Hachenburg im Westerwald

Ein Hachenburger als Nazi-Scherge: Adolf Haas

Als am frühen Morgen des 28. Mai 1933  SS-Männer aus Montabaur, Eschelbach, Hillscheid, Selters und Mogendorf um 7:30 vor dem Rathaus in Montabaur zusammenkamen, um Regimegegner zu verhaften, befand sich neben einem LKW-Fahrer aus Hachenburg auch SS-Sturmführer Adolf Haas aus Hachenburg unter diesen Nazi-Schergen.[Anm. 1]
Adolf Haas war am 14. November 1893 in Siegen geboren und in Hachenburg aufgewachsen. Er hatte Bäcker und Konditor gelernt. Er trat am 1. Dezember 1931 der NSDAP bei, wurde am 1. April 1932 Mitglied der SS, wo er "Karriere" machte und dabei half, die SS im Ober- und Unterwesterwald aufzubauen.
Er war auch im Hachenburger Stadtrat aktiv. Als Mitglied der Stadtverordnetenversammlung war er hauptsächlich dafür verantwortlich, dass Judenfriedhofsweg und Judengasse in Dehlinger Weg und Alte Poststraße, sowie ein Teil der Leipziger Straße in Adolf Hitlerstaße umbenannt wurden. Adolf Haas war auch an der Erstürmung der Synagoge in Mogendorf beteiligt.[Anm. 2] Seine Beteiligung an der Zerstörung der Hachenburger Synagoge in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 lässt sich vermuten, da er am Abend bei einer Veranstaltung der NSDAP-Ortsgruppe im Saal Westend anwesend war. Genannt wird Haas in den wenigen Quellen zur Synagogenzerstörung allerdings nicht.
Im Oktober 1935 gab Adolf Haas seinen Bäckermeisterbetrieb in Hachenburg auf und übernahm als hauptamtlicher SS-Führer die Leitung eines Sturmbannes in der "SS". Trotz oder gerade wegen seiner "Fähigkeiten",[Anm. 3] wurde er am 1. März 1940 zur Dienststelle "Inspekteur der Konzentrationslager" abkommandiert. Eine Probezeit im Kommandanturstab des Konzentrationslagers Sachsenhausen verlief offensichtlich "erfolgreich", denn sie endete bereits nach 3 Monaten mit seiner Ernennung zum Obersturmführer der Waffen-SS, die die Wachmannschaften und Kommandanturstäbe der Konzentrationslager stellte.
Am 14. Juni 1940 übernahm Adolf Haas in feldgrauer Waffen-SS-Uniform sein neues Amt: in Wewelsburg südwestlich Paderborn hatte er ein Arbeitslager, das Konzentrationslager Niedernhagen, aufzubauen, dessen Insassen hauptsächlich Bauarbeiten rund um die Wewelsburg, Himmlers SS-Kultstätte, auszuführen hatten.
Am 20. April 1941 erhielt Haas als KZ-Kommandant seine Beförderung zum SS-Hauptsturmführer. Bis zur Auflösung des Konzentrationslagers Niedernhagen am 30. April 1943 fanden dort 1.285 Häftlinge den Tod. Stets wurde als Todesursache "Entkräftung und Krankheit" u.ä. genannt.
Noch im April 1943 wurde Adolf Haas zum Kommandanten des "Austauschlagers" Bergen-Belsen bestimmt. Hier wurden Juden "bevorratet", die man zum Austausch im Ausland internierter Deutscher zu "verwenden" gedachte. SS-Obergruppenführer Pohl, dem die Konzentrationslager zugeordnet waren, wird den einfach strukturierten, zur Leitung eines "Austauschlagers" völlig unqualifizierten SS-Führer wohl nur deshalb zum Lagerkommandanten von Bergen-Belsen ernannt haben, weil er Adolf Haas nach der Auflösung des KZ Niedernhagen wieder mit einer "angemessenen" Stellung ausstatten wollte.
Adolph Haas, am 9. November 1943 zum SS-Sturmbannführer ernannt, war bis zum 2. Dezember 1944 Kommandant von Bergen-Belsen. Während seiner Kommandantenzeit starben dort 1.745 Häftlinge. Anne Frank wurde im Oktober 1944 in das KZ deportiert.
Am 20. Dezember 1944 schied Adolf Haas aus dem KZ-Dienst aus. Die Gründe für seine Ablösung bleiben unklar: Genannt werden Unfähigkeit und Korruption. Er soll auch in Ungnade gefallen sein, weil er sich von einem jüdischen Gefangenen porträtieren lassen habe.
Haas wurde als Kommandeur des SS-Panzergrenadierbataillons 18 an die Front versetzt. Dort verliert sich seine Spur. Seit 1945 gilt Adolf Haas als verschollen, 1950 wurde er durch das Amtsgericht offiziell für tot erklärt.[Anm. 4]

Anmerkungen:

  1. LHAKo Best. 584,1 Nr. 1352, S.86, zit. nach Jungbluth, Widerstand S. 523. Zurück
  2. Jungbluth, Synagoge Mogendorf S. 105 Zurück
  3. In einer Beurteilung der "SS" vom 4.10.1937 - sie befindet sich in der Personalakte im Berlin Document Center des Bundesarchivs – wird er als "schwach im Schreiben" und als ungeeignet für "höhere Führungsaufgaben" beschrieben. Seine "Qualitäten" zeige er vor allem in der Beherrschung der Kommando-Sprache sowie im Exerzierdienst. Sein Auftreten führe leicht zur Überschätzung seines Person und seines Könnens. (Güth/Kempf/Frank 2002 S. 94 Anm. 3; Struif, Hachenburg S. 224. Zurück
  4. Hüser, Wewelsburg S.75ff; Güth/Kempf/Frank 2002 S. 94 Anm. 3; Struif, Hachenburg S. 225f. Zurück