Hachenburg im Westerwald

Hachenburg im Dreißigjährigen Krieg 1618-1636

Holsteinische Besetzung 1623

Mit dem sog. "Prager Fenstersturz" am 23. Mai 1618 begann der wohl verheerendste Krieg der frühen Neuzeit. Hachenburg blieb in den ersten Kriegsjahren von den Kriegsereignissen verschont. In weiser Voraussicht ließ der Stadtrat aber Mauern und Türme inspizieren, veranlasste notwendige Reparaturmaßnahmen und beschloss die Stadttore durch eine zusätzliche Eisenkette zu sichern. Die Bürger wurden aufgefordert, Pulver zu bevorraten, um es im Fall eines Angriffes auf die Stadt zur Hand zu haben.
Die ruhigen Zeiten endeten erst, als am 20. Juni 1622 der Führer der Katholischen Liga, Johann t'Serclaes Graf von Tilly (1559-1636), den Truppen des protestantischen Heeres unter Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel (lebte 1599-1626) bei Höchst am Main eine schwere Niederlage zufügte. Jetzt stand der katholischen Liga neben den nassauischen Grafschaften auch die Grafschaft Sayn offen.
Am 8. Januar 1623 besetzte Herzog Adolf von Holstein (reg. 1544-1586), kaiserlicher Obrist im Heer Tillys, oberster Feldherr und Generalissimus der katholischen Liga, Hachenburg und richtete hier sein Winterquartier ein. Die Forderungen der holsteinischen Besatzung nach Lebensmitteln und anderem setzten der Stadt schwer zu. Persönlich zeigten sich die Besatzer von einer denkbar schlechten Seite. Dieß undiciplinierte Volk habe, so hieß es, nacht und tag dominirt, pauketirt, gefreßen und gesoffen. Auch die Offiziere hätten in den ihnen angewiesenen Privatquartieren die Vorräte ihrer Wirte geplündert und sie gezwungen, vor allem Wein bei Gastwirten zu kaufen und ihnen vorzusetzen. Als die Holsteiner am 20. Mai 1623 abzogen, waren die Stadt und ihre Bewohner um über 22.000 Gulden ärmer geworden.
Die Kriegsbeschwerungen hörten jetzt nicht mehr auf, die Kriegsvölker gaben sich die Klinke des Stadttores in die Hand. Erst besetzten kurkölnische Truppen die Stadt, im Herbst 1624 lagen wieder Truppen Tillys im Land, von März bis Mai 1625 hielten sich französische Truppen in Hachenburg auf.
Einem Aufruf König Ferdinands II. (reg. 1619-1637) vom 3. März 1630, die Grafschaft Sayn nicht zu belästigen und namentlich Hachenburg von Einquartierungen, Kriegssteuern und Plünderungen freizuhalten, schenkten die Kriegsparteien keinerlei Beachtung.

Schweden in Hachenburg und Marienstatt 1632

Als der Schwedenkönig Gustav II. Adolf (reg. 1611-1632) im Jahr 1631 das kaiserliche Heer in Breitenfeld in der Nähe Leipzigs schlug und noch im selben Jahr an den Rhein kam, erhielt Hachenburg 1632 schwedische Einquartierungen unter General Beauty mit 500 Pferden und großer Bagage. In Altstadt brannten 1632 einige Kirchenscheunen ab, weil Soldaten nicht aufgepasst hatten. Auch einige Häuser sanken in Schutt und Asche.
In dieser schweren Zeit war Graf Ernst von Sayn (reg. 1623-1632) persönlich nach Frankfurt geritten, um dort am 24. Februar 1632 beim Schwedenkönig um Hilfe gegen Kurtrier zu bitten. Dies gelang, doch der Graf verstarb plötzlich am 2. Mai 1632 in der Mainstadt. Der Graf scheint sein nahes Ende geahnt zu haben, zumindest hatte er wenige Tage vor seinem Tod seine Ehefrau Loysa Juliana (reg. 1632-1636 und 1648-1652) zur Sachwalterin für seinen erst dreijährigen Sohn Ludwig und ihrer beiden ebenfalls minderjährigen Töchter bestimmt. Die Vormundschaftsregierung übernahm der gräfliche Verwandte Ludwig von Erbach-Breuberg. Er bestätigte der Stadt am 30. Mai 1632 die städtischen Privilegien und versprach, die von der Stadt angemahnten „Neuerungen“ sofort nach dem Begräbnis des Grafen Ernst (15. Juni 1632) zu beseitigen. Dann nahm er noch am selben Tag die Huldigung der Bürgerschaft entgegen.
Gräfin Loysa Juliana, die sich dem Druck des Trierer Erzstiftes nicht erwehren konnte, nahm die schwedische Hilfe<ANM>Die Schweden lösten das Graf Ernst gegebene Versprechen ein. Bevollmächtigter der schwedischen Krone in der Grafschaft Sayn war seit 1633 Goswin Grimmäus. Er lebte 1628 in Hachenburg, wo er durch seine Mutter, eine geb. Brender, und seine Ehefrau, eine Enkelin des Amtmanns Moller, begütert war. Goswin Grimmäus trug wesentlich zur "Befreiung" der Freusburg bei, als er bei Hachenburg kurtrierische Truppen abfing. Er wurde 1634 beim Angriff des Oberst von Grimberg auf die Stadt von einer Streife in Marienstatt aufgegriffen und ein Jahr lang eingesperrt (Söhngen S. 252 ff.; Gensicke, Geschichte S. 15 und S. 338ff.; Fuchs, Hachenburg S. 108).</ANM> zum Anlass, auf die Erbfolge ihres Sohnes bzw. ihrer Töchter zu pochen. Die schwedische Protektion sollte der Grafschaft und namentlich der Stadt Hachenburg aber schnell zur Belastung werden und Krieg und Verderben bringen. Die Nordmänner, zu denen auch wittgensteinische Verbände gehörten, mussten untergebracht, ausgerüstet und ernährt werden.In der Abtei Marienstatt quartierte sich eine schwedische "Schutzwache" ein.
Vergeblich protestierte die Regierung in Hachenburg gegen die Beschlagnahmung der Abtei. Folge dieses Willküraktes war, dass der ligistische Oberst von Grimberg am 3. Januar 1634 mit bönninghausischen Soldaten, von Andernach kommend, auf Hachenburg losrückte und die Stadt durch einen Trompeter zur Übergabe auffordern ließ. Die Schweden in der Stadt baten sich 24 Stunden Bedenkzeit aus. Sie nützten die ihnen zugestandene Frist aber dazu, die Stadttore mit Erdwällen zu verbarrikadieren. Dann teilten sie dem Oberst mit, er möge nur kommen, sie seien zu seinem Empfang bereit. Grimberg ließ die Stadt viermal angreifen, wurde aber jedes Mal zurückgeschlagen. Schließlich musste er mit seinen Truppen unverrichteter Dinge abziehen.

