „Freiheitsschwindel“ verhört wurde. Sein Vermögen wurde beschlagnahmt und er erhielt Berufsverbot.
Nach wiederholten Gnadengesuchen wurde er 1797 auf den Lehrstuhl für Anatomie  berufen, den zuvor sein Lehrer innehatte, der wohl berühmteste Mainzer Mediziner, Thomas Samuel Sömmering. Die Berufung Ackermanns war eine der letzten Personalentscheidungen der Mainzer Universität, die im darauf folgenden Jahr von den Franzosen geschlossen wurde. Das Departement Donnersberg mit der Hauptstadt Mainz wurde nun für 16 Jahre ein Teil Frankreichs. Die Alte Universität wurde in diesen Jahren, ganz im Sinne Frankreichs, lediglich als eine geisteswissenschaftliche Zentralschule und eine medizinische Spezial-Akademie (ohne Promotionsrecht) weitergeführt.
Ackermann wurde mit der Verwaltung des Universitätsfonds betraut. Als ehemaliger Anhänger der Mainzer Republik war davon überzeugt, dass die Franzosen  die Mainzer Universität wieder im alten Glanz erstrahlen lassen würden. [Anm. 3]
1804 wechselte er zunächst auf einen Lehrstuhl für Anatomie und Chirurgie in Jena, dann folgte er bereits nach einem weiteren Jahr einem Ruf auf den Lehrstuhl für Physiologie und Anatomie in Heidelberg. Einige Jahre später hat er dann in Heidelberg auch Botanik gelehrt.
Anzumerken ist, dass Ackermann wegen seiner großen Sprachkenntnisse berühmt war. Zu einer unverwechselbaren Erscheinung machte ihn auch sein Körpergewicht von mehr als 150 kg.

0.2.Anselm-Franz-von-Bentzel-Weg

Mit der aufkommenden Aufklärung, die alle Lebensbereiche erfasste, nahm die Spannung zwischen dem geistlich legitimierten Fürstentum und den überfälligen Reformen zu.
Bereits Kurfürst Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim (1763 - 1774) hatte ein aufgeklärtes Reformprogramm begonnen. Dies betraf die Bereiche der Verwaltung, der Wirtschaft, des Rechtswesens, der Finanzen und der Armenfürsorge. Schulen und Klöster bekamen den "frischen Wind” zu spüren. Die Klöster wurden von den aufgeklärten Herrschern häufig als überholte Einrichtungen angesehen, bei denen sich ungeheure Reichtümer und zu große Macht angesammelt hatten. Dieser neue Geist war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Europa weit verbreitet und dürfte auch zur Aufhebung des Jesuitenordens (1773) beigetragen haben, wodurch eines der wichtigsten Bollwerke kirchlichen Einflusses auf die Bildung gebrochen war.

