Frei-Laubersheim in Rheinhessen

Wappen aus Stein am Rathaus.[Bild: Georg Gerten]

Die örtlichen Herrschaftsverhältnisse im Jahre 1603

Vom Bau der Rathäuser, zumal im ländlichen Raum, existieren in der Regel keine Urkunden. Auch vom Bau des Frei-Laubersheimer Rathauses im Jahre 1603 liegen keine schriftlichen Zeugnisse vor. Dennoch dürfte es hinsichtlich der Errichtung des Gebäudes im Jahre 1603 keine Zweifel geben, denn insgesamt sechsmal ist die Jahreszahl an verschiedenen Stellen in das Gestein eingelassen: In das Kapitell der mächtigen Sandsteinsäule im Erdgeschoss, in den Türsturz neben der Außentreppe, in die Eckkonsole des Erkers, in das Rundfenster unterhalb des Giebels, in den Scheitelstein des Portals unter dem Wappen und  in den Wappenstein selbst, den zwischen zwei Löwenköpfen die dreizeilige Inschrift ziert: „Regier mich her nach deinem Wile. Anno 1603.“
Das Wappen ist in seiner farblichen Ausgestaltung nicht nur eines der auffallendsten Merkmale des massiven Steinbaus, es demonstriert auch in eindrucksvoller Weise die Herrschaftsverhältnisse zur Zeit seiner Erbauung. Frei-Laubersheim gehörte bis 1437 zur Vorderen Grafschaft Sponheim. Nach dem Tod des kinderlosen letzten Grafen von Sponheim Johann V. in dem genannten Jahr, kam die in Fünftel geteilte Herrschaft an die Kurpfalz mit 1/5, Pfalz-Simmern mit 2/5 und die Markgrafen zu Baden mit 2/5. Diese Herrschaftsform wird mit „Kondominium“, das heißt gemeinsame Herrschaft, bezeichnet. Nachdem die  Kurwürde 1559 an Pfalz-Simmern gefallen war, wurden die pfälzischen Anteile vereinigt, so dass Kurpfalz 1603 mit 3/5 ein Übergewicht hatte. Diese Machtverhältnisse kommen in der Gestaltung des Wappens deutlich zum Ausdruck.
Die gesamte linke Hälfte nimmt das Wappen der Pfälzer Kurfürsten ein, während auf der rechten Seite das Wappen der Markgrafen von Baden und das der vorderen Grafschaft Sponhein zu finden sind. Das dominierende, überproportional lang gestreckte Wappen der Kurpfalz deutet auf deren herausragende Stellung innerhalb des Kondominiums hin. Das Vorhandensein des Sponheimer Wappens hatte zum damaligen Zeitpunkt keine praktische Bedeutung mehr und kann nur als Hinweis auf die  Zugehörigkeit von Frei-Laubersheim zu dieser ehemaligen Herrschaft betrachtet werden. (Anm. 2)
Das pfälzische Übergewicht wird zudem durch die Inschrift angezeigt, das den Wahlspruch des damals regierenden Kurfürsten Friedrich IV. wiedergibt. (Anm. 3) Er zählt zu den weniger bekannten Kurfürsten und starb 1610 im Alter von 36 Jahren nach achtzehnjähriger Regierungstätigkeit. Immerhin war er entscheidend an der Gründung der protestantischen Union beteiligt, die in den konfessionellen Auseinandersetzungen der damaligen Zeit eine wichtige Rolle spielte. Außerdem war er Gründer der Stadt Mannheim, in die die Kurfürsten nach dem Auszug aus dem Heidelberger Schloss ihre Residenz verlegten.
Neben dem Übergewicht, das mit ihrem 2/3-Anteil ohnehin gegeben war, versuchten die Pfälzer in den folgenden Jahrhunderten durch ständige militärische Interventionen die Herrschaftsverhältnisse innerhalb der ehemaligen Grafschaft zu ihren Gunsten zu verschieben, bis das Kondominium 1708 nach fast  300 Jahren aufgelöst wurde und Kurpfalz bis zur Zeit der französischen Revolution endgültig allein weiter regierte. Als Träger der für die damalige Zeit wichtigen Landesherrschaft waren die Kurpfälzer innerhalb des Kondominiums zusammen mit den Markgrafen von Baden berechtigt, Steuern und Abgaben  zu erheben und die Gerichtshoheit auszuüben.
Zuständig für die Wahrnehmung dieser landesherrlichen Rechte war der Amtmann des pfälzischen Oberamtes Kreuznach, zu dem Frei-Laubersheim gehörte. Innerhalb dieses Verwaltungsbereichs war unser Ort nach der Amtsbeschreibung von 1601 ein großes Dorf mit 92 Haus- und Feuerstellen (Anm. 4). Damit stand Frei-Laubersheim nach Einwohnerzahl und Größe von den 24 Ortschaften des Oberamtes an sechster Stelle.

