Winterwerb im Rhein-Lahn-Kreis

Zur Ortsgeschichte von Winterwerb

Erstmals wurde der Ort Winterwerb im Jahr 1353 als Wynterburn urkundlich erwähnt. Dieses Dokument belegt, dass Salentin von Isenburg den Koblenzer Adligen Wilhelm von der Arken mit dem Dorf belehnte. In der Folgezeit veränderte sich mehrmals die Schreibweise des Dorfnamens. Varianten waren u.a. Winterbur, Wintherber, Winterborn, Winter Werba, Winderwerb und seit 1665 schließlich Winterwerb. Die Bedeutung bezieht sich wohl auf die geografische Lage der Siedlung. Übersetzt bedeutet Winterberg Gebäude bzw. Ansiedlung (mittelhochdeutsch bûr) an der Nord- oder Winterseite eines Hanges.[Anm. 1]

Bei Winterwerb handelte es sich vermutlich um ein Teil des Erbes der Grafen von Arnstein, das sich bereits im 12. Jahrhundert im Besitz der Herren von Isenburg befand.[Anm. 2] Der Ort war somit vom 13. bis ins 18. Jahrhundert Teil des Vierherrengerichts auf dem Einrichgau, ein gemeinsam durch mehrere Adelsfamilien und deren Erben verwaltetes Kondominat. Winterwerb geriet durch Verkauf an die Grafen von Katzenelnbogen, deren Besitz im Jahr 1479 die Landgrafen von Hessen erbten. Nach der Erbteilung des Hauses gehörte die Niedergrafschaft zu Hessen-Kassel.

Verschiedene Grundherrschaften über Teile des Ortes, die sich im Laufe der Zeit durch Erbteilung aufspalteten, übten zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert u.a. die Adelsgeschlechter von Saulheim, vom Stein, von Reifenberg und Hilchen von Lorch aus. Letztere wurden 1664 und 1681 von Kurtrier belehnt und hatten seit dem 16. Jahrhundert ein Hubengericht in Winterwerb. Am Anfang des 19. Jahrhunderts waren u.a. die Häuser von Erffa zu Meiningen und von Hendrich im Ort begütert. Die Herren von Hessen, von Nassau und vom Stein besaßen darüber hinaus seit 1631 jeweils mehrere Hörige im Dorf.[Anm. 3]

Die Bevölkerungsentwicklung in Winterwerb ist ab 1526 überliefert. In diesem Jahr lebten zehn Hausgemeinschaften im Ort, deren Anzahl innerhalb von 60 Jahren auf 14 anwuchs. Der für das Dorf verheerende Dreißigjährige Krieg setzte dieser Entwicklung jedoch ein Ende. Von den 19 Familien, die 1615 im Ort ansässig waren, überlebten weniger als die Hälfte den Krieg. Von diesem Einschnitt erholte sich das Dorf nur langsam. 1665 zählte Winterwerb zehn Familien, 1772 waren es etwa doppelt so viele.

Im Ort gab es wohl eine Kapelle, die im Jahr 1555 erwähnt wurde, heute jedoch nicht mehr erhalten ist. Kirchlich gehörte Winterwerb zusammen mit den Orten Kehlbach und Oberbachheim zur Pfarrei Niederbachheim, die noch heute in gleicher Zusammensetzung besteht.[Anm. 4]

Das bereits beschriebene Kondominat begann sich im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts langsam aufzulösen. Nach einer Aufteilung des Gebietes in Quartiere fiel Winterwerb im Jahr 1647 an Hessen-Kassel, bei dem es auch nach dem Nastätter Rezess 1774 verblieb.[Anm. 5] Die hessische Herrschaft endete 1803 mit der französischen Besetzung der Niedergrafschaft Katzenelnbogen, die nach dem Wiener Kongress von 1816 bis 1866 Teil des neu geschaffenen Herzogtums Nassau wurde. In dieser Zeit war der Ort dem Amt in Braubach zugeordnet. Um das Jahr 1843 lebten 142 EinwohnerInnen (davon einer katholisch, der Rest protestantisch) in der 1.200 Morgen großen Gemeinde, deren Bebauung aus 21 Häusern bestand. Nach der Annexion des Herzogtums 1866 integrierte man den Staat in die preußische Provinz Hessen-Nassau.[Anm. 6] Seit 1885 wurde der Ort vom Amt St. Goarshausen aus verwaltet.[Anm. 7]