Der Jurist Freiherr Anselm Franz von Bentzel-Sternau (1738 – 1786) hatte bereits unter Breidbach zu Bürresheim ein Konzept für die Neuordnung des Bildungswesens erarbeitet. Als nach dessen Tod der Unmut über die Reformen im Kurfürstentum zunahm, entließ der neue Kurfürst Karl von Erthal (1774 – 1802) von Bentzel aus allen Ämtern. [Anm. 4]
In den folgenden Jahren setzte sich Erthal mehr und mehr an die Spitze der Reformer. So hob er z. B. 1781 mit dem Einverständnis von Kaiser Joseph II. und Papst Pius VI. die großen Klöster Kartause, Reichklara und Altmünster auf, deren Vermögen und die laufenden Einnahmen den Grundstock für den Universitätsfonds bildeten. Damit war die finanzielle Grundlage für die Universitätsreform gelegt.
1782 holte der Kurfürst jedoch Bentzel als Kurator der Universität zurück und beauftragte ihn mit der Planung und Durchführung der Universitätsreform. Bentzel erarbeitete unter Einbeziehung der Hochschullehrer eine Universitätsverfassung, an der sich die Reform ab 1784 orientierte. Die Anzahl der Hochschullehrer wurde deutlich erhöht und innerhalb nur eines Jahres stieg die Zahl der Studenten merklich an. Die Rechte der Studenten wurden präzisiert. Lehrpläne für alle Fächer wurden erstellt, eine Universitätswitwenkasse wurde geschaffen und Professorenhäuser wurden erbaut.
Unter den berufenen Professoren waren etliche Protestanten; im Sinne der Toleranzbestrebungen jener Zeit gestattete man auch Juden und Protestanten die Promotion an der Universitas Moguntina semper catholica.
Die Universität erhielt zwei neue Fakultäten. In der historisch-statistischen Fakultät sollten Lehrstühle für allgemeine Weltgeschichte, Archäologie und Altertümer, Philosophiegeschichte, geistliche Geschichte, europäische Staatengeschichte, deutsche Rechtsgeschichte, Mainzer Staatsgeschichte, Staatswissenschaft und Statistik, sowie Diplomatik und historische Hilfswissenschaften eingerichtet werden. Die Kameral-Fakultät sollte Lehrstühle für angewandte Mathematik, Botanik, Chemie, Vieharzneikunst, Stadt- und Landwirtschaft sowie Handlungs- und Finanzwissenschaft erhalten.
Dennoch galt weiterhin für den Mainzer Hofstaat, dass die Wissenschaft der Religion unterzuordnen sei. Anselm Franz von Bentzel wandte sich entschieden gegen die ‚akademische Freiheit‘, denn „der Staat will, und die Eltern erwarten es, dass junge Leute zur Gottesfurcht und Tugend, zur Weisheit, zu Wissenschaften und Künsten angeführt werden, damit sie seinerzeit den großen Volkshaufen aufklären, ihm bessere Denkungsart, Sitten und Charakter beibringen sollen.“[Anm. 5]
Die vollständige und langfristige Umsetzung der Bentzelschen Verfassung wurde nicht nur durch seinen frühen Tod im Jahre 1786 vereitelt, sondern letztlich durch den einschneidenden politischen Umbruch der französischen Revolution und die daraus resultierenden Veränderungen herbeigeführt.
Die kurfürstlich-mainzische Universität wurde 1798 geschlossen.

0.3.Colonel-Kleinmann-Weg

Colonel Louis-Théodore Kleinmann (* 21. Juli 1907 in Brumath, + 14. Juli 1979 in Strasbourg) ist Ehrenbürger der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Eine ausführliche Biografie finden Sie hier.

0.4.Dietrich-Gresemund-Weg

Es gab an der Mainzer Universität Dietrich Gresemund (sen.) (1444(?)- 1514), der seit 1486 Professor der Medizin in Mainz war, und seinen Sohn Dietrich Gresemund (jun.) (*1477 in Speyer, + 1512 in Mainz). Der Dietrich-Gresemund-Weg ist nach Dietrich Gresemund dem Jüngeren [Anm. 6], Theologe und Jurist, benannt.
Er wurde als Knabe schon von seinem Vater in die Rhetorik und Logik eingeführt, wie sie an der Mainzer Universität gelehrt wurden. Ebenso wurde er zur intensiven Lektüre antiker Autoren angeleitet. Schon als 15Jähriger hatte er als ‚Wunderkind des Rheinischen Humanismus‘ Kontakt mit den Geistesgrößen seiner Zeit.
Nach seinem Studium hat er sich wiederholt in Italien (Padua, Bologna, Ferrara, Siena, Rom) aufgehalten.
Neben der Darstellung und Interpretation der „sieben freien Künste“, d. h. des Grundstudiums an den Universitäten um 1500, seiner Schrift über den Karneval, in der er sich mit den grundlegend unterschiedlichen Auffassungen des italienischen und des deutschen Karnevals auseinandersetzt, hat er sich als oberster geistlicher Richter des Erzbischofs und Hochschullehrer an der Mainzer Universität hervorgetan. In besonderer Weise hat er sich mit der Sammlung und Erforschung der römischen Altertümer befasst.
Dietrich Gresemund, den Erasmus von Rotterdam als die zentrale Gestalt des Mainzer Humanismus bezeichnete, ist bereits im Alter von 35 gestorben.

