Güls am Mittelrhein

Zur Geschichte von Güls

Die Zeit vor den Römern

Panorama von Güls (Koblenz)[Bild: Holger Weinandt [CC BY-SA 3.0]]

Die erste Siedlung im Gebiet des heutigen Güls stammt wahrscheinlich von den Kelten, auch wenn diese wohl nicht lange dieses Gebiet bewohnt haben.[Anm. 1] Ihr Siedlungsgebiet war die Mündung des Mühlbaches in die Mosel auf der einen und das damalige Sumpfgebiet, die heutige Straße Im Palmenstück, auf der anderen Seite. [Anm. 2] Um die Siedlung verlief ein aufgeschütteter Wall und Palisaden.[Anm. 3] Wahrscheinlich geht auch der Ortsname auf keltischen Ursprung zurück; der Ort müsste Golo oder Golu geheißen haben.[Anm. 4]

Güls unter den Römern

Im Gallischen Krieg von 58 bis 51 v.Chr. eroberten die Römer das Gebiet westlich des Rheins.[Anm. 5]Dass sich auch unter den Römern ein Ort an der Stelle des heutigen Güls befunden haben muss, zeigt der Fund einer Wasserleitung aus römischer Zeit, welche 1965 auf dem Gülser Friedhof entdeckt wurde.[Anm. 6] Dabei könnte es sich um eine Wasserleitung handeln, welche Quellwasser in die römische Siedlung transportierte.[Anm. 7] Insgesamt war die Leitung mindestens 200 Meter lang und verlief vom Friedhof bis zum Grundstück des heutigen Winzers Karl Lunnebach. Woher die Quellfassung kommt, ist unbekannt.

Güls im Mittelalter

Über die Zeit zu Beginn des Christentums in der Gegend (um 370) ist bekannt, dass Adelige und Privilegierte nach Güls zogen, wodurch es zu einer größeren Bautätigkeit kam.[Anm. 8]Im Frühmittelalter gab es zwei unterschiedliche Siedlungsorte, welche im Laufe der Zeit vereinigt wurden.[Anm. 9] Im Jahr 775 wird Güls das erste Mal urkundlich erwähnt, als Karl der Große der Benediktinerabtei Hersfeld umfangreiche Ländereien in Güls übergab.[Anm. 10] Der Ort wird in der Urkunde Gulse genannt.

1064 schenkte Erzbischof Anno von Köln der Abtei Siegburg den Ort Güls.[Anm. 11] 1126 wird die Übergabe von Gülser Besitz an das Servatiusstift Maastricht erwähnt, zu diesem Anlass wird auch zum ersten Mal die Pfarrei Güls genannt.[Anm. 12] Der Abt von Siegburg spricht 1488 noch von dem Besitz des Dorfes Güls, weshalb davon ausgegangen wird, dass die Äbte von Siegburg die Grund- und Gerichtsherren waren.[Anm. 13] Die Pfarrrechte, das Patronat und erheblichen Grundbesitz besaß hingegen das Servatiusstift in Maastricht[Anm. 14], das seine Güter an den weltlichen Adel verlieh.[Anm. 15]

Die Kirche St. Servatius in Güls wurde im 12. Jahrhundert gebaut, ein Anbau wurde ihr in den ersten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts hinzugefügt.[Anm. 16] Ab 1056 gehörte auch der Fronhof des Siegburger Stiftes zu den kirchlichen Gütern. Außerdem besaßen die Abtei Rommersdorf und die Koblenzer Stifte St. Kastor und St. Florin Güter und Ländereien in Güls. Zudem gab es den Fronhof in der Planstraße (im Norden von Güls), dessen Gründungsdatum unbekannt, aber spätestens auf das 15. oder 16. Jahrhundert zu datieren ist.[Anm. 17] Außerdem befand sich ein weltliches Hospital in Güls.[Anm. 18]

Güls in der frühen Neuzeit

Zwischenzeitlich erwarb auch das Zisterzienserkloster Camp am Niederrhein Güter in Güls.[Anm. 19] 1501 wurde der Gülser Besitz dieses Klosters an das Augustiner-Eremiten-Kloster zu Ehrenbreitstein verkauft. Der sogenannte Camper Hof ging dann 1592 durch eine Schenkung vom Trierer Kurfürsten Johann VII. von Schönberg an die Koblenzer Jesuiten über. Die Jesuiten rissen den Camper Hof ab und legten stattdessen einen Garten an, andere Güter tauschten sie, zudem kauften sie sich auch neues Land.[Anm. 20]

