Hachenburg im Westerwald

Hachenburg und die "Deutsche Revolution" 1848

Proteste bei Giesenhausen

Die Ereignisse des Jahres 1848, die Unzufriedenheit über die Staatseinrichtungen, der Ruf nach Pressefreiheit und Volksbewaffnung, die in den Städten und Zentren große Wirkung entfalteten und teilweise zu bewaffneten Auseinandersetzungen führten, hinterließen auch im Hachenburger Land ihre Spuren. Auf der Giesenhausener Höhe, wahrscheinlich in den Ruinen des Schlosses Louisenlust, kam es zu einer Volksversammlung, auf der Lehrer Kring aus Höchstenbach eine agitatorische Rede hielt. Preußisches Militär schritt ein, es gab ein gerichtliches Nachspiel. Ob Hachenburger bei den Giesenhausener Ereignissen mit dabei waren, ist zwar nicht bekannt, wohl aber anzunehmen.

Die Fahne von 1848

Das goldene Mittelfeld zeigt auf der Vorderseite den kaiserlichen Doppeladler und auf der Rückseite in einem Eichenkranz die Inschrift „Stadt Hachenburg, den 4ten März 1848.“ Sie trägt das Datum des Tages, an dem Herzog Friedrich die Forderungen der Nassauer akzeptierte. Das 27 Jahre später unter den Eichenkranz der Fahne hinzugeschriebene Datum "5. Mai 1875" steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem Jahr 1848. Es deutet vielmehr darauf hin, dass der damalige Gesangverein im mittlerweile preußischen Hachenburg sich zum Geist und zu den Idealen des Jahres 1848 bekannte. Die Fahne wurde 1959 restauriert und befindet sich heute im Landschaftsmuseum.

Verwaltungsreform 1848/49

Während der revolutionären Vorgänge des Jahres 1848 war der Ruf nach einer Reform der Verwaltung laut geworden. Einen ersten Schritt in diese Richtung bedeuteten die am 1. Juni 1849 eingeführte Trennung von Justiz und Verwaltung und die Schaffung der Kreisämter als neue Verwaltungsbezirke. Der Zuständigkeitsbereich des Kreisamtes Hachenburg erstreckte sich über die Bezirke der Ämter Hachenburg, Marienberg und Selters. Das Justizamt Hachenburg wurde von einem Amtsverwalter geleitet, der auch die Geschäfte der Landesoberschultheißerei erledigte.
Die am 12. Dezember 1848 erlassene Gemeindeordnung galt als ein sehr fortschrittliches und freiheitliches Gesetz. Bisher waren Ortsschultheißen und Gemeinderechner von der herzoglichen Regierung eingesetzt worden. Dies hatte immer wieder zu Unstimmigkeiten mit den Bürgern geführt. Bereits eine Verordnung vom 16. März 1848 hatte die freie Schultheißenwahl in Aussicht gestellt. Die neue Gemeindeordnung sah nun vor, dass die wahlberechtigten Bürger in der Gemeindeversammlung den Bürgermeister und die Gemeinderäte wählen und in bestimmten Angelegenheiten selbst Beschlüsse fassen konnten. In Hachenburg wurde aufgrund dieses neuen Selbstverwaltungsrechtes 1849 Philipp Bitzer zum neuen Bürgermeister gewählt. Die Gemeinde durfte seitdem wieder selbst ihr Vermögen verwalten und die Ortspolizei ausüben. Doch der "Aufbruch" nach 1848 sank schnell wieder in sich zusammen. Die 1849 eingeführte Trennung von Justiz und Verwaltung wurde 1851 wieder rückgängig gemacht. Auch die Kreisämter löste man durch Verordnung vom 24. Juli 1854 wieder auf.

