Boppard am Mittelrhein

Karmeliterkloster "Unsere Liebe Frau"

[Bild: Thomas G. Tempel]
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Die Gründung des Klosters - es wurde 1265 zum ersten Mal genannt - ist nach Köln die älteste dieses Ordens im Rheinland. 1262 waren die ersten Mönche des Bettelordens nach Boppard gekommen, 1264 erhielten die Karmeliter durch den Trierer Erzbischof Heinrich die Erlaubnis zum Erwerb von Grundbesitz und zum Bau eines Klosters unmittelbar vor der Nordwestecke der damals noch stehenden römischen Mauer.
Die Kirche eine turmlose, einschiffige Anlage von vier Langhaus- und Chorjochen mit 3/8-Schluss, war 1320 im Bau. Im Chor finden sich zweibahnige, in der Westwand ein großes vierbahniges Maßwerkfenster. Das Kreuzrippengewölbe auf Konsolen stammt im Chor aus der Erbauungszeit, im Langhaus wurde es erst um 1440 eingezogen (Putzreste im Dachstuhl). 1439-44 wurde nach Norden ein sechsjochiges, flachschließendes Seitenschiff, schmaler als das Hauptschiff, aber gleichhoch, mit im Gegensatz zum Hauptschiff eingezogenen Strebepfeilern und großen quergeteilten Maßwerkfenstern angebaut. Dabei wurde die Zwischenwand bis in Gewölbehöhe mit Arkaden geöffnet. Das Kreuzrippengewölbe sitzt auf Konsolen, zwei davon als Männer- und Frauenkopf gestaltet. Die Fenster der Südseite des Hauptschiffes sind wahrscheinlich beim Bau barocken Klostergebäude zugesetzt worden. Die doppelte Asymmetrie des Raumes und der Lichtführung ergibt ein reizvolles Raumbild. Die Einwölbung des Seitenschiffs erfolgte 1454 durch Heinz Schmirling.
An der Nordseite der Kirche sind noch die ehemaligen Klostergebäude zu erkennen.
Die baufälligen alten Teile wurden 1728 niedergelegt und durch einen Neunbau ersetzt. Es handelt es sich um weiträumige, sehr schlichte Barockanlage um einen quadratischen Innenhof mit eingebautem Kreuzgang von fünf zu fünf Jochen. In der Ostfront Säulenportal, bez. 1730, darüber Maria vom Berge Karmel. An der Ecke Heiligenfigur in Nische. Im Inneren befinden sich eine bemerkenswerte Ausmalung, zahlreiche Bildwerke sowie einige ältere Grabdenkmäler.
Das Kloster wurde während der Säkularisation 1803 aufgelöst.

Ausmalung und Ausstattung

Die ursprüngliche Ausmalung konnte aus aufgefundenen Überresten rekonstruiert werde: graue Wände und rote Architekturglieder. Im Dachstuhl finden sich Reste der ursprünglichen Fassung der Außenwände des Chores mit roten Fugen auf weißem Grund.
Wandmalereien: Reste an der Südwand des Hauptraumes, vierzehn Felder in zwei Streifen mit der Alexiuslegende, 1407 datiert und durch Wappen als Stiftung der Söhne Friedrichs von Schöneck gekennzeichnet. Im Seitenschiff Ecce Homo und zwei Karmeliterheilige.
Trotz des Verlustes wichtiger Teile durch Verkauf im 19. Jahrhundert (Glasgemälde aus dem frühen 15. Jahrhundert, heute in den Cloisters in New York und im Schnütgen-Museum in Köln) und durch Diebstahl in jüngster Zeit besitzt die Kirche noch eine reiche Ausstattung:

  • Prächtiger Hochaltaraufsatz mit gedrehten Säulen und zwei Olgemälden 1699.
  • Seitenaltaraufsatz (ursprünglich Hochaltar der Severuskirche) in Knorpelstil, Mitte 17. Jahrhundert mit Abendmahlsbild von 1739. Aufsätze eines Josephaltars mit drei Schnitzfiguren um 1660 und eines Walburgisaltars mit Olgemälde um 1700.
  • Kreuzigungsdarstellung, um 1500 in neuem Altarschrein.
  • Reste eines Nothelferaltars. Mitte 17. Jahrhundert in der Sakristei. An der Südwand, vom ehemaligen Kloster aus zugänglich, Steinkanzel der Erbauungszeit, die gemalten Figuren 18. Jahrhundert; Sakramentsnische, 15. Jahrhundert.
  • Steinerne, vierjochig unterwölbte Westempore mit reichem architektonischem Schmuck und figürlicher Plastik um 1440 und Ende 15. Jahrhunderts.
  • Chorgestühl, um 1460 mit ganzfigurigen Evangelisten- und Heiligendarstellungen, figuralen Knäufen und Misericordien. Feiner Dreisitz mit reichgeschnitzter Baldachinbekrönung, um 1470-80.

Bildwerke

In der Kirche bzw. der Sakristei befinden sich zahlreiche Bildwerke:

  • Sitzende Muttergottes, erste Hälfte 14. Jahrhunderts.
  • Kleine thronende Muttergottes, Ende 14. Jh.
  • Vesperbild, um 1420-30, ausdrucksvoll, reich und sorgfältig in der Gewandbildung.
  • Kruzifix erste Hälfte des 15. Jahrhunderts (vgl. Bad Salzig).
  • Überlebensgroßer Kruzifixus, 1465.
  • Stehende, lebensgroße Muttergottes, um 1480.
  • Zwei Engel, Ende 15. Jahrhunderts.
  • Drei Reliquienbüsten, hl. Bischöfe, mittelrheinisch, um 1500.
  • Reliefscheibe mit Anbetung der Könige, erste Hälfte des 16. Jahrhunderts.
  • Einige Figuren und Ölgemälde 17./18.Jh.
  • Außen am Chor stehende Muttergottes, Stein, um 1330, wie die Muttergottes am Chor der Liebfrauenkirche zu Oberwesel eine Variante oberrheinischer Bildwerke.
  • Gemalter Außenflügel eines Altaraufsatzes, kölnisch, Anfang des 15. Jahrhunderts.
  • Türbeschläge, 14.Jahrhundert.
  • Windfang, 1633.

Grabdenkmäler

Die wichtigsten Grabdenkmäler befinden sich im Chor:

  • Großes dreiteiliges Wandgrab des Grafen Johann von Eltz (gest. 1547) und seiner Gemahlin Maria von Breitbach (gest, 1544), 1548 datiert; im Mittelfeld die Taufe Christi, darunter zwei Engel mit einer Johannesschüssel, zu den Seiten in Nischen die knienden Bildnisfiguren der Verstorbenen, elegante Flachreliefs, reicher architektonischer Rahmen; bedeutende Arbeit, dem Meister des Trierer Metzenhausendenkmals (Hieronymus Bildhauer?) zugeschrieben.
  • Epitaph der Margarete von Eltz (gest. 1509) mit Relief der Hl. Dreifaltigkeit und Engeln (nach Dürers Holzschnitt von 1511) in Solnhofer Kalkstein, 1519 von Loy Hering, Eichstätt.
  • Rittergrabstein mit Bildnisfigur, 1390.
  • Im Fußboden Grabplatte eines Abtes (1399), die Figur eingeritzt.
  • Im Hauptschiff: Doppelgrabmal des Ritters Wilhelm von Schwalbach [Bild] und seiner Frau Anna von der Leyen (beide 1483 gestorben) mit gut charakterisierten Relieffiguren der Verstorbenen. Ein weiterer Rittergrabstein für Sifrit von Schwalbach, 1497, darüber ein hölzerner Wappenschild.
  • Epitaph Arnold von Scharfenstein (gest, 1613) mit Alabasterrelief einer Marienkrönung. Kleine frühchristliche Grabplatte des Armentarius, 5. Jahrhundert.

Quelle: Dehio; Imhof, Kirchen; redakt. Bearb. S.G.