Boppard am Mittelrhein

Kurfürstliche Burg

Als der Trierer Erzbischof Balduin von Luxemburg im Jahr 1327 Boppard eroberte, wehrten sich die Stadtbewohner auch in den folgenden Jahren gegen die auferzwungene Herrschaft. Deshalb ließ der neue Stadtherr um 1340 eine Burg errichten, um den widerspenstigen Städtern auch symbolisch seinen Herrschaftsanspruch zu verdeutlichen. So entstand an der nordöstlichen Ecke der römischen Kastellanlage ein befestigter quadratischer Wohnturm. Die Erzbischöfe Kuno bzw. Werner von Falkenstein führten den Turm bis zum vierten Geschoss hoch und ließen einen Wohnraum mit einer Kapelle einrichten. Der Wohnturm wurde mit Gusserkern und vier Ecktürmchen ausgestattet. Die Anlage wurde mit einem 12 Meter breiten und sechs Meter tiefen Wassergraben umgeben, der so die Burg von der Stadt Boppard abtrennte. Wohl noch im 14. Jahrhundert wurde das Zollhaus angebaut. An anderen Bauten wurde auch später noch gearbeitet, ohne dass man den Zeitpunkt näher bestimmen kann. Im Jahr 1495 sagte König Maximilian auf dem Reichstag in Worms die Stadt von der kurfürstlich-trierischen Oberhoheit los. Als König Maximilian kurz darauf seinen Spruch zurücknahm, erstürmten erboste Bopparder Bürger unter Führung eines Ritters von Schwalbach die kurfürstliche Burg (Bopparder Krieg). Das trierische Zollhaus ging in Flammen auf. Der Trierer Kurfürst Johann von Baden zog daraufhin mit 12.000 Mann und schweren Feuergeschützen heran. Diesem Druck konnte die Stadt nicht lange standhalten.
Nach einem Brand Ende des Jahres 1499 wurde die Burg sofort wieder aufgebaut. Es ist durchaus möglich, dass die Bopparder selbst die Burg anzündeten. Die erzbischöflichen Baumeister fügten wohl deshalb zwei Rundtürme in Richtung Stadt hinzu. Im Jahre 1501 wurde die Stadt Boppard von Johann von Eltz besetzt. Johann nahm den Kommandanten Emrich von Nassau gefangen und plünderte drei Monate lang die Burg aus.
Bis zum 16. und 17. Jahrhundert folgten weitere, umfangreiche Baumaßnahmen und Erweiterungen, u.a. unter Erzbischof Karl Kaspar von der Leyen. Der wehrhafte Charakter mit breiten, wassergefüllten Gräben und einer dreibogigen Brücke ist auf Ansichten des frühen 19. Jahrhunderts noch erkennbar. Erst 1840 wurde der Burggraben zugeschüttet, die Brücke abgebrochen. Der viereckige Bergfried zeigt sich heute nahezu unverändert, nur das Dach und die Fenster wurden verändert. Die Burg beherbergt heute das Städtische Museum.

Baubeschreibung nach Dehio

Die Burg in Boppard ist eine Niederungsburg im Kastelltyp. Der Grundriss ein regelmäßiges, einen Hof umschließendes Rechteck von vier Flügeln mit Rundtürmen an der Südwest- und Südostecke, der Nordflügel um die Breite des ehemaligen Grabens nach Westen verlängert (ehemaliges Zollhaus). Baudetails nachmittelalterlich, Dächer meist 19. Jahrhundert. Am Ostflügel und am ehemaligen Zollhaus Wappen der Erzbischöfe Karl Kaspar von der Leyen (1652-72) und Hugo von Orsbeck (1672-1711). Der aus der Mitte nach Westen und zum Rhein hin verschobene Bergfried, der gleichzeitig als Wehrturm diente, stammt aus der Zeit Erzbischof Balduins. Er ist mit Ausnahme von Dach und Fenstern unverändert, das letzte Geschoss mit gerundeten Ecken über Rundbogenfries vorkragend, unter den Rundbögen Wurfschächte, sog. Maschikulis, ein aus dem Orient kommendes, durch Frankreich vermitteltes, im rheinischen Burgenbau sonst fremdes Motiv. Die Nordostecke des vierten Wohnturmgeschosses ist als Kapelle mit Altarnische ausgebaut; qualitätvolle Fresken: Maiestas und in Baldachinarchitektur über mit Rautenmuster geschmücktem Sockel fünf weibliche Heilige (Dorothea, Agatha, Barbara, Margaretha, Katharina), letztes Drittel 14. Jahrhundert (Falkensteiner Wappen, wohl Erzbischof Kuno von Falkenstein 1362-88).

Baubeschreibung nach einem Projekt der FH Mainz

Die prächtige Rheinfront entstand durch die Harmonisierung von mindestens drei unterscheidbaren Bauteilen, die ihr Erscheinungsbild durch einen großen Umbau in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert erhielten. Der Mitteltrakt mit seinem abgeschleppten Pultdach vor dem Bergfried ist klar in diese Zeit zu datieren, wie die Detailausbildung seines Dachstuhls und eines integrierten Hängewerks zeigt. Zumindest Teile des nach Westen vorspringenden, im Grundriss leicht geknickt ansetzenden Flügels enthalten noch Bausubstanz des ehemaligen kurtrierischen Zollamts, das auf Stadtansichten des 16. Jahrhunderts erkennbar ist. Eine eigenständige, ältere Bauphase zeichnet sich in den erhalten Resten des östlichen Teils ab, der heute nur noch als rheinseitiger Abschluss des Ostflügels in Erscheinung tritt. Der ursprünglich repräsentative Charakter des gesamten Nordflügels zeigt sich bis heute in den anspruchsvoll durchgebildeten Kölner Decken, die sich über das gesamte 1. Obergeschoss ausdehnen. In ihren Störungen geben sie Aufschluss über frühere Kamin- oder Ofenpositionen und jüngere Grundrissveränderungen, die aber als Raumtrennwände in Fachwerk nicht die Grundstruktur des 17. Jahrhunderts verändert haben. Die Unterteilungen gehen möglicherweise auf den Umbau als Gefängnis zurück. Der Plan von 1818 sah hier mehrere "Schlafgemächer für leichte Verbrecher", Waschküche und Wohnung für einen Aufseher und die Wohnung eines Inspektors vor. Die Dachkonstruktion entspricht im Wesentlichen dem Konzept des 17. Jahrhunderts und verrät durch ihr Hängewerk die Position eines rheinseitigen, dann unterteilten Saals im 1. Obergeschoss.
Ganz anders verhält es sich im Erdgeschoss. Bereits durch den Anschluss des ehemaligen Zollamts an die erweiterte Burg entstand im westlich vorspringenden Teil ein zwar formal einheitliches, konstruktiv aber heterogenes Gebilde, das im 19. Jahrhunderts nach dem Zuschütten des Burggrabens einen separaten Treppenturm erhielt und bis ins 20. Jahrhundert starken Eingriffen im Inneren unterworfen war. Von einer ursprünglichen Grundrissdisposition ist fast nichts erhalten, tragende Innenwände wurden zur freieren Gestaltung durch einen Rost aus durchlaufenden Stahlträgern (3 quer, 2 längs) ersetzt, die heute die Decke tragen. Ebenso verhält es sich mit dem Mitteltrakt, der als Heizungs- und Öllagerraum einen neuen Zugang von der Rheinseite sowie ein hochwassersicheres Niveau erhielt und über dem Heizöllagerraum mit einer Kappendecke versehen wurde. Auf der Westseite weist hier der Turm auf seiner Außenseite allerdings auskragende Konsolsteine auf, die ein Indiz für eine ältere, bisher nicht erforschte Bauphase sein können. Kragsteine dieser Art kommen ansonsten an der Außenseite des Turms nicht vor.
Eine Besonderheit bilden die beiden zum Rhein symmetrischen Dachpavillons, die ursprünglich geschweifte Hauben mit Laternen trugen wie die beiden Rundtürme des Südflügels und damit annähernd ein Bild der Burg als 4-Turm-Anlage mit zentral stehenden Donjon vermitteln. Die Balkenlagen, auf denen diese geschweiften Hauben ansetzten, sind - mit starken Schäden - noch vorhanden. Der Deckenstuck in diesen Dachpavillons zeigt spätere Formen als die der darunterliegenden Kölner Decken. Diese Umgestaltung wird dem kurtrierischen Baumeister Johann Christoph Sebastiani 1698 zugeschrieben

Quelle: Dehio; Herrmann (Hier auch eine ausführliche Baubeschreibung); welterbe-mittelrheintal; rheinreise.de; Projekt FH Mainz: redakt. Bearb. S.G.