Die Gründe für den Rathausbau

Der nicht unbedeutenden Stellung des Dorfes wird sicher auch in der Bauausführung Rechnung getragen. Der massive Steinbau beeindruckt durch die Wucht seiner baulichen Ausführung und die Größe im dörflichen Umfeld. Zumindest in den benachbarten Dörfern der näheren Umgebung ist ein Rathaus mit entsprechenden Ausmaßen nicht zu finden (Anm. 5).
Gleichwohl fällt die Errichtung des Gebäudes in eine Phase reger Bautätigkeit, die gegen Ende des 16. Jahrhunderts und kurz nach 1600 im rheinhessischen Raum zu beobachten ist und mit dem Beginn des 30jährigen Krieges ein jähes Ende findet. Dieser Vorgang ist als Abschluss eines wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Prozesses zu betrachten, der im Laufe der Jahrhunderte zur weitgehenden Selbstverwaltung auch der Dörfer im ländlichen Bereich führte. Diese Entwicklung ist gerade auch im Bereich der Vorderen Grafschaft Sponheim festzustellen(Anm.6).
Sie ist gekennzeichnet durch die Herausbildung der innerörtlichen Verwaltungseinrichtungen wie den regelmäßig einzuberufenden Gemeindeversammlungen, dem Amt des Schultheisen und dem Ortsgericht.
Wurden in früher Zeit die jährlichen Versammlungen im Freien abgehalten, genügte in späteren Jahrhunderten ein größerer Versammlungsraum, der oft im Dorfwirtshaus, aber auch in der Schule zu finden war. Gemeindebücher und Siegel bewahrte der Schultheis bei sich zu Hause auf, wo er auch die Amtgeschäfte erledigte. Waren diese Verhältnisse vielerorts für die Erledigung der anfallenden Aufgaben ohnehin nicht gerade ideal, so ist im 15. und 16. Jahrhundert zu beobachten, dass die Gemeindeangelegenheiten zunehmend protokolliert wurden. Diese Verschriftlichung von Rechtsprechung und Verwaltung führte sicherlich zu Überlegungen hinsichtlich der räumlichen Zustände.(Anm. 7).
Darüber hinaus verdient die Bedeutung von Frei-Laubersheim als Zollstation besondere Beachtung. In seinem „Versuch einer vollständigen geographisch-historischen Beschreibung der kurfürstlichen Pfalz“ von 1787 erwähnt Johann Goswin Widder bei der Beschreibung von Frei-Laubersheim diese Zollstation, indem er schreibt: "..auch ziehet die von Bingen nach Lautern führende Landstraße durch das Dorf und wird darin ein Zoll erhoben.“
Dieser Zoll war für die Herrschaft in der Vorderen Grafschaft von besonderer Bedeutung.  Während in Kreuznach um 1600 neben einem Pfortenzoll oder Wegegeld lediglich ein Zoll für das eingeführte fremde Vieh erhoben wurde, verlangte man in  Frei-Laubersheim neben dem Vieh- auch einen Wagen-, Fass- und Reifzoll, von dem niemand befreit war und an dessen Erträgen Baden im Kondominium anteilmäßig partizipierte. Die Viehzolleinnahmen lagen wegen des bedeutenden Fürfelder Viehmarktes, der bis 1845 bestand, wesentlich höher als in Kreuznach. Der Frei-Laubersheimer Schultheis erhielt auch eine Besoldung als „Zollbereiter“ (Anm. 8).
Die Frage wer die Initiative für den Bau des Gebäudes ergriffen hat, ist nicht endgültig zu beantworten. Manches deutet darauf hin, dass in der Kurpfalz der Landesherr den Rathausbau beeinflusste und man sich seinen diesbezüglichen Anweisungen zu beugen hatte (Anm. 9). Die Mitbenutzung als Zollstation und das Wappen mit der Darstellung der damaligen Herrschaftsverhältnisse sprechen durchaus dafür. Die Ausführung des Gebäudes mit den typischen Einrichtungen für die Zwecke der gemeindlichen Selbstverwaltung zeigt jedoch, dass das Bauwerk  in erster Linie als Rathaus für die Benutzung durch die Bürgerschaft errichtet wurde. Die Mitbenutzung als Zollstation ist als Nebenfunktion zu betrachten (Anm. 10). Trotz der möglichen Einflussnahme durch die Herrschaft hatten die Gemeinden die Kosten für den Rathausbau und dessen Erhaltung in der Regel selbst zu tragen, wobei eine Unterstützung  durch die Herrschaft nicht auszuschließen war.

