Hachenburg im Westerwald

Die Reformation und ihre Folgen in Hachenburg

Graf Adolf führte sofort Änderungen im Kirchenleben ein: Die Seelenmessen wurden durch Wochenpredigten ersetzt. Zugleich wurde festgestellt, dass ein anderer, besserer Gottesdienst durch unsern gnädigen Herrn… eingeführt und ein wahr Prediger bestellt worden sei, dessen Predigt "dem christlichen Volk zugute" komme. In Hachenburg war also die evangelische Predigt eingeführt worden.57 Im gleichen Jahr 1560 ordnete Graf Adolf an, dass alle Einkünfte aus Jahrzeitstiftungen und Bruderschaften, die Einkünfte der Kirchen und Kapellen sowie des Hl. Kreuzaltars in Hachenburg kassiert werden und der von ihm errichteten Schule zufallen sollten.
Mit dem Jahr 1560 wurden die Prozessionen ebenso abgeschafft wie das »Wetterläuten«. Man meinte damals, durch nachhaltiges Läuten schlechtes Wetter und Frost vertreiben zu können. Der Aberglaube hatte sich in den Gemeinden hartnäckig gehalten und wurde fortan als ein päbstlicher Missbrauch in der Grafschaft verboten. Nach und nach wurden die Nebenaltäre abgeschafft. Abgeschlossen wurde die Reformation durch die Kirchenvisitationen des Jahres 1568 und die Verkündigung der neuen Kirchenordnung von 1589.
Mit dem Verbleiben einiger Geistlicher in ihren Ämtern, fiel Teilen der Bürgerschaft der Übergang von der katholischen zur lutherischen Lehre nicht ganz so schwer. Doch andere konnten sich nicht so einfach dem neuen Glauben anschließen. 1565 stellte der Graf kirchliche »Vergehen« unter Strafe. Dies galt etwa für Leute, die die Aposteltage nicht feierten oder den monatlichen Buß- und Bettag nicht einhielten. Später wurden sog. Senioren, besonders »glaubensstarke« Männer, ernannt, die u.a. kontrollierten, wie sich die Menschen bei der Predigt verhielten.
Manche Hachenburger sahen die Änderungen der Jahre nach 1560 aber auch als gute Gelegenheit, sich alter Verpflichtungen zu entledigen. So ließ Graf Adolf 1563 die Gefälle und Renten der Kirchen und Altäre aufzeichnen, da etliche Zahlungspflichtige ihre Beiträge nicht mehr beglichen. Auch die Bendorfer entrichteten ihre althergebrachte Weinabgabe nicht mehr. Viele Leute glaubten Zahlungen einstellen zu können, wenn das Geld nicht gemäß dem Zwecke der Stifter verwendet würde. Pfarrer Schott klagte 1576: "Der Pfarrer muss die Renten selbst eintreiben. Manche haben den Altaristen ihre Güter, haben Siegel und Briefe entwendet und halten die Güter als Eigenbesitz. Viele verleugnen nicht nur die Zinsen sondern auch die Hauptsummen. Dem Pfarrer wird der Hauszins nicht gezahlt [der war ihm vom Grafen versprochen], sodass der Pfarrer in alten verfallenen Häusern Zuflucht nehmen muss."

Folgen des Glaubenswechsels für die Geistlichkeit

In der Stadt befanden sich 1560 sechs katholische Geistliche. Graf Adolf stellte sie vor die Wahl: Wollten sie evangelisch werden, durften sie im Amt verbleiben, wollten sie bei der alten Lehre verharren, mussten sie den Pfarrdienst in der Grafschaft aufgeben.
Der Hofprediger Johann Krey und der Pfarrer in der Bartholomäuskirche Gerhard Breuer (Breier) traten zum evangelischen Bekenntnis über. Der katholische Priester Peter Kreye, der über 30 Jahre in Hachenburg gewirkt hatte, zog es vor, Hachenburg zu verlassen. Der katholische Priester Steinebach, Altarist am Johannesaltar in Altstadt, wollte nicht evangelisch werden. Er bekam trotzdem die Erlaubnis, in dem von ihm neu erbauten Wohnhaus der Johannes-Vikarie wohnen zu bleiben. Die anderen katholischen Seelsorger scheinen Hachenburg dagegen verlassen zu haben.
Die verbleibenden Geistlichen wurden angehalten, sich zu verheiraten. Sie mussten sich daran gewöhnen, das heilige Abendmahl einmal im Monat zu feiern. Die Messgewänder, die von einigen ehemals katholischen Pfarrern auch nach 1560 noch getragen wurden, mussten nach dem Hachenburger Konvent (1582) endgültig dem evangelischen Chorrock weichen.

