Ibersheim in Rheinhessen

Schloss Ibersheim

Schloss Ibersheim.[Bild: Torsten Schrade]
Schloss Ibersheim.[Bild: Torsten Schrade]

In den Güterverzeichnissen des Klosters Lorsch wird das Dorf Ibersheim seit dem Jahr 765 immer wieder erwähnt. Ibersheim gehörte in der Frühzeit zum weltlichen Herrschaftsbereich des Wormser Domstiftes. Die Domherren hatten den Ort samt Gericht und Vogtei vor 1173 den Grafen von Leiningen als Lehen überlassen. Einträglicher Bestandteil dieses Lehens war der Salmfang auf dem Rhein. Im 13. Jahrhundert waren neben dem Spitalkloster in Lautern (1215) auch die Herren von Bolanden (1277), die Herren von Schoneck (1282) und Pfalzgraf Ludwig (1277) begütert.
Graf Heinrich von Leiningen verpfändete 1285 das Gericht und den Salmfang an die wohl seit dem frühen 13. Jahrhundert im Ort ansässige Kommende des Deutschordenshauses in Koblenz, die ihren Ibersheimer Besitz von einem Hofgut aus verwalten ließen. Das Wormser St. Paulstift übertrug am 22.8.1417 das halbe Gericht mit der Allmende in Ibersheim dem Heidelberger Kurfürsten Ludwig III. von der Pfalz. Obwohl sich das Paulsstift wichtige Herrschaftsrechte, wie etwa die Vogtei, den Zehnt, die kirchliche Gerichtsbarkeit und das Recht, den Schultheißen einzusetzen, vorbehielt, wurde dem Pfalzgrafen das Recht eingeräumt, Ibersheim zu bevesten und zu buwen. Gleichzeitig wurde dem Pfalzgrafen gestattet, ein sloße und behusunge in dem vorgenanten dorff Ibernsheim [zu] buwen und [zu] machen, solange St. Paul dadurch weder Kosten noch Nachteile entstünden. Doch dazu kam es damals nicht, auch wenn die allerdings in unserer zeit angebrachte Inschrift am Schlossgebäude (s. unten) dies anders wiedergibt.
Der Pfalzgraf unterstellte Ibersheim seinem Amtmann in Alzey. Laut Salbuch von 1432/1442 war das Dorf verpflichtet, Abgaben auf die Alzeyer Burg zu entrichten. Doch noch war Ibersheim leiningisches Lehen im Pfandbesitz des Deutschen Ordens. Bitter beklagte sich 1442 der Komtur von Ibersheim über Belästigungen durch den Alzeyer Burggrafen Hermann IV. von Rodenstein. Nach dem Tod des Landgrafen Hesso von Leiningen-Dagsburg am 8. März 1467 nahm Bischof Reinhard I. von Worms (1445-1482) sein Heimfallrecht in Anspruch und belehnte im Jahr darauf den Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz (1452-1476) mit den bischöflichen Besitzungen in Ibersheim, zu denen auch das Gericht und die Vogtei gehörten. Doch die Erben Hessos von Leiningen mochten sich mit dem Verlust ihres Lehens nicht abfinden, auch der Deutsche Orden war nicht gewillt, seinen Pfandbesitz so ohne weiteres aufzugeben. Man rief den Trierer Erzbischof Johann II. (1456-1503) als Schlichter an. Im Jahr 1481 sprach der Trierer das gesamte Dorf Ibersheim dem Kurfürsten Philipp von der Pfalz (1476-1508) zu. Die Ansprüche der Deutschordenskommende in Koblenz wurden mit einer Geldzahlung abgefunden.
Offensichtlich begannen die Pfalzgrafen erst jetzt, nach der Klärung der Besitzverhältnisse, mit dem Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes. Es war entweder Kurfürst Friedrich I. (1452-1476) nach 1468 oder sein Nachfolger Kurfürst Philipp (1476-1508), der einen Bauplatz im Bereich des alten Deutschordenshofes auswählte. Gleichzeitig wurde die Ummauerung des Ortes Ibersheim in die Wege geleitet. Das „Schloss“ mit dem sich nördlich anschließenden Wirtschaftshof wurde Verwaltungssitz eines kurfürstlichen Beamten. Im Wormser Synodale von 1496 wird das Gebäude als curia Principis Palatini bezeichnet. Der Charakter des „Schlosses“ entsprach also eher einem herrschaftlichen Haus, das als Zentralbau eines Wirtschaftshofes fungierte. Dass dieses Gebäude aber nicht nur nüchterner Verwaltungsbau war, zeigt allein schon die Tatsache, dass sich im Hauptgebäude eine kleine, der hl. Elisabeth geweihte Kapelle, befand. Mit dem Bau des repräsentativen Verwaltungssitzes wollte der Kurfürst aber zusätzlich ein sichtbares Zeichen seiner Ortsherrschaft setzten, denn vor 1519 verpfändete der Kurfürst Ibersheim an Johann von Sickingen. Der Sickinger konnte zwar den wirtschaftlichen Nutzen aus seiner Pfandherrschaft ziehen, der pfalzgräfliche Hof und auch das „Schloss“ dürften von der Herrschaftsverpfändung wohl nicht betroffen gewesen sein. Im Jahr 1519 zahlte Kurfürst Ludwig V. (1508-1544) das Pfandgeld zurück und Ibersheim stand wieder im Alleinbesitz der Pfalzgrafschaft.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) kamen aus der Schweiz vertriebene Mennoniten nach Ibersheim. Als kurpfälzische Pächter bewohnten sie seit 1661 den Ibersheimer Hof, den alten Deutschherrenhof mit dem Schlossgebäude. Die mennonitische Gemeinde erbaute sich im frühen 18. Jahrhundert ganz in der Nähe des Schlosses ein Gotteshaus, an dessen Stelle noch heute die 1836 erbaute Kirche steht. Der Ort blieb bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Teil des pfalzgräflichen Oberamtes Alzey und wurde nach der französischen Besetzung des linken Rheinufers bzw. nach dem Wiener Kongress 1816 dem Großherzogtum Hessen zugeteilt.