Das Servatiusstift zu Maastricht besaß um diese Zeit Hofgebäude mit vielen Weinbergen, Äckern und Wiesen, außerdem den Pfarrsatz (Recht, den Pfarrer zu bestimmen)[1] und das Patronat der Kirche. Gleichzeitig musste es verschiedene Lasten tragen, beispielsweise eine Weinrente von fünf Fudern pro Jahr an die Abtei Siegburg leisten. 1595 kauften die Jesuiten diesen Besitz mitsamt seinen Rechten und Lasten für 7.000 Goldgulden. Der Maastrichter Zehnthof wurde abgerissen und größer wiederaufgebaut. Bereits 1628 ging der Besitz der Jesuiten auf Gerichtsbeschluss wieder an das Servatiusstift zurück, nachdem die Kanoniker aus Maastricht gegen den Verkauf von 1595 protestiert hatten.[Anm. 21] 

Das "lange" 19. Jahrhundert

1787 lebten in Güls 640 Menschen; der Ort gehörte zum Landkapitel Ochtendung.[Anm. 22] Ab 1801 gehörte Koblenz zu Frankreich, welches die alte politische und soziale Ordnung abschaffte; Kirchen- und Adelsgüter wurden enteignet.[Anm. 23] Die Bauern standen auch in Güls nicht mehr unter der Leibeigenschaft und brauchten keinen Frondienst mehr zu verrichten. Sie konnten nun Land erwerben, welches früher der Kirche oder dem Adel gehört hatte. Die jetzigen Bauernbesitztümer gehen auf die Zeit unter Napoleon I. zurück.

Am 17. Oktober 1804 kam Napoleon I. nach Güls und wurde von den Gülser Bewohnern und Pfarrer Ignatz Kesten freundlich empfangen. Bei seinem Inspektionsritt wollte Napoleon I. prüfen, wie Koblenz durch seine Soldaten am besten zu verteidigen wäre.[Anm. 24] Am folgenden Tag kam es zu einer Inspektion der französischen Truppen und einer Prüfung der Versorgung mit Mehl-, Fleisch- und Brotlieferungen.[Anm. 25]

In der französischen Zeit gehörte Güls zum Kanton Rübenach, ehe es mit der Zugehörigkeit zu Preußen (1816) zur Bürgermeisterei Winningen geschlagen wurde, zu welcher der Ort bis 1970 gehörte.[Anm. 26] Zu dieser Zeit hatte Güls 889 Einwohnende; die Zahl verdoppelte sich fast bis 1864 auf 1.620.

1833 wurde mit dem Bau einer neuen Kirche begonnen, da die alte Pfarrkirche in dem wachsenden Ort mittlerweile zu klein war.[Anm. 27] Die Bauplanung und -leitung übernahm Claudius von Lassaulx, ein königlicher Bauinspektor aus Koblenz. Nach sieben Jahren konnte die Kirche schließlich eingeweiht werden. Ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert stammt die Gülser Brücke, welche die Preußische Staatsbahn gebaut hat.[Anm. 28] Der Baubeginn erfolgte im April 1877; im Oktober 1878 konnte die Brücke fertiggestellt werden.

 

20. Jahrhundert

In den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts wurden in Güls die Petroleumlampen durch elektrische Straßenlampen ersetzt.[Anm. 29] Zudem wurde die Wasserversorgung durch Zuleitungen in alle Gülser Häuser zentralisiert, sodass die acht Brunnen (vier private und vier öffentliche) nicht mehr benötigt wurden. 1912 bewohnten bereits 2.412 Menschen Güls.[Anm. 30]

Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem 81 Gülser Soldaten starben, besetzten die Amerikaner Güls, die teils in der alten Kirche, teils in Gasthäusern und Privatquartieren untergebracht waren.[Anm. 31] Einerseits gab es gute Kontakte zu den Einheimischen, etwa durch eine Feldküche, andererseits kam es zwischen der Dorfjugend und amerikanischen Soldaten immer wieder zu Schlägereien.[Anm. 32]

Güls war wie der Rest von Deutschland stark von der Weltwirtschaftskrise ab 1929 betroffen; Armut und Arbeitslosigkeit waren auch in Güls verbreitet.[Anm. 33] Hinzu kam noch, dass am Pfingstmontag 1932 starke Regenfälle dazu führten, dass Wassermassen den Ort schwer verwüsteten. Ein Haus wurde von den Regenfällen mitgerissen, viele andere ebenfalls stark beschädigt. Eine Frau und vier Kinder ertranken in einer Waschküche, ein Mann starb außerhalb seines Hauses.

