Wederath im Hunsrück

römisches Militärlager

Wederath Belginum (Rhein-Hunsrückkreis)

Anfahrt: Wederath/Belginum Archäologiepark an der B327 nordöstlich von Morbach. Parken auf dem Museumsparkplatz und der Ausschilderung des Archäologieparks folgen.

Zu besichtigen: Topographie römisches Lager, Pläne im Museum

 

An einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt der römischen Provinz entstand auf der Hochebene des Hunsrücks die römische Straßensiedlung Belginum. Bereits 1995 wurde bei geomagnetischen Prospektionen der Grundriss eines römischen Militärlagers nordwestlich des vicus Belginum entdeckt. Mit einer Seitenlänge von 210-200 m und 148 m umfasst das im Nordhang der Hochebene liegende Lager eine Fläche von 3 ha.

Freigelegt wurde bisher das Südtor, durch starke Erosionsbewegungen sind die Befunde stark beeinträchtigt und weitgehend verloren gegangen. Nur noch die Unterkante der Holzpfosten und der Holz-Erde Mauer ließen sich dokumentieren. Bei der Toranlage dürfte es sich um einen mit einer Plattform überdachten Durchgang handeln.

Am Osttor waren die Erhaltungsbedingungen etwa günstiger, wiederum waren eine Holz-Erde-Mauer und eine Toranlage nachweisbar. Die Befestigung bestand an der Außenseite aus einer Palisade, innen war gegen die Palisade ein Damm angeschüttet, den eine leichte Holzkonstruktion stabilisierte.

Ob das Lager Türme besaß ist ungewiss, an den Lagerecken ließen sich keine entsprechenden Pfostengrundrisse nachweisen. Ein Graben umgab das Lager unterbrochen durch Erdbrücken im Bereich der Tore. Der 1,2 m breite Spitzgraben war noch 0,9-1,2 m tief erhalten.

Von der Innenbebauung liegen bis auf einige Pfostenstandspuren keine weiteren Beobachtungen vor. Die Pfostenspuren belegen feste Gebäude in Holzbauweise.

An Funden konnten nur geringe Mengen an Scherben geborgen werden, die Datierung der Keramik in die Jahrzehnte um die Zeitwende, könnte auf einen Zusammenhang des Lagers mit dem unter Augustus vorangetriebenen Straßenbau, der auch den Hunsrück erschloss, hindeuten.

Nach der Größe des Lagers zu urteilen, war eine rund 1000 Mann starke Infantrietruppe, möglicherweise durch 500 Reiter verstärkt, in dem Lager untergebracht. Das römische Militär war in verschiedene Dienstgrade und Abteilungen eingeteilt. So gliederte sich der Generalstab in den ordo senatorius und ordo equester, deren Mitglieder, wie die Namen bereits andeuten, den beiden höchsten Rängen in der römischen Bürgerschaft angehören mussten - den Senatoren und den Rittern. Die Soldaten der Legionen besaßen im Unterschied zur Reiterei (alae) und den übrigen Fußtruppen (cohortes) das volle römische Bürgerrecht. Die übrigen Soldaten, die aus den Provinzen rekrutiert wurden, galten als Peregine (Fremde) und besaßen nicht die vollen Bürgerrechte. Die Soldaten verpflichteten sich auf 25 Jahre. Mit der Entlassung aus dem Militär bekamen Legionäre zumeist Land in neu eroberten Gebieten zugewiesen, und Auxiliaren wurde das römische Bürgerrecht verliehen. Diese Rechtsgeschäfte sind in „Militärdiplomen“, den in Bronze gegossenen Vertragstexten, überliefert.

Unter Augustus umfasste das römische Heer 28 Legionen mit einer Mannschaftsstärke von 5000 bis 6000 Mann. Die kleinste Einheit der Legion bildete die Gemeinschaft (contubernium) von acht Soldaten, die am Anfang zusammen in einem Zelt, später in einer Stube der Mannschaftsbaracke wohnten, schliefen, gemeinsam die Mahlzeit zubereiteten und auch nebeneinander kämpften. Ihr schweres Gepäck (Lederzelt, Schanzpfähle, Handmühle usw.) trug ein Maultier, das der Gruppe gehörte.

Aus jeweils zehn solcher Acht-Mann-Gruppen bildete sich die centuria, die mit einer heutigen Kompanie vergleichbar ist. Die 80 Mann starke Einheit wurde von einem centurio befehligt Die Centurie bildete die kleinste taktische Einheit der Legion.

Am Ende eines jeden Tagesmarsches mussten die Soldaten zu ihrem eigenen Schutz ein Marschlager bauen, das als Unterkunft für eine Nacht oder als Camp für einige Wochen diente. Auf der Innenseite eines Spitzgrabens, der das Lager umschloss, errichteten die Soldaten zusätzlich ein Annäherungshindernis aus vorgefertigten Palisaden (pila muralia), die sie auf dem Marsch ständig mitfuhren mussten. Da solche gesicherten Nachtlager in feindlichem Umfeld lebensnotwendig waren, mussten die Soldaten das Schanzen von Gräben immer wieder üben, worüber sie auch laut ihren Unmut äußerten, wie Tacitus berichtet.

Ebenso oblagen der römischen Armee die Planung und der Aufbau der festen, in Holz ausgebauten Standlager. Diese immer gleiche oder doch sehr normierte Gebäudeaufteilung in den Militärlagern hatte den Vorteil, dass Offiziere und Truppen stets die gleichen Voraussetzungen vorfanden, wenn sie in andere Gegenden des Römischen Reiches versetzt wurden.

Sicherlich hatte die Anwesenheit des Militärs und der damit verbundenen Versorgungsleistungen einen großen Einfluss auf die Entwicklung und das Anwachsen der zivilen Siedlung Belginum/Wederath. Möglicherweise war das römische Lager auch der Ausgangspunkt für die Gründung der Straßensiedlung. Ausschlaggebend für die möglicherweise nur einige Monate währende Stationierung einer militärischen Einheit dürfte die Sicherung des wichtigen Verkehrsknotenpunktes auf der Hochfläche des vicus Belginum gewesen sein.

 

M. Thoma


Literatur:

P. Haupt, Die Grabungen im vicus Belginum 2000: Trassenbereich der B 50 (neu) Trierer Zeitschr. 63, 2000, 203–231.