Spanier vor Hachenburg 1634

Im Februar 1634 überschritt der spanisch-kaiserliche General de Célada mit 1.600 Reitern und 3.000 Mann Fußvolk, von Luxemburg kommend, den Rhein bei Andernach. Hier wollte er sich mit den Kölner und Neuenburger Truppen vereinigen, um dann ins Lahngebiet und den Westerwald einzufallen. Der schwedische Truppenführer Axel Oxenstirna (lebte 1583-1654) traf alle Vorbereitungen, um Célada an der Lahn zu begegnen. Am 14. März 1634 erschienen spanische Truppen vor der Stadt Hachenburg und forderten sie durch einen Trompeter auf, sich zu ergeben. Als man dies verweigerte, zogen die Spanier unverrichteter Dinge wieder in Richtung Rhein ab und plünderten dort Altwied und andere Orte. Von dem spanischen Kardinalinfanten Don Fernando, der im Herbst 1634 mit seinen Truppen über die Frankfurter Straße nach Altenkirchen zog, blieb die Stadt Hachenburg verschont.

Die schlimmen Jahre 1635/36

Nach dem Tod des Schwedenkönigs Gustav Adolf (16. November 1632) und vor allem nach der Niederlage der protestantischen Truppen in der Schlacht bei Nördlingen am 4./ 6. September 1634 brach die schwedische Herrschaft am Mittelrhein zusammen. Daran konnte auch die Ermordung des katholischen Widersachers Wallenstein (25. Februar 1634) nichts ändern. 1635 verließen die letzten Schweden die Stadt Hachenburg. Die Folgen des schwedischen Abzugs waren für das Land verheerend. Jeder militärischen Führung beraubt, zogen Horden von Soldaten und Söldnern der Erzbischöfe von Trier und Köln plündernd, brennend und mordend durch das Land und schonten weder Freund noch Feind. In Hachenburg rückten kaiserliche Truppen ein und plünderten die Stadt. Kaum waren die Marodeure abgezogen, trafen der Marquis de Grana und Oberst Waldberg mit zusammen 500 Reitern und 400 Infanteristen in Hachenburg ein. Der schon darbenden Stadt wurden weitere 16.000 Gulden Kosten aufgebürdet. Obwohl Gräfin Loysa Juliana der Stadt zusagte, ihr helfend unter die Arme zu greifen, wurden die Dreißiger Jahre für die Stadt Hachenburg die schlimmsten in dreißig Jahren Krieg. Ein erneuter Versuch König Ferdinands II., Gräfin Loysa Juliana und ihre Grafschaft von Einquartierungen und Kontributionsforderungen freizuhalten, zeigte abermals keinerlei Wirkung.
Hinter den starken Mauern, die Hachenburg während des Großen Krieges mehrfach geschützt hatten, konnten sich auch die Bewohner des Umlandes bei drohender Gefahr flüchten. In den Jahren 1635/36 suchten Vertriebene aus Hattert, vom Beller Hof und aus Berod in Hachenburg Schutz. Doch Überbevölkerung, Hunger, Schmutz und Ratten brachten der Stadt die wohl schrecklichste Begleiterscheinung des Krieges: die Pest. Im Frühjahr und Sommer des Jahres 1636 raffte die Seuche einen Großteil der Bevölkerung dahin. Wirtschaft und Handel kamen fast vollständig zum Erliegen.

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.