Güls in der NS-Zeit

Wie in ganz Deutschland kamen in Güls die Nationalsozialisten an die Macht und setzten ihre Ideologie durch.[Anm. 34] Diese beeinflusste das gesamte Alltagsleben, als Beispiele seien hier Beruf, Schule und Freizeit genannt.[Anm. 35] Im Jahr 1936 wurde die Moselweinstraße (die heutige B 416) angelegt und 1938 der Ort Bisholder eingegliedert.[Anm. 36]

Ab 1936 wurden Gülser zum Wehrdienst herangezogen, ehe im Zweiten Weltkrieg ab dem 1. September 1939 nach und nach alle wehrfähigen Männer zwischen 18 bis 45 Jahren in den Kriegsdienst eingezogen wurden.[Anm. 37] Bis zum Kriegsende starben 131 Gülser Soldaten, hinzu kamen sechs weitere, die nach 1945 an den Folgen einer Verwundung oder in Kriegsgefangenschaft starben, sowie 60 Vermisste.[Anm. 38]

Das erste Opfer der Luftangriffe von den Alliierten hatte Güls am 10.August 1944 zu beklagen.[Anm. 39] Ab diesem Zeitpunkt gab es in Güls heftige Luftangriffe, die bis Kriegsende andauerten.[Anm. 40] Am schlimmsten war der Angriff vom 22. Dezember 1944: Bei einem britischen Luftangriff, der eigentlich den Bahnhof Koblenz-Mosel treffen sollte, wurden von 18.50 Uhr bis 19.15 Uhr schwere Bomben und Luftminen auf Güls abgeworfen.[Anm. 41] Dabei kamen 88 Menschen ums Leben, viele Häuser wurden zerstört, es kam zu Bränden in der Planstraße und in der Hospitalstraße, die Moselbrücke war unbenutzbar und die Hauptwasserleitung des Ortes wurde vernichtet. [Anm. 42] Als Folge davon flohen viele Gülser in die Nachbarorte Winningen, Kobern oder Dieblich.[Anm. 43] Insgesamt starben bei den Bombenangriffen auf Güls im Zweiten Weltkrieg 99 Menschen.[Anm. 44]Am 15. März 1945 wurden vier Menschen von deutschen Soldaten erschossen.[Anm. 45]  Die Schützen schossen von Moselweiß, dem Ort auf der gegenüberliegenden Seite der Mosel, aus.[Anm. 46] Moselweiß war im Gegensatz zu Güls noch nicht von den Amerikanern besetzt.[Anm. 47] Warum die Schüsse erfolgten ist unbekannt.

Auch in Güls kam es zur Verfolgung der Juden.[Anm. 48] Die Eheleute Leo und Rosa Wolff, welche eine Metzgerei in Güls hatten und Viehhandel betrieben, mussten 1938 ihr Haus verkaufen und wurden am 22. März 1942 nach Izbica in Polen deportiert. Laut der Christlich-Jüdischen Gesellschaft Koblenz hat von den an diesem Tag Deportierten niemand überlebt.[Anm. 49] Leo und Rosa Wolff hatten eine Tochter und einen Sohn, welche nach Kanada und England entkamen.[Anm. 50] Insgesamt gab es in Güls zehn politisch Verfolgte, von denen zwei in das KZ Dachau bzw. in das KZ Buchenwald deportiert wurden.[Anm. 51] Die übrigen acht wurden entweder von der Gestapo inhaftiert, überwacht oder körperlich angegriffen.[Anm. 52] Mit Helene Maria Becker fiel zudem 1942 eine Frau der „Euthanasie“, der Ermordung von als körperlich oder psychisch krank angesehenen Menschen durch die Nationalsozialisten, zum Opfer.[Anm. 53]

Güls von 1945 bis heute

Nach Kriegsende ging der Wiederaufbau nur schleppend voran, Straßen und Grundstücke wurden enttrümmert und Behelfsheime gebaut.[Anm. 54] Nach der Währungsreform vom 20. Juni 1948 schritt der Neuaufbau schneller voran, sodass der Ort schnell wieder aufgebaut war. Das Gülser Vereinsleben blühte wieder auf, auch neue Vereine wurden in dieser Zeit gegründet.

Güls war ursprünglich rein katholisch, mit der Zeit bewohnten aber immer mehr Protestanten (1964 600 Menschen) den Ort, sodass der Wunsch nach einer evangelischen Kirche aufkam.[Anm. 55] Gemeindemitglieder erwarben das Grundstück Auf der Steinebirk, 1966 konnte die neue Kirche eingeweiht werden.[Anm. 56]

1970 wurde Güls in die Stadt Koblenz eingemeindet und hieß von da an Koblenz-Güls.[Anm. 57] Der Auseinandersetzungsvertrag, der stellvertretend durch den Gülser Bürgermeister Karl Mannheim und den Koblenzer Oberbürgermeister Willi Werner besiegelt wurde, behandelte die Besitzverhältnisse und schrieb die Rechte und Pflichte vor, die für die Vertragspartner mit der Eingemeindung einhergehen würden.

