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Kulturelle Durchdringung mit friedlichen Mitteln

Der Aufruf von General Gérard an die Bevölkerung, 28. November 1918[Bild: Stadtarchiv Kaiserslautern, P-A1-0964]

Eines der französischen Ziele der Besetzung des Rheinlandes von 1918 bis 1930 war die friedliche Durchdringung (pénétration pacifique). Der Bevölkerung sollte die französische Kultur und Sprache vermittelt werden, um so eine pro-französische Stimmung zu schaffen. Bereits am 28. November 1918, noch vor dem Einrücken der Truppen, ließ der französische General Gérard eine Ankündigung an die Bewohner der Pfalz verbreiten, gemäß der Frankreich in den zu besetzenden Gebieten die „Herzen und Sinne zu erobern“ versuchen wolle.

Musikkapelle mit französischen Kolonialsoldaten aus Vietnam[Bild: Stadtarchiv Kaiserslautern, F-A4-03616]

Auch erinnerte er an die napoleonische Zeit, in der die linksrheinischen deutschen Gebiete Teil des französischen Staates gewesen waren. Im Rheinland richteten die Franzosen an Allerheiligen oder Allerseelen Feierlichkeiten auf Friedhöfen mit napoleonischen Denkmälern aus, die vor allem in ländlichen Gebieten auf großes Interesse stießen. Hinzu kamen vielfältige militärische Zeremonielle, mit denen die Besatzungsmacht sich als Garant für Ruhe und Ordnung präsentierte. Bei Paraden und Wachablösungen, aber auch unabhängig davon wurden regelmäßige Regimentskonzerte veranstaltet, die durchaus Anklang in der Bevölkerung fanden.

Polemische Darstellung der Französischkurse durch den Rheinischen Beobachter 1923, S. 217

Die pénétration pacifique wurde durch gegensätzliche Maßnahmen der französischen Besatzungsmacht torpediert. So förderte diese bei jeder Gelegenheit den „Separatismus“ in den linksrheinischen Gebieten, da dieser schneller zu dem von Frankreich erwünschten Ergebnis zu führen schien. Auch die Abriegelung zum rechtsrheinischen Gebiet sowie die Vielzahl der Maßnahmen, welche die Wirtschaft und den Alltag belasteten, liefen der friedlichen Durchdringung zuwider. Die französische Kulturpolitik erwies sich letztlich als erfolglos. Zu groß waren die psychologischen Gräben, die vom Bild des „Erbfeindes“ ausgingen und durch den Versailler Vertrag verstärkt wurden. Das große Bedürfnis der französischen Politik nach Sicherheit und Reparationen machte es der deutschen Propaganda leicht, Frankreich eine „Gier“ nach „deutschen Landen“ und sogar den Willen zur Vernichtung des „deutschen Volkes“ zu unterstellen.

Brief von Margarete W., 11. August 1919

„Ein Reisender sagte neulich das schöne Wort: ‚Die Franzosen haben in vier Monaten mehr germanisiert, wie die Deutschen in vierzig Jahren.’ --- Es ist schon so, die Weltgeschichte arbeitet oft nach abschreckenden Beispielen und erzielt damit tiefere Erfolge, als mit guten Vorbildern.“ (Deutsches Tagebucharchiv, 1200-1T)

Feier auf dem 1919 angelegten französischen Soldatenfriedhof Landau an Allerseelen[Bild: Stadtarchiv Landau]

Drohschreiben an Speyerer Bürger, die ein französisches Konzert besucht haben[Bild: Stadtarchiv Speyer, 191-2 Nr. 207]

Texte und Redaktion:
Dr. Walter Rummel (Landesarchiv Speyer), Dr. Hedwig Brüchert; Dr. Ute Engelen, Marion Nöldeke, Dr. Kai-Michael Sprenger (alle Institut für Geschichtliche Landeskunde an der Universität Mainz e.V.), Franziska Blum-Gabelmann M.A. (Haus der Stadtgeschichte Bad Kreuznach), Dr. Eva Heller-Karneth (Museum Alzey), Dr. Armin Schlechter (Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz, Pfälzische Landesbibliothek)