Hachenburg im Westerwald

Zuchtochsen (Mannvieh) und Zugochsenhaltung

Seit dem Jahr 1460/61 ist bekannt, dass die Stadt Mannvieh hielt. Die städtischen "Ochsen" wurden auf Kosten der Stadt in privaten Ställen untergebracht,[Anm. 1] Futter, Hafer und Heu von der Stadt gestellt.[Anm. 2] Diese Tiere standen den Stadtbewohnern gegen Gebühr zum Decken ihrer Kühe zur Verfügung. Zuweilen wurden eigens ein Ochsenfütterer beschäftigt.[Anm. 3] Je nach Bedarf kaufte die Stadt diese Zuchttiere,[Anm. 4] stieß sie wieder ab,[Anm. 5] oder ließ sie auf dem Markt schlachten.[Anm. 6]
1674/75 standen vier städtische Ochsen als Mannvieh in Privatställen.[Anm. 7] Sie gingen, so ist es für das Jahr 1694/95 belegt, im Sommer mit der Herde hinaus.[Anm. 8]
Das städtische Mannvieh wird im 17. und 18. Jahrhundert ständig in den Stadtrechnungen genannt. Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Zuchtochse auch als Faselochse bezeichnet.
Im Jahr 1740/41 hielt die Stadt nur noch zwei Zuchtochsen, zwei andere waren im Eigentum von Bürgern. Da auch sie der Allgemeinheit zur Verfügung standen, zahlte die Stadt den Besitzern eine Vergütung.[Anm. 9]
Die Zuchtviehhaltung überdauerte den Übergang der Grafschaft Sayn an das Herzogtum Nassau. 1824 werden vier städtische Faselochsen erwähnt,[Anm. 10] die in Privatställen standen, auf Kosten der Stadt gefüttert, und durch Apotheker Mergler tiermedizinisch versorgt wurden.[Anm. 11]
Auch später erfährt man gelegentlich von den städtischen Zuchtochsen. Im Jahr 1906 werden noch ein "Westerwälder" und ein "Simmentaler" Gemeindebulle genannt. Sie wurden gegen ein Sprunggeld Viehhaltern zur Verfügung gestellt.
Am 5. Januar 1943 trat die Stadt Hachenburg dem am 2. Dezember 1942 gegründeten Zweckverband zur Beschaffung und Haltung von Zuchttieren im Oberwesterwaldkreis bei. Man beschloss zwei rotbunte Bullen in der Stadtgemeinde aufzustellen, die der Zweckverband besorgen wollte. Da es in der Stadt keine geeigneten Viehställe mehr gab, wurden die Bullen bei Viehzüchtern der Umgegend in Futter und Pflege gegeben.
Auch nach dem Krieg wurde nur noch ein Stadtbulle gehalten. Erst am 22. Mai 1975 wurde die Vatertierhaltung der Stadt Hachenburg aufgegeben und der Vertrag mit dem Tierzuchtzweckverband gekündigt. Man schloss sich der instrumentellen Besamung des Kreises Altenkirchen an. Der letzte Hachenburger Bulle wurde am 6. Juni 1975 geschlachtet.[Anm. 12]

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.


Anmerkungen:

  1. 1488/89 standen die Stadtochsen in Ställen, die der Stadt gehörten. (Söhngen S.41-43). 1551/52 sind die Ochsen bei Heiman Dringenstein untergebracht. (Söhngen S. 52; HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 2). 1680/81 Städtische Ochsen und Zuchteber sind bei Bürgern eingestallt (Söhngen S. 106). Zurück
  2. Die Ochsen wurden 1463/64 von Hengen Haubarick versorgt (Söhngen S. 38.). 1512/13 lieferte sie Stadt Hafer und Heu (Söhngen S. 47). Private Stallung und städtische Fütterung wurde auch 1815 noch praktiziert (Stadtrechnung 1815 (HHStAW Abt. 224 Nr. 4661)). Zurück
  3. 1530/31 wird als solcher Joh. Ryffert genannt (Söhngen S. 49). 1626/27 fütterte Wilhelm Dildey einen Stadtochsen. (Söhngen S. 80) Zurück
  4. 1495/1496 wurden vier Ochsen gekauft. (Söhngen, S. 45). Zurück
  5. 1512/13 Einnahmen der Stadt aus dem frei Ochsenverkauf ( Söhngen S. 47). 1798 verkaufte die Stadt einen Faselochsen an das französische Magazin nach Emmerichenhain (Söhngen S. 189). Zurück
  6. Sein Fleisch wurde für 3.881,20 DM verkauft (Stadtarchiv Hachenburg). Zurück
  7. Söhngen S. 104. Zurück
  8. Söhngen S. 120. Zurück
  9. Söhngen S. 135. Zurück
  10. Stadtrechnung 1824 (HHStAW Abt. 224 Nr. 4663). Vgl. Stadtgemeinderechnung 1810-1814 (HHStAW Abt. 343 Nr. 55). Zurück
  11. Stadtrechnung 1839 (HHStAW Abt. 224 Nr. 4674). Zurück
  12. Sein Fleisch wurde für 3.881,20 DM verkauft (Stadtarchiv Hachenburg). Zurück