Mit der Fertigstellung der Nassauischen Kleinbahn, die von 1902 bis 1932 in Betrieb war, bekam Winterwerb einen eigenen Haltepunkt.[Anm. 8]

Während der Mobilmachung im Zuge des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1939 richtete man im Ort einen Sammelplatz für gemusterte Pferde ein.[Anm. 9] Der Krieg endete für die EinwohnerInnen des Dorfes mit der Befreiung durch amerikanische Einheiten am 26. März 1945. Im Zweiten Weltkrieg wurden 30 Männer aus Winterwerb zum Militärdienst eingezogen.[Anm. 10]

Da der Ort in der französischen Besatzungszone lag, wurde Winterwerb seit 1946 Teil des neu gegründeten Bundeslandes Rheinland-Pfalz und zählt seit 1972 zur Verbandsgemeinde Nastätten.[Anm. 11] In der Nachkriegszeit machte sich seit den 1950er Jahren der Strukturwandel in der Region bemerkbar. Von 25 Bauernhöfen, die im Jahr 1953 im Ort ansässig waren, gab es 2003 noch einen Vollerwerbsbetrieb. Heute gehen die EinwohnerInnen größtenteils in den umliegenden Städten Koblenz, Lahnstein oder Nastätten ihrer beruflichen Tätigkeit nach.[Anm. 12]

Im Jahr 1962 konnte durch das ehrenamtliche Engagement der Winterwerber BürgerInnen das neue Dorfgemeinschaftshaus erbaut werden, was 1967 und 1986 erweitert bzw. renoviert wurde. Im Jahr 2003 schließlich feierte die heute 162 EinwohnerInnen zählende Gemeinde ihr 650-jähriges Ortsjubiläum.[Anm. 13]

Autor: Jan Brunner
Verwendete Literatur:

Letzte Bearbeitung: 17.08.2020

Anmerkungen:

  1. Gensicke, Hellmuth: Zur nassauischen Ortsgeschichte. Kirchspiel und Gericht Niederbachheim, in: Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung 94 (1983), S. 291-304, hier S. 300f. Zurück
  2. Herold, Rudolf: Die Grafen von Katzenelnbogen und ihre Erben. Territorialgeschichte im Mittelrheingebiet. In: Kreisverwaltung des Rhein-Lahn-Kreises (Hg.): Der Rhein-Lahn-Kreis. Landschaft – Geschichte – Kultur unserer Heimat. Oberwesel 1987, S. 150-165, hier S. 153f. Zurück
  3. Gensicke, Ortsgeschichte, S. 301f. Zurück
  4. Ebd., S. 302f. Zurück
  5. Ortsgemeinde Marienfels (Hg.): Marienfels. Die große Geschichte eines kleinen Dorfes. Bad Ems 1990, S. 62. Zurück
  6. Herold, Territorialgeschichte, S. 164; Vogel, Christian Daniel: Beschreibung des Herzogthums Nassau. Wiesbaden 1843. URL: https://reader.digitale-sammlungen.de//de/fs1/object/display/bsb10021916_00005.html (05.08.2020), S. 651. Zurück
  7. Homepage der Ortsgemeinde zum 650-jährigen Jubiläum. URL: https://wayback.edoweb-rlp.de/weltweit/20040227110000/http://www.winterwerb-rlp.de/loehhof/Einleitung_2/einleitung_2.html (06.08.2020), Art. Allgemeine Beschreibung. Zurück
  8. Ebd., Art. Winterwerb und die NKB. Zurück
  9. Ortsgemeinde Marienfels, Geschichte, S. 203. Zurück
  10. Homepage der Ortsgemeinde, Art. Zum Kriegsdienst 1939-45 einberufenen Männer. Zurück
  11. Ebd., Art. Die Verbandsgemeinde Nastätten. Zurück
  12. Ebd., Art. Dorfentwicklung u. Die Entwicklung der Dorfgeschichte Winterwerb. Zurück
  13. Homepage der Ortsgemeinde, Art. Dorfleben; Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz: Winterwerb, Bevölkerung. URL: https://infothek.statistik.rlp.de/MeineHeimat/content.aspx?id=103&l=3&g=0714107140&tp=2047 (06.08.2020). Zurück