Hachenburg im Westerwald

Pressestadt Hachenburg

Eine der wesentlichsten Errungenschaften der "Revolution" war der Einstieg in eine freie(ere) Berichterstattung. Für die Bürger hatte es bisher nur das offizielle "Herzoglich Nassauische Allgemeine Intelligenzblatt" gegeben. Es war im Wesentlichen das Mitteilungsblatt der herzoglichen Behörden und veröffentlichte gemeindliche Bekanntmachungen.
Am 3. März 1848 erschien in Wiesbaden die erste Ausgabe der "Freie Zeitung". Mit Edikt vom 7. März 1848 wurde die Zensur abgeschafft und uneingeschränkte Pressefreiheit verkündet.
Am 4. Juni 1848 erschien erstmals der "Westerwälder Bote", ein "Anzeiger für die Ämter Hachenburg, Marienberg, Rennerod und Selters" aus dem Verlag und der Druckerei Krumscheid in Altenkirchen. Dieses Blatt wurde zuerst einmal, dann ab 1. Juli zweimal wöchentlich ausgeliefert. Ab August 1848 verlegte Krumscheid den Druck des Blattes nach Hachenburg. Am 1. Oktober 1849 übernahm Peter Ebner diese Druckerei. Sie befand sich im Haus des Schlossers Wirth am Alten Markt. Der Name des Blattes änderte sich nach 1848 in "Kreis-Amtsblatt des Kreisamtsbezirks Hachenburg". Im Oberwesterwald wurde 1873 das "Kreisblatt für den Ober-Westerwald-Kreis", seit 1879 die "Westerwälder Zeitung. Amtliches Blatt des Oberwesterwaldkreises" gelesen.
1906 bat der Buchdrucker Ernst Lindemann darum, die "Westerwälder Hachenburger Zeitung" als "Amtliches Publicationsorgan der Stadt Hachenburg" bezeichnen zu dürfen. Dem Antrag wurde stattgegeben, der Vertrag mit dem bis dahin verantwortlichen Buchdrucker Rühlemann Höhr storniert.
Doch Lindemann arbeitete nicht zuverlässig. Immer wieder hatte man Berichte über städtische Angelegenheiten in dem Blatt abgedruckt, die als "nicht korrekt" bezeichnet wurden. Auch die Bürgerschaft – so hieß es - sei mittlerweile beunruhigt. Sollte Lindemann dies nicht abstellen, wollte man seinem Blatt das Attribut "Amtliches Organ der Stadt Hachenburg" wieder aberkennen. Nach mehreren Mahnungen wurde der Vertrag mit Lindemann am 5. Juni 1908 gekündigt.
Seit 1907 erschien ein "Amtliches Kreisblatt des Oberwestwaldkreises" und seit 1920 ein "Amtliches Kreisblatt für den Oberwesterwaldkreis". Druck und Verlag firmierten unter Buchdruckerei Ebner GmbH. Sitz der Gesellschaft war Hachenburg. Geschäftsstellen gab es in Marienberg, Westerburg und Rennerod.

Westerwälder Zeitung und Volkszeitung in nationalsozialistischen Zeit

Westerwälder Zeitung und Westerwälder Volkszeitung 1933-1937

Während man bis 1937 im Oberwesterwald die "Westerwälder Zeitung" las, war im Unterwesterwaldkreis die "Westerwälder Volks-Zeitung" verbreitet. Ihre Verleger hießen Ebner (Hachenburg) und Flock (Montabaur). Obwohl beide Zeitungen "gleichgeschaltet" waren, waren sie in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Diktatur noch keine Parteiorgane im engeren Sinn. Noch gab es in der "Westerwälder Zeitung" eine Berichterstattung, die man - natürlich mit Abstrichen - als objektiv bezeichnen konnte.  So nahm, im Unterschied zu vielen anderen Printmedien, die "Westerwälder Zeitung" noch 1935 Reklameaufträge jüdischer Firmen aus Hachenburg entgegen.[Anm. 1]
Letzte Reste privat geführter Zeitungen[Anm. 2] wurden 1937 dann endgültig beseitigt und die Westerwälder Zeitungen zu strammen Parteiorganen umfunktioniert.

Westerwälder Volksblatt 1937 – 1945

Seit dem 1. Juli 1937 gab es für beide Westerwaldkreise nur noch das "Westerwälder Volksblatt. Amtliches Organ der NSDAP für die Kreise Ober- und Unterwesterwald". Verlag, Schriftleitung und Anzeigenannahme waren in Hachenburg im Verlag Frankfurter Volksblatt beheimatet, eine Zweigstelle wurde in Montabaur eingerichtet. Besitzer der Zeitung war Konrad Goebbels, der Bruder des Reichspropagandaministers Joseph Goebbels. Konrad Goebbels war bis 1945 Leiter des nationalsozialistischen Gauverlages für Hessen-Nassau und wohnte in Frankfurt (gest. 1949).[Anm. 3]
Seit April 1943 titelte das "Westerwälder Volksblatt" mit dem Zusatz "Amtliches Organ der NSDAP für die Kreise Ober- und Unterwesterwald/Limburg-Unterlahn."
Seit Mai 1943 nannte sich die Zeitung "Volksblatt für Limburg-Lahn. Amtliches Organ der NSDAP. Für die Kreise Limburg-Unterlahn, Ober- und Unterwesterwald". Verlegt und herausgegeben wurde die Zeitung jetzt vom Westerwälder Volksblatt, Limburg (Lahn) im Verlag Frankfurter Volksblatt GmbH. Schriftleitung und Anzeigenverwatung saßen in Limburg. In Hachenburg gab es nur noch eine Zweigstelle, wie auch in Montabaur, Westerburg und Höhr-Grenzhausen.
Vom Oktober 1943 bis zur letzten im Westerwald greifbaren Ausgabe Nr. 47 vom 23./25.3.1945 titelte das für den Westerwald zuständige Presseorgan unter dem Namen "Limburger Zeitung. Amtliches Organ der NSDAP für die Kreise Limburg-Unterlahn. Ober- und Unterwesterwald". Verlegt und herausgegeben wurde das Pamphlet vom NS-Gauverlag Rhein-Main Gmbh, Zweigniederlassung Limburg/Lahn. Schriftleitung und Anzeigenverwaltung saßen in Limburg. Zweigstellen wurden in Hachenburg, Montabaur, Westerburg und Höhr-Grenzhausen unterhalten.
Hauptschriftleiter des "Westerwälder Volksblattes" und des "Limburger Volksblattes" sowie der "Limburger-Zeitung" war der frühere NSDAP-Bezirksleiter Gustav Staebe aus Nastätten: Mitarbeiter waren Fritz Daum aus Höhr-Grenzhausen und Hauptlehrer Otto Runkel aus Dierdorf, alle – so Jungbluth – "überzeugte Zeitungstäter".[Anm. 4]
Der Tenor der Zeitungsartikel, viele davon in der Redaktion Hachenburg geschrieben, gibt durchaus eine Stimmungsbild aus Hachenburg wider, zumindest die Überzeugung derjenigen Menschen, die dem Nationalsozialismus nahestanden.

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.


Anmerkungen:

  1. Güth/Kempf/Frankf 2002 S. 107ff. Zurück
  2. Am 31.5.1935 gab die Stadt vertreten durch Bürgermeister Reyer dem Verlag Frankfurter Volksblatt GmbH das Recht, sämtliche Bekanntmachungen zu übernehmen (StAH). Zurück
  3. Vgl. Kempf 1980, S. 23. Zurück
  4. Jungbluth Zeitung S. 48. Zurück