Der polygone Fachwerkerker.[Bild: Georg Gerten]

Baubeschreibung und Baufunktionen

In den meisten einschlägigen Veröffentlichungen wird der „massive, behäbige Bau“ dem Renaissance-Stil zugeordnet. Dafür sprechen die klare, unverschnörkelte Baugestaltung und die rechteckigen, unterteilten Fenster im ersten Obergeschoss (Anm. 11). Die Giebelseite des zweigeschossigen Gebäudes ist zur Hauptstraße gelegen. In das Untergeschoss führt eine rundbogige Einfahrt, die rechts und links von zwei ebenfalls rundbogigen Fenstern flankiert ist. Im oberen Teil befindet sich ein Rundbogenfenster, an den Traufseiten sind zwei sich gegenüber liegende Portale im Rechteckrahmen eingelassen. Eine Außentreppe führt ins Obergeschoss mit Rundbogentür, alle Eingänge und Fenster haben Sandsteingewandungen. Besonders malerisch ist der polygone (d.h. achteckige) Fachwerkerker. Er ruht auf hölzernen, gestreiften Streben, die auf einer Konsole ruhen. In jedem Feld des Polygons befindet sich ein Fenster, die Brüstungsfelder sind mit geschnitzten Andreaskreuzen und Rauten geschmückt. Das Dach ist haubenartig geschwellt. Das Rathaus ist mit einem  Krüppelwalmdach bedeckt, das von einem Dachreiter mit Wetterfahne und Glocke gekrönt wird.

Das Untergeschoss

In fast allen Teilen des Gebäudes ist die Zweckmäßigkeit für die Wahrnehmung gemeindlicher Aufgaben zu erkennen

