Bad Sobernheim im Naheland

Die Johanniter- bzw. Malteserkapelle und -komturei

0.1.1. Das Gebäude als Ordenskapelle

Abb. 01: Chor und Sakristei der Johanniter- bzw. Malteserkapelle[Bild: G. Kneib]

Den finanziellen Grundstock zur Gründung einer Johanniterkommende in Sobernheim legten Niederadlige des Nahe-Hunsrück-Raumes, welche sich offenbar schon aus Standesgründen dem Ritterorden verbunden fühlten. Eine Ordenskapelle wird erstmalig im Jahre 1382 erwähnt. Von ihr sind nur die Reste in unteren Teilen des Langhauses erhalten. In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das Langhaus durch einen Neubau ersetzt.

Nachdem in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts das Ehepaar Johann Boos von Waldeck und dessen Frau Ida von Frankenstein der Kommende eine bedeutende Schenkung zukommen ließ, konnten eine Erweiterung des Kommendegeländes und die Errichtung einer größeren Kapelle in Angriff genommen werden. Unter der Leitung des damaligen Komturs Johann Stude entstanden der noch heute stehende Chor und die östlichen Langhauswände. Der Bauherr wurde in der Kapelle beigesetzt. Seine Grabplatte wurde in die Turmhalle der katholischen Pfarrkirche transloziert. Eine Weiterführung der Baumaßnahme am Langhaus wurde aber aufgegeben. [Anm. 1]

Abb. 02: Standorte der Kunstdenkmäler [Bild: Grundriss: Alwin Bertram; Erläuterungen: G. Kneib]

Der im spätgotischen Stil erbaute Chor wird von einem Netzgewölbe überspannt. Die Schlusssteine zeigen das Haupt des Kapellenpatrons Johannes des Täufers, ein doppeltes Malteserkreuz und das Wappen des Rorich von Merxheim, dem Stifter des Baugeländes.


Abb. 03: Sturz des Westfensters mit den Stifterwappen[Bild: G. Kneib]

An weitere Stifter erinnern die Wappen auf dem Sturz über dem Westfenster. Neben dem bereits genannten Ehepaar Boos von Waldeck/Frankenstein ist dort das Wappen der Lander von Sponheim angebracht.

Diese Ritterfamilie bewohnte die Festung Nohfels auf der anderen Naheseite und hatte sich die Kapelle zu ihrer Grablege gewählt. Erhalten sind zwei Grabmäler. Das eine des Gerhard Lander von Sponheim von 1436 wurde anlässlich der Restaurierungsarbeiten im Jahre 1999 wiederentdeckt und liegt nun im Chorscheitel unter dem neu verlegten Holzboden. Das andere zeigt das Ehepaar Gerhard Lander von Sponheim und Katharina von Nieder-Flörsheim, den Mann in voller Rüstung und die Ehefrau, wie sie ihrem Mann einen Helm reicht. Das kunsthistorisch bedeutsame Grabmal wurde – wie das des Komturs Johann Stude – beim Bau der katholischen Pfarrkirche St. Matthäus in die dortigen Turmhalle transloziert. Ebenso wurde aus der Kapelle der spätgotische Sakramentsschrein dorthin überführt und in die Nordwand des Chores eingelassen.

Abb. 04: Malereien in den Laibungen des Rechteckfensters der Langhaussüdwand[Bild: Christian Hedtke]

Im Zuge der Renovierungsarbeiten in den Jahren 1999 bis 2005 wurden in den Fensterlaibungen des Rechteckfensters der südlichen Langhauswand zwei gut erhaltene Malereien freigelegt. Sie stellen eine unbekleidete Frau und einen ebenfalls unbekleideten Mann in einem befeuerten Kessel dar. Als mögliche Deutungen wurden bisher zwei Märtyrer oder im Fegefeuer leidende Sünder erwogen. [Anm. 2]

Abb. 05: Malereien in den Laibungen des Rechteckfensters der Langhaussüdwand[Bild: Christian Hedtke]

Das Sakralgebäude diente als Ordenskapelle, bis der pfälzische Landesherr Friedrich III. [1559-1576] nach Regierungsantritt die Reformation in Sobernheim einführte. Die Ordensgeistlichen verließen die Stadt. Der Ordensbesitz verblieb jedoch weiter bei den Johannitern, deren katholischer Zweig sich seit der Reformation Malteserorden nannte. Die Kapelle wurde nun als Ökonomiegebäude genutzt und zerfiel. 

0.2.2. Das Gebäude als katholische Pfarrkirche

Abb. 06: Südseite um 1900[Bild: Archiv der Pfarrei St. Matthäus]

Eine unerwartete Wende brachte 1663 ein Vertrag zwischen dem Mainzer Kurfürsten Johann Philipp von Schönborn [1647-1673] und dem Pfalzgrafen Ludwig Heinrich zu Simmern [1655-1674], der als Landesherr die Ausübung des katholischen Glaubens im Amt Böckelheim wieder erlaubte.

Man bestimmte die Malteserkapelle zur Pfarrkirche der neugegründeten Pfarrei. Diese erhielt durch eine umfangreiche Restauration die heutige Gestalt. Die erhaltenen liturgischen Gegenstände aus der Johanniterzeit wurden um einen Renaissance-Taufstein, einen barocken Hochaltar, eine Kommunionbank und Kreuzwegstationen ergänzt. Wie zur Zeit der Johanniter wurden auch in der Pfarrkirche  Standespersonen in der Kapelle unter Grabplatten beigesetzt, und zwar drei Pfarrer und drei Verwaltungsbeamte.

Im Zuge des Pfälzischen Erbfolgekrieges wurde im Jahre 1688 das Simultaneum in der evangelischen Matthiaskirche eingeführt und 1697 im Friedensvertrag von Rijswick ausdrücklich bestätigt. Dennoch benutzte die katholische Pfarrei die Malteserkapelle weiter, insbesondere für die Werktagsgottesdienste.

Im 19. Jahrhundert wurde die Kapelle mithilfe eines städtischen Zuschusses renoviert. Als Gegenleistung räumte man der benachbarten Schule das Mitbenutzungsrecht zur Abhaltung von Morgenandachten und größeren Feierlichkeiten ein. [Anm. 3]

Bei der Errichtung der neuen Pfarrkirche St. Matthäus in den Jahren 1898/99 überführte man den Taufstein, den Sakramentschrein sowie die sechs Grabmäler der Kapelle in den Neubau. 


Abb. 07 a: Grabplatten des Gerhard Lander von Sponheim († 1433) [Bild: Eberhard J. Nikitsch]
Abb. 07 b: Grabplatten des Heinrich von Herbergen († 1737) [Bild: Eberhard J. Nikitsch]
Abb. 07 c: Grabplatten des Ägidius von Bösen († 1717)[Bild: Eberhard J. Nikitsch]

Beim Aushub des Fußbodens entdeckte man drei bisher unbekannte Grabplatten. Die von Gerhard Lander von Sponheim (+ 1433) wurde bereits erwähnt. Die beiden anderen waren Wirtschaftsverwalter des Baron von Leyen in Weiler. Sie wurden unter den Fußboden im Chorscheitel verlegt.

Abb. 8: Langhaus nach der Renovierung [Bild: G. Kneib]

Der Hochaltar kam in den katholischen Teil der Nußbaumer Kirche. Anschließend wurde das Kapellengebäude in mehreren Etappen in ein Vereinshaus umgewandelt. Diese Einbauten entfernte man im Zuge der Restaurierung von 1999 bis 2005 wieder. Die neuen Sanitäranlagen wurden als Haus im Haus so installiert, dass sie jederzeit beseitigt werden können. Somit wird die als Ort der Begegnung genutzte ehemalige Ordenskapelle sowohl den denkmalpflegerischen als auch den aktuellen praktischen Anforderungen gerecht. [Anm. 4]

0.3.3. Das Komtureigebäude

Abb. 9: Die Malteserkomturei im Katasterplan von ca. 1823 [Bild: G. Kneib]

Die Ordenskapelle stand im umfangreichen Komtureigelände, dessen Umfang im Sobernheimer Urkataster noch gut dokumentiert ist. Es beinhaltete ein Wohngebäude, Scheune, Stallungen und weitere Ökonomiegebäude. Das große Gartenareal war eingezäunt und wurde von einem künstlichen Bach durchquert.

Abb. 10: Das Komtureigebäude [Bild: G. Kneib]

Erhalten ist nur das Wohngebäude, welches der Komtur Jakob von Duding im Jahre 1750 erbauen ließ. Es beherbergte von 1821 bis 1960 die höhere Schule und wird heute vom benachbarten Amtsgericht genutzt.

Abb. 11: Türsturz am Komtureigebäude [Bild: G. Kneib]

An den Bauherrn erinnert eine Inschrift auf dem Türsturz über dem Eingangsportal. Die durch Größe und Farbe hervorgehobenen Buchstaben sind römische Zahlzeichen und ergeben das Baujahr 1750. Im Bogenfeld über dem Sturz ist das Dudingsche Familienwappen vor einem Malteserkreuz angebracht. [Anm. 5]

NACHWEISE

Verfasser: Gottfried Kneib

Redaktionelle Bearbeitung: Marion Nöldeke

Literatur:

  • Kneib, Gottfried: Die Johanniterkommende in Sobernheim. In: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 34 (2008).
  • Kneib, Gottfried / Hedtke, Britta: Sobernheim, St. Johannes der Täufer – Johanniterhaus, später Johanniterkommende; in: Pfälzisches Klosterlexikon – Handbuch der pfälzischen Klöster, Stifte und Kommenden (Beiträge zur pfälzischen Geschichte und Volkskunde, Bd. 26.4). Bd. 4: S-Speyer, Kaiserslautern 2017.

Weitere Literatur in der Literaturliste (rechte Spalte).

Erstellt am: 17.06.2022

Anmerkungen:

  1. Kneib 2008 S. 170-178 und Kneib-Hedtke 2017 S. 113. Zurück
  2. Kneib 2008 S. 178f. u. 182-185 und Kneib-Hedtke 2017 S. 118-127. Zurück
  3. Kneib 2008 S. 190-193 und Kneib-Hedtke 2017 S. 123f.  Zurück
  4. Kneib 2008 S. 196-199.  Zurück
  5. Kneib 2008 S. 200-205.  Zurück