0.5.Duesbergweg

Richard Duesberg [Anm. 7] (*1903 in Bad Kreuznach , + 1968 in Mainz) studierte in München, Wien und Berlin. Nach der Habilitation war er klinisch in Münster und Frankfurt tätig.
1946 wurde er auf das damalige Extraordinat für Innere Medizin an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz berufen. 1963 wurde er Direktor der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik.
Duesberg forschte über Störungen des Porphyrinstoffwechsels, der hämatologischen Zytologie sowie der Milz- und Kreislauferkrankungen. Begriffe der von ihm erarbeiteten Kollapslehre haben grundlegende Bedeutung erlangt.
1965 wurde Duesberg Ehrenmitglied der Hämatologischen Gesellschaft.
Sein Name bleibt mit dem Aufbau der Universitätsklinik Mainz verbunden.

0.6.Forum

In der römischen Antike war ein Forum der Marktplatz, das Zentrum für alle städtischen Organe, das auch als Gerichtsstätte und für Volksversammlungen diente. Nach der Wiedereröffnung der Universität 1946 bildete das Formum noch das Zentrum des jungen Campus.

0.7.Friedrich-von-Pfeiffer-Weg

Johann Friedrich von Pfeiffer (* 1718 in Berlin, + 1787 in Mainz) [Anm. 8], der zuvor in der Armee gedient hatte, wechselte mit 30 Jahren in die preußische Verwaltung, wo er u. a. 105 neue Dörfer in der Kurmark (Teil der späteren Provinz Brandenburg) gründete. Pfeiffer engagierte sich ebenso für die industrielle Entwicklung des Landes.
Im Zusammenhang mit einem gegen Pfeiffer wegen Unterschlagung beim Holzhandel geführten Prozess (er wurde frei gesprochen) verließ er den preußischen Dienst. Seine Reisen führten ihn u. a. nach Sachsen, Österreich, Bayern, in die Schweiz, die Pfalz sowie nach England. 1769 ist er im Hohenloheschen nachgewiesen, dann seit 1778 in Hanau, wo er die Entwicklung von Landwirtschaft und Manufakturwesen vorantrieb; wegen „Verdrießlichkeiten mit einer Maitresse“ wich er jedoch nach Offenbach aus. Dort erreichte ihn - im Alter von 64 Jahren – der Ruf auf einen Lehrstuhl in der neu zu errichtenden kameralistischen Fakultät der Universität Mainz.
Pfeiffer war aufgrund seiner technologischen Arbeiten zur Verkokung von Steinkohle und zum deutschen Seidenbau in Fachkreisen bekannt. Zu seinen wichtigsten Publikationen zählten ‚Lehrbegriff sämtlicher ökonomischer und Kameralwissenschaften‘, ‚Grundriss der wahren und falschen Staatskunst‘, ‚Allgemeine Polizeiwissenschaft‘, ‚Manufakturen und Fabriken Deutschlands‘, ‚Grundriss der Finanzwissenschaft‘, ‚Grundriss der Forstwirtschaft‘ und ‚Grundriss der Staatswirtschaft‘. Die meisten dieser Werke umfassten mehrere Bände. Vor seinem Wechsel nach Mainz arbeitete er an einem kritischen (sechsbändigen) Werk über „Berichtigungen berühmter Staats-, Finanz-, Polizei-, Cameral-, Commerz- und ökonomischer Schriften dieses Jahrhunderts“. Einen fachlich besser ausgewiesenen Wissenschaftler für die neue Fakultät hätte die Universität nicht finden können.
Die ‚Neue Verfassung der verbesserten hohen Schule zu Mainz‘ beschrieb die Kameralwissenschaft folgendermaßen: „Sie ist nicht die Kunst, ohne Mühe reich zu werden, auch nicht die Wissenschaft, welche derjenige wohl noch begreifen könnte, dem sonst andere Teile der Gelehrsamkeit zu fassen zu schwer oder zu beschwerlich sind, sondern sie ist die Wissenschaft, die einzelnen Familien in Wohlstand zu setzen und dadurch den Staat reich an allerhand Gütern und, nach Verhältnis, mächtig zu machen. Eine weitläufige, schwere und gleich allen andern unerschöpfliche Wissenschaft.“ Die Kameralfakultät sollte auch dazu beitragen, „die eigenen Landesprodukte, deren vor anderen rätliche Verarbeitung, den Aktiv-Landeshandel und den wichtigen Gegenstand zu ergründen, was für einen Anteil die beiden Rhein- und Main-Flüsse an dem allgemeinen europäischen Commercium wirklich haben und etwa haben könnten.“ [Anm. 9]