Die bei Rathäuser der Spätgotik und Renaissance festzustellende Funktion des Untergeschosses als Verkaufsraum wird auch dem Frei-Laubersheimer Rathaus zugeschrieben. Das Erdgeschoss war eine offene Halle mit zwei Portalen und drei Verkaufsläden (Anm. 12).
Allerdings darf man sich dabei die Nutzung zu Verkaufszwecken nicht im Sinne eines regelmäßigen stattfindenden Marktes vorstellen. Das Recht zur Abhaltung eines Wochen- oder Jahrmarktes hatten nur wenige Orte und ist für Frei-Laubersheim auszuschließen. Vielmehr vermutet man unregelmäßige Angebote von landwirtschaftlichen und handwerklichen  Erzeugnissen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit diente die Erdgeschosshalle auch kommunikativen Zwecken und Sitzungen des Ortsgerichts (Anm. 12), dessen noch vorhandene Einrichtungen zu den bemerkenswertesten Relikten des Frei-Laubersheimer Rathauses gehören. So befindet sich auf der linken Seite unter dem Treppenaufgang das „Betzekämmerchen“, ein größerer Raum, in dem Felddiebe, nächtliche Ruhestörer, Unzuchttreibende, Betrunkene zur Zeit des größten Publikumverkehrs aus Gründen der Abschreckung zur Schau gestellt wurden. Dazu diente auch der sich an der rechten Seite des Rathauses befindende Prangerstuhl, wie der neben dem Hauptportal angebrachte Ring, an dem ein Halseisen befestigt war (Anm. 13). 
In späterer Zeit diente das Erdgeschoss einem ganz anderen Zweck: Es war als „Spritzenhaus“ Aufbewahrungsort für die Geräte der Feuerwehr. Erst mit der Errichtung des Feuerwehrhauses „Am Kappelbrunnen“ im Jahre 1981 verlor es diese Funktion. Heute dient der attraktive Raum mit der mächtigen dorischen Sandsteinsäule im Mittelpunkt unter der Bezeichnung "Rathauskeller" als Veranstaltungsort für Versammlungen sowie für öffentliche und private Feste.

Das Obergeschoss

Wie in den meisten Rathäusern nimmt der repräsentative Ratssaal in Frei-Laubersheim etwa die Hälfte der zur Verfügung stehenden Fläche ein. In ihm wurden in früheren Jahrhunderten die Gemeindeversammlungen abgehalten, es besprachen sich hier der Schultheis und das Ortsgericht und in späterer Zeit wie auch heute finden in diesem Raum die Sitzungen des Gemeinderates statt, wie überhaupt fast alle öffentlichen Besprechungen und Versammlungen im Ratssaal abgehalten werden. Bei Wahlen befindet sich in ihm das Wahllokal.
Seit Einführung der Ziviltrauungen unter den Franzosen zu Beginn des 19. Jahrhunderts diente der Raum bis Ende der 60er Jahre als Trausaal. An der rechten Seite des Rathauses war ein Kasten mit einem Glasfenster angebracht, in dem die Trauung bekannt gemacht wurde und in dem kleine Blumengestecke zu sehen waren, die dem jeweiligen Paar „gesteckt“ wurden. Die Anzahl der Gestecke, die aus einem kleinen, künstlichen Blumengebinde bestanden, galt als Ausweis für den Bekanntheitsgrad und die Beliebtheit eines Brautpaares.
Selbstverständlich befanden sich seit jeher im Obergeschoss auch der  Amtsraum des Schultheisen und seit 1801 der des Bürgermeisters. Aber niemals wurden Rathäuser ausschließlich für administrative Zwecke konzipiert (Anm. 14). Beim Neubau der heutigen katholischen Kirche in den Jahren 1791 bis 1796 hielten die Katholiken im Rathaus ihre Gottesdienste ab. Zumindest zeitweise wurde es auch als Schulhaus benutzt. Noch 1878 schlug der Gemeinderat vor, im „2. Stock des solid gebauten und in der Mitte des Dorfes gelegenen Gemeindehaus“ je einen Schulsaal für den evangelischen und den katholischen Lehrer einzurichten. (Anm. 15)
1818 war vom Rathaus der untere Stock für 2 Gulden und 6 Kreuzer, der Keller für 6 Gulden und 39 Kronen verpachtet. Die Nutzung des Rathaus für gemeindliche Angelegenheiten muss damit ähnlich eingeschränkt gewesen sein wie 1922: Damals setzte der Gemeinderat die monatliche Miete für den Arbeiter Philipp Schultheis „für die Wohnung, bestehend aus 2 Zimmern links vom Eingang und dem darunter befindlichen Keller“ auf 90 Mark fest. (Anm. 16)
Unter dem Datum vom 7. August 1915 ist im Protokollbuch als Tagungsordnungspunkt angeführt: „Anbringung von Schutzvorrichtungen an dem Gemeindehaus für die daselbst untergebrachten russischen Kriegsgefangenen“, die als landwirtschaftliche Arbeiter eingesetzt wurden. Auch während des 2. Weltkrieges waren im Rathaus Kriegsgefangene untergebracht (Anm. 17)

Die Treppe

Die Rathaustreppen, die in den verschiedensten Formen ausgeführt wurden, hatten in erster Linie selbstverständlich die Aufgabe, ins Obergschoss zu gelangen. Daher kommt auch der Ausdruck, „auf das Rathaus gehen“, oder wie man bei uns mundartlich sagt“ uff es Rodes!“ In Frei-Laubersheim zieht sich die Außentreppe mit anschließendem Balkon wenig repräsentativ, im Gegensatz zur übrigen Erscheinung des Gebäudes an der Traufseite in einer Seitenstrasse entlang (Anm. 18). An die Treppe schließt sich ein Außengang mit Rundbogenarkaden an. Auf ihnen ruht ein Altan, eine offene vom Obergeschoss ins Freie führende Plattform, die von Pfeilern gestützt wird. Von solchen Balkonen wurden in früheren Zeiten Bekanntmachungen, Gemeindegesetze oder Gerichtsurteile verlesen – eine Funktion, die auch für Frei-Laubersheim durchaus denkbar ist.
Die Treppe war früher nicht überdacht. Dies geschah erst bei der grossen Rathausrenovierung in den 80er Jahren, als man auch das Geländer und die Sandsteinstufen erneuerte.

Der Dachreiter

Am äußeren Ende des Dachgiebels nach der der Hauptstraße zugewandten Giebelseite wird das Rathaus von einem viereckigen Dachreiter gekrönt. Zwar besitzen nicht alle Rathäuser diese Ausstattung, ungewöhnlich ist sie jedoch nicht.
In ihm hängt eine kleine Glocke, die wie folgt beschrieben wird: Die Glocke ist gegossen aus Bronze, Gewicht ca. 150 Pfund, hat einen Durchmesser von 1,45 m und einen hellen Ton. Die schöne Mantelumrandung wird durch Reliefs in zwei Teile getrennt, dazwischen steht die Inschrift: Speck, Heidelberg goss mich auf Frei-Laubersheim 1778.
Die Glocke wurde bei Bränden noch in den 60er Jahren geläutet. In früheren Jahrhunderten wurden mit der Glocke die Gemeindeversammlungen einberufen, auch bei Holz- und Zwangsversteigerungen soll sie geläutet haben (Anm. 19).
Heute wird die Glocke durch die auf dem Dach installierte Sirene ersetzt.

Rathaus bei der Renovierung.[Bild: Georg Gerten]

Die Bauerneurungen in jüngerer Zeit

Gemäss dem Erlass des Hessischen Denkmalschutzgesetzes von 1902 wurde das Frei-Laubersheimer Rathaus 1907 unter Denkmalschutz gestellt. Demnach unterliegen bauliche Maßnahmen einem besonderen Genehmigungsverfahren des Landesamtes für Denkmalschutz.
In Schriften über die Geschichte unseres Dorfes wird wiederholt betont, dass das
Rathaus alle Stürme, besonders auch die des 15 Jahre nach seiner Erbauung ausgebrochenen 30jährigen Krieges unbeschadet überstanden hat. In der Tat ist von grösseren Beschädigungen oder gar Bränden nichts bekannt. Immer wieder erwähnt wird lediglich die Beschädigung des Erkers durch ein Panzerfahrzeug beim Einzug der Amerikaner in das Dorf am 17. März 1945.
Neben kleineren Reparaturen, die in den Protokollbüchern erwähnt werden, wurde die erste grössere Renovierung – soweit bekannt - unter der Aufsicht des Landesamtes und der Leitung des Hackenheimer Architekten Bachmann 1966/67 anlässlich der   1200-Jahrfeier der Gemeinde vorgenommen.
Nur 15 Jahre später beschloss der Gemeinderat die umfassende Instandsetzung des historischen Gebäudes. Die Arbeiten begannen im Herbst 1982 und sollten sich in zwei Bauabschnitten bis ins Frühjahr 1987 hinziehen. Dabei hatte Architekt Helmut Förster aus Bad Kreuznach nicht wenige Probleme zu lösen. U. a. verzögerte eine während der Maßnahme in Konkurs gegangene Firma den Fortschritt der Bauarbeiten erheblich. So sahen die  Frei-Laubersheimer lange Zeit ihr bis auf die Aussenmauern abgetragenes Rathaus nur als „Ruine“, aus der lediglich der Schornstein herausragte.
Bei den Renovierungsarbeiten ging es nicht nur um die Erhaltung der historischen Bausubstanz, sondern auch um die Gestaltung der Räumlichkeiten nach den Erfordernissen der heutigen Zeit. Dies gilt vor allem für die Einrichtung eines neuen
Mehrzweckraumes unter dem Dach mit einem modernen Küchenraum. Nach außen macht sich dies durch den Einbau von drei Dachgauben bemerkbar, die vorher nicht vorhanden waren. Im Rahmen der Arbeiten wurden im Sitzungssaal eine moderne Deckenkonstruktion eingezogen, der Fußboden erneuert und neue Möbel angeschafft. Die Neugestaltung des Untergeschosses und der Einbau moderner Toilettenanlagen sind ebenfalls auf diese Renovierungsarbeiten zurückzuführen.
2009 entdeckte man am Fachwerkerker gravierende Mängel, die nach Aussagen des Chef der beauftragten Firma "Ars ligni" zum großen Teil durch die "völlig unsachgemäße Reparatur in den 80er Jahren verursacht worden sind" (Anm. 20).
Die unumgänglichen Arbeiten zogen sich bis zum Herbst 2011 hin und belasten die Gemeindefinanzen mit 150000 €.

Das Rathaus.[Bild: Georg Gerten]

Die Bedeutung des Rathauses für die Gegenwart

Auch nach über 400 Jahrhunderten dominiert der imposante Bau des Rathauses, der zusammen mit dem Röhrenbrunnen eine unverwechselbare Einheit bildet, die historische Ortsmitte.
Durch die modere Umgestaltung des Gebäudeinnern erfüllt das Rathaus mehr denn je die Voraussetzungen für die Erledigung kommunaler Aufgabenstellungen. Wie in den vergangenen Jahrhunderten hat der Ortsbürgermeister dort sein Büro, indem er auch seine wöchentlichen Sprechstunden abhält. Im großen Ratssaal tagt der Gemeinderat und fast alle Ausschusssitzungen finden dort statt. Außerdem beherbergt das historische Gebäude die Gemeindebibliothek und das Ortsarchiv. Im neuen Raum unter dem Dach findet sich Platz für Vereinsaktivitäten. Auf die Bedeutung des "Rathauskellers" als Ort für Veranstaltungen und Versammlungen wurde bereits hingewiesen.
Die Renovierungsarbeiten in den Jahren 1982 bis 1987 wurden trotz der hohen Kosten von über 1 Million DM vom überwiegenden Teil der Bürger mitgetragen. Nicht zuletzt bewiesen die Feiern zum 400jährigen Bestehen des Gebäudes im Jahre 2003 durch den unerwarteten Besucherandrang das Engagement der Bevölkerung.
So wird das historische Gebäude seinen größtenteils schon in früheren Jahrhunderten  beigemessenen Funktionen  mehr denn je gerecht.
Die erwähnte Nutzung der Räumlichkeiten, insbesondere die des Rathauskellers durch die Bürgerschaft, verleihen dem alten Bau auch in der Gegenwart eine angemessene Bedeutung, die auch zu der heute oft erwähnten Lebensqualität unserer Ortsgemeinde beiträgt.

Nachweise

Verfasser: Georg Gerten

Verwendete Literatur:

  • Blaufuß, Alfred: 1200 Jahre Weindorf Frei-Laubersheim. Bad Kreuznach 1967.
  • Dotzauer, Winfried: Die Vordere Grafschaft Sponheim als pfälzisch-badisches Kondominium 1437 – 1707/08. Bad Kreuznach 1963.
  • Mathes, Hans: Die Flurnamen von Freilaubersheim. Mark und Geschichte des Dorfes. Gießen 1984.
  • Nikitsch, Eberhard J.: Die Inschriften des Kreises Kreuznach. Wiesbaden 1993.
  • Schmitt, Friedrich: Die mittelalterliche Dorfgemeinde in der vorderen Grafschaft Sponheim. In: Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Bad Kreuznach, Sonderbd. 27(1994), S. 87-95.

Erstellt: 2012

Aktualisiert am: 30.06.2014

 

Anmerkungen

1. Nach Auskunft des Landeshauptarchives Koblenz gibt es im Bestand 33 "Reichsgrafschaft Sponheim"  keine Einzelbelege.

2. Nikitsch, Eberhard J.: Die  Inschriften des Kreises Kreuznach, Wiesbaden 1993, S. 441

3. Der Wahlspruch Friedrich IV. lautet wohl richtig: „Regier mich her nach deinem Wort!“  Der in dem Wappen zitierte geht wohl auf seinen Vorgänger Friedrich V. zurück. Siehe  Nikitsch: Inschriften....

4. Feuerstellen sind mit Häusern gleichzusetzen, da in jedem eine zu vermuten ist. Feuerstellen und Untertanen sind vergleichbar, da es sich bei den Untertanen nur um Männer handelt. Da aber in dem einen oder anderen Haus 2 Männer, sprich 2 Generationen wohnten, ist von einer geringeren Häuserzahl auszugehen.

5. Das auch als Rathaus benutzte Gebäude in Neu-Bamberg war ursprünglich Kurmainzer Amtshaus

6. Schmitt, Friedrich: Die mittelalterliche Dorfgemeinde in der vorderen Grafschaft
    Sponheim, in Heimatkundliche Schriftenreihe des Landkreises Kreuznach , BD. 27 (Bad Kreuznach ?), S. 88

7. ebenda S. 93

8. Dotzauer, Winfried: Die Vordere Grafschaft Sponheim als pfälzisch-badisches
   Kondominium 1437 – 1707/08, Diss. Mainz, Bad Kreuznach 1963, S. 143

9. Spille, Irene: Rathäuser im Rhein-Main-Neckar-Raum bis 1800, Darmstadt und Marburg 1985, S. 108

10. Für die Vermutung von Hans Mathes, der Kurfürst habe das Rathaus auch als Jagdhaus erbauen lassen, gibt es keine Beweise.  Siehe Mathes, Hans: Die Flurnamen von Frei-Laubersheim. Mark und Geschichte des Dorfes, Diss. Gießen 1984, S. 121

11. Siehe z.B. Lipps, Bodo: Entdeckungsreisen im Kreis Kreuznach, Bad Kreuznach 1991,  S.106

12. Spang. Franz-Josef: Frei-Laubersheim im Wandel der Jahrhunderte, in: 1200 Jahre Frei-Laubersheim, Bad Kreuznach 1967, S. 16                               

13. Hoefel, Otto: Rheinhessische Rechtsaltertümer, Würzburg 1940 , S.31f.

14. Spille a.a.O. S. 19

15. Protokollbuch der Gemeinde 1878 bis 1917, Gemeindearchiv Frei-Laubersheim

16. Protokollbuch der Gemeinde 1918 bis 1928, Gemeindearchiv Frei-Laubersheim

17. Mathes a.a.O. S. 121

18. Spille a.a.O. S. 47

19. Mathes a.a.O. S. 121

20. Allgemeine Zeitung vom 16.7. 2009