Versorgungsengpässe 1852/53

In zahlreichen Bereichen gab es Anlass zur Unzufriedenheit. Man klagte über die schlechte Versorgungslage, geringe Ernten und hohe Lebensmittelpreise. Die Behörden traten den aufkommenden Existenzängsten der Bürger mit Einzelverordnungen entgegen. Schon in den Jahren 1846/1847 hatte auf Veranlassung der herzoglichen Regierung die Amts-Armen-Kommission in Hachenburg eine Brotbäckerei für die Armen der Stadt und der Amtsorte angeordnet.
Am 28. Juli 1848 versteigerte man in Hachenburg 570 Zentner Roggen, die auf dem Speicher der herzoglichen Rezeptur lagerten. Ob der Erlös den Armen zugute gekommen ist, darf man allerdings bezweifeln. Auch die Kirche wurde tätig: Pfarrer Ninck rief 1852 eine "Suppenanstalt" ins Leben. Von Januar bis Mai gab man täglich 100 Portionen Suppe mit einem Stück Brot für Bedürftige der Stadt aus. Unter Führung des Kreisamtmannes Wolf bereiteten Hachenburger Frauen die Speisen zu. Bedenkt man, dass damals ca. 1.500 Menschen in Hachenburg lebten, war die Zahl der Ortsarmen demnach nicht gering.
Am Tag vor Ostern 1853 waren wieder einmal 100 Laib Brot an die Armen von Hachenburg, Altstadt und Nister verteilt worden. Den Vorwurf, diese Brotabgabe aus der Kasse eines kürzlich hier gegründeten Wohltätigkeitsvereins bezahlt und damit private Spenden leichtfertig ausgegeben zu haben, ließ Kreisamtmann Wolf im Kreisamtsblatt richtigstellen. Die Spende habe die oberste Staatsbehörde finanziert. In dieser Zeit kümmerte sich in Hachenburg auch ein Frauenverein um die Bedürftigen der Stadt.

Pressestadt Hachenburg

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Vereinsgründungen

Es zeugt von einem liberalen politischen Klima in Hachenburg, dass sich schon vor der "Revolution" Vereine in Hachenburg zusammenfinden konnten, wie etwa der Turnverein Hachenburg 1846 und der MGV Altstadt Anfang 1848. Erst nach dem am 4. März 1848 verbrieften Recht auf freie Vereinsbildung war der Weg frei für die Entstehung von Vereinen, die ein politisches Ziel verfolgten.
Hierzu zählte zunächst der Volksverein Hachenburg, der im Jahr 1848 gegründet wurde. Aus seinen Statuten wird der Vereinszweck ersichtlich: "Sicherstellung und zeitgemäße Fortbildung aller wahren Volksfreiheiten, durch eigene Mitwirkung des Volkes mittelst seiner gewählten Vertreter, insbesondere die Machtvollkommenheit des Volkes, durch seine Organe Gesetze zu geben und deren Vollziehung zu überwachen". Der Verein favorisierte eine konstitutionelle Monarchie und setzte es sich zum Ziel, die deutsche Einheit Wirklichkeit werden zu lassen sowie reaktionäre bzw. anarchistische Bestrebungen zu bekämpfen. Der Verein machte in den Jahren 1848 und 1849 mehrfach Eingaben an die Frankfurter Nationalversammlung und an die Ständeversammlung des Herzogtums Nassau in Wiesbaden. Mitglied der Ständeversammlung war damals der Hachenburger Dekan Karl Keim. Näheres hierzu erfährt man leider nicht.

Wahlen 1850

Die Wahlen vom 20. Januar 1850, bei denen Wahlmänner für die Wahl eines Abgeordneten gefunden werden sollten, der die Interessen des Landes auf dem Reichstag in Erfurt wahrnehmen sollte, verliefen im ganzen Land enttäuschend. Auch in der Stadt Hachenburg war die Wahlbeteiligung gering. Noch hatten sich die Menschen an die Neuerungen der aufkeimenden Demokratie nicht gewöhnt.

Weitere Themenbereiche

  • Alpenroder "Revolutionäre" erobern Hachenburg
  • Bürgerwehr Hachenburg

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