Friedrich von Pfeiffer hat die theoretischen Grundlagen für eine merkantilistische Politik gelegt, aber auch gefordert, dass sie nicht zu einem staatlichen Dirigismus verkommen dürfe. Sein Beitrag beim Aufblühen von Wirtschaftszweigen im Kurfürstentum Mainz ist nicht zu übersehen, wobei anzumerken ist, dass es vorwiegend protestantische Bürger und Unternehmer waren, die diesen Aufschwung verwirklichten.
In seinen späteren Jahren hat Pfeiffer keinen lupenreinen Merkantilismus mehr vertreten. Vor allem für den Boden und dessen Produkte forderte er Handelsfreiheit. Somit kann man ihn durchaus als Wegbereiter einer liberalen Wirtschaftspolitik begreifen.

0.8.Fritz-Straßmann-Weg

Fritz Straßmann (* 22. Februar 1902 in Boppard, +22. April 1980 in Mainz) [Anm. 10] ging nach dem Chemiestudium zum Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin, wo er mit Otto Hahn und Lise Meitner eng zusammenarbeitete.
Bereits 1933 hat er die Deutsche Chemische Gesellschaft verlassen, weil dort die NSDAP den Ton angab. Während des Krieges hat er z. B. eine Jüdin in seiner Wohnung versteckt, um sie vor dem Abtransport in ein KZ zu retten. 1985 wurde Straßmann dafür posthum als „Gerechter der Völker“ und 1986 durch Pflanzen eines Ölbaums in der israelischen nationalen Gedenkstätte Yad Vashem geehrt.
Als Lise Meitner wegen ihrer jüdischen Herkunft im Juli 1938 fliehen musste, war das ein schwerer Rückschlag für das Team. Die experimentellen Arbeiten hat nun zum größten Teil Straßmann übernommen. Dabei ging es darum, künstlich neue chemische Elemente jenseits des schwersten natürlichen Elements, des Urans, zu erzeugen. Noch im selben Jahr entdeckte Straßmann die Kernspaltung, aus der sich bis heute vielfältige Gebiete der Grundlagenforschung entwickelten. Für diese Entdeckung erhielt Otto Hahn im Jahre 1944 den Nobelpreis für Chemie, der ihm nach Kriegsende übergeben wurde.
Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie wurde nach starken Bombenschäden 1944 nach Tailfingen in Südwürttemberg ausgelagert. Da Otto Hahn 1945 mit anderen deutschen Atomforschern in England interniert wurde, hat Straßmann das Institut, das ab 1949 Max-Planck-Institut für Chemie hieß, de facto bis 1952 geleitet.
1946 hat die französische Militärregierung Straßmann als Professor für Anorganische Chemie an die neu gegründete Universität in Mainz geschickt. Einige Jahre später ist auch das Max-Planck-Institut für Chemie nach Mainz verlegt worden.
Die Arbeitsbedingungen im zerstörten Mainz waren nicht einfach. Anfänglich nutzten die ca. 300 Studenten der Chemie und Medizin den Chemiesaal im Schloss-Gymnasium, der lediglich über 30 Laborplätze verfügte. Destilliertes Wasser holte Straßmann selber mit einem Leiterwägelchen aus einer Drogerie in der Augustinerstraße und Mineralien schleppte er in einem Rucksack von Frankfurt nach Mainz. Erst 1952/53 erhielt das Institut für Anorganische und Analytische Chemie eigene Laborräume. Die Errichtung des Institutsgebäudes für Kernchemie mit einem Forschungsreaktor auf dem Gelände der Universität hat Straßmann in den folgenden Jahren mit Energie (und Erfolg!) betrieben.
Auf Einladung von Präsident Johnson reisten Otto Hahn, Lise Meitner und Fritz Straßmann 1966 in die USA. Johnson verlieh ihnen für die Entdeckung der Kernspaltung den in Fachkreisen begehrten Enrico-Fermi-Preis.
Straßmann ist vielfach geehrt worden. Er wurde Ehrenbürger der Städte Boppard und Mainz. Sogar ein Kleinplanet trägt seinen Namen.

