Kettig am Mittelrhein

Zur Geschichte von Kettig

Katholische Pfarrkirche St. Bartholomäus in Kettig

Die Besiedlungsgeschichte des Ortes Kettig lässt sich bis ungefähr in das Jahr 11.000 vor Christus zurückverfolgen. Aus dieser Zeit finden wir auf der Kettiger Gemarkung Werkzeug- und Knochenfunde sowie einfache Behausungen der altsteinzeitlichen Federmessergruppen. Ab etwa 5.500 vor Christus wird der Boden landwirtschaftlich bearbeitet. Um 800 vor Christus entsteht südlich der heutigen St.Bartholomäus-Kirche ein keltisches Gräberfeld mit wertvollen Grabbeigaben an Gefäßen, Waffen und Schmuck. Die Friedhofsanlage dürfte zu einem keltischen Herrensitz am Ort gehört haben, der wohl aus einer Wohnsiedlung um einen befestigten Burghof herum bestand, von dem die Gemeinde wohl ihren Namen hat. Die ursprüngliche Bezeichnung „Cattiacum“ ist jedenfalls keltischen Ursprungs, konnte bislang, etymologisch unzureichenderweise, jedoch nur als „Besitztum des Cattiacus“ gedeutet werden. Nach der germanischen Landnahme ist eine Differenzierung des Siedlungsgeländes zu beobachten: Einzelhäuser lösen die bisherige Hofstruktur ab. Römische Brandgräber deuten im Folgenden auf die Ansiedlung ehemaliger Legionäre Gaius Julius Cäsars in Kettig hin. Die römische Siedlung lag an der Römerstraße von Antunnacum (Andernach) zum bedeutenden Töpferwerk nahe der Kapelle Am Guten Mann im heutigen Mülheim-Kärlich. Eine direkte Siedlungskontinuität nach der Aufgabe der römischen Siedlung ist nicht nachzuweisen. Die Entwicklung des heutigen Kettig aus einem fränkischen Gutshof, der uns (in den Grundmauern der heutigen Kirche) im 8. Jahrhundert begegnet, dürfte sehr wahrscheinlich sein. Die erstmalige urkundliche Erwähnung des Dorfes fällt in das 10. Jahrhundert, irgendwann zwischen die Jahre 915 und 928: Godilda, die Gemahlin des Herzogs Giselbert von Lothringen schenkt dem Kanonikerkloster Echternach in der Nähe des Ortes Kettichi zwei Bauernstellen. Die historische Keimzelle der modernen Ortsgemeinde Kettig stellt das alte Kettiger Burghaus dar, das im 8. Jahrhundert von einem unbekannten Burgherren erbaut worden war. Das zweigeschossige Gebäude, auf dessen Grundmauern sich heute die Bartholomäuskirche erhebt, ist seit dem 10. Jahrhundert mit einem rund 30 Meter hohen, viergeschossigen Turm (dem heutigen Kirchturm) befestigt. Nach einem verheerenden Großbrand im Jahre 1199 wird das Gebäude fast zweihundert Jahre lang als Scheune verwendet, bis ein grundlegender Umbau es in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts in eine Kirche umwandelt. Bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts dürfte der Ort dem Herren von Isenburg gehört haben, der noch bis mindestens ins 16. Jahrhundert hinein als Lehnsmann des Pfalzgrafen bei Rhein vor Ort den Kirchenzehnt erhebt. Daraufhin scheint der Ort an die Grafen von Virneburg gekommen zu sein, die ihn wiederum mehrfach an Kurtrier verpfändet, dieses Pfand jedoch niemals ausgelöst haben, weshalb Kettig bis zur französischen Revolution bei Trier verbleibt und dem von einem Trierischen Amtsmann aus dem Geschlecht derer von Waldbott zu Bassenheim, administrierte Amt Bergpflege angehört. Zwischen 1409 und 1419 baut der Trierer Kurfürst Werner von Falkenstein eine neue Burganlage nördlich der Kirche an. Bereits im 13. Jahrhundert waren die Befestigungsanlagen des Ortes erneuert worden, so dass Urkunden des 15. Jahrhunderts von einer „Festung Kethge“ sprechen. Als Lehnsträger sind bis 1625 der Ritter Johann von Kethge und dessen Nachfahren belegt, deren Wappen derselbe weiße Adler mit blauen Fängen und blauem Schnapel ziert, der sich (zusammen mit dem Kreuz des Erzbischofs von Trier) auch auf dem modernen Kettiger Ortswappen findet. Im Dreißigjährigen Krieg belagern die Schweden unter General Horn Kettig und überrennen die Verteidigungsanlagen nach einigem