Wirtschaft in Güls

Güls war seit seiner Gründung sehr stark von der Landwirtschaft beeinflusst, vor allem wurde Wein angebaut und exportiert.[Anm. 58] Heute befinden sich die Weinberge am Abhang des Heyer Berges nördlich von Güls, früher wurde jedoch auch am flacheren Abhang östlich von Bisholder Wein angebaut. Im 19. und 20. Jahrhundert war zudem der Obstanbau bedeutend, was dazu führte, dass Güls mit zu den größten Handelsplätzen für Kirschen in Deutschland zählte. Zusätzlich war der Fischfang in der Mosel bis in die 1950er Jahre hinein ein wichtiger Wirtschaftsbereich.

Verfasser: Lukas Henrichs

Literatur:

  • Neisius, Peter, Güls. Heimat in Wort und Bild. Gesammelte Veröffentlichungen - Geschichtliche Beiträge - Erzählungen - "Spaßige Gölser Stöckelcher" - Graphiken, Bad Ems 2004.
  • Pickel, Alois; Neisius, Andreas, Bomben, Trümmer, Menschenopfer. Güls im Zweiten Weltkrieg 1939-1945, 2. Auflage, Güls 2004.
  • Weber, Ulrike, Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz, Band 3.3. Stadt Koblenz. Stadtteile, Worms 2013.

Erstellt am: 24.3.2023

Anmerkungen:

  1. Neisius 2004, S.16f. Zurück
  2. Neisius 2004, S. 17. Zurück
  3. Neisius 2004, S. 17f. Zurück
  4. Neisius 2004, S. 18. Zurück
  5. Neisius 2004, S. 18. Zurück
  6. Neisius 2004, S. 18f. Zurück
  7. Neisius 2004, S. 19. Zurück
  8. Neisius 2004, S. 19.  Zurück
  9. Weber 2013, S. 142. Zurück
  10. Neisius 2004, S. 20. Zurück
  11. Weber 2013, S. 142f. Zurück
  12. Neisius 2004, S. 20. Zurück
  13. Weber 2013, S. 142f. Zurück
  14. Weber 2013, S. 143. Zurück
  15. Neisius 2004, S. 23. Zurück
  16. Neisius 2004, S. 28. Zurück
  17. Neisius 2004, S. 46. Zurück
  18. Neisius 2004, S. 54. Zurück
  19. Neisius 2004, S. 23. Zurück
  20. Neisius 2004, S. 24. Zurück
  21. Neisius 2004, S. 27. Zurück
  22. Weber 2013, S. 143. Zurück
  23. Neisius 2004, S. 32. Zurück
  24. Neisius 2004, S. 32ff. Zurück
  25. Neisius 2004, S. 34. Zurück
  26. Weber 2013, S. 143. Zurück
  27. Neisius 2004, S. 34. Zurück
  28. Neisius 2004, S. 109. Zurück
  29. Neisius 2004, S. 36. Zurück
  30. Weber 2013, S. 143. Zurück
  31. Neisius 2004, S. 118. Zurück
  32. Neisius 2004, S. 118f. Zurück
  33. Neisius 2004, S. 36. Zurück
  34. Pickel 2004, S. 16f. Zurück
  35. Pickel 2004, S.16ff. Zurück
  36. Weber 2013, S. 142. Zurück
  37. Pickel 2004, S. 18. Zurück
  38. Neisius 2004, S. 175. Zurück
  39. Neisius 2004, S. 172. Zurück
  40. Neisius 2004, S. 173. Zurück
  41. Pickel 2004, S. 72 Zurück
  42. Pickel 2004, S. 74f. Zurück
  43. Pickel 2004, S. 75. Zurück
  44. Neisius 2004, S. 175. Zurück
  45. Pickel 2004, S. 178ff. Zurück
  46. Pickel 2004, S. 179. Zurück
  47. Pickel 2004, S. 180. Zurück
  48. Pickel 2004, S. 46f. Zurück
  49. Pickel 2004, S. 47. Zurück
  50. Pickel 2004, S. 46. Zurück
  51. Pickel 2004, S. 42f. und S. 48-52. Zurück
  52. Pickel 2004, S. 49-52. Zurück
  53. Pickel 2004, S. 52. Zurück
  54. Neisius 2004, S. 38. Zurück
  55. Neisius 2004, S. 38. Zurück
  56. Neisius 2004, S. 38f. Zurück
  57. Neisius 2004, S. 228. Zurück
  58. Weber 2013, S. 143. Zurück