0.9.Hanns-Dieter-Hüsch-Weg

Hanns Dieter Hüsch (* 1925 in Moers, + 2006 in Windeck-Werfen) [Anm. 11] war Kabarettist, Schauspieler und Synchronsprecher.
Nach einem Semester Medizin-Studium in Gießen kam Hüsch an die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, wo er Theaterwissenschaft, Literaturgeschichte und Philosophie studierte. Seine Talente lagen jedoch im praktisch-künstlerischen Bereich. So hat er keine Seminare besucht, sondern an seinen Texten gearbeitet.
Hüsch beteiligte sich am Mainzer Studentenkabarett „Die Tol(l)eranten“ und trat bereits 1949 als Chansonnier mit seinem Soloprogramm ‚Das literarische Klavier‘ auf. Aufführungsort war der kleine Musiksaal im Dachgeschoss des Forums der Johannes Gutenberg-Universität.
1956 gründete er das legendäre Kabarett „Arche Nova“, das er bis 1961 leitete. Der Durchbruch auf den deutschen Kleinkunstbühnen gelang ihm Anfang der 1970er Jahre. Es folgten feste TV- und Radio-Engagements.
Hüsch war kein Kabarettist, der sich vorrangig mit aktuellen politischen Themen auseinandersetzte, sondern eher ein ‚literarischer Entertainer‘. Er engagierte sich für die Friedensbewegung und gegen Rechtsradikalismus. Hüsch trat für Toleranz gegen Übertreibungen und Ausgrenzung an. Im Jahr 2000 hat Hüsch im Mainzer Dom gepredigt.
Hüsch, der 40 Jahre in Mainz gelebt und gearbeitet hat, hat ein äußerst umfangreiches Gesamtwerk hinterlassen.
Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen und Preise, darunter gleich zweimal (1972 und 1982) den Deutschen Kleinkunstpreis, den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, das Bundesverdienstkreuz, die Carl-Zuckmayer-Medaille des Landes Rheinland-Pfalz und die Ehrenbürgerwürde der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (1977).
Die Straße zwischen dem Ackermannweg und dem Anselm-Franz-von-Bentzel-Weg erhielt mit der Inbetriebnahme im Jahre 2006 seinen Namen.

0.10.Jakob-Welder-Weg

Jakob Welder (* 1435 (?) in Siegen, + 14. Mai 1483 in Mainz) [Anm. 12] war der erste Rektor (und wiederholt Dekan) der 1477 in Mainz gegründeten Universität.
Er begann sein Studium 1453 an der Universität Köln.
1473 hat er bei der Gründung der Universität in Trier die Festpredigt gehalten. Dort wurde er auch Dekan der Theologischen Fakultät.
Schon zwei Jahre später wurde Welder Dekan am Stift St. Peter (damals noch vor den Toren der Stadt Mainz gelegen). Weelder erteilte er auch Unterricht an der Domschule. Da er bereits in Trier an der Universitätsverfassung mitgearbeitet hatte, bot es sich an, ihn auch bei der Gründung der Universität in Mainz einzubinden.
Welder hat u. a. die dreistufige Wahlordnung für die jährliche Rektorwahl konzipiert. Zunächst haben die vier Fakultäten, die Artistenfakultät – die Fakultät der sieben freien Künste (Grammatik, d.h. Lateinunterricht; Rhetorik; Dialektik, d. h. Logik; Arithmetik; Geometrie; Musik, d. h. Musiktheorie; Astronomie) – sowie die Theologische, die Juristische und die Medizinische Fakultät in getrennten Sitzungen je einen Wahlmann bestimmt; diese vier Wahlmänner wählten ihrerseits jeweils einen weiteren Vertreter der vier Fakultäten sowie einen ‘virum dignum’ (einen würdigen Mann) aus der Reihe der Studenten. Durch eine Art Losverfahren wurde das so gebildete Neunergremium auf einen engeren Kreis von drei Wahlmännern reduziert, die die eigentliche Wahl des Rektors zu treffen hatten. Erst nach vollzogener Wahl konnten sie das Konklave in der Karmeliterkirche verlassen.
Welder hatte den Lehrstuhl für biblische Theologie inne. Er gehörte zu den Begründern der Mainzer Universitätsbibliothek. (Daher ist die Straße, an der heutzutage die Universitätsbibliothek liegt, nach ihm benannt worden). Er schenkte der Universitätsbibliothek 22 Bücher – für die damalige Zeit ein großer Schatz.
Er war bei seinen Studenten besonders anerkannt und von den Bewohnern der Stadt Mainz sehr geschätzt.