Ringen. Selbige werden nicht wieder aufgebaut, die Gräben werden zugeschüttet und auch die Burganlage wird niedergebrannt. Der Bau findet erneut als landwirtschaftliches Nutzgebäude, aber auch als Steinbruch, Verwendung. Die letzten Gebäudereste werden um 1820 abgetragen. Der Dreißigjährige Krieg hat für die Einwohner des Ortes verheerende Folgen: Von den 128 Häusern, die das Trierer Feuerbuch im Jahre 1563 in Kettig zählt, stehen nur noch bloße 85. Im 16. Jahrhundert entsteht in Kettig ein Spital der Sebastianusbruderschaft, das jedoch im selben Jahrhundert wieder ausbrennt. Im Zuge der Reformation entsteht eine kleine Gemeinde von Wiedertäufern. Desweiteren sind ab 1550 drei jüdische Familien in Kettig nachzuweisen, die spätestens ab 1687 in einer eigenen Gasse (vermutlich der heutigen Schnürgasse) siedeln. Besteht die Gemeinde im Jahre 1789 bloß noch aus einer einzigen Familie, wächst sie bis zum Jahr 1900 auf etwa 40 Personen an. Vermutlich zwischen 1885 und 1890 wird in der Dobenstraße eine Synagoge errichtet. Im Jahre 1942 lebten in Kettig keine Juden mehr. Einige dürften angesichts der Verfolgungen durch das nationalsozialistische Regime ausgewandert sein. Die restlichen in Kettig geborenen Juden wurden im Frühjahr 1942 in ein nicht bekanntes Konzentrationslager deportiert, die Reste der Synagoge im Jahre 1976 abgetragen. Bis zur französischen Besetzung des Rheinlandes im Jahre 1479 verlief nördlich von Kettig die Grenze zwischen kurkölnischem (Andernach) und kurtrierischem Einflussgebiet. Die Einverleibung des Ortes in Frankreich bringt mit dem Zusammenbruch der geistlichen Feudalherrschaft die fortschrittliche französische Gemeindeordnung sowie den Code civil nach Kettig. Zum Zeitpunkt der Säkularisation stand der größte Teil des Gemeindelandes in geistlichem Besitz, insbesondere des Florinsstiftes in Koblenz und der Marienstätter Zisterzienserklosters. Im Jahre 1806 leben 728 Menschen in Kettig. Mit dem Wiener Kongreß gehört Kettig ab 1815 zur Preußischen Rheinprovinz. Mit dem Bau der Teilstrecke der linksrheinischen Eisenbahn zwischen Koblenz und Rolandseck erhält die Region, insbesondere nach der Eröffnung des Bahnhofes Urmitz (heute Stadtteil Urmitz-Bahnhof in Mülheim-Kärlich) eine direkte Anbindung an das deutsche Eisenbahnnetz. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, womöglich im Jahre 1904 werden im Ort Wasserleitungen verlegt. Ein Jahr darauf findet zwischen Weißenthurm, Kettig und Kärlich eine glanzvolle Parade Kaiser Wilhelms II. statt. Das letzte Vorkriegsjahr 1917 bringt die Elektrifizierung des Ortes mit sich. Die geplante Einbeziehung von Kettig in das Koblenzer Straßenbahnnetz scheitert im selben Jahr am Verhandlungstisch. Während des folgenden Krieges fallen 51 Kettiger Bürger, vier bleiben vermisst. Im Jahr 1921 wird an der Bartholomäuskirche ein Kriegerdenkmal enthüllt.  Die Zwischenkriegszeit bringt für Kettig ansonsten einige technische Neuerungen: So wird 1924 die Straßenbeleuchtung und 1925 eine Postbusverbindung nach Koblenz eingerichtet. Ein Jahr darauf wird mit der Pflasterung der Hauptstraße begonnen. Während des Zweiten Weltkrieges werden polnische Zwangsarbeiter in Kettig eingesetzt. Am 29. Dezember des Jahres 1944 kommt es zur Bombardierung des Ortes durch amerikanische Bomberverbände, wobei 16 Menschen zu Tode kamen, am 8. März 1945 rückten amerikanische Truppen ein. Die Nachkriegszeit etabliert im Ort eine florierende Bimsindustrie.

Quelle: Elingshäuser, Die Geschichte von Kettig im Wandel der Zeit, s. rechte Spalte; red. Bearb. K.H.

Redaktioneller Hinweis: Die Erweiterung „Unterer Mittelrhein“ befindet sich in Arbeit. Für diesen Ort haben wir bisher leider keine historische Informationen bereitgestellt. Wir freuen uns über eine Kontaktaufnahme, besonders wenn Ihnen interessantes Material zur Geschichtes dieses Ortes vorliegt.