Saulheim in Rheinhessen

Rathaus (Nieder-Saulheim)

Das Nieder-Saulheimer Rathaus.[Bild: Bernhard Marschall]

„Am Römer“/Ecke Wedengasse steht das alte Rathaus direkt neben der evangelischen Kirche. Von hier aus führen sieben Straßen sternförmig in alle Richtungen. Einst war hier der Mittelpunkt des Ortes.
Das Erbauungsdatum des Rathauses ist unsicher. Zwar trägt ein steinerner Rundbogen die Jahreszahl 1671, aber man vermutet, dass dieser aus der im 19. Jahrhundert abgerissenen Simultankirche stammt und beim Rathausumbau eingesetzt wurde. Über dem Rundbogen befindet sich das Ortswappen.
Einst konnte man durch rundbogige Eingänge die Halle des Erdgeschosses betreten. Dort befand sich früher die offene Gerichtshalle. Im oberen Stockwerk tagte das Dorfgericht der adligen Gerichtsherren und der Dorfschöffen. An der Westseite befand sich einst der Pranger.
Die Innenräume des 1. Stocks sind mit Stuckarbeiten bzw. mit einem Deckengemälde (Germania) verziert. Das Gemälde wurde von dem Saulheimer Maler Jean Stuppert im 19. Jahrhundert geschaffen.
In einem eindrucksvollen achteckigen Turm im Renaissancestil mit Haubendach führte eine Steinspindel nach oben. Am Eingang zum Rathausturm befand sich im Erdgeschoss unten rechts das „malifikante Stübchen“, im Volksmund auch „Betztekammer“ oder „Bolles“ genannt. Darin stand ein Klotz mit einer Kette und einem Bosen Stroh. Hier wurden Bettler und Fremde, die zur späten Stunde im Dorf aufgegriffen wurden, über Nacht einquartiert und am folgenden Tag dem Richter vorgeführt.
Im Treppenaufgang hing eine kleine Glocke, die später eingeschmolzen wurde. Sie trug die Inschrift: „Maria heiß' ich anno MDXV“. Sie war verziert mit dem Bildnis der schmerzhaften Mutter Gottes, die ihren Sohn nach der Abnahme vom Kreuz auf dem Schoß hält. Eine weitere Inschrift darunter war unleserlich. Im Erdgeschossdurchgang des Rathauses führte früher ein Pförtchen auf den Friedhof.

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathof
Verwendete Literatur:

  • Decker, Jakob: 1200 Jahre Nieder-Saulheim 763-1963. Nieder-Saulheim 1963.
  • Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Rheinland-Pfalz, Saarland. 2. Aufl. München 1985.

Aktualisiert am: 12.11.2014