0.11.Johannes-von-Müller-Weg

Johannes von Müller (* 1752 in Schaffhausen, + 1809 in Kassel) [Anm. 13] studierte anfangs Theologie in Göttingen, wo er sich bald der Geschichte und Politik zuwandte. Danach übernahm Müller eine Professur für griechische Sprache in der Schweiz. Hier begann er sein Hauptwerk: Die Geschichte der Schweiz; der letzte Band erschien 1808.
1780 wechselt Müller als Professor für Geschichte an das Collegium Carolinum in Kassel, wo er auch das Amt des landgräflichen Bibliothekars übernahm.
Ab 1786 wurde er Bibliothekar am kurfürstlichen Hof in Mainz. Er erhielt den Titel „Erster Bibliothekar an der Universität“. Müller befasste sich überwiegend mit Publizistik und Diplomatie. Er entwickelte sich zum Anwalt des 1785 von Preußen initiierten Fürstenbundes, dem sich auch der Mainzer Kurfürst anschloss, um die reichsständischen Rechte gegen das Haus Habsburg zu verteidigen. Er lehnte die Universalherrschaft ab. Die Größe des Reiches bestand für Müller darin, dass die kaiserliche Macht nicht unabhängig von Fürsten und Städten sein sollte: „Die Unterwerfung Europas unter Einen, das nenne ich Tod; die Unterwerfung Deutschlands unter Einen halte ich für den Vorboten des Todes.“ [Anm. 14]
Müller, der zeitweise mit den Idealen der französischen Revolution und den Jakobinern in Mainz sympathisierte, schlug sich letztlich doch wieder auf die Seite des Kurfürsten. Dieser hat ihn, nicht zuletzt in der Hoffnung auf einen größeren Einfluss im Reich, an den Kaiser vermittelt. Spätestens jetzt hat Müller die Fürstenbundpolitik, die er einst so begeistert vertreten hatte, aufgegeben.
1791 wurde Müller von Kaiser Leopold II. in den Adelsstand erhoben.
Nach Enttäuschungen in Wien ging er nach Berlin als Historiograph des Hauses Hohenzollern. Von dort wechselte er als Staatssekretär und Generaldirektor des öffentlichen Unterrichts in das von Napoleon geschaffene Königreich Westfalen.
Müller blieb in Kassel bis zu seinem Tod im Jahre 1809.

0.12.Johann-Joachim-Becher-Weg

Johann Joachim Becher (* 1635 in Speyer, + 1682 in London) [Anm. 15] war Autodidakt. Er interessierte sich schon sehr früh für medizinische und naturwissenschaftliche Studien.
Becher war schon viel gereist – so war er z. B. vier Jahre in Schweden, wo er am königlichen Hof u. a. Descartes traf; in den Niederlanden; in Italien; in Wien, wo Kaiser Ferdinand III. seine Experimente in Mathematik, Physik, Medizin, Chemie sowie in methodischen und didaktischen Fragen förderte), bevor er 1660 von Kurfürst Johann Philipp von Schönborn zum kurfürstlichen Mathematicus et Medicus ernannt wurde. In Mainz holte er einen Teil des offiziellen Medizinstudiums nach. Neben diesem Studium hat er wichtige Weichen für eine neuzeitliche Chemie gestellt, indem er erstmals eine sinnvolle Ordnung und Deutung chemischer Vorgänge erarbeitete. Becher befasste sich vor allem mit wirtschaftspolitischen Fragen. Dennoch blieb ihm genügend Zeit für seine Projekte zur Errichtung von Schiffsmühlen und zum Bau einer Wasserleitung.
Die Abschlussprüfung seines Medizinstudiums erregte in der Mainzer Gelehrtenwelt Aufsehen. 1663 erhielt er eine Professur in der Medizinischen Fakultät der Universität Mainz, die er jedoch nach neun Monaten wieder aufgab.
Danach führte er ein unstetes Leben:
Mannheim: In einem Vertrag (1664) mit dem Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz verpflichtete Becher sich, in der neu gegründeten Stadt Mannheim u. a. eine venezianische Glashütte zu errichten, Weber und Spezialisten für Wassermühlen anzuwerben sowie die Seidenraupenzucht einzuführen. Dieses Ziel ist nicht realisiert worden.
Parallel führte er Verhandlungen mit dem Grafen von Hanau über ein Projekt in Brasilien.
München: Hofarzt und Ratgeber des Kurfürsten Ferdinand Maria. Seine Projekte, Kolonien in Guinea und Westindien zu gründen, blieben ohne Erfolg.
Wien: 1666 wurde er in Wien zum kaiserlichen Kommerzienrat ernannt. Viele seiner Projekte wurden nicht verwirklicht.
München: Gründung einer Seidenmanufaktur.
Wien: Arbeit an einem Entwurf für einen Rhein-Donau-Kanal und an einem Projekt zur Goldgewinnung in der Donau. Doch auch damit fiel er in Ungnade.
Dann folgten häufige Ortswechsel, u. a. in den Niederlanden.
In London starb Becher verarmt und verbittert.

