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0.Geschichte der Grafen von Nassau

Der Wohnturm der Burg Laurenburg.[Bild: MacElch [CC BY-SA 3.0]]

Als Vorfahren der Grafen von Nassau sind vom 9.-11. Jahrhundert die Herren von Lipporn und im 11. und 12. Jahrhundert die Grafen von Laurenburg zu erkennen. Nicht genau bekannte Besitzansprüche der Laurenburger im Bereich der Grundherrschaft Nassau (des Wormser Domstiftes) führten um 1100 zum Bau der Burg Nassau. Die Grafen Rupert oder Ruprecht (1124-1152) und Arnold (1124-1148) verlegten um 1120 ihren Wohnsitz von der Laurenburg nach Nassau und bauten die Burg weiter aus. Das Domstift Worms mochte sich mit der Besitzergreifung „ihres“ Gutes zunächst nicht abfinden. Kaiser Lothar entschied 1128/1129 auf einem Hoftag in Worms zwar gegen die Brüder, diese gaben die Burg aber nicht frei. Papst Eugenius III. exkommunizierte daraufhin auf Bitten des Wormser Bischofs Graf Rupert. Die Exkommunikation wurde, nachdem sich die Nassau-Laurenburger den Entscheidungen von Kaiser und Papst nicht beugten, 1154 auch Ruperts Witwe Beatrix von Limburg und deren Söhnen Rupert und Arnold angedroht. Doch die beiden gaben Nassau nicht frei.

Stammwappen der Grafen von Nassau aus dem Scheiblerschen Wappenbuch
1450–1480.
[Bild: ]

Erzbischof Hillin von Trier schlichtete. Er tauschte 1159 Burg Nassau vom Domstift Worms gegen seinen Hof zu Partenheim im Nahegau ein und belehnte anschließend Gräfin Beatrix von Laurenburg und ihre Söhne mit der Burg. So wurde Burg Nassau Lehnsburg und Offenhaus der Trierer Kirche. Zum Lehen gehörte auch der Ort Nassau. Erst jetzt wurde Nassau namengebender Hauptsitz der (frühen) Laurenburger Grafen. Als erster "Graf von Nassau" wird 1160 Heinrich I. ("Henricus comes des Nassouve") genannt. Um 1160 erwerben die Nassauer zusammen mit den Grafen von Katzenelnbogen umfangreichen Besitz von den Grafen von Isenburg.

0.1.Landesteilung 1255

Schloss Dillenburg um 1600[Bild: ]

Die Grafen von Nassau hatten dank enger Beziehungen zu den staufischen Königen und Kaisern einen beachtlichen wirtschaftlichen und politischen Aufstieg genommen. Graf Heinrich II. (1198 - 1247) trug den Beinamen "der Reiche". Heinrich der Reiche bedachte etliche Klöster mit großzügigen Geschenken, während Rupert IV., der 1230 dem Deutschen Ritterorden beitrat, seinem Bruder Heinrich zahlreiche Dörfer und Kirchenrechte überließ. Als Heinrich der Reiche 1247 starb, regierten seine Söhne Walram II. und Otto I. zunächst gemeinsam. Am 16. Dezember 1255 ließen sie dann ihr Land teilen. Die Lahn wurde Grenzlinie. Otto, der jüngere der Brüder, wählte das nördliche Gebiet mit den Städten Siegen (als Wohnsitz), Dillenburg, Herborn und Ginsberg. Den südlichen Teil der Grafschaft, mit den Städten Idstein und Weilburg, erhielt Walram. Beiden gemeinsam blieben die Burg Nassau, der Hof in Nassau mit allem Zubehör, die Grafschaft auf dem Einrich, Becheln und Sulzbach, die Laurenburg mit der Esterau sowie die Pfandschaften und Lehen. Die Teilung von 1255 machte es unmöglich, dass sich die Grafschaft Nassau zu einer bedeutenden Territorialmacht entwickeln konnte, denn die ottonische und walramische Hauptlinie blieben für immer gespalten. Die Grafschaft wurde in viele kleine und kleinste Herrschaftsgebiete zersplittert.

0.1.1.Die ottonische Linie

Breda[Bild: ]

Die ottonische Linie teilte sich 1303 in die ältere Dillenburger (bis 1328), die ältere Hadamarer (bis 1394) und die Siegener Linie (bis 1734 und 1743). 1348 wurde durch Einheirat die Grafschaft Diez erworben. Es zweigten die älteren Beilsteiner (1343), die Liebenscheider (1380) und die Bredaer Linien (1403) ab und fielen immer wieder an das ottonische Haus zurück. Die seit 1516 endgültig selbständige Bredaer Linie erbte 1530 das südfranzösische Fürstentum Orange (Oranien) und begründete damit das Haus Nassau-Oranien. Die Bredaer oder ältere oranische Linie starb 1702 aus und wurde von der Diezer oder jüngeren Oranischen Linie beerbt, die 1815 Nassau verlor, jedoch seit dieser Zeit den niederländischen Königsthron innehat und die bis 1890 das Großherzogtum Luxemburg mitregierte

Graf Johann VI. von Dillenburg (1559-1606) gelang es, alle ottonischen Gebiete noch einmal zu vereinen. Nach seinem Tode teilte sich die ottonische Linie in die jüngeren Linien Beilstein (bis 1620), Dillenburg (bis 1739), Hadamar (bis 1711), Siegen (bis 1734/43) und in die Linie Diez.

