Bibliothek

Christoph Moufang

Mainzer Bistumsverweser

Die Wahl des Leiters des Priesterseminars zum Kapitularvikar und damit zum Kandidaten für das Bischofsamt wurde von der hessen-darmstädtischen Regierung nicht anerkannt, da der Gewählte, Christoph Moufang, als entschiedener Gegner des Staatskirchentums bekannt war.
In dem 1871 bis 1886 zwischen Staat und Kirche ausgetragenem "Kulturkampf" vertrat er kompromislos die ultramontane,d.h. romorientierte, Position. So blieb das Bistum neun Jahre unbesetzt. Moufang verwaltete dieses zwar im Auftrag Roms, er durfte aber gegenüber der großherzoglichen Regierung nicht als Bistumsverweser auftreten.
Moufang vertrat den heimatlichen Wahlkreis Mainz von 1871 - 1890 im Berliner Reichstag. Er gehörte zu den führenden Sprechern der Zentrumsfraktion. Neben der Kirchenfreiheit setzte er sich entschlossen für die Soziale Frage ein und war Vorsitzender der Arbeiterschutzkommission des Reichstages. Er wurde auf dem Stadtfriedhof Mainz beigesetzt.

Als Bischof Ketteler starb, befand sich der Kulturkampf auf dem Höhepunkt und hatte bereits in Kettelers letzen Lebensjahren auf das Großherzogtum Hessen-Darmstadt übergegriffen. Seit 1871 häuften sich die staatlichen Eingriffe in die Kirchenfreiheit. Von den zahlreichen Bestimmungen gegen die bisherigen Positionen der Kirche waren die folgenden besonders einschneidend:

  • Verbot der politischen Meinungsäußerung auf der Kanzel (Kanzelparagraph)
  • Landesverweisung von nicht in der Krankenpflege tätigen Orden und ordensähnlichen Gemeinschaften
  • Staatsaufsicht über die Ausbildung der Priester
  • Schließung der bischöflichen Konvikte in Mainz und Dieburg
  • Schließung des Priesterseminars in Mainz
  • Einschränkung der bischöflichen Personalhoheit über den Diözanklerus
  • Anzeigepflicht bei kirchlichen Amtsübertragungen und Versetzungen

Als das Domkapitel nach Kettelers Tod Christoph Moufang, den Leiter des Priesterseminars, zum Kapitularvikar und damit als möglichen Bischof wählte, sah das großherzogliche Innenministerium darin einen Verstoß gegen das Gesetz über die Anstellung von Geistlichen und kannte die Wahl Moufangs nicht an. Da aber das Domkapitel nicht bereit war, einen Kompromisskandidaten zu wählen, blieb das Bistum neun Jahre unbesetzt. Moufang verwaltete im Auftrag Roms das Bistum. Da aber Moufang der großherzoglichen Regierung als ausgesprochen romorientiert (ultramontan) bekannt war, konnte er das Amt des Bistumsverwesers nur inoffiziell ausüben, zumal er nicht bereit war, die in die Kirchenfreiheit eingreifende hessischen Gesetze anzuerkennen. Gegenüber der hessischen Regierung trat Moufangs Freund, der Kapiteldekan Heinrich als Bistumsverweser auf.
Moufang, aus einer Mainzer Kaufmannsfamilie stammend, war ein herausragender Vertreter der katholischen Bewegung und redigierte zusammen mit seinem Freund Heinrich von 1850 bis zu seinem Tod 1890 die Monatszeitschrift "Der Katholik". Von 1871-1890 vertrat er den Wahlkreis Mainz im Deutschen Reichstag. Er gehörte zu den führenden Sprechern der Zentrumsfraktion. Neben der Kirchenfreiheit setzte er sich entschlossen für die Soziale Frage ein und war 1874 Vorsitzender der Arbeiterschutzkommission. Moufang war ein mitreißender Volksredner, der nicht nur auf den Katholikentagen die katholischen Volksmassen für die Kirchenfreiheit mobilisieren konnte.
Die Entschärfung des Kulturkampfes leitete Papst Leo XIII. (1978-1903) ein, der noch am Tage seiner Wahl mit einem Brief an Kaiser Wilhelm I. eine Annäherung zwischen den verhärteten Fronten anbahnte. In direkten Verhandlungen zwischen der preußischen Regierung und der römischen Kurie wurde eine Übereinkunft erzielt. In Preußen wurden die Kulturkampfgesetze revidiert. Auch im Großherzogtum Hessen entspannte sich das Verhältnis zwischen Kirche und Staat. Es kam zu Verhandlungen zwischen den Bevollmächtigten des Großherzogs und dem Vatikan. Der Bistumsverweser Moufang wurde trotz seiner persönlichen Vorsprache in Rom nicht berücksichtigt, da man für die Wiederherstellung eines guten Verhältnisses zwischen Staat und Kirche eine Persönlichkeit suchte, der man einen Neuanfang eher zutraute als dem streitbaren Reichstagsabgeordneten Christoph Moufang.