Kastel in Rheinhessen

„Rechts des Rheins ist auch noch Mainz“ - Das rechtsrheinische Mainz – von Harald Strube

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die rechtsrheinischen Vororte Amöneburg, Kastel und Kostheim ("AKK"), die zur Stadt Wiesbaden kamen, sowie Gustavsburg, Bischofsheim und Ginsheim (eingemeindet 1930), die in den Kreis Groß-Gerau eingegliedert wurden, auf Anordnung des US-Oberst Cowart vom Stadtgebiet Mainz abgetrennt und der Rhein zur Zonengrenze bestimmt. Dieser Willkürakt, der für Mainz erhebliche Einbußen an Wirtschaftskraft und den Verlust der Hälfte des Stadtgebietes mit sich brachte, beschäftigt im Falle AKK bis heute die Regionalpolitik.
Der Ortsname Mainz-Kastel geht auf die römische Gründung eines Castellum zurück. 757 wird Kastel erstmals urkundlich erwähnt, und 1000 ist die Zugehörigkeit zum Erzbistum Mainz verbürgt. Als Brückenkopf für den Rheinübergang (auf den Fundamenten der römischen Brücke von 10 v. Chr. ließ Karl der Große 803-813 eine hölzerne Brücke erbauen, die allerdings - gerade fertiggestellt - abbrannte) hatte der Ort große strategische Bedeutung und wurde unter Erzbischof Berthold von Henneberg 1484 mit Befestigungen versehen, die im 16./17.Jh. zum Teil verfielen. Von deren ursprünglich vier Türmen ist nur die Erbenheimer Warte (die gleichwohl auf der Kasteler Gemarkung liegt!) am Fort Biehler als markantes Bauwerk erhalten.
Mit dem Eindringen der französischen Armee 1792 wurde Kastel erneut befestigt. 1801/03 wurde der Ort dem Fürstentum Nassau-Usingen einverleibt, jedoch am 12.3.1806 zusammen mit Kostheim durch Vertrag von Napoleon, der den Festungsring um die Stadt auf der rechten Rheinseite erweiterte, wieder Mainz zugeschlagen. Der Fürst von Nassau-Usingen wurde für den Verlust mit dem Herzogstitel abgefunden. Die bereits von Johann Philipp von Schönborn, Mainzer Erzbischof von 1647 bis 1673, im Jahr 1661 erbaute Schiffsbrücke hatte die Kriegswirren überstanden, sie wurde sogar 1844 mit eisernen Pontons modernisiert. 1816 wurden Kastel (mit Amöneburg, das eine späte Gründung auf der Kasteler Gemarkung war) und Kostheim rheinhessische Ortschaften im Kreis Mainz. Schließlich erfolgte die Eingemeindung nach Mainz: Kastel 1908, Kostheim 1913. Kastel verliert dabei den Status einer Stadt.

Das auffälligste Bauwerk Kastels ist die Reduit genannte Rheinkaserne, die zum Schutz der Schiffsbrücke auf Geheiß des Deutschen Bundes 1832 vom österreichischen  Ingenieur-General Franz Scholl mit österreichischen Pionieren für 326.000 Gulden errichtet wurde. Als 1885 die neue feste Rheinbrücke fertig war, büßte die Reduit ihre Sicherungsfunktion ein; sie war allerdings schon 1840 beim Bau des Schussfeldhindernisses Eisenbahn ziemlich bedeutungslos geworden. Im zweiten Weltkrieg stark beschädigt, ist sie heute Heimstatt örtlicher Vereine und des Museums Castellum.
In der Nähe der Reduit steht die "Bastion von Schönborn". Das Gebäude war Anlegestelle des Trajektbootes, mit dem Mainz vor dem Bau der Eisenbahnbrücke (1862) Anschluss an den Kasteler Bahnhof und die Taunus-Bahn nach Frankfurt hatte. Heute befindet sich hier ein Restaurant und das Flößer-Museum als Abteilung des Museums Castellum, womit die Erinnerung an die seit dem 16.Jh. bestehende Kasteler Flößertradition wachgehalten wird.
Das um 1840 im Friedhof aufgestellte Veteranen-Denkmal ist ein Hinweis darauf, dass nach der Einverleibung Kastels 1806 auch hier Soldaten für die französische Armee ausgehoben wurden. In Kostheim fehlt ein entsprechendes Monument (vielleicht wurde es zerstört?).