Baubeschreibung

Die Schlossgebäude, im Kern aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts stammend, wurden durch Umbauten und Modernisierungen, vor allem während des 18. Jahrhunderts stark verändert. Das rechteckige, zweigeschossige Herrenhaus ist aus Stein gemauert und verputzt. Die ehemals hohen Giebelwände wurden zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt durch wesentlich flachere ersetzt. Auf der Hofseite befinden sich im Erdgeschoss zu beiden Seiten der Eingangstür (profiliertes Portal mit flachem Spitzbogen) je drei, im oberen Stockwerk zusammen sieben Fenster. Der Stil der einfach profilierten Fensterrahmungen aus Sandstein weist auf das 17. Jahrhundert hin. Die unterteilenden Mittelpfosten der Rechteckfenster sind größtenteils entfernt worden. Das Erdgeschoss enthält drei Räume. Ein Wasserstein in einem der kleinen Zimmer könnte ein Hinweis dafür sein, dass sich hier die Küche (Wörner, Spille) befunden hat. Gleichfalls im Erdgeschoss befand sich dem Wormser Synodale von 1496 zufolge eine der hl. Elisabeth geweihte Kapelle. Eine hölzerne Wendelstiege führte durch die alte Zwischendecke ins Obergeschoss. Der Keller hat ein flaches Kreuzgewölbe. Das Wandgemälde auf der südlichen Außenwand des Schlosses, das ca. 1980 entstand, stellt den Kurfürsten Ludwig III (1410-1436) und seine Ehefrau Blanca dar. Die Inschrift „Komm bau mir lieber Ludwig dies schöne Schloß und laß die Fisch“ bezieht sich auf die Zeit nach 1417: Blanca, eine Tochter des englischen Königs Heinrich IV., forderte damit ihren Ehemann auf, ihr in Ibersheim lieber ein wohnliches Schloss zu errichten, als sich nur um den einträglichen Salmfang auf dem Rhein zu kümmern. An der östlichen (rheinseitigen) Giebelfront war früher ein rechteckiger Treppenturm angebaut, den man vom Haupthaus durch eine (heute halb vermauerte) Türöffnung betreten konnte. Ob er, wie auf dem Gemälde angedeutet, über eine kleine Brücke zu erreichen war oder direkt an das Gebäude angesetzt war, lässt sich nicht sagen. Nach Auskunft des heutigen Besitzers des Hauses, das auf dem Platz des verschwunden Treppenturms steht (Menno-Simons-Straße 12.), sind im Fundament seines Hauses noch Spuren einer Treppe zu erkennen. Schießscharten, die an der nördlichen Turmfront noch vorhanden sein sollen, wurden vermauert und zugeputzt. Der Bereich des ehemaligen Wirtschaftshof, der sich nördlich anschließt, ist heute weitgehend überbaut.

Nachweise

Verfasser: Stefan Grathoff

Verwendete Literatur:

  • Grathoff, Stefan: Schloss Ibersheim. In: Pfälzisches Burgenlexikon. Onlineausgabe.
  • Unter Zuhilfenahme von: Bechtolsheimer 1916, S.347; Brilmayer 1905, S.233f.; Dehio, Rheinland-Pfalz/Saarland 1984, S.393; Ellenberger 1980; Fabricius 1914, S.209f.; Spille 1992 S.242-245; Spille 1994, S.3-19; Tillmann 1958-61, S. 446; Weech 1875; Widder 1786-88, 3, S.84f.; Wörner 1887, S. 89-90.

Aktualisiert am: 23.08.2014