Windesheim im Naheland

Geschichte von Windesheim

Windesheim - Ortsansicht[Bild: Markus Braun/Prankster (public domain)]

In der Gemarkung von Windesheim sind altsteinzeitliche Funde (ca. 1 Mio. Jahre v. Chr.) gefunden worden. In der Gemarkung „Zimmerhans“ wurden aus dem Neolithikum stammende Werkzeuge gefunden (5.700-2.000 v. Chr.), die im Windesheimer Rathaus ausgestellt sind. Überreste aus 13 verschliffenen Grabhügeln wie Bronzeringe und Fibeln aus dem Bereich „Auf dem Waldhilbersheimer Rößler“ künden vom Leben aus der Hallstattzeit (850-475 v. Chr.). Römische Gebäudereste und römische Münzen wurden ebenfalls in Windesheim entdeckt und konnten auf die Zeit ca. 244 und 260 n. Chr. datiert werden. [Anm. 1] Im Jahr 1886 wurden in der Gemarkung „Auf der Mauer“ römische Gräber gefunden. [Anm. 2]

Im Jahr 1019 wurde Windesheim erstmals in einer Schenkung von Kaiser Otto III. (980–1002) an Erzbischof Heribert von Köln genannt. Die Schenkung wurde an die Abtei Köln-Deutz weitergegeben. [Anm. 3] In weiteren Erwähnungen findet sich Windesheim beispielsweise 1149 im Besitz der Pfalzgrafen von Rheingrafenstein oder um 1200 in einem Rupertsberger Güterverzeichnis. 1310 wurde ein Brenner von Stromberg als hälftiger Eigentümer von Windesheim genannt, 1398 erhielt der Erzbischof von Mainz einen Anteil von Windesheim. [Anm. 4]

Zur religiösen Entwicklung von Windesheim ist aus einer Urkunde des Klosters St. Peter von Kreuznach bekannt, dass es 1202 einen ersten Pastor namens Udo, Pastor von Windense gab. [Anm. 5] 1505 wurde von St. Michael, der heutigen evangelischen Kirche, das Schiff zerstört. Im Jahr 1507 wurde die Kirche mit sehenswerter gotischer Holzdecke wieder aufgebaut und geweiht. 1523 wurde die reformierte Windesheimer Kirche an das lutherische Pankratiusstift in Kirn angegliedert. Das Stift erhielt bis zum Jahr 1617 den Zehnten der gesamten Gemarkung Windesheim. Die Ansiedlung der ersten jüdischen Bürger:innen ist aus dem Jahr 1660 bekannt. Ab 1688 wurde die Kirche bis zum Jahr 1898 als Simultaneum gemeinsam mit der katholischen Gemeinde genutzt. [Anm. 6] 1771 wurde das evangelische Pfarrhaus erbaut. [Anm. 7]

Guldenbach (zwischen Windesheim und Guldental)[Bild: Markus Braun/Prankster (public domain)]

Im Jahr 1517 wurde erstmalig die Bannmühle eines Hans Brauch in Windesheim erwähnt. Weitere Mühlen sind u.a. eine Lohmühle und eine Schleifmühle. [Anm. 8] Durch Pest und Kriegsfolgen hatte Windesheim 1637 nur noch 20 Einwohner:innen, die vier Häuser bewohnten. 1676 litt Windesheim unter Verwüstungen der Franzosen. Bis zum Jahr 1683 wurden in Windesheim aber 65 Wohnhäuser errichtet. [Anm. 9] Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) wurde Windesheim 1689 durch französische Truppen verwüstet. Der Ort wurde unter den Fürsten Salm und Salm Kyrburg aufgeteilt. Ab 1790 gehörte Winzenheim zur Linie Salm-Salm. [Anm. 10] 1792 wurde die berühmte Stumm-Orgel in der Kirche eingebaut. [Anm. 11] 

Im gleichen Jahr kamen napoleonische Truppen in den Naheraum und besetzten die Region bis 1814. In dem Zuge wurde in Windesheim 1797 der französische Kalender eingeführt. 1801 wurde Windesheim zur Mairie im Canton Stromberg, innerhalb des Arrondissements Simmern. Simmern gehörte wiederum zum „Département des Rhin et Moselle“ in Koblenz. [Anm. 12] Nachdem die Region nach dem Wiener Kongress (1814/15) preußisch wurde, entstand die Bürgermeisterei Windesheim mit den Orten Hergenfeld, Schweppenhausen, Waldhilbersheim und Waldlaubersheim. Der Ort Windesheim hatte 1816 eine Bewohner:innenzahl von 685. Die neu gebildete Bürgermeisterei Windesheim, die kleinste im Kreis Bad Kreuznach, kam 1816 auf eine Einwohnerzahl von 2.385. [Anm. 13]

Zwischen 1836 und 1843 wanderten jedoch 29 Familien mit insgesamt 100 Personen nach Nordamerika aus. [Anm. 14] Eine zweite Auswanderungswelle – ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen – folgte in den Jahren 1844-1872 mit 75 Personen, die meist nach Südosteuropa ziehen. [Anm. 15] Um 1837 herum gab es 130 Gebäude in Windesheim. [Anm. 16] Zur gewerblichen Struktur gehörten in der Zeit u.a. 4 Bäcker, 1 Fleischer, 1 Riemer und Sattler, 3 Schneider, 2 Zimmerleute, 3 Tischler, 1 Rad- und Stellmacher, 1 Drechsler und 3 Grobschmiede. [Anm. 17]

Zwischen 1837 und 1854 kündeten Veränderungen in Dorfplänen vom Bau des neuen Windesheimer Rathauses mit Rundbogen, Dachreiter und Glockenstube, nachdem das alte Rathaus zu klein wurde. [Anm. 18] Seit 1872 ist ein Kriegerverein in Windesheim bekannt, der 1894 51 Mitglieder hatte. [Anm. 19] 1898 wurde die neu gebaute katholische Kirche eingeweiht und 1938 eine neue Schule gebaut. [Anm. 20]

Zum Deutsch-Französischen Krieg wurden 1870/71 167 Wehrpflichtige aus Windesheim einberufen. Die Entwicklung von Infrastruktur und Transportmöglichkeiten war gekennzeichnet durch die Postkutsche (1846: zwei Fahrten täglich von Kreuznach nach Simmern über Windesheim) und Etablierung einer Telefonleitung von Bad Kreuznach nach Windesheim. [Anm. 21] 1889 fuhr erstmalig die Eisenbahn von Langenlonsheim nach Simmern. [Anm. 22] Die Fahrten wurden 1984 eingestellt, der Bahnhof wurde schon 1980 geschlossen, als nur noch 10 Fahrkarten/Tag verkauft wurden. Der Güterverkehr wurde im Jahr 2010 beendet.  [Anm. 23] Die Buslinie Bad Kreuznach – Simmern wurde 1938 in Betrieb genommen. [Anm. 24]

Im Ersten Weltkrieg (1914-1918) wandelte sich die anfängliche patriotische Begeisterung wie vielerorts im Verlauf des Krieges. Die einberufenen Männer fehlten in der Landwirtschaft und schlechte Ernten erschwerten das Leben der Windesheimer. [Anm. 25] 1919 gab es in Windesheim 1.140 BewohnerInnen. ANM> 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 76. 1925 wohnten 1.151 Menschen in Windesheim, darunter 32 Personen jüdischen Glaubens. Zwei Jahre später wurde das Amt Windesheim gegründet, was bis 1939 bestand. Danach ging die Verwaltung nach Langenlonsheim über. [Anm. 26] Über die Zeit der Weimarer Republik (1918-1933) ist nur sporadisch etwas aus Windesheim bekannt. [Anm. 27] Die Überlieferung der Zeit des Nationalsozialismus ist sehr lückenhaft, da viele Archivbestände kriegsbedingt verloren gegangen sind. [Anm. 28] Vom Zweiten Weltkrieg (1939-1945) ist ein Luftangriff vom 5. Januar überliefert, der für neun Menschen tödlich war. Am 16. März zogen amerikanische Truppen in Windesheim ein. [Anm. 29]

1954 waren etwa 40-50% der Berufstätigen in Industrie, Handel und Handwerk in Bad Kreuznach tätig. 1961 hatte Windesheim 1.365 Einwohner, darunter 191 Vertriebene und Bewohner der ehemaligen DDR. [Anm. 30] Im Jahr 2003 wurde die bislang höchste Einwohnerzahl mit 1.910 Personen erreicht. [Anm. 31] 1969 entstand aus dem „Amt Langenlonsheim“ die „Verbandsgemeinde Langenlonsheim“. [Anm. 32] Im Jahr 2001 wurde in Winzenheim ein Orgelart-Museum eröffnet. [Anm. 33] Zum 1. Januar 2020 fusionierte die Verbandsgemeinde Langenlonsheim mit der Verbandsgemeinde Stromberg. [Anm. 34]

NACHWEISE

Verfasserin Text: Marion Nöldeke

Verwendete Literatur:

  • Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hg.): Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Bad Kreuznach, Bad Kreuznach 1987, S. 116, http://denkmallisten.gdke-rlp.de/Bad_Kreuznach.pdf (Aufruf: 30.12.2022).
  • Eckes, Egon / Großmann, Werner / Hennemann [u.a.] (Hrsg.): 1000 Jahre Windesheim. Ein Dorf zwischen Tradition und Zukunft. Ortsgemeinde Windesheim 2019.

Erstellt am: 30.12.2022

Anmerkungen:

  1. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 5. Die Gebäudereste wurde im Jahr 1617 entdeckt. Funde aus der Vorgeschichte bis zur fränkischen Zeit werden auf den Seiten 12-17 mit Fotos vorgestellt.  Zurück
  2. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 9.  Zurück
  3. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 5. Auf den Seiten 18-25 werden weitere wichtige Urkunden inkl. Fotos beschrieben.  Zurück
  4. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 6. Bei dem Erzbischof von Mainz handelt es sich von der Datierung her vermutlich um Johann von Nassau (1360-1419).  Zurück
  5. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 6.  Zurück
  6. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 7 [Anm: auf S. 9 ist als Ende-Daum das Jahr 1896 genannt]. Der erste katholische Gottesdienst fand 1689 im Simultaneum statt. Vgl. S. 8.  Zurück
  7. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 8.  Zurück
  8. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 7.  Zurück
  9. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 7. Autor Egon Eckes merkt an, dass 1676 Heddesheim und Waldhilbersheim von den Franzosen sogar niedergebrannt wurde.  Zurück
  10. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 8.  Zurück
  11. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 8.  Zurück
  12. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 8.  Zurück
  13. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 40-41.  Zurück
  14. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 8.  Zurück
  15. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 9. Der Autor Egon Eckes nennt als hauptsächliches Ziel der zweiten Auswanderungswelle Bessarabien, ohne die genauen Orte zu spezifizieren.  Zurück
  16. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 26.  Zurück
  17. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 41-42.  Zurück
  18. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 26. Das genaue Datum des Rathausbaus ist nach Angaben des Autors nicht feststellbar. Quellen zum Amt Windesheim aus dem Jahr 1860 werden auf den Seiten 43-44 vorgestellt, zu 1864-1871 auf den Seiten 44-46.  Zurück
  19. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 47.  Zurück
  20. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 10.  Zurück
  21. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 9.  Zurück
  22. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 9 und S. 136-137.  Zurück
  23. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 137-138.  Zurück
  24. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 10.  Zurück
  25. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 50.  Zurück
  26. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 10.  Zurück
  27. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 51. Auf den Seiten 52-53 stellt der Autor Ergebnisse aus Reichstagswahlen von 1991, 1924 und 1928 vor. Auf der Seite 54 das Steueraufkommen von 1919 und 1920, sowie wenige erhaltene Aufzeichnungen aus den Anfängen der 1930-er Jahre aus Windesheim auf den Seiten 55-58.  Zurück
  28. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 58 und 61.  Zurück
  29. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 10.  Zurück
  30. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 76.  Zurück
  31. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 77.  Zurück
  32. Schmitt 1991, S. 162.  Zurück
  33. 1000 Jahre Windesheim 2019, S. 11.  Zurück
  34. http://www.langenlonsheim-stromberg.de/  Zurück