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Philipp I., Landgraf von Hessen, genannt der Großmütige

Landgraf von Hessen, geb. 1504, gest. 1567.

Schon als Kind verlor Philipp seinen Vater. Im Alter von 13 Jahren wurde Philipp, nach Auseinandersetzungen mit seiner Mutter, im Jahr 1518 vom Kaiser für mündig erklärt: Mit siebzehn saß Landgraf Philipp beim Reichstag in Worms dem 21 jährigen Kaiser Karl V. gegenüber, als sich Martin Luther vor dem Kaiser zu seine Lehren bekannte. Nach der Eroberung Darmstadts durch Franz von Sickingen beteiligte er sich an dessen Niederwerfung 1522/23. Kurz darauf heiratete er Christine von Sachsen, Tochter Herzogs des Bärtigen, mit dem er in den Bauernkriegen die Aufstände Thomas Müntzers in Thüringen und andere im Raum Fulda und Hersfeld unterdrückte. 1524 war er Anhänger Martin Luthers geworden. Im Oktober 1526 rief er eine Synode in Homberg bei Efze zusammen, auf der von Laien und Theologen zusammen die Reformation in Hessen beschlossen wurde.

Zum Bild (links): Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen um 1534, altkolorierter Holzschnitt von Hans Brosamer. Hessische Hausstiftung, Museum Schloss Fasanerie. (© uni-marburg.de)

Landgraf Philipp

Für Philipp bedeutete die Erneuerung der Kirche zugleich die "Förderung des gemeinen Nutzens". Im Jahr darauf wurden die Klöster säkularisiert und teilweise in Hospitäler umgewandelt. Aus dem Kloster Marburg machte Philipp 1527 die erste evangelische Universität. Dabei wirkte neben dem hessischen Hofprediger Adam Kraft auch der Straßburger Theologe Lambert von Avignon mit, der entscheidend die von Martin Luther abgelehnte Homberger Kirchenordnung prägte und erster Professor der Theologie in Marburg wurde und sich mehr und mehr an Zwingli anlehnte. Nicht nur die Klöster, sondern auch der Adel stemmte sich nachhaltig gegen die Reformation in Hessen, aber Philipp überwand mit erstaunlicher Zähigkeit den teils Jahrzehnte dauernden Widerstand gegen die Auflösung der Klöster. Er gründete zusammen mit anderen Fürsten 1531 den Schmalkaldischen Bund und sorgte 1534 für die Rückführung des 1519 vertriebenen Ulrich von Württemberg. 1529 rief Philipp zum "Marburger Religionsgespräch" zusammen, auf dem die Differenzen zwischen Huldreich Zwingli und Martin Luther beigelegt werden sollten; bis auf die Frage des Verständnisses der Elemente im Abendmahl gelang dies. Gegenüber der Bewegung der Täufer blieb Philipp in seinem Land nachsichtig, äußerte Verständnis für deren Kritik an unterschiedsloser Säuglingstaufe. Er betrieb ein Bündnis aller protestantischen Stände und wurde 1531 einer der Hauptgründer des gegen den katholischen Kaiser gerichteten Schmalkaldischen Bundes. 1539 wurde auf Anraten von Martin Bucer in Hessen die Konfirmation eingeführt. Politisch gelang es Philipp, die Bedeutung seines Landes zu stärken, etwa durch Bündnisse mit Franz I. von Frankreich.
Seine profilierte Position zugunsten der Reformation führte aber auch zu Konflikten mit den habsburgischen Kaisern. Im Jahr 1540 kompromittierte er sich, als er eine Nebenehe mit seiner Mätresse Margarethe von Saale einging geschlossene Nebenehe. Die Trauung vollzog der evangelische Pfarrer Dionysius Melander. Im geheimen Regensburger Vertrag von 1541 erlangte Philipp zwar die Verzeihung des Kaisers und die Billigung der gegen Reichsgesetz verstoßenden Nebenehe, er musste aber mit der Zusage, die Aufnahme Frankreichs, Englands und Kleves in den Schmalkaldischen Bund zu verhindern, eine erhebliche Schwächung der Reformation hinnehmen. aber 1546 wurde er geächtet und im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 besiegt. Philipp wurde inhaftiert und kam erst 1552 als gebrochener Mann wieder frei. Der Versuch, das "Interim" auch in Hessen einzuführen und somit die Reformation rückgängig zu machen, scheiterte aber am geschlossenen Widerstand der Pfarrer und Gemeinden. Ursprünglich hatte er seinen Sohn, Landgraf Wilhelm, zum Erben ganz Hessens eingesetzt, doch 1562 setzte er jeden seiner vier Söhne zu Erben ein. Die von Philipp geschaffenen Seitenlinien Hessen-Marburg und Hessen-Rheinfels starben zwar bald aus, aber Hessen hat durch die Teilung in Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt über die Jahrhunderte hinweg eine nachhaltige Schwächung erfahren.

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Nachweise

Quellen:

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff