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0.Zum Bergbau ab 1700 in Hamm/Sieg

Die Verträge des Maximilian von Diest mit Abraham Melchior und Rudolf de Witt

von Annette Röcher

Maximilian von Diest (1657-1703) führte mit seiner Mutter Johanna von Diest die Bergwerke in Hamm. Ab wann er sie dabei unterstützte, ist nicht bekannt.
Im weiteren Verlauf dieser Ausarbeitung möchte ich auf Verträge aus dem Jahr 1700 eingehen, doch zuvor möchte ich einen kleinen Überblick über die damalige Situation geben.

1650 wurde Johann von Diest mit Bergwerken in Hamm belehnt, die nach seinem Tod 1665 von seiner Frau weitergeführt wurden. Dies waren:

… nämlich mit der Hohen Grete oberhalb Niederhausen, mit der Huth über dem Dorf Hamm und der Masselbach unter diesem Dorf über der Hütte und anderen Eisen- und Erzgruben im Kirchspiel Hamm mit allen dazu gehörenden Schächten und Stollen, die vorher daselbst gemacht, verfallen und wieder aufzumachen oder von neuem zu bauen und zu treiben sind …

Weil der erhoffte Erfolg nicht wie erwartet eintrat, wurde nach einigen Jahren auch immer wieder anderen Personen erlaubt, in der Nähe der belehnten Gruben nach Erz zu suchen, wogegen sich die Familie Diest energisch wehrte.

… 1684 wird eine entsprechende Erlaubnis von der Gräfin Anna Luise, der damaligen Landesmutter erteilt. Die Kirchspielseinwohner Adrian Pfennig und Hans Blumeröder dürfen in der Masselbach Kupfer- und Eisenerz gewinnen, dessen Vorhandensein sie dort vermuten. In den Gruben Masselbach und Steimel dürfen sie in allen dazu gehörenden und Stollen arbeiten und sollen die dort eingefallenen Schächte wieder aufmachen …

1685 wurde in einer Belehnungsurkunde genannt:

Die Canzlerin: die Huth und die Hohegrete; Amtmann Fischer: das Steimel und die Masselbach … 
Der genannte Amtmann Fischer stammte vermutlich aus Neuwied und arbeitete mit Adrian Pfennig und Hans Blumeröder gemeinsam in Hamm weiter.

Es wurden Gutachter hinzu gezogen und befragt, doch es blieb ein ständiges Auf und Ab. Herr von Seckendorf wies darauf hin,

… daß von Diest viel Verlust dadurch hatte, daß der Holzverkauf um die Hälfte zurückgegangen war und er auch an den Kohlen viel Einbuße hatte. Es sei auch noch nicht gelungen, einen verständigen Steiger für Hamm zu finden.[Anm. 1]

Nach obigen Nennungen blieben die Huth und die Hohegrete scheinbar überwiegend unter Leitung der Familie Diest, während die anderen genannten Gruben von verschiedenen Personen bewirtschaftet wurden.

…  bis einer der von Diest die Gruben nebst Hütte und Hammerwerken um 1700 an Abraham Melchior und und Rudolph de Witt von Amsterdam für 7000 Rthlr. verpfändete. Diese scheinen dann den Betrieb fortgeführt zu haben, geriethen jedoch 1714 mit der Landesherrschaft über die Bauhafthaltung der Grube Hohegrethe in Streit …[Anm. 2]

0.1.Die Verträge aus dem Jahr 1700

In einer Archivalie fanden sich zwei Verträge des Maximilian von Diest, die ich hier wiedergeben möchte.[Anm. 3]

Zu dem ersten Vertrag ist anzumerken, dass durch einen Seitenumbruch manchmal am Ende einer Reihe ein Buchstabe fehlt. Da dies meist eindeutig ist, habe ich sie zum Teil ergänzt, weil man beim Lesen durch weitere Zeicheneinfügungen zu sehr irritiert würde.

Lit: A     Sign
Copia    chartae   Witsen            
            Signat.

Ich Untergeschriebener bekenne vor mich und meine Erben schuldig zu seyn an H. Roloff de Witt und Abraham Melchiors die Summa von Siebentausend Reichsthaler, so vor mich sollen bezahlt werden an Raban Heisterman in Cöllen, welche gemelte Summa von Siebentausend Reichsthaler ich annehme an gemelte H. de Witt und Melchiors oder deren Erben zu bezahlen nach untergemelten Dato über ein Jahr, nebst sechs proC.to intereße (a) oderbey prolongierung (b) deßen bis zur würklichen Vergnügung (c), von welcher Summ die Intereße sein anfang nehmen sohl, auff den tag wan selbige an herrn Heistermann bezahlt worden seyn, zu mehrer Versicherung obgemelte Capital und Intereße habe an obgemelt H. Roloff de Witt und Abraham Melchiors zum Unterpfand verhypothesirt (d) gleich wie kraft dieses verhypothesiren drey mein bergwercken,

wovon der Ein genandt wird die huht obig hamm, die ander bey steimmelb. auff den acht Morgen bey dem Pfaffenseiffen, der dritte bey die hoghgret nebens der hütten hammer, hauß und hammer zu Ingelbach; Item mein hauß, da ich in wohne nebens dem garten, hoff, Länder, busch und banden (e), wie solches im gebrauch [und] besitz habe, umb auß denselbigen in regua (f) daß kein Vergnügung von Capital und Intereße /: welches Gott verhüten wolle :/ geschehe, gen... Capital und Intereße darin außzufinden (g) ohn einige gerichtliche procedierung (h), in mich halten in solchen fall derzu verbünde; Noch ist weiter conditioniert (i), daß der Unterschriebene soll machen zwey hämmer unter einem dach an der Siege, welche dienen sollen zum Gebrauch von gemelten H. de Witt und Melchiors und damit daß Jenige zu laßen arbeiten, so zu ihrem Gebrauch dienlich,

und sollen gemelte H. de Witt und Melchiors außzahlen alle gelder, so zu diesen Hammer erfordert werden, wovon ich untergeschriebener sobald alß man weiß, waß solches gekostet, obligation (j) pahsieren (k) soll an gemel. Hern de Witt und Melchiors, doch sohl von Mihr Untergeschriebener davon kein Intereße bezahlt, sondern von die Intereße von Herrn de Witt und Melchiors Gebraucht werden; gleichfalls soll durch H. de Witt und Melchiors das auffgeschlagene Hauß, so neben der hülten (l) ligt verfertiget, und der hammer zu Ingelbach, so verfallen, reparirt werden. Vorvon ebenfalß eine obligation so bald solche fertig, zugeben gehalten seyn sohl, doch ohne bezahlung intereße, sondern eß sohl des davor ohnentgeltlich bewohnet … (m) und hammer gebraucht werden,

auch soll es mir unterschriebener vorbehalten seyn abzulegen (n) an gemelte H. de Witt und Melchiors van gelegenheit habe, jährlich fünfhundert Reichsthaler oder mehrendoch nicht weniger, daß aber soll nicht bemächtigt seyn obgemelte Unterpfand an Jemand in Zeit von zwölf Jahren zu verkauffen, alles ohn gefehrde und ohn argelist. Umb dießes alles nachzukommen, so verbinde mein persohn und güter unterm Verband von allen Rechten und Richtern.

So geschehenen Hachenburg 23 Aug. 1700
subscriptum erat Maximillian von Diest

Auff begehren, beyderseits Intereßenten ist diese obligation also confirmiert (o), und mit hießigem Gräffl. Kirchb. Siegnal Cantzley Sig. corroboriert (p) worden, auch daß solches geschehen im gewöhnlichen cantzley Protocoll einverleibt worden, jedoch Unsern gn. Herrschaft und uns Männiglich an Ihren Stand habenden Rechten ohn schaden.

Hachenburg den 23. Aug 1700
L. S.                Graffl. Kirchberg Sayn. Cantzley daselbsten

Concordat cum Suo originali, quod attestor Ego Amstelodami residens Notarius publicus

11. Decembris 1700 M. Servaas Noth Publ.

(a) Interesse= meistens: Zinsen; auch: der Anteil, der dem Vermögen jemandes aus der Handlung eines anderen entsteht;
(b) prolongierung= Laufzeit von etwas verlängern;
(c) Vergnügung: die Handlung oder Sache, welche Genügen bringt, besonders von genügender Zahlung;
(d) verhypothesiert= im Wert eingeschätzt; verpfänden oder verschrieben () Pfand=den Gläubigern ausgeliefert; Unterpfand (Hypothek) zur Sicherheit verschrieben
(e) Banden=Begrenzung
(f) regua= Plural v. lat. Regnum = Herrschaft; oder war regulär=regula gemeint und falsch geschrieben?= in eine Regel bringen, nach Regeln ein- oder durchführen oder Regulierung?
(g) außzufinden= ausfinden=herausfinden;
(h) procedierung= rechtlich, geschäftl., Wissenschaftl. Verfahren einschlagen
(i) conditioniert= vereinbart
(j) obligation= Verpflichtung, persönliche Verbindlichkeit, Anleihe oder Schuldverschreibung s. Wikipedia
(k) pahsieren= geschehen;
(l) Hülten= Schreibfehler; 
(m) Wort fehlt;
(n) abzulegen= eine Schuld ablegen; auch: leisten, vollziehen, machen; ursprünglich: (das Geld für) eine geschuldete Summe hinlegen (=bezahlen); Subscriptum erat= Unterschrift unten
(o) confirmiert= bestätigt
(p) corroboriert= etwas stärken, verstärken
(q) abzulegen= eine Schuld ablegen, auch: leisten;

/: … :/ = Einfügung; []= von mir ergänzt;

Da man die Hintergründe dieses Vertrages nicht kennt, möchte ich mich nah am Text halten und diesen kurz, so wie ich ihn verstehe, zusammenfassen.

Maximilian von Diest bezeugt, dass er, und, falls erforderlich seine Erben, eine Summe von siebentausend Reichsthaler an Abraham Melchior und Rudolf de Witt schuldet, die diese aber nicht an ihn, sondern an Raban Heistermann in Köln auszahlen sollen. Diese Summe will er innerhalb des nächsten Jahres, spätestens nach einem Jahr ab Vertragsdatum, an Melchior und de Witt mit 6 Prozent Zinsen zurückzahlen.
Wenn die Summe erst zu einem späteren Zeitpunkt an Herrn Heistermann bezahlt wird, so wird die Rückzahlung und die Verzinsung ab dem Tag plus ein Jahr gerechnet, an dem die Zahlung erfolgte.
Für die siebentausend Reichsthaler plus Zinsen vergibt er seine im folgenden genannten Bergwerke als Unterpfand/Hypothek.[Anm. 4]

Als Sicherheit nennt er seine drei Bergwerke und zwar die Huth, die acht Morgen bei Pfaffenseifen und  die Hohegrete mit der Hütte. Dazu den Hammer und das Haus zu Ingelbach, sowie sein Haus, „in dem er wohnt“, mit dem zugehörigen Grundbesitz. Er fügt an, dass er hoffe, dass es keine Fehler bei der Berechnung von Kapital und Zinsen geben würde und wenn es doch passieren sollte, man sich bemühe solle, diese zu finden, bevor man sich gerichtlich damit beschäftigen müsse.[Anm. 5]

Zu den weiteren Einzelheiten des Vertrages gehört die Angabe, dass Maximilian von Diest plant, einen zweiten Hammer an der Sieg zu bauen, von dem Melchior und de Witt profitieren könnten.
Das Geld, dass für den/die Hammer gebraucht wird, soll zunächst vorgelegt werden und später, wenn die Summe bekannt ist, durch von Diest erstattet werden, allerdings sollen für diese Ausgaben keine Zinsen veranschlagt werden.

Außerdem sollen Melchior und de Witt das begonnene Haus neben der Hütte fertigstellen und den Hammer zu Ingelbach, falls dieser reparaturbedürftig geworden ist, wieder herstellen. Die Auslagen hierfür sollen später ebenfalls von Maximilian von Diest erstattet werden. Anstelle einer Verzinsung sollte man das bisher unentgeltlich bewohnte Haus und den Hammer in Ingelbach nutzen.

Weiter heißt es, dass von Diest jährlich, falls möglich, 500 Reichsthaler oder mehr für Melchior und de Witt hinterlegt/leistet, dies bedeute aber nicht, dass er den gesamten, als Unterpfand/Hypothek angeführten, Besitz vor einem Ablauf von 12 Jahren verkaufen könne/würde.

Um dieses alles zu gewährleisten, „unterstellt“ er sich den gesetzlichen Gegebenheiten.

Dieser Vertrag wurde am 23. August 1700 von der gräflichen Kanzlei in Hachenburg bestätigt und besiegelt, sowie am 11. Dezember 1700 von dem Notar M. Servaas in/aus Amsterdam.

Es folgt die Abschrift des zweiten Vertrages, bei dem anzumerken ist, dass er einige Schriftfehler enthält, die ich nicht berichtigt habe, um die Ursprünglichkeit zu erhalten.

Copia Translata              L.S.Ch.S. Witsen

Ich unterschriebener bekenne verpfachtet oder Verheuret (a) zu haben ahn Abraham Melchior und Rudolph de Ritt welchen auch bekenne von mir untergeschriebenen gepfachtet oder geheuret zu haben drey bergwercken oder mienen deren der erste genant das hutt, das zweyte der Steimelberg, oder die acht Morgen bey papenseifell, das dritte die hohe grete, alle liegen in der Grafschafft Luyn Inß Kirspell Hamm mit denen hammern, darinnen gelegen, neben der hütte, und der ander zu Ingelbach mit der hütte und dem hauß, so zwischen denen Hammern liegen ingleichen die hammer so auff der lege (b) gemacht werden mögen

und dieses vor einer Zeit von zwölf Jahren, anfangende mit den 20 ten August 1700 und endigen mit dem 20ten August 1712 und dieses vor eine Pfacht oder heure von 570 Rhtl Jährlich, und soll ich unterschribener die Reparation (c) von Einiger importans (d) dabey versorgen und gehalten seyn, es zu unterhalten, was aber die ordinarien (e) Verbesserungen angeht, bleiben selbige denen pfachtern, ist auch weiters bedungen, daß ich untergeschriebener die gemelte drey bergwercken oder mienen mit den Vorhers Benannten in der gemelten zeit der heuer oder Pfacht

oben ausgedruckt nicht soll verkauffen können ahn jemand anders, alles ohne Arg= oder list, zu Vollthuung dieses verbinde ich untergeschriebener meine Persohn und güther keine ausgesondert, stelle selbige unter den Zwang aller rechten und Richter.

So also geschehen
Hachenburg den 23 ten Aug 1700
war unterzeignet
Maximillian Von Diest

daß dieses mit dem original accordire (f) bezeuge ich zu Ambsterdam wohnender Off [ener/öffentlicher] Notarius den 11 Xbris 1700
L.S.   M. Servaas. Noth publ.
N.

(a) verheuern= vermieten, verpachten, (niederdeutsch); Niedersachsen= hüren, ehedem huren; … vermieten … von Grundstücken …;
(b) lege= Lage= Handlung und Ort des Legens, der Lage;
(c) Reparation= entschädigen, wiederherstellen;
(d) important= wichtig;
(e) ordinarien= regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben;
(f) accordire= vereinbaren, aufeinander abstimmen;

Maximilian von Diest verpachtet in diesem Vertrag seine im ersten Vertrag genannten Werke in Hamm und Ingelbach, außer seinem Haus, das hier nicht genannt wird, an Abraham Melchior und Rudolf de Witt für eine jährliche Pacht von 570 Reichsthaler. Die Pachtzeit beginnt am 20. August 1700 und endet am 20. August 1712.
In diesen 12 Jahren sollen die gepachteten Werke nicht verkauft werden und auch hier „unterstellt“ sich Maximilian von Diest den gesetzlichen Bestimmungen.

Zu den Reparaturen und Ausgaben wird angeführt, dass wichtige Arbeiten von Maximilian von Diest getragen werden, wobei Melchior und de Witt anfallende Verbesserungen im Geschäftsbetrieb, scheinbar ähnlich heutiger Verträge, tragen sollen.

Der zweite Vertrag wurde von den bereits genannten Stellen ebenfalls am 23. August 1700 und am 11. Dezember bestätigt.

Ich war mir zunächst nicht sicher, wie die Verträge zu betrachten sind, da ich keine Beweggründe kenne und überlegte, ob man sie getrennt oder als Einheit verstehen muss.

Was mir auffiel ist, dass die Maßnahmen, wie Ausgaben, Reparaturen und Pläne, die im ersten Vertrag genannt wurden, für mein Verständnis, zum zweiten Vertrag, der die Verpachtung betrifft, gehören.

Interessant wäre zu wissen, warum Maximilian von Diest den Vertrag über 7000 Reichsthaler abschloss und dabei eine Verlängerung, also eine spätere Auszahlung durch Melchior und de Witt berücksichtigte.

Dazu kommt für mich die Frage, warum er, da er das Geld innerhalb des nächsten Jahres zurückzahlen wollte, dieses nicht selbst nach einem Jahr an Herrn Heistermann bezahlte oder benötigte er eine zusätzliche Sicherheit für Herrn Heistermann, da nun eine zweite Partei zur Zahlung aufgefordert werden konnte?

Was aber, wenn er aus unbekannten Gründen gezwungen war, eine überaus schlaue Taktik anzuwenden, um Abraham Melchior und Rudolf de Witt für die Bergwerke zu interessieren? Es hätte die Möglichkeit bestanden, dass er den „Kredit“ des ersten Vertrages nicht zurückzahlen konnte, dann wären Melchior und de Witt in den Besitz der Bergwerke gelangt, was man man als Anreiz für die Beiden hätte sehen können.

Durch den Pachtvertrag und die enthaltenen Auflagen, behielt Maximilian von Diest ein gewisses Mitspracherecht und konnte möglicherweise seine Vorstellung in der Führung der Bergwerke weiter in die Tat umsetzen. Dazu sicherte er die Pachteinnahme auf 12 Jahre und wäre arbeitsmäßig etwas entlastet worden.

Von der anderen Seite betrachtet, hätten Melchior und de Witt Maximilian von Diest die siebentausend Reichsthaler in Aussicht stellen können, um mit ihm einen Pachtvertrag abschließen zu können.

Man kann also in die verschiedensten Richtungen spekulieren, ohne zu wissen, was die wirklichen Hintergründe der beiden Verträge waren. Dies würde erst deutlicher, wenn sich weitere Unterlagen zu diesen Vorgängen finden.

Dazu muss man berücksichtigen, welche Verbindlichkeiten gegenüber der Landesherrschaft bestanden, die die Bergwerke 1650 an Johann von Diest verlehnt hatte und 1715 davon nach wie vor „den Zehnten“, eine Beteiligung am Gewinn, bezog.[Anm. 6]

Fraglich bleibt ebenso, was er mit „seinem Haus, darin ich wohne“, meinte. Hatte Maximilian von Diest einen Wohnsitz in der Nähe der Hütte und wenn es auch nur zeitlich bedingt war und war es identisch mit dem Haus, das fertiggestellt werden sollte?
Der Hof Niedersalterberg wurde nicht erwähnt und dürfte zu dieser Zeit noch im Besitz seiner Mutter Johanna von Diest gewesen sein, da diese erst 1706 in Hamm verstarb.

Die beiden Verträge wurden 1715 als Anlage A und B von Abraham Melchior in Verbindung mit seinem Rechtsstreit mit Gräfin Elisabeth Magdalena beim Reichskammergericht Wetzlar eingereicht. (wie 6) Dafür wurden sie erneut durch einen Notar geprüft:

Daß diese copeyliche abschrift mit der mir vorgezeigten gleichfalß vidimierten (a) Copey verbotenus (b) concordire (c) und übereinkomme bezeuge cum appositione Nommis ac Signeti ad hoc specialiter requisitus

L.S.    Friedricus Ludovicus Curds Noth Publ. Caes juratu[] Herb. den 14. Aug 1715

(a) vidimiere= mit dem vidi versehen, beglaubigen, für druckreif erklären; (b) verbotenus= wörtlich; (c ) concordo= einig sein, übereinstimmen; Herb.= wahrscheinlich Herborn

0.2.Der Hammer in Ingelbach

Beim Übertragen der Akte fand sich in den Verträgen die bisher unbekannte Angabe zu einem Hammer und Haus in Ingelbach, von denen ich zuvor nichts gehört hatte oder dass sie mit Maximilian von Diest in Verbindung standen. Durch einen glücklichen Zufall fand sich ein Hinweis auf eine Akte im Hauptstaatsarchiv Weimar, die allerdings nur einen kleinen Einblick dazu liefert.

Anzumerken ist hierbei, dass Ingelbach zu dieser Zeit politisch zu Sayn-Altenkirchen und Hamm zu Sayn-Hachenburg gehörte.
Das erste Schreiben ist schwer verständlich, weil der Schreiber scheinbar das niederschrieb, was er gerade dachte und dadurch „Sprünge“ im Zusammenhang entstanden.

Am 15. Dezember 1701 schrieb „Euer Hochfürstl. Durchlauchigster unterthänigster treuer gehorsamster Diener Johann Quandt“ aus Altenkirchen:

Euer Durchlauchigster Herzog, gnädigster Fürst und Herr pp,

Werden Eure hochfürstl Durchlauchtigkeit aus denen Beilagen mit Signes C und D mit mehreren ersehen, was einige Gewerke im Vernehmen vor uns haben, zweitens wie der von Diest getrauet in hiesigem Amt Altenkirchen guten Nutzen zu schaffen, worinnen noch etwas zu machen war, wo es auf rechte Art angefangen wird, dürften sich allhier berge mit Zeit so gut als zu Daden ergeben, es ist aber ohnmaßgäblich behutsam zu gehen,
daß es ohne herrschaftlichen Schaden ablaufe Raisonnenmens kombt mir nicht, wenn aber solches von mir gnädigst verlangt wird werd darin gehorsamster sein ...

Diesen Beginn des Schreibens verstehe ich so, dass mit dem Schreiben Anlagen verschickt wurden, die sich mit Plänen von Gewerkschaften beschäftigten, die im Einvernehmen mit der Obrigkeit ausgearbeitet/vorgeschlagen wurden.

Zweitens, dass Maximilian von Diest sich im Raum Altenkirchen wirtschaftlich einsetzen wollte, zu einer Zeit, zu der dies oder sein Vorhaben, noch Erfolg versprechend war.
Der Schreiber scheint davon überzeugt, dass, wenn man alles richtig anfangen würde, sich gute Erträge wie in Daaden einstellen würden. Dies würde jedoch seine Zeit brauchen und nicht ohne finanzielle Einbußen der Herrschaft gehen. Dass seine Schlussfolgerung verkehrt sei, glaubte er nicht, würde sich aber nicht mehr dazu äußern, wenn man es verlangen würde.

Er schrieb weiter, dass er „den Hüttenherren zu Hamm in dem hachenburgischen“, da er den Ingelbacher Hammer verfallen lasse und der herrschaftliche Zehnte somit entfällt, „angesagt“ habe, den Hammer wegzunehmen.
Er scheint vorzuschlagen, „obengenannten Diest“ dafür von herrschaftlichem Besitz zu entschädigen/auf den Zehnten zu verzichten, wenn es von höherer Seite gut geheißen würde.

Dies müsse auch sein, wenn das „Kupferbergwerk an dem Bermel bei Marienthal“ und die Petersbach in einen guten/fertig gestellten („völligen“) Stand gebracht werden sollten.
Damit habe die Herrschaft insoweit nichts zu tun, könne sich aber sehr wohl als Grundherr verschiedene Dinge vorbehalten.
Er bat um eine schnelle Entscheidung, damit diese Werke vor dem Frühjahr in einen „guten“ Betrieb treten könnten, auch wenn die Konsequenz sein würde, dass man viel Geld investieren müsste.

„Es kan groß im Land gleich zu Daden machen, aber es muß ein Faden recht an die Nadel gebracht werden.“

Als Nachsatz fügte er an, dass „Eure hochfürstliche Durchlaucht“ zunächst die erste Zeit nach „Bergmannsbrauch“ frei stellen und erst danach den Zehnten verlangen sollte.

Es währ zu Daden auch zum Teil also.[Anm. 7]

Es wird nicht eindeutig klar, warum er von den Hüttenherren, aber im gleichen Zusammenhang von Diest alleine schreibt. Daher lässt sich nicht genau erkennen, ob er von den neuen Verhältnissen, der Verpachtung der Werke in Hamm, wusste.
Der Nachsatz deutet darauf hin, dass er sich mit bergbaulichen Gegebenheiten vertraut gemacht oder einiges dazu gehört hatte.

Bei dem als Bermel bezeichneten Werk handelte es sich um ein Bergwerk, dass um 1700 bei Marienthal von einigen Arbeitern aus Daaden angefangen wurde. Es lag an der Grenze zwischen Sayn-Hachenburg und Sayn-Altenkirchen und gehörte in den Verbund mit der Petersbach in Eichelhardt und dem Besitz in Ingelbach, demnach zu Sayn-Altenkirchen.[Anm. 8]
 
Am 11. Januar 1702 wurden laut der Akte aus Weimar zwei Schreiben an den Kanzlei-Direktor Faber in Altenkirchen gerichtet.
Das eine Schreiben betraf Marienthal, wo Hans Heinrich Rayder aus Hilgenroth mit weiteren Personen das Bergwerk weiter aufbauen und betreiben wollte, da die Gewerkschaft aus Daaden nicht weitermachen wollte/konnte. (wie 8)

Im zweiten Schreiben ging es wieder um Ingelbach:

An den Cantzley Director                                    Inserat (a)
Herrn Fabarium                        
Auch lieber getreuer, ist dem von Diest und de Witt anzudeuten (b), daß weyl die zwischen ihnen deren hütten und hammer wercke halben (c) sich enthaltender wir ungern eine privat sache, und Sie in einem contract stunden (d), solche von unserer Cantzley zu Altenkirchen aus zumachen, und daselbst der entscheidung zugewarten hetten.
Dem hüttenbesitzer zu Hamm aber soll angezeigt werden, welcher gestalt Wir nuhr zugeben könten, deßen den hammer zu Ingelbach Unseren intraden (e) zum nachtheil eingehen laßen, dahero er solche im stande Zuerhalten verbunden, widrigen falls Wir dißhalber enderung zutreffen bewogen werden würden.
Datum Eisenach 11. Jan 1702
[Anm. 9]

(a) Inserat= juristisch: Sachverhalte, schriftlich eintragen;
(b) andeuten= beliebtes Wort für Befehlende, Ungnade bedeuten; ihm wurde angedeutet (bedeutet) die Stadt zu verlassen;
(c) halben= in Beziehung, betreffend;
(d) stunden= Bergbau: vorläufig einstellen oder Aufschub gewähren, Zeit und Frist geben;
(e) intraden= Einkünfte, Eingänge Auskünfte, Gefälle, von Grundvermögen;

Aus diesem Schreiben geht hervor, dass es zwischen Maximilian von Diest und Rudolf de Witt einen Vertrag gab, der bekannt war, aber es klingt unterschwellig an, dass es in der Zusammenarbeit der beiden Genannten Schwierigkeiten gab.
Eine Entscheidung wollte man diesmal, offensichtlich aus Zeitgründen, nicht abwarten und deutete an, dass man trotz finanzieller Einbußen erwog, auf eine weitere Zusammenarbeit in Ingelbach zu verzichten, da Absprachen mit Maximilian von Diest aus ihrer Sicht nicht eingehalten wurden.

Es fanden sich leider noch keine Hinweise darauf, ab wann sich Maximilian von Diest in Ingelbach in einem Vertrag befand. Zu der Hammermühle fand sich in einer Ausarbeitung von Herrn Klaus Brag:

… Raubbau im heimischen Wald und damit die fehlende Holzkohle waren sicher Gründe für einen Niedergang von Hammermühlen. Dieser Handwerksbetrieb stellte Schmiedeeisen als Halbzeug her, aus dem Gebrauchsgüter in der Zeit vor der Industrialisierung produziert wurden. Das namensgebende Merkmal dieser Eisenhämmer war der mit Wasserkraft angetriebene Hammer, dessen Anheben eine Welle übernahm. Solche Hammermühlen wurden vermehrt gebaut, als sie bearbeitenden Werkstücke zu groß für Handarbeit wurden. Da das Eisen in den Eisenschmelzen zu einem teigigen Klumpen verarbeitet wurde, musste es in den Hammermühlen ausgeschmiedet werden. Im Anschluss wurde es so lange erhitzt, bis alle Schlacke und Kohlenreste entfernt waren. Das Eisen konnte anschließend als Schmiedeeisen direkt weiterverwendet werden. Geographisch waren die Hüttenwerke vom Vorhandensein der Wasserkraft abhängig. Gleichzeitig mussten Wälder die Gewinnung großer Mengen von Holzkohle garantieren. Darüber hinaus musste es in der näheren Umgebung Eisenerzvorkommen geben, um kurze Transportwege des eisenhaltigen Gesteins bis zur Verhüttung zu ermöglichen. Auch landwirtschaftlich nutzbare Flächen waren für die Ernährung der vielen benötigten Arbeitskräfte wichtig …

… Der eigentliche Beginn der Ingelbacher Mühlentradition ist nicht bekannt. Eine erste Erwähnung findet sich zu Beginn des 17. Jahrhunderts. 1602 wird in Ingelbach ein „Godert, der Wappenschmidt“ in Ingelbach erwähnt …

… Wann der am Oberingelbacher Mühlenstandort errichtete Eisenhammer in Betrieb ging, konnte ich nicht feststellen …

… Im Jahr 1700 wurde „der Hammer“ verpfändet. 1701 wird berichtet, dass der Besitzer den Hammer verfallen lässt. Am 7. November 1709 wurde von Johann Peter Fuchs, Ingelbach und Christian Lukas Attendorn ein Antrag auf Erneuerung gestellt. Der bisherige Hammerschmied „habe ihn ungebraucht liegen lassen“. Am 19. November 1709 wird der Antrag von der Landesregierung in Eisenach positiv beschieden ...[Anm. 10] 

Man kann sicher davon ausgehen, dass in dieser Ausarbeitung von Maximilian von Diest die Rede ist.
Nach den Verträgen von 1700 zu urteilen, hätten in den hier genannten Jahren Abraham Melchior und Rudolf de Witt sich um den Zustand, eine mögliche Reparatur und den Betrieb des Ingelbacher Hammers kümmern sollen, was offensichtlich nicht geschehen war.

Zu einigen der obengenannten Personen ließen sich Lebensdaten und Hintergründe finden:

Friedrich Jakob Fabarius oder Fabary genannt, wurde als Sachsen-Saynischer Canzley Director und Regierungssecretarius erwähnt und ließ zwischen 1703 und 1707 drei Kinder in Altenkirchen taufen.

Christian Lucas Attendorn wurde als Gasthalter in der „Cron“, Weinhändler und Schöffe in Altenkirchen erwähnt und war mit Louisa Catharina Fischer, Tochter von Haubrich Fischer Gerichtsschöffe in Altenkirchen, verheiratet.

Johann Peter Fuchs, Sohn des Matthias Fuchs Richter des Kirchspiels Flammersfeld, Handelsmann und Stadtschöffe in Altenkirchen war mit Anna Timothea Fischer, Tochter von Peter Fischer Accisemeister und Gerichtsschöffe von Altenkirchen verheiratet.

Es zeigt sich, dass Christian Lucas Attendorn und Johann Peter Fuchs durch ihre Ehefrauen in einem Verwandtschaftsverhältnis standen. Haubrich Fischer und Peter Fischer waren Söhne von Jacob Fischer, bezeichnet als Kirchspielsrichter in Michelbach.[Anm. 11]

0.3.Schreiben des Maximilian von Diest von 1701

Am 24. September 1701 hatte Maximilian von Diest ein Schreiben aufgesetzt, dass mit Signatur D und Rationes facto et Juris bezeichnet war.[Anm. 12] Das „Signatur D“ könnte darauf hinweisen, dass es eine Anlage bei Gericht war oder werden sollte. Er listete hierin die Gründe seiner Beschwerden auf und versuchte die juristischen Hintergründe darzulegen.

                                Rationes facto           et Juris                 Sign: D

Warumb die zwischen H. Maximilian von Diest an einer u H Melchior u de Witt an anderer Seite den d 23 August 1700 beschloßener Pfacht contract über darin benandte Hütten und Hammerwerck auch gleichfalß benandte drey Bergwercke und mijnen, wiederumb aufzuheben u an seiten H Maximilian von Diest davon mit guten fugen rechtens wiederumb abzutretten [ ].

Im Anfang des Schreibens erklärte Maximilian von Diest, dass der Pachtvertrag von 1700 aufzuheben wäre und warum er glaubte, dazu rechtlich befugt zu sein.

Unter Grund 1 schrieb er unter welchen Bedingungen, nämlich „ohne Arg und List“ der Vertrag geschlossen wurde, dass er aber vermutete, nicht mehr erkennen zu können, ob trotz der vereinbarten, geringen Pacht von 570 Reichsthaler, ein Gewinn erzielt wurde oder nur „per species“, zum Schein, Angaben gemacht wurden.
Er nahm an, dass eine Schädigung seines Besitzes über mehr als die Hälfte, eine „laesio ultra dividium“[Anm. 13], eintreten würde oder bereits eingetreten sei.

… daß aber nun ein laesio ultra dividium sich finde und ex contractu hervor leuchte, solches ist darauß handgreiflich ...

Er rechnete genau vor, welche Kosten der Betrieb der Werke erforderte. Er bezog sich auf Lohn für Fuhr- und Hüttenleute, Ausgaben für Kohlen schmelzen und „rösten“ lassen und mehr.
Dagegen rechnete er Einnahmen auf, die nach seiner Kenntnis erzielt werden konnten/wurden. Dies geschah sehr akribisch auf mehreren Seiten bis einschließlich Grund 4, und stellte dar, dass die Ausgaben höher als die Einnahmen waren, was durch falsche Berechnungen von Abraham Melchior und Rudolf de Witt entstünde.[Anm. 14]

Unter Grund 5 führte er an, dass die Pächter das Bergwerk auf dem Steimel ganz verfallen ließen und dadurch einen sehr großen Schaden verursachen würden, den sie beim Ende der Pachtzeit mit viel Geld nicht wieder gutmachen könnten, wenn gefordert werden würde, auf ihre Kosten alles wieder in den Originalzustand zu versetzen.

Der Grund 6 bezog sich auf die, aus seiner Sicht, bereits zu diesem Zeitpunkt schweren Schäden, die die Pächter der Huth und dadurch auch ihm als Besitzer zugefügt hätten. Dies läge an der Bewirtschaftung des Berges, was Maximilian näher erklärte, indem er sich auf verschiedene Arten der Gewinnung bezog, die man hätte anwenden oder den Anweisungen eines Steigers hätte folgen können, um dies zu vermeiden.

Er schrieb weiter: 

… nun ist ja unverandtwortlich d ein pfächter jährlichs an stadt obiges von 2 bis 300 Reichsthalern schulden machen sollte, und 3 bis 4000 Reichsthaler gewis ja mehr für sich zieht...        

Grund 7 lautete im Original:

So wirdt auch dem Verpfächter dadurch großer schaden u laesion (a) zugefügt, d die pfächter zu meinem steiger wieder reden, Urteilen u kein aufsass/aufsatz (b) gestatten wollen, auch in dem Gesenck auf der Hogreten, da stein genuch zu bekommen, weilen etwaß waßer, so wie angefangen nicht fort arbeiten laßen wollen, sondern an der firste (c) u alte bruche (d) mit großen kosten deß pfächters od der pfächteren meinungh nach zu des Verpächters kosten, nun zu arbeiten anfangen laßen, zu favorem der bergleuten, aber in warheit eben wie mit dem pfächter schuldheiß in collen u Brecht zu Altenkirchen, da durch wegschießung der bolzen (e) u arbeiten an der firste (c), alles über ein hauf gefallen, u nach gehendes alß ein casus fortuitus (f) hoc male außgeleght (g) u deß anders dem eigenthumb Herren, d so dem pfächter competirt (h) mit großen kosten zu erbauen auferlegt worden, unfolglich diß so gefolght werden durfte.

(a) Laesion= Übervorteilung;
(b) Absatz= bergmänn. Begriff: „der Gang wirft einen Hacken“ oder Absetzen= Im Tagebau das Aufschütten des Abraumes; Aufsatz= Röhren (System) im Bergbau;
(c) Firste= obere Begrenzungsfläche eines Grubenbaues, beim Firstenbau (z.B. in einem Erzgang) das oberhalb des Abbauhohlraumes anstehende Mineral, das demnächst abzubauen ist;
(d) Bruch= Einsturz eines Teiles eines Bergwerkes; Bruchbau: Anbaumethode, bei der der „Alte Mann“ planmäßig zu Bruch geht;
(e) Bolzen= ein anderes Wort für Stempel, zur Unterstützung der Firste dienendes kurzes Holz; Schießen: Sprengen unter Tage;
(f) casus fortuitus= unvorhergesehener Fall, Zufall;
(g) hoc male= wo weit schlecht, hoc= dieses, male= schlecht, in böser Absicht;
(h) competirt= zusteht, gebührt;

Casus fortitus in nullo contractio= Für Zufall wird bei keinem Vertrag gehaftet; dies wäre ein rechtlicher Hinweis gewesen, wurde aber nicht ausdrücklich angeführt, nur angedeutet.

Maximilian von Diest beschrieb hier eine große Anzahl technischer Fehler, die im Betrieb der Hohegrethe entstanden und zum Teil dadurch bedingt waren, dass man „seinem Steiger“ nicht Folge leisten wollte und die Pächter der Meinung waren, dass diese Kosten, als unvorhergesehener Zufall dargestellt, vom Verpächter erstattet würden, obwohl dies nicht aus den Bedingungen hervorging.
Darüber hinaus hätten Abraham Melchior und Rudolf de Witt manche Entscheidungen damit begründet, dies geschehe zum Vorteil der Bergleute. In Wahrheit sei es aber um den Pächter Schultheiß in Köln und Brecht in Altenkirchen gegangen.

Was die genannten Personen in Köln und Altenkirchen betrifft, sind die Angaben recht ungenau und könnten nur durch weitere Unterlagen geklärt werden. War der Name Schultheiß oder war es der Beruf und ging es um Zulieferer, Geschäftspartner oder Bekannte? Maximilian von Diest schien dabei eine Absprache gewisser Vorgänge zu vermuten.

Angepasst würde der Grund 8 lauten:

Pflichtleistungen wären nicht an ihn geleistet worden, da man die Pacht verweigerte.

Zweitens würde man ihm den „Vorrat“ und die Gelder, die für Frau Heistermann geplant waren, aus den Händen „spielen“ und wolle damit Schulden bezahlen, die ihn nichts angingen, doch man wolle ihn dazu bringen.

Drittens würde man leugnen, das man ihm jährlich 500 Reichstaler mehr als die 570 Reichstaler an Pacht zur Rückführung des Kapitals hätte geben wollen.

Viertens würde man an einem Ort für ein gutes Ansehen hohe Baukosten verursachen, während man anderenorts die Berge und Hämmer zugrunde gehen lassen würde.

Fünftens wolle man ihm alte Schulden aufzwingen, die entstanden, weil man zinsfreie Gelder aufgenommen hätte. Dabei hätte man gedacht, man könne es so rechnen, als wäre die Pacht höher. Für diesen „gedachten Betrag“, könnte man die aufgenommenen Gelder zurückzahlen, was aber scheinbar nicht, wie geplant, gelang.

Der Abschluss des Schreibens lautete:

Ratio 9

so wollen auß obigen ursachen so wenigh fr mutter u bruder jacoby alß auch der rath u freygreve von Diest wegens seiner preterdirendes (a) vierten theilß an diesem werk in solchen pfacht contract darinnen sie mir gewilliget consentiren (b), maßen, dan auch vorgemelte drey da wieder per expressum (c) protestierend u wird hierüber H. Melchior wie auch H de Witt resolution begehret

Signatur Salterbergs d 24. Sep 1701            Maximilian von Diest

(a) preterdirendes= fordernd; praetendieren= fordern, begehren, Ansprüche machen;
(b) consertiren= zustimmen, einwilligen, genehmigen, der Meinung beitreten, z. B. in die Aufhebung eines Termins; zu der Eintragung einer Forderung in das Hypothekenbuch; bewilligt= zur Entscheidung überlassen; gut befunden;
(c) per expressum= ausdrücklich

Als leichte Anpassung würde es heißen:

Aus den genannten Gründen würden seine Mutter und sein Bruder Jakob, als auch der Rat und Freigraf von Diest, der einen vierten Teil als Anspruch hatte, ebenfalls ausdrücklich  protestieren, obwohl sie anfangs seiner Meinung gewesen wären und dem Pachtvertrag zugestimmt hätten. Dies alles, der Inhalt des Schreibens und der Protest der anderen Familienmitglieder, sei Abraham Melchior und Rudolf de Witt unbedingt mitzuteilen.[Anm. 15]

0.4.Auswertung

In den Verträgen von 1700 gab es einen Abschnitt, der mir seltsam erschien:

… auch soll es mir unterschriebener vorbehalten seyn abzulegen an gemelte H. de Witt und Melchiors van gelegenheit habe, jährlich fünfhundert Reichsthaler oder mehrendoch nicht weniger, daß aber soll nicht bemächtigt seyn obgemelte Unterpfand an Jemand in Zeit von zwölf Jahren zu verkauffen, alles ohn gefehrde und ohn argelist.

Dieses hatte ich übertragen:

Weiter heißt es, dass von Diest jährlich, falls möglich, 500 Reichsthaler oder mehr für Melchior und de Witt hinterlegt/leistet, dies bedeute aber nicht, dass er den gesamten, als Unterpfand angeführten, Besitz vor einem Ablauf von 12 Jahren verkaufen könne/würde.

Die ganze Zeit hatte ich mich allerdings gefragt, warum er diese Summe hinterlegen sollte, weil es keinen Sinn im Zusammenhang zu einem geplanten oder befürchteten Kauf ergab.

Drittens würde man leugnen, das man ihm jährlich 500 Reichsthaler mehr als die 570 Reichsthaler an Pacht zur Rückführung des Kapitals hätte geben wollen, so notierte Maximilian von Diest unter Grund 8.

Es ist erfreulich, dass es weitere Unterlagen zu den Verträgen gab, denn so bekommt man die Erklärung, für eine nicht näher benannte weitere Absprache:

Scheinbar wollte Maximilian von Diest, wenn es möglich war, jährlich mindestens 500 Reichstaler von Abraham Melchior und Rudolf de Witt zurücklegen.
Dazu hieß es: „ … zur Rückführung des Kapitals … “. Es geht nicht eindeutig hervor, welches Kapital hier gemeint war.

Für diese „Rücklage“ war keine Hypothek oder weiteres Pfand vermerkt, sodass möglicherweise befürchtet wurde, Abraham Melchior und Rudolf de Witt würden aus dem Vertrag gedrängt oder man würde die Werke nach Erhalt mehrerer Zahlungen verkaufen.

Dass dies nicht möglich sein sollte, wurde jedoch im Vertrag festgehalten: 

...an Jemand in Zeit von zwölf Jahren zu verkauffen, alles ohn gefehrde und ohn argelist.

Der Vertrag ist demnach in diesem Punkt, die 500 Reichstaler betreffend, nicht eindeutig, da er erst im Nachhinein erklärbar wird. Möglicherweise entstand durch den Schreiber ein Formulierungs- oder Schreibfehler. Dann hätte es vermutlich statt „an genannte Herren Melchior und de Witt zu leisten/hinterlegen“ „von genannten Herren … zu hinterlegen“.

Interessant ist die Angabe, dass es offenbar Beteiligungen innerhalb der Familie Diest gab, die sich hier zumindest in einem Mitspracherecht äußern.

Maximilian von Diest war also mehr als unzufrieden mit der Verpachtung der Werke an Abraham Melchior und Rudolf de Witt. Die von ihm genannte „laesion ultra dividium“, die später in Rechtssachen in „laesio enormis“ geändert wurde, hätte bedeuten können, dass er durch die Schädigungen an seinem Eigentum, die einen bestimmten Wert überschritten, den Vertrag hätte auflösen können.

Allerdings müsste man die Rechtsgrundlagen dieser Zeit recherchieren, ob und in wieweit dies bereits möglich war und ob eine Berechtigung dazu bestand, weil man diese Regelung offenbar zunächst bei Warengeschäften nutzte.

Wie die Geschichte zeigt, wurden die Verträge mit Abraham Melchior und Rudolf de Witt nicht aufgelöst. Sie blieben lange Jahre Pächter, wie eingangs vertraglich vereinbart.

Dass die Werke verpfändet wurden, ist nach der obigen Ausarbeitung nicht ganz zutreffend. Maximilian von Diest hatte die Bergwerke als Hypothek in den Verträgen zur Kreditsicherung gegeben, in der Erwartung, dass er, beziehungsweise Herr Heistermann, die Summe von 7000 Reichstalern erhalten würde. Welche Beträge er möglicherweise erhalten oder schon zurückgelegt hatte und die er unter Punkt 8 andeutete, sind nicht genauer benannt.

Dieser Teil des Vertrages, Herrn Heistermann und damit die Hypothek betreffend, wurde nicht erfüllt und aus meinen verschiedenen Ausarbeitungen geht hervor, dass das Kapital erst einige Jahre später an Herrn Heistermann oder seine Nachkommen erstattet wurde.[Anm. 16]

Bis zur Erstattung des „Heistermann Kapitals“ und den daraus entstehenden neuen Bedingungen blieben demnach die Hammer Werke im Besitz (Lehen) des Maximilian von Diest und gingen nach seinem Tod im Februar 1703 vermutlich an seine Ehefrau, was erklären würde, warum Frau von Diest in späteren Jahren noch im hiesigen Gebiet anwesend war.[Anm. 17]

Es ergibt sich allerdings auch eine neue Frage:
Der eingangs zitierte Pachtvertrag mit Maximilian von Diest war bis 20. August 1712 befristet, doch auch danach waren Abraham Melchior und Rudolf de Witt in Hamm tätig. Würde das bedeuten, dass der Vertrag verlängert wurde oder hatte es einen neuen Vertrag gegeben?

Ich finde es erstaunlich, dass man immer noch neue Erkenntnisse und Ergänzungen zur Ortsgeschichte und wie hier speziell zur Industriegeschichte in Hamm findet. Das bildet einen schönen Ausgleich zu den doch oft recht schwierigen Texten und rechtlichen Zusammenhängen der alten Archivunterlagen, durch die man sich hindurch arbeiten muss.

0.5.Nachweise

Verfasserin: Annette Röcher

Hinweise:
Für die Ausarbeitungen zu „Der Streit zwischen Abraham Melchior und der Gräfin zu Kirchberg – Zum Bergbau in den Jahren 1714/15 in Hamm Sieg“ und zu der vorliegenden Arbeit geht mein besonderer Dank an Herrn Jacek Swiderski vom Kreisarchiv Altenkirchen, der mich bei einigen Übertragungen mit kompetentem Rat unterstützte.

Erstellt am: 16.01.2020

Anmerkungen:

  1. Brigitte Burbach, Hamm an der Sieg Dorf-Kirchspiel-Gemeinde 1986, ab Seite 253. Zurück
  2. Gustav Wolf, Beschreibung des Bergreviers Hamm an der Sieg, Seite 103; Zum Bergbau in den Jahren 1714/15 in Hamm/Sieg, Annette Röcher 2019Zurück
  3. HHStAW 340/1722 Berg- und Hüttenbetriebe im Kirchspiel Hamm (1700) 1714-1733; Witsen= Nicolaas Witsen (1641-1717) Bürgermeister und Regent von Amsterdam; wurde er in der Kopfzeile in den Verträgen von 1700 genannt? Zurück
  4. Der Begriff Unterpfand wurde im 17. Jahrhundert durch das Wort Hypothek ersetzt. „Wenn nämlich eine Sache, jemandem zur Sicherheit, wirklich übergeben, oder er sie in Besitz nimmt, so ist sie ein Pfand. Wenn sie ihm zur Sicherheit nur verschrieben, oder versprochen wird, so ist sie ein Unterpfand.“ aus: Versuch in richtiger Bestimmung einiger gleichbedeutenden Wörter der deutschen Sprache III. Theil Berlin 1780, Stosch Predigers zu Ludersdorf, google books. Zurück
  5. Es ist nicht ganz klar, wo er den Fehler vermuten würde, aber in alten Berichten wird erwähnt, dass man in der damaligen Zeit in der Buchführung eine Spalte für Zinsen im „Soll“ und eine für Zinsen im „Haben“ führen musste. Dies konnte möglicherweise sehr aufwendig und unübersichtlich werden. Zurück
  6. Die Landesherrschaft bezog auch 1715 noch den Zehnten aus den Werken, wie aus den Unterlagen hervorgeht: Zum Bergbau in den Jahren 1714/15 in Hamm/Sieg, Der Streit zwischen Abraham Melchior und der Gräfin, Annette Röcher 2020; www.regionalgeschichte.net Westerwald Ob im hiesigen Gebiet ein „Ehrschatz“ verlangt wurde, ist mir nicht bekannt. Der „Ehrschatz“ war eine im alemannischen Raum anfallende mittelalterliche und frühneuzeitliche Handänderungsgebühr, die vom Lehnsherrn erhoben wurde im Gegenzug für seine Einwilligung in die Besitzübertragung eines unbeweglichen Gutes durch einen seiner Lehnsleute, Erst – oder Erbpächter auf eine andere Person, welche nicht dessen rechtmäßiger Erbe war. Ehrschatz, Wikipedia. Zurück
  7. Hauptstaatsarchiv Weimar, Eisenacher Archiv, Grafschaft Sayn-Altenkirchen Nr. 72, Blatt 1. Zurück
  8. Norbert Langenbach, Beiträge in Heimatjahrbüchern Altenkirchen 1987 und 1996;  Hauptstaatsarchiv Weimar, Eisenacher Archiv, Grafschaft Sayn-Altenkirchen Nr. 72. Zurück
  9. Hauptstaatsarchiv Weimar, Eisenacher Archiv, Grafschaft Sayn-Altenkirchen Nr. 72 Blatt 5 v. rechts. Zurück
  10. Klaus Brag „Ingelbacher Mühlen“ Heimatjahrbuch Altenkirchen 2014, S. 221. Zurück
  11. Einwohnerbuch Altenkirchen/Hilgenroth, Dr. Joachim Eyl Neuwied 2016, Kreisarchiv Altenkirchen. Zurück
  12. Hauptstaatsarchiv Weimar, Eisenacher Archiv, Grafschaft Sayn-Altenkirchen Nr. 72, Blatt 2 rechts – 4 rechts. Zurück
  13. laesion ultra dividium: übermäßige Schädigung, Vervortheilung über die Hälte; laesio= Verletzung; … Ob der Kaufschilling dem gemeinen oder gewöhnlichen Werthe entspricht oder nicht, ist einerlei, nur die Verletzung über die Hälfte (laesio ultra dividium; laesio enormis) hat sowohl im römischen Recht als im allg. L. R. eine rechtliche Wirkung erhalten ... … ist eine bey den Juristen, wenn einer in Handel oder Contracten über die Helfte des Werths der Sache vervortheilt wird. Curieuses und Reales Natur-Kunst-Berg-Gewerck- und ... https://books.google.de/books?id=oxVXAAAAcAAJ Laesio Enormis bedeutet vereinfacht einen Wegfall der Geschäftsgrundlage, der unter bestimmten Bedingungen entsteht; siehe Wikipedia. Zurück
  14. Als Auszug: … Man hatt taglich notigs ein haufen Huther stein der kostet 1 1/2 Rthr zu gewinnen, d fuhrlohn ist 11 blaffert, der Hütten leuthe lohn ist 1 Rhtr. schwer u sonsten die woche 20 Stüber zwij wagen kohlen zu schmelzen u zu rösten kosten 5 Rhtr, thut 11 Rhtr 33 Stüber ... … Nun werden die Staalkuchen so er Melchior stets geblaßen, verkauft den wagen ad zu 16 staalen für 27 Rthr, nun werden in tag und nacht drey goßen … Zurück
  15. Reinhard Richard von Diest 1670-1717; Vater Simeon von Diest, Mutter Anna Elisabeth Holtzbrink, war ein  Neffe von Maximilian von Diest und wurde in manchen Schriften genannt; In obigem Schreiben könnte es möglicherweise um folgenden Neffen gehen: Heinrich von Diest 1661-1739; Eltern wie Reinhard von Diest, Hofrat, Freigraf und Bürgermeister von Altena. Zurück
  16. Die Familie Abraham Melchior und die „Eisen-und Stahlhütte“ in Hamm/Sieg 2019Zurück
  17. Die Familie von Diest in Hamm/Sieg, Annette Röcher 2019Zurück