Wörrstadt in Rheinhessen

Die evangelische Laurentiuskirche

Evangelische Pfarrkirche in Wörrstadt, ursprünglich St. Laurentiuskirche
Evangelische Pfarrkirche in Wörrstadt, ursprünglich St. Laurentiuskirche[Bild: Wikipedia-Nutzer "Astloch" [CC BY-SA 4.0]]

Die heutige evangelische Kirche in Wörrstadt wurde im Laufe des frühen Mittelalters am östlichen Rand der Hofgruppe errichtet, die sich im heutigen Ortsgebiet in der Nähe der Quelle entwickelte, die später zum Neunröhrenbrunnen ausgebaut wurde. Während über die genaue Bauzeit der Kirche nur wenig bekannt ist, war die Kirche wahrscheinlich schon früh dem Heiligen Laurentius geweiht.

Die nach Nordosten ausgerichtete Laurentiuskirche wurde zunächst als romanische dreischiffige Basilika mit Chorturm errichtet. Die Hochschiffwände waren mit Bildhauerei und Bogenfriesen geschmückt und sind teilweise auch in der heutigen Kirche noch erhalten. Die romanische Kirche wurde im 12. Jahrhundert durch einen Brand beschädigt und in der Folge nach gotischem Stil umgebaut. Dabei wurde auch die schmale Pfeilerstellung zwischen Mittel- und Seitenschiff durch weitergespannte Bögen ersetzt. Die Kirche und der Kirchhof waren schon früh von einer Mauer umgeben und diente als Wehrkirche. Der mit vier Ecktürmchen verzierte Kirchturm wurde als Ausblick und Signalanlage genutzt.

Aus einer Urkunde des Jahres 1383 ist überliefert, dass die Wörrstädter Kirche und ihre Gemeinde auf Anweisung Erzbischofs Adolf von Nassau mit der Gemeinde in Sulzheim vereinigt wurde. Die Wörrstädter Kirche und ihr Besitz wurden der Sulzheimer Kirche inkorporiert. Am 7. April 1388 wurde die Wörrstädter Kirche, der Kirchhof und die Altäre neugeweiht und für eine Wallfahrt nach Wörrstadt ein Ablass versprochen. Das alte Kruzifix am Eingang zur Kirche stammt wahrscheinlich aus dem späten 14. Jahrhundert und besteht aus Stein aus der Gegend von Kirn. Nachdem der Wörrstädter Taufstein in die Kirche von Sulzheim gebracht worden war, wurde der Wörrstädter Gemeinde 1415 die Anschaffung eines neuen Taufsteins gestattet. Die Taufkinder mussten danach nicht mehr den Weg nach Sulzheim auf sich nehmen, der durch unbeständiges Wetter und Räuberbanden erschwert wurde. Von dem damals angeschafften Taufstein ist heute nur noch der Sockel erhalten. Im 16. Jahrhundert wurde eine neue Kanzel aus der Riemenschneider-Schule angeschafft. 1591 mussten der Wetterhahn, das Kreuz und der Knopf auf dem Kirchturm erneuert werden. 1603 waren die Kirchenglocken reparaturbedürftig und wurden wegen ihres hohen Alters durch Umgießen erneuert.

Die Altäre der Laurentiuskirche

Bis zur Reformation, die in der Kurpfalz ab 1545 vorangetrieben wurde und bis 1556 weitgehend abgeschlossen war, befanden sich sechs Altäre in der Wörrstädter Kirche. Wie damals üblich gehörten zu diesen Altären jeweils einige Morgen Land, mit deren Ertrag Priester angestellt wurden, die sich um den Erhalt des Altares zu kümmern hatten. Die Altäre wurden zusammen mit der Kirche 1388 neu geweiht. Während die Schutzpatrone der Altäre bekannt sind, ist deren genaue Lage in der Laurentiuskirche heute nicht mehr überliefert:

  1. Der Altar des Heiligen Nikolaus und der Jungfrau Katharina: 1321 erhielt der Altar durch eine Stiftung des Rheingrafen Siegfrieds eine Rente, mit der die Pflege durch einen Priester vergütet werden konnte. 1551 stammte der Geistliche des Altars aus der Familie der von Löwenstein und erhielt die Pfründe des Altars.
  2. Der Altar des Heiligen Michael: 1525 erhielt der Pleban Blankenbach den Altar durch einen Tausch. Dieser verzichtete 1528 auf den Altar, woraufhin Johannes Paur Junior den Dienst übernahm. Nachdem die Gemeinde im 16. Jahrhundert zum reformierten Glauben überwechselte, wurde ab 1540 die damals einzige Schulstelle in Wörrstadt mit dem Altar dotiert.
  3. Der Altar der Mutter Gottes: 1310 stiftete Jacobus Kohlhauser und seine Frau dem Altar mehrere Morgen Land. 1526 war Quirin Pistor der Altarist des Marienaltar. Als dieser darauf verzichtete, wurde Wend. Paur der Altar verliehen, bevor 1527 Siegfried Schiberstein den Dienst übernahm. Nach dessen Tod blieb der Altar scheinbar vakant, da aus dem Jahr 1527 ein Schreiben der rheingräflichen Amtsleute von Kirburg überliefert ist, in dem die Einstellung eines Priesters für den Wörrstädter Marienaltar gefordert wurde. Daraufhin wurde 1544 Joh. Bauer der Altar übertragen. 1549 war Johann Axt, der Vikar von St. Alban, der Inhaber des Marienaltars. Dieser tauschte den Altar der Mutter Gottes mit dem Altar des Heiligen Johannes, woraufhin der Marienaltar in den Besitz der Pfarrei überging.
  4. Der Altar des Heiligen Johannes und der seligen Jungfrau Maria Magdalena: 1345 wurde dem Altar ein Haus in Wörrstadt sowie eine Kelter, eine Presse zur Wein- oder Saftgewinnung, mit allem Zubehör gestiftet. In zwei Urkunden aus dem Jahr 1383 sind Felder des Johannes-Altars als Nebenlieger genannt. 1550 bat Johann Axt den Altar seinem Freund Johann Keller zu übertragen. Da Keller nicht in Wörrstadt wohnte, verpflichtete sich dessen Vater dazu die zum Altar gehörigen Weinberge innerhalb von sechs Jahren in Ordnung zu bringen. 1560 wurde der Altar dem Wörrstädter Schüler Ortwein Keller verliehen.
  5. Der Altar der Heiligen Aposteln Petrus und Paulus: Diesem Altar war scheinbar keine Seelsorge zugehörig. 1552 wurde der Altar Josten Helfrich durch Adam Küchenmeister, dem Dekan von Mainz, verliehen.
  6. Der Altar des Heiligen Kreuzes: Der Inhaber des Altars war nicht zur Residenz in Wörrstadt verpflichtet. 1551 war Rheinhart Biedenfeld der Altarist. 1568 wurden die Einkünfte des Altars zur Finanzierung des Studiums Peters von Kreuznach verwendet.

Nach der Reformation wurden die Altargüter zwischen den Pfarrgütern und dem Schulgut aufgeteilt.

Die Laurentiuskirche ab dem 17. Jahrhundert

Evangelische Pfarrkirche in Wörrstadt, ursprünglich St. Laurentiuskirche
Evangelische Pfarrkirche in Wörrstadt, ursprünglich St. Laurentiuskirche[Bild: Wikipedia-Nutzer "giggel" [CC BY 3.0]]

Die Reformation war ab dem Jahr 1545 in den kurpfälzischen Gebieten in vollem Gange und bis 1556 war auch der Großteil der Gemeinde in Wörrstadt reformatorisch. Damit wurde auch die Laurentiuskirche durch die reformatorische Gemeinde genutzt. Der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges sorgte für schwierige Religionsverhältnisse im rheinhessischen Gebiet, da sich die Bevölkerung der Religion des jeweiligen Herrschers anpassen musste. Im Laufe des Krieges änderte sich dadurch nicht nur die Herrschaft, sondern auch die Konfession der Bevölkerung mehrfach. Um das Jahr 1624 wurde die Mauer um die Kirche und den Kirchhof zu einer Befestigungsanlage ausgebaut, die der Bevölkerung Schutz bei möglichen Überfällen bieten sollte. Heute sind von dieser Befestigung nur noch Reste eines Turmes erhalten.

Nach mehreren Konfessionswechseln im Zuge der Kriege des 17. Jahrhunderts stand die Laurentiuskirche im 18. Jahrhundert erneut im Zentrum anhaltender religiöser Streitigkeiten. So ermöglichten französische Truppen im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688 – 1697) den Wörrstädter Katholiken gegen den Willen der reformierten Gemeinde die Nutzung des Gotteshauses. 1714 traten die Streitigkeiten erneut auf, als der französische Oberst Kleinholz mit seinen Soldaten die Kirche besetzte und dem katholischen Pfarrer aus Spiesheim ermöglichte einen katholischen Gottesdienst zu feiern. 1718 wurde die Kirche erneut durch Soldaten besetzt und ein katholischer Gottesdienst gefeiert. Als die Soldaten die Kirche und den Kirchhof verschlossen vorfanden, brachen sie alle Türen auf und verprügelten die Einwohner*innen, die sich auf dem Kirchhof verschanzt hatten. Dabei wurden fünf Männer gefangen genommen und in Mainz für drei Monate eingesperrt. Erst der Bau der katholischen Kirche 1836, die ebenfalls dem Heiligen Laurentius geweiht wurde, beendete den langjährigen Streit um die Simultannutzung der alten Laurentiuskirche.

1759 wurde die Orgel der evangelischen Laurentiuskirche von den Gebrüdern Stumm erbaut. Sie ist mit 29 Registern die größte Stumm-Orgel in Rheinhessen und zählt zu den größten historischen Orgeln der Landeskirche. 1819 schlug ein Blitz in den Kirchturm ein, woraufhin der Turm abbrannte und die Kirche beschädigt wurde. Noch im selben Jahr begann die Gemeinde mit dem Wiederaufbau der Laurentiuskirche. Dabei wurde jedoch die alte Form des Kirchturms nicht wieder hergestellt, sondern die Höhe des Turms verringert und auf die vier schmückenden Ecktürmchen verzichtet. Auch der alte Chor soll reicher geschmückt gewesen sein als der heutige. Die Wiederherstellung von Turm und Kirche wurde in den folgenden Jahren abgeschlossen. Die Reparatur der Stumm-Orgel übernahm der Orgelbauer Grosch aus Partenheim. 1822 wurden die neuen Glocken gegossen, die erst 1826 vollständig abbezahlt wurden. Damals bestand das Geläute der Kirche nur aus drei Glocken. Erst 1844 wurde eine vierte Glocke angeschafft, wodurch das Geläute wieder vollständig war. Eine neue Turmuhr wurde