0.1.2.Die walramische Linie

Schloss Weilburg[Bild: ]

Die walramische Linie spaltete sich 1355 in die Idstein-Wiesbadener (bis 1605) und die Weilburger Linie. Graf Philipp I. von Nassau-Weilburg trat 1381, nach dem Tode des letzten Saarbrückener Grafen Johann II., die Nachfolge in der bedeutenden Grafschaft Saarbrücken nebst Commercy und Morley in Lothringen an. Weitere Trennungen von Linien und Aufteilungen von Gebieten (zwei-, drei- und vierherrische Gebiete) schwächten das walramische Grafenhaus. Graf Ludwig II. (1565 - 1627) gelang noch einmal die Vereinigung aller walramisch-nassauischen Grafschaften (Weilburg, Saarbrücken, Wiesbaden, Idstein). Dies war jedoch nur kurzfristig und hatte keine bedeutenden politischen Folgen.

Seit 1651 bestanden fünf walramische Teillinien: die Wiesbaden-Idsteiner (bis 1721), die Saarbrücker (bis 1723 und 1797) mit ihren Zweigen Ottweiler (bis 1728) und Usingen (bis 1816) und die jüngere Weilburger Linie (bis 1912). 1688 wurden der Graf von Idstein und 1737 der von Weilburg gefürstet.

Nach dem Tode König Rudolfs von Habsburg (1291) wollten die deutschen Kurfürsten verhindern, daß dessen Sohn Albrecht König wurde. Sie kürten deshalb 1292 den mit keiner bedeutenden Hausmacht ausgestatteten Grafen Adolf von Nassau (Sohn des Begründers der walramischen Linie)  zum deutschen König, weil sie überzeugt waren, mit ihm "leichtes Spiel" zu haben. In diesen Erwartungen getäuscht, setzten die Kurfürsten - einmalig in der deutschen Geschichte - Adolf nach sechsjähriger Regierungszeit ab und wählten nun doch Albrecht zum König. König Adolf spielte dieses Spiel aber nicht mit, und es kam zum entscheidenden Kampf zwischen den Heeren der beiden Kontrahenten - zur Schlacht am Hasenbühl bei Göllheim am Donnersberg. Als Ritter selbst kämpfend, fiel König Adolf am 2. Juli 1298. Albrecht von Habsburg wurde sein Nachfolger.

In seinem nassauischen Gebiet hatte Graf/König Adolf insbesondere die Städte Weilburg und Idstein gefördert, die Burg Sonnenberg bei Wiesbaden ausgebaut und das Kloster Klarenthal gegründet. Andere Mitglieder der Familie stiegen in hohe Kirchenämter auf. Zu nennen ist etwas Bischof Johann von Utrecht (1267 - 1288). König Adolfs Bruder Diether wurde Erzbischof von Trier (1300 - 1307), sein Enkel Gerlach Erzbischof von Mainz (1346 - 1371). Später folgten aus dieser älteren Linie Nassau-Idstein auf dem Mainzer Erzbischofsstuhl noch Adolf I. (1381 - 1390), Johann II. (1397 - 1419) und Adolf II. (1461 - 1475).

0.2.Nassau im 19. Jahrhundert

Gut drei Jahre nach dem Reichsdeputationshauptschluß von 1803 traten neben weiteren 14 deutschen Potentaten die Fürsten von Nassau-Usingen und Nassau-Weilburg dem unter dem Protektorat Napoleons gegründeten Rheinbund bei. Sie erhielten durch die Rheinbundakte vom 12. Juli 1806 für linksrheinische Verluste erhebliche rechtsrheinische Gebietsgewinne (die Grafschaft Holzappel, die Herrschaft Schaumburg, die Steinschen Besitzungen Frücht und Schweighausen, das Dorf Wasenbach und die Burg Langenau) und zugleich den Herzogtitel. Friedrich August von Nassau-Usingen wurde der erste von drei Herzögen Nassaus.

Nach Bestätigung des Herzogtums durch den Wiener Kongreß (1815) und nach dem Tode des Usingers (1816) folgte Herzog Wilhelm von Nassau-Weilburg auf dem Thron des nunmehr vereinigten Herzogtums Nassau. Er war es dann auch, der durch einen Vertrag mit dem Königreich Hannover die Universität Göttingen zur Nassauischen Landesuniversität machte, um Studierwilligen aus seinem Herzogtum, zukünftigen Nassauer Landesbeamten, dort das Studium zu ermöglichen. Als besonderen Anreiz richtete er ihnen in Göttingen einen Freitisch ein und legte damit den Grundstein zur Entstehung des berühmt-berüchtigten "Nassauerns".

