Hachenburg im Westerwald

Hachenburg unter katholischer Herrschaft 1636-1648

Als Ludwig, der minderjährige Sohn der Gräfin Loysa Juliana und einzig verbliebener männlicher Erbe der Grafschaft, am 6. Juli 1636 starb, zog der Kölner Erzbischof Ferdinand das "erledigte" Lehen Hachenburg ein, weil er die Gräfin bzw. deren beiden Töchter nicht als legitime Erben anerkannte. Kurkölnische Truppen besetzten die Stadt, die Gräfin und ihre Töchtern wurden vertrieben. Der Erzbischof überließ Burg und Stadt Hachenburg sowie große Teile der Grafschaft Sayn als Lehen seinem Vetter Franz Wilhelm von Wartenberg, Bischof in Osnabrück, bzw. dessen Brüdern Friedrich Lorenz und Ernst Bruno von Wartenberg.
Obwohl der Bischof das Sagen in der Stadt hatte, kann man nicht von Rekatholisierung der Stadt sprechen. Der Osnabrücker wollte angesichts des tobenden "Großen Krieges" in der Stadt ein friedliches Nebeneinander bewahren. So beließ er die Bevölkerung bei ihrem reformierten bzw. lutherischen Bekenntnis. Sie konnte weiterhin den Gottesdienst in den beiden evangelischen Kirchen besuchen. Er berief 1636 aber Franziskaner nach Hachenburg, um das katholische Leben wieder aufzurichten. Für die kleine katholische Gemeinde ließ der Bischof seit 1638 einen katholischen Gottesdienst in der St. Nikolauskapelle im Schloss durch eigens herbeigerufene Franziskanerpatres bzw. Barfüßermönche abhalten.

Simultaneum: Lutheraner und Reformierte in der Stadtkirche

Als der lutherischen Gräfin Loysa Juliana die Grafschaft im Jahr 1649 zurückgegeben wurde, trat das lutherische Element, das sich nach 1605 trotz der Dominanz der Reformierten gehalten hatte, wieder in den Vordergrund. Sie berief noch im Jahr ihrer Rückkehr den lutherischen Pfarrer Ludwig Dumpf, der zunächst als Hofprediger in der St. Nikolauskapelle seine Tätigkeit aufnahm. Anfangs wurde nur eine Betstunde abgehalten. Am 19. Februar beging man anlässlich der Rückgabe der saynschen Lande an das Grafenhaus einen feierlichen Buß- und Fest- und Danktag. Nachdem Hofprediger Dumpf am 24. November 1650 auf Veranlassung der Gräfin einen lutherischen Gottesdienst in der Stadtkirche abgehalten hatte, wurde sie fortan von Lutheranern und Reformierten gemeinsam benutzt und somit zur Simultankirche. Doch das Miteinander verlief keinesfalls reibungslos.
Man stritt sich um Gottesdienstzeiten, Kircheneinkünfte, um die Sitzordnung in der Kirche und andere Dinge. Die Zwistigkeiten gipfelten in einem Streit, von dem auch Albertine von Grün 1784 zu berichten wusste. In der [...] Kirche so schreibt sie, waren zwei Spinnbesen. Davon sei einer beim Kirchenneubau entwendet worden. Nun stritten sich die Geistlichen, ob der reformierte oder der lutherische Spinnbesen entwendet worden war. Über diesen Streit wurde die Kirche nicht mehr ausgefegt, sodass sie bald im Schmutz erstickte. Albertine versuchte den Streit zu schlichten, indem sie anbot, einen zweiten Besen zu stiften, der so tolerant wäre, daß er lutherische und reformierte Spinnweben fegen wollte. Aber wie kam der Besen da an! Er wäre bald vom Pöbel zerrissen und von der Geistlichkeit verbrannt worden.

Trennung der Stadtkirche von der Bartholomäuskirche 1656

Noch vor der Heirat des Grafen Salentin Ernst mit Ernestine 1652 wurde die Grafschaft Sayn unter den beiden Erbtöchtern aufgeteilt. Ernestine erhielt die Grafschaft Sayn-Hachenburg. Sie bevollmächtigte ihren Gemahl, den neu gebildeten Grafschaftsteil zu regieren. Wie in der Heiratsabsprache 1651 vereinbart gab der katholische Graf seinen Glaubensbrüdern in der Stadt wieder Raum. Katholischer Gottesdienst konnte im Haus des Paters, in der Abtei Marienstatt und auch im Kloster Marienthal öffentlich ausgeübt werden. Bei Begräbnissen durfte der katholische Geistliche die Leichenpredigt in der Bartholomäuskirche halten.
Im Zuge seiner landespolitischen Maßnahmen verfügte Graf Salentin völlig unvermittelt am 3. Januar 1656 die Trennung der Stadtkirche von der Mutterkirche in Altstadt. Den Anlass zur Trennung gab ein Gesuch Altstädter Bürger an den Grafen. Wie es scheint, schenkte der Graf ihnen Gehör und ließ zwei Kirchenmeister vereidigen. Am 5. Januar 1656 erhoben Schultheiß, Bürgermeister und Schöffen der Stadt Hachenburg energischen Einspruch. Die beiden Kirchen, so wurde argumentiert, gehörten seit undenklichen Zeiten zusammen und hätten stets nur einen Kirchenmeister gehabt. Auch der Begräbnisplatz der Stadt befinde sich auf dem Gottesacker bei der Kirche in Altstadt. Am 30. Juli 1656 schrieben die Schöffen und der Bürgermeister erneut an den Grafen, da sie sich mit der Trennung nicht abfinden wollten. Doch alle Einwände der Stadt blieben ohne Erfolg. Seit 1656 sind die beiden Kirchen getrennt.

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.