Der rasche Wechsel seiner Interessen auf medizinischem, chemischem, technischem, philologischem, politischem (sein zentrales Werk: „Politischer Discurs“, 1668) und wirtschaftlich-technologischem Gebiet (er gewann als erster Leuchtgas aus Steinkohle) war verbunden mit einer gewissen Unzuverlässigkeit gegenüber seinen Partnern.
Seine wirtschaftspolitischen Überlegungen, wonach u. a. der Binnenmarkt durch eine Erhöhung der inländischen Nachfrage ausgeweitet werden könne, dass ferner eine Abstimmung zwischen der Landwirtschaft, dem Handwerk, dem Handel und den Manufakturen notwendig sei, sowie seine Ansätze zur Marktformenlehre hatten in einer Epoche, in der das wirtschaftliche Geschehen überwiegend statisch wahrgenommen wurde, großen Einfluss auf die Merkantilisten.
Becher war ein Phantast, ein Verkünder von Gedanken, deren Verwirklichung erst in der Zukunft möglich werden sollte.

0.13.Staudinger-Weg

Hermann Staudinger (* 23. März 1881 in Worms, + 8. September 1965 in Freiburg im Breisgau) [Anm. 16] war Chemiker und Nobelpreisträger.
Nach abgeschlossener Schreinerlehre, auf die sein Vater gedrängt hatte, um ein Verständnis für die Lebenswelt der Arbeiterschaft zu erlangen, studierte Staudinger Chemie in Halle (Saale), Darmstadt und München. Seine Habilitationsschrift (1907) befasste sich mit den Ketenen, einer Gruppe äußerst reaktionsfähiger organischer Verbindungen. Seinen ersten Lehrstuhl hatte er in Karlsruhe; 1912 folgte er einem Ruf an die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich. Hier begann er seine Forschungen an hochmolekularen Stoffen, wie Cellulose und Kautschuk. [Anm. 17]
Staudinger war der Begründer der Polymerchemie (Chemie der Makromoleküle). Landläufig gesprochen, ist er der Entdecker des Plastiks.
Hermann Staudinger hat an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg (Breisgau) gelehrt.
Für seine Leistungen erhielt er 1953 den Nobelpreis für Chemie.
Das Max-Planck-Institut für Polymerforschung an der Johannes Gutenberg-Universität liegt am Staudinger-Weg.

0.14.Wittich-Weg

Ivo Wittich (* nach 1450 in Hammelburg, + 4. Dezember 1507 in Mainz) [Anm. 18] verfasste ab 1491 Rechtsgutachten und er war Beisitzer im Reichskammergericht. Diplomatisch war er für den Mainzer Kurfürsten und die Reichskanzlei tätig.
1499 wurde er als Professor für Kirchenrecht an die Mainzer Universität berufen. Bald wurde er Kanzler und 1504 zum Rektor der Mainzer Universität gewählt.
Wittich war ein bedeutender Vertreter des Humanismus. Nachdem er sich ausführlich mit der römischen Geschichte, insbesondere mit Livius, befasst hatte, schuf er in seinem Rektoratsjahr den ersten Lehrstuhl für Geschichte. Diese Stiftungsprofessur bestand bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges.
Wittich gilt als erster Gutenberg-Forscher. Er hat dazu beigetragen, den Versuch von Fust und Schöffer zu entlarven, die Erfindung des Buchdrucks für sich zu reklamieren. Er setzte 1504 einen Gedenkstein für Johannes Gutenberg in dessen Geburtshaus, das inzwischen als Burse zur Universität gehörte. Wittich lehrte in dieser Burse, die der juristischen Fakultät zugeordnet war.