Die katholische Gemeinde nach der Reformation

Nach der Reformation hielt sich eine kleine katholische Gemeinde. Sie hatte keine Kirche mehr, auch die Abteikirche Marienstatt dürfte nicht zur Verfügung gestanden haben,63 denn dort ging Graf Adolf kompromisslos vor. Den Abt und zwei Patres inhaftierte er 2 ½ Wochen in Hachenburg, bis der Abt ein gewünschtes Schriftstück unterzeichnete. Einer der Patres starb im Gefängnis, der andere war von Graf Adolf sogar hertiglich ins Gesicht geschlagen worden. Im Jahr 1563 besetzten Truppen des Grafen drei Wochen lang die Abtei. Der gräfliche Stallmeister Hans ritt bis in die Klosterküche. Als der Koch ihm Vorhaltungen machte, wurde er mit einem Faustling übel zugerichtet. Später lagerten Graf Adolf und sein Bruder Hermann mit 30 Pferden in der Abtei und lebten etliche Tage nacheinander in der sauß. Drei (nach anderer Überlieferung vier) Klostergeistliche traten zur neuen Lehre über. Im Auftrag Graf Adolfs gingen sie nach Koblenz und überbrachten dem Grafen aus dem dortigen Marienstätter Hof die Briefschaften und Kleinodien der Abtei. Zum Regenten der Abtei ernannte Graf Adolf seinen Beamten N. Freudenberg.64
Noch in der Kirchenordnung von 1574 verordnete Graf Hermann hinsichtlich der Katholiken: Den auch hin undt wieder welche […] sich finden, welche in Bapistische Kirchen undt Kloster lauffen, Wurtz, Kräuter, Palmen, saltz undt andere Materien in der Meß segnen lassen, dadurch vollendt abscheuliche abgotterei getrieben undt aberglaubische Ding angerichtet werden, auch welche an gewisse Oerter Wallfahrten geloben in ihren notten, heidnischerweiß bey Holz undt Steinen [...]. Der Graf wies seine Beamten und Diener, wie den Superintendenten, Pfarrherrn und Senioren an, diese Leuten auf ihre verderblichen Frevel hinzuweisen, damit diese durch geburrende straffe von abgotterey zue christlichen Gottesdiensten gebracht werden.

Kirchenordnung und Konsistorium 1589

Die Kirchenordnung des Jahres 1589 und das mit ihr geregelte Schulwesen verankerte die Reformation in der Grafschaft. Graf Heinrich IV. (reg. 1579-1605), damals Alleinregent, erließ sie von Freusburg aus. Die Kirche sollte durch beständige Visitationen, strenge Kirchenzucht und regelmäßige Einberufung von Synoden gefestigt werden. Obwohl man sich dabei den Anschauungen der Reformierten annäherte, ist die Kirchenordnung von 1589 durchweg durch die Betrachtungsweise Luthers bestimmt.
Die meisten Landesherren regelten die kirchlichen Angelegenheiten nicht selbst, sondern richteten mit Theologen besetzte Konsistorien ein. Das Konsistorium der Grafschaft Sayn befand sich in Hachenburg. Schon vorher war das Amt eines Superintendenten mit Sitz in Hachenburg geschaffen worden. Die Superintendenten visitierten die Gemeinden, prüften die Kandidaten, die Pfarrer werden wollten, inspizierten Schulen, hielten Pfarrversammlungen, prüften Kirchenrechnungen. Mit besonderer Sorgfalt überwachten sie die Fortbildung der ehemals katholischen und jetzt evangelischen Pfarrer.

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.