Kriegsheim in Rheinhessen

Der Kriegsheimer Wohnturm

Wohnturm in Kriegsheim.[Bild: Torsten Schrade]

Wann genau der Wohnturm der Herren von Kriegsheim entstand, ist nicht zu belegen. Erstmals genannt wird er Anfang des 14. Jahrhunderts, als die Herren von Kriegsheim mit der Stadt Worms in Fehde lagen. Damals, kurz vor 1335, wurde der Wohnturm von Wormser Truppen erobert und offensichtlich schwer beschädigt. Am 30.3.1335 sühnte sich Jeckeln von Kriegsheim unter Vermittlung des Grafen Friedrich von Leiningen mit der Stadt Worms. Er verzichtete auf jeglichen Ersatz des Schadens, der am thorn zu Crigisheim, steyne und der hovestat, do der thorn uffe stut entstanden war. Der Wohnturm wurde außer von Jeckeln auch noch von der Familie seines Bruders Johann bewohnt. Einen Tag später stellten die beiden Brüder ihren Revers zu der Einigung aus und beendeten damit die Fehde mit der Stadt. Angeblich wurde die Burg im 14. Jahrhundert noch ein zweites Mal gebrochen, der entsprechende Quellenbeleg ist aber nicht eindeutig und nennt auch keine weiteren Einzelheiten. Die Herren von Kriegsheim werden 1435 zum letzten Mal in einer Urkunde genannt, offensichtlich ist die Familie bald danach ausgestorben. Auch ihr Wohnturm taucht in der schriftlichen Überlieferung nicht wieder auf.

Baubeschreibung:
Der Wohnturm ist dreigeschossig, mit einem hohen, heute mit neuen Flachziegeln gedeckten Walmdach. Offenbar ist nur der untere Teil aus Kalkstein bis in eine Höhe von 7-8 Meter gotisch, während der Aufbau mit den Ecksteinen aus roten Sandsteinen später aufgemauert wurde. Im Jahr 1860 wurde ein neues Dach aufgestellt, dabei wurde der Turm um einen Mauerkranz von ca. 1 Meter erhöht. Der Turm ist rechteckig und misst innen 4,10 x 5,80 m. Eine Schlüsselscharte ist im obersten Geschoss sichtbar, eine zweite daneben wurde zu einem Fenster umgewandelt. Im Erdgeschoss, in dem Wittek noch 1986 ein Kreuzgewölbe mit Rippen vorfand, ist heute eine Flachdecke eingezogen. Die 1933 (Bronner) noch im Hof beschriebene Einfassung einer alten Zisterne ist heute verschwunden, ebenso die ehemals „reich profilierte Haustür [...] aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts“ (Tillmann). Wörner schrieb 1886/87, der Turm sei auf drei Seiten von einem Garten umgeben, der mit einer alten Mauer abgeschlossen sei, die in den Bereich der Befestigung gehöre. Von diesem mutmaßlichen Bering der Turmburg ist oberirdisch heute nichts mehr erhalten. Das Turmumfeld ist dicht bebaut, eine Autostraße führt unmittelbar zu Füßen des Turms entlang. Schon zu Brilmayers Zeiten (1905) war der Turm zu Wohnungen eingerichtet, auch heute ist der in gutem Zustand befindliche Turm bewohnt (Anwesen der Fam. Emmert).

Nachweise

Verfasser: Stefan Grathoff

Verwendete Literatur:

  • Grathoff, Stefan: Kriegsheim. In: Pfälzisches Burgenlexikon.
  • Bechtolsheimer, Heinrich: Beiträge zur rheinhessischen Geschichte, Festschrift der Provinz Rheinhessen zur Hundertjahrfeier 1816-1916. Mainz 1916, S. 349.
  • Brilmayer, Karl Johann: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst einer Einleitung. Neudruck der Ausgabe 1905 Würzburg 1985, S. 255f.
  • Bronner, Carl: Wohntürme im Volksstaat Hessen. In: Mainzer Zeitschrift 28/29 (1933), S. 39.
  • Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz Saarland. Bearb. von Hans Caspary u.a. Darmstadt 1985, S. 517.
  • Fabricius, Wilhelm: Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz. Bd. 6: Die Herrschaften des unteren Nahegebietes. Der Nahegau und seine Umgebung. (= Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde:12). Bonn 1914, S. 211.
  • Tillmann, Curt: Lexikon der deutschen Burgen und Schlösser. 2 Bde. Stuttgart 1958-59, S. 537.
  • Wittek, Karl: Gotische Wohntürme bei Worms und Alzey. In: Heimatjahrbuch 1986 Landkreis Alzey Worms 21 (1986), S.83f.
  • Wörner, Ernst: Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen. Provinz Rheinhessen. Kreis Worms. (= Kunstdenkmäler im Großherzogtum Hessen.2). Darmstadt 1887, S. 90-91.

Aktualisiert am: 03.09.2014