Verfasser: Wolfgang Stumme

Redaktionelle Bearbeitung: Jasmin Gröninger

Verwendete Literatur:

  • Kessler, Jürgen (Hg.): Hanns Dieter Hüsch – Kabarett auf eigene Faust: 50 Bühnenjahre. München 2000.
  • Krafft, Fritz: Im Schatten der Sensation. Leben und Wirkenvon Fritz Straßmann, Weinheim, Deerfield Beach. Florida, Basel 1981.
  • Mathy, Helmut: Jakob Fidelis Ackermann. Entschlüsselte Schilder - Straßennamen auf dem Campust. Mainz 1986, S. 61 - 68.
  • Mathy, Helmut: Wissenschaft ohne Grenzen. Johann Joachim Becher (1635 – 1682) als Mediziner und Chemiker in Mainz. In: Dumont, Franz u.a. (Hg.): Moguntia medica. Das medizinische Mainz. Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Wiesbaden 2002, S. 47 – 53.
  • Mühlhaupt, R.: Hermann Staudinger und der Ursprung der Makromolekularen Chemie. In: Angewandte Chemie, Vol. 116, 2004, S. 1072-1080.
  • Priesner, C.: Zur Geschichte der makromolekularen Chemie. In: Chemie in unserer Zeit, Vol. 13, No. 2, 1979, S. 43-50.

Aktualisiert am: 28.07.2016

Anmerkungen:

  1. Vgl. Mathy, Helmut: Jakob Fidelis Ackermann. Entschlüsselte Schilder - Straßennamen auf dem Campust. Mainz 1986, S. 61 - 68. Zurück
  2. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 61. Zurück
  3. Dieser Traum sollte jedoch erst 1946 wahr werden. Zurück
  4. Vgl. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 37 - 43. Zurück
  5. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 41. Zurück
  6. Vgl. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 13 – 21. Zurück
  7. Vgl. Archiv der JohannesGutenberg- Universität Mainz, UAMZ, Bstd. 45/161.  Zurück
  8. Vgl. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 45 – 51. Zurück
  9. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 46. Zurück
  10. Vgl. Krafft, Fritz: Im Schatten der Sensation. Leben und Wirkenvon Fritz Straßmann, Weinheim, Deerfield Beach. Florida, Basel 1981. Zurück
  11. Vgl. Kessler, Jürgen (Hg.): Hanns Dieter Hüsch – Kabarett auf eigene Faust: 50 Bühnenjahre. München 2000. Zurück
  12. Vgl. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 7 – 12. Zurück
  13. Vgl. Mathy, Helmut: Wissenschaft ohne Grenzen. Johann Joachim Becher (1635 – 1682) als Mediziner und Chemiker in Mainz. In: Dumont, Franz u.a. (Hg.): Moguntia medica. Das medizinische Mainz. Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert. Wiesbaden 2002, S. 47 – 53. Sowie: Mathy, Helmut, a.a.O., S. 28 – 34.  Zurück
  14. Zurück
  15. Vgl. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 29 – 35. Zurück
  16. Mühlhaupt, R.: Hermann Staudinger und der Ursprung der Makromolekularen Chemie. In: Angewandte Chemie, Vol. 116, 2004, S. 1072-1080. Sowie: Priesner, C.: Zur Geschichte der makromolekularen Chemie. In: Chemie in unserer Zeit, Vol. 13, No. 2, 1979, S. 43-50.  Zurück
  17. In einem Steinbruch bei Zürich unternahm Staudinger z. B. einen ebenso denkwürdigen wie erfolglosen Versuch zur Diamantsynthese. In einem Druckbehälter brachte Staudinger Tetrachlormethan und metallisches Natrium zur Explosion. In seinen Memoiren schreibt er, dass der Knall sogar in Paris gehört worden sei. Seine Idee war, dass die Chloratome des Tetrachlormethans sich mit dem Natrium zu Natriumchlorid verbinden würden und der freie Kohlenstoff unter dem Druck der Explosion Diamantstruktur annehmen würde. Zurück
  18. Vgl. Mathy, Helmut, a.a.O., S. 23 – 28. Zurück