Einen Tag nach dem Tode seines Vaters Wilhelm bestieg Erbprinz Adolf den Herzogsthron. Er hatte das Pech, im "Deutsch-Deutschen Kriege" von 1866 mit Österreich, Hannover und Kurhessen auf der "falschen" Seite zu stehen und verlor dadurch sein blühendes Nassauer Ländchen. Von Preußen annektiert, trug es fortan den Namen Provinz Hessen-Nassau. Herzog Adolf wurde abgesetzt und durch Vertrag vom 18. September 1867 mit einer Entschädigung abgefunden. Er musste sein Land verlassen und lebte zunächst vorwiegend in Wien oder auf seinem Schloß Hohenburg bei Lenggries, gelegentlich auch in seinem Palais in Königstein im Taunus. Da die nassau-oranische Linie in den Niederlanden ausstarb, wurde Adolf aufgrund eines Hausgesetzes Großherzog von Luxemburg. Als er 1905 starb, trat sein Sohn Wilhelm (Guillaume IV) die Nachfolge an. Mit dessen Tod war auch die walramische Linie 1912 im Mannesstamm erloschen. Bis 1964 regierten die Großherzoginnen Marie-Adelheid (1912 - 1919) und Charlotte (1919 - 1964). Letztere (gest. 1985) übertrug ihrem Sohn Jean 1964 das Amt des Großherzogs von Luxemburg, das er heute noch innehat. Durch dessen Sohn Henri (geb. 1955), verheiratet mit der Kubanerin Marie-Teresa Mestre, ist der walramischen Linie des Hauses Nassau die männliche Nachfolge wieder gesichert.

0.2.1.Ottonische Linie

Königin Beatrix[Bild: ]

Während nach der Landesteilung von 1255 in Weilburg, Idstein, Usingen und schließlich in Wiesbaden, Saarbrücken und Kirchheimbolanden Residenzen der walramischen Nassauer Grafen entstanden, residierten die Grafen der ottonischen Linie in Dillenburg, Siegen, Herborn, Beilstein und Hadamar.

Graf Heinrich der Reiche heiratete Gräfin Mechthild von Geldern in den Niederlanden. Die beachtliche Stellung, die das Haus Nassau später in den Niederlanden gewann, wurde erst 1403 wirklich eingeleitet, als sich Graf Engelbert I. von Nassau-Dillenburg mit der sehr reichen Erbin Johanna von Polanen, von der Leck und Breda vermählte. Engelbert I. wurde durch diese Heirat der Stammvater der Linie Nassau-Breda, die Ausgangspunkt für alle künftigen Beziehungen Nassaus zu den Niederlanden werden sollte.

Graf Wilhelm I. von Nassau-Dillenburg, Sohn Wilhelms des Älteren (des Reichen) von Nassau-Dillenburg und Julianes von Stolberg, wurde am 24. April 1533 im Dillenburger Schloß geboren. Von seinem Vetter Renatus (René) von Chalon, Prinz von Orange, Graf von Nassau-Breda, erbte Wilhelm 1544 das kleine, von Kaiser Friedrich Barbarossa 1178 zum Fürstentum erhobene Orange an der Rhône, das erst 1530 durch Erbschaft an ihn gefallen war. Graf Wilhelm I. von Nassau legte sich von nun an auch den Beinamen "von Oranien" zu. Diesen übernahmen dann auch seine Nachfolger, und er vererbte sich schließlich auf die Angehörigen des Hauses Nassau-Diez, das heute noch mit Königin Beatrix in den Niederlanden regiert.

Wilhelm von Oranien regierte seit 1559 als Statthalter von Holland, Zeeland, Utrecht und West-Friesland. Als Führer des niederländischen Freiheitskampfes gegen die spanische Fremdherrschaft und grausame Unterdrückungspolitik von König Philipp II., Herzog Alba, der Regentin Margarete von Parma und dem Kardinal Granvella hat er sich höchste Verdienste erworben. Wilhelm und seine Brüder haben nicht nur nahezu ihr gesamtes (nassauisches) Vermögen, sondern auch ihr Leben für den Unabhängigkeitskampf der Niederlande geopfert. Wilhelm wollte die Aufhebung der Inquisition, die Toleranz der verschiedenen Religionen und die Befreiung von der spanischen Herrschaft erreichen. Trotz seiner starken Persönlichkeit und der Zielstrebigkeit seines lebenslangen Kampfes hat er dieses hohe Ziel nicht ganz erreicht, hatte aber doch die Grundlage für die Errichtung der niederländischen Republik gelegt. Die Niederländer ehren Wilhelmus von Nassauen noch heute als den "Vater des Vaterlandes" und besingen ihn im "Wilhelmus", der niederländischen Nationalhymne.

Mit Wilhelm III., Enkel Wilhelm I. starb 1702 die nassau-dillenburgische Linie in den Niederlanden aus. An die Regierung kam die Linie Nassau-Diez, mit der es in gerader Folge bis zur heute regierenden Königin Beatrix weitergeht.

Nachweise

Quelle: Karl-Heinz Schönrock (Heimatjahrbuch des Rhein-Lahnkreises 1989) und http://www.hoeckmann.de/.

redakt. Bearb.: Stefan Grathoff