Pohl im Rhein-Lahn-Kreis

Limeskastell Pohl

Das Kastell in römischer Zeit

Karte des Obergermanisch-Raetischen Limes[Bild: Wikipedia-Nutzer "Ziegelbrenner" [CC BY-SA 3.0]]

Am Ortsrand nördlich von Pohl trafen schon in vorrömischer Zeit zwei regional wichtige Überlandwege zusammen.[Anm. 1] Das römische Kleinkastell zur Bewachung der Grenze beim heutigen Pohl wurde wahrscheinlich an der Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert, möglicherweise während der Herrschaft von Kaiser Trajan, konzipiert und gebaut. Zunächst errichteten die Römer ein Holz-Erde-Werk, das ganz ohne die Verwendung von Steinen und Ziegeln auskam. Das Kastell ist eines der frühesten Bauwerke am Obergermanisch-Raetischen Limes. Neben dem Kleinkastell in Pohl bestanden zu dieser Zeit größere Erdkastelle in Marienfels, Hunzel und Holzhausen. Das Römerkastell Holzhausen ist eine der besterhaltenen Kastellruinen überhaupt. Die Grenzüberwachung und Baukonstruktionen des Limes wurden in den etwa 150 Jahren ihres Bestehens stetig verbessert. Zunächst bestand die Wallanlage des Kleinkastells Pohl aus aufgesetzten Rasensoden, auf denen eine hölzerne Brustwehrmauer mit Zinnen stand. Auch die Innenbauten waren Holzfachwerke. Die Holzverkleidung aller Bauteile waren mit einer Imitation weißer Steinquadermauern mit roten Fugenstrichen versehen. Auf den Reliefs der Trajanssäule in Rom sind derart verzierte Wachttürme und Kastelle mit Fachwerk abgebildet. Etwa zwei bis drei Generationen nach ihrer Errichtung wurden die Pohler und Marienfelser Holz-Erde-Werke zu Kastellen mit steinernen Wehrmauern, Türmen und Toren umgebaut.

Zur Überwachung des Limes setzten die Römer die einheimische Bevölkerung ein. Die Soldaten dieser Auxiliareinheiten erhielten am Ende ihrer Dienstzeit für sich und ihre Familien das römische Bürgerrecht. Im Kleinkastell in Pohl war Platz für eine Abteilung (centuria) von höchstens 80 Mann. Die Soldaten waren in Stubengemeinschaften (contubernia) von acht Mann organisiert. Das Kastell diente zunächst dem organisatorischen Aufbau der Grenzüberwachung von Personen und Waren. Dies schloss die Erhebung von Zoll und Tribut sowie die militärische Beschaffung mit ein.[Anm. 2] Um die Mitte des 3. Jahrhunderts wurde der obergermanische Limesabschnitt vom römischen Militär verlassen. Die Grenze wurde zum Rhein rückverlegt. Das Kleinkastell Pohl war vorher geräumt und geschleift worden.[Anm. 3]

Die ersten Grabungen

Lageplan des Kleinkastell Pohl aus dem frühen 20. Jahrhundert.[Bild: vermutlich gemeinfrei]

Um die Jahrhundertwende zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert wurden umfangreiche Ausgrabungen im Bereich des Limes durchgeführt. Ziel war es, den Gesamtverlauf des Limes zu klären und Bauwerke wie Kastelle und Wachtürme zu lokalisieren. Von 1897 bis 1900 wurde der Fundplatz in Pohl durch die Reichs-Limeskommission erstmals archäologisch untersucht. Unter der Leitung von Ernst Fabricius[Anm. 4] wurden die obertägig nicht sichtbaren Reste des Limes im Jahr 1903 ergraben und kartiert. Es wurden Suchgräben angelegt, in deren Profilen anhand von Erdverfärbungen die ehemaligen Türme und Gräben des Kleinkastells erkannt werden konnten.[Anm. 5] Im Umfeld des Kleinkastells wurden zudem Gebäudereste gefunden, die als erste nachweisbare Besiedlung im Ortsbereich von Pohl gelten können.[Anm. 6] Die Untersuchungsergebnisse wurden durch etwa 100 Jahre später durchgeführte geophysikalische Untersuchungen bestätigt.[Anm. 7]

Rekonstruktion

Das Kleinkastell Pohl[Bild: Frank Winkelmann [CC BY 3.0]]
Der Wehrturm des Kastells[Bild: Carole Raddato [CC BY-SA 2.0]]
Der Keller des Wehrturms[Bild: Wikipedia-Nutzer "Woelle ffm" [CC BY-SA 3.0]]
Das Kastell vom Turm aus[Bild: Carole Raddato [CC BY-SA 2.0]]
Rekonstruierte Baracken[Bild: Carole Raddato [CC BY-SA 2.0]]

Um das Jahr 2000 herum schloss in Pohl mit der Bäckerei das letzte Geschäft im Ort. Zu diesem Strukturwandel kam hinzu, dass die Region zu diesem Zeitpunkt touristisch wenig erschlossen war. Dennoch nahm zu dieser Zeit die Zahl an Wanderern und Radfahrern zu, die sich am Verlauf des römischen Limes orientierten. Das öffentliche Interesse am Obergermanisch-Raetischen Limes stieg, im Jahr 2005 wurde dieser zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Wissenschaft, Politik, Interessierte aus der Region und die Ortsgemeinde prüften die Realisierbarkeit eines Nachbaus des ehemaligen Kleinkastells. Die Ortsgemeinde trug deutschlandweit Informationen aus vergleichbaren Einrichtungen zusammen. Im Jahr 2007 wurde der Förderkreis Limeskastell Pohl gegründet. Mit Beiträgen von Land, Wirtschaftsförderung des Kreises, der Verbandsgemeinde und der Ortsgemeinde konnte der Nachbau schließlich finanziert werden. Der Bau der Anlage begann im Jahr 2009, die Gemeinde Pohl war Bauherr. Gemeinsam verwirklichten der Architekt Manfred Kaffei, der leitende Archäologe Dr. Jens Dolata, die Projektentwicklungsgesellschaft des Landes, Fachgruppen wie die „Flavier“, die „Cicerones“ als neu ausgebildete Fachkräfte vor Ort, Nachbarn am Limes wie die aus Rheinbrohl, die Touristik „Nassauer Land“ und viele ehrenamtliche Helfer das Bauvorhaben. Im September 2011 wurde das Kleinkastell mit Wachturm schließlich eingeweiht.[Anm. 8] Das heutige Kastell befindet sich ca. 150 m nordwestlich des antiken Originals.[Anm. 9] Es gilt als herausragende Visualisierungsmaßnahme am rheinland-pfälzischen Abschnitt des UNESCO-Welterbes „Obergermanisch-raetischer Limes“. Schon vor den Eröffnungsfeiern hatten sich mehr als 2000 Besucher auf der Baustelle über den Fortgang der Arbeiten informiert, weitere 6000 kamen vor der Saisoneröffnung im Jahr 2012. Seitdem betreibt die Ortsgemeinde mit einer Vielzahl Ehrenamtlicher das Kastell.[Anm. 10]

 

Nachweise

Autor: Konstantin Arnold

 

Verwendete Literatur:

Dolata, Jens: Nachbau von Kleinkastell und Wachtturm in Pohl. In: Deutsche Limeskommission (Hrsg.): Der Limes 01 / 2012. URL: http://deutsche-limeskommission.de/index.php?id=177

N.N.: Pohl vor 1.900 Jahren. In: limeskastell-pohl.de. URL: https://www.limeskastell-pohl.de/projekt/einordnung (Aufruf am 11.09.2020).

Perabo, Albert: Ortsgemeinde Pohl. In: vgben.de. Pohl 2012. URL: https://www.vgben.de/gemeinden/pohl/ (Aufruf am 10.09.2020).

 

Quellen:

Fotos Ernst Fabricius. In: archivportal-d.de. URL: https://www.archivportal-d.de/objekte?offset=0&rows=100&facetValues%5B%5D=digitalisat%3Dtrue&_=1599828977541&isThumbnailFiltered=true&viewType=list&hitNumber=2&query=%22Ernst+Fabricius%22&sort=ALPHA_ASC (Aufruf am 11.09.2020).

 

Erstellt am 15.09.2020

Anmerkungen:

  1. Perabo, Albert: Ortsgemeinde Pohl. In: vgben.de. Pohl 2012. URL: https://www.vgben.de/gemeinden/pohl/ (Aufruf am 10.09.2020).  Zurück
  2. N.N.: Pohl vor 1.900 Jahren. In: limeskastell-pohl.de. URL: https://www.limeskastell-pohl.de/projekt/einordnung (Aufruf am 11.09.2020). Zurück
  3. Dolata, Jens: Nachbau von Kleinkastell und Wachtturm in Pohl. In: Deutsche Limeskommission (Hrsg.): Der Limes 01 / 2012. URL: http://deutsche-limeskommission.de/index.php?id=177 (Aufruf am 11.09.2020). Zurück
  4. N.N.: Pohl vor 1.900 Jahren. In: limeskastell-pohl.de. URL: https://www.limeskastell-pohl.de/projekt/einordnung (Aufruf am 11.09.2020). Für Fotos des Archäologen Ernst Fabricius siehe: archivportal-d.de. URL: https://www.archivportal-d.de/objekte?offset=0&rows=100&facetValues%5B%5D=digitalisat%3Dtrue&_=1599828977541&isThumbnailFiltered=true&viewType=list&hitNumber=2&query=%22Ernst+Fabricius%22&sort=ALPHA_ASC (Aufruf am 11.09.2020). Zurück
  5. N.N.: Pohl vor 1.900 Jahren. In: limeskastell-pohl.de. URL: https://www.limeskastell-pohl.de/projekt/einordnung (Aufruf am 11.09.2020). Zurück
  6. Perabo, Albert: Ortsgemeinde Pohl. In: vgben.de. Pohl 2012. URL: https://www.vgben.de/gemeinden/pohl/ (Aufruf am 10.09.2020).  Zurück
  7. N.N.: Pohl vor 1.900 Jahren. In: limeskastell-pohl.de. URL: https://www.limeskastell-pohl.de/projekt/einordnung (Aufruf am 11.09.2020). Zurück
  8. Perabo, Albert: Ortsgemeinde Pohl. In: vgben.de. Pohl 2012. URL: https://www.vgben.de/gemeinden/pohl/ (Aufruf am 10.09.2020).  Zurück
  9. N.N.: Pohl vor 1.900 Jahren. In: limeskastell-pohl.de. URL: https://www.limeskastell-pohl.de/projekt/einordnung (Aufruf am 11.09.2020). Zurück
  10. Perabo, Albert: Ortsgemeinde Pohl. In: vgben.de. Pohl 2012. URL: https://www.vgben.de/gemeinden/pohl/ (Aufruf am 10.09.2020).  Zurück