Kastel in Rheinhessen

Die Kasteller Ortsbefestigung

In römischer Zeit wurde unter Kaiser Domitian (81-96 n. Chr.) ein Kastel als Brückenkopf für das Legionslager von Mainz errichtet. Beim Kastell entstand eine bürgerliche Siedlung, die Anfang des 3. Jahrhunderts, wohl unter dem Eindruck der Alemannengefahr, ummauert war. Die wenigen bis jetzt bekannten Reste der Stadtmauer (Bleimedaillon aus Lyon) erlauben zwar nicht, ihren Verlauf zu rekonstruieren, sie scheint aber parallel zur späteren mittelalterlichen Stadtmauer verlaufen zu sein.
Vielleicht hat die Mauer des 3. Jahrhunderts weiter bestanden. Karl der Große (768-814) ließ in den Jahren 803-813 auf den steinernen Brückenpfeilern der alten römischen Brücke eine Holzbrücke erbauen, die aber, kaum vollendet, wieder abbrannte. Kurz vor der Jahrtausendwende kam Kastell aus dem Besitz des Königtums an das Erzstift Mainz. Auf Veranlassung des Mainzer Erzbischofs wurde der Ort ummauert.
Im sog. "Endkampf der Staufer" versuchte das staufische Königtum, sich der strategisch günstig gegenüber Mainz gelegenen Befestigung zu bemächtigen. So ließ sich der König 1240 das befestigte Kastel durch die dortigen Kommandanten Philipp von Hohenfels und Philipp von Falkenstein übertragen. Damit wurde Kastel in die Kämpfe zwischen den Staufern und den oppositionellen Fürsten am Mittelrhein hineingezogen und bis 1244 war mal König Konrad IV., mal der Mainzer Erzbischof Besitzer von Kastel.

Die Belagerung von Kastel 1242

Im Frühjahr 1242 belagerte der Mainzer Erzbischof Siegfried III. von Eppstein den Ort Kastel. An diesem strategisch wichtigen Ort hatte Philipp I. von Hohenfels (1220-1277) einen Zoll eingerichtet, der den Handel am Zusammenfluss von Rhein und Main und hier vor allem die Handelsstraße von Mainz nach Frankfurt kontrollierte.
Der Mainzer überquerte den Rhein mit Schiffen, und installierte Belagerungsmaschinen, um die Mauern des Ortes zu zerstören. Die Verteidiger wurden vom Oppenheimer Schultheißen Marquard befehligt. Als die staufertreuen Wormser Bürger von dem Angriff erfuhren, rüsteten sie gut gepanzerte Kriegsschiffe aus und kamen den Verteidigern zu Hilfe. Der Mainzer Erzbischof musste die Belagerung abbrechen. Er ließ seine Belagerungsmaschinen verbrennen, damit sie nicht in die Hände der Wormser fielen. Diese stationierten, bevor sie nach Worms zurückkehrten, eine Wachmannschaft in den Ort. Doch Erzbischof Siegfried bestach die Torwachen und bemächtigte sich in einer Nacht- und Nebelaktion des Ortes. Daraufhin erschien im August/Herbst 1243 König Konrad IV. (1250-1254) vor der Stadt und nahm ihn nach kurzer Belagerung den Mainzern wieder ab. Er übergab den Ort Wirich von Dhaun, der nun seinerseits eine Zollstelle errichtete. Daraufhin versprach Erzbischof Siegfried III. im Jahr 1244 den Mainzer Bürgern, die sich um den freien Weg zur wichtigen Handelsstadt Frankfurt und um die Mainschifffahrt sorgten, Kastel zu zerstören. Er sicherte zu, dass er innerhalb von einer Meile um die Stadt herum, das sind je nach Bemessensgrundlage zwischen 3,6 und 9,2 km, keine neue Burg mehr dulden würde. Am 21.12.1244 gelang es dem Erzbischof, Kastel durch Verrat einzunehmen.

Es heißt zwar, dass der Mainzer Kastel von Grund auf zerstören ließ, doch allzu viel scheint nicht vernichtet worden zu sein, denn im Jahr 1349 wurde Kastel erneut die Zerstörung angedroht. Erzbischof Gerlach hatte nämlich am 19.5.1349 der Stadt Mainz, die damals seinen Konkurrenten um den Erzbischofsstuhl Erzbischof Heinrich (Mainzer Bistumsfehde) feindlich gegenüberstand, das Zugeständnis gemacht, Kastell mit seinen Mauern und der Kirche zu zerstören und dem Erdboden gleichzumachen. Doch die Mainzer Bürger machten von dieser Erlaubnis keinen Gebrauch. Über das weitere Schicksal der Kasteler Mauern ist nicht viel bekannt. Im 15. Jahrhundert wurde das ganze Land zwischen Kastel, Hochheim und Kostheim durch Gräben und vier starke Warttürme befestigt. Von dieser Befestigungslinie ist heute noch die "Erbenheimer Warte" am Fort Biehler erhalten, die Erzbischof Berthold von Henneberg 1497 erbauen ließ.
Zu Ende des 18. Jahrhunderts wurde Kastel in den Ausbau der Festung Mainz einbezogen. Die Reste der mittelalterlichen Befestigungen sind wohl im Zuge der umfangreichen Bauarbeiten verschwunden. Link auf "Festung Mainz"

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Stefan Grathoff

Verwendete Literatur:

  • Brilmayer, Karl Johann: Rheinhessen in Vergangenheit und Gegenwart. Geschichte der bestehenden und ausgegangenen Städte, Flecken, Dörfer, Weiler und Höfe, Klöster und Burgen der Provinz Rheinhessen nebst einer Einleitung. Neudruck. Würzburg 1985.
  • Diehl, Fritz: 2000 Jahre Kastel. Jubiläumsbuch zur 2000-Jahr-Feier. Mainz -Kastel 1990.
  • Frey, Thomas: Den Grenzen des Mittelalters auf der Spur. Teil II: Die Kasteler Landwehr. In: Mainzer Vierteljahreshefte 24/1 (2004).

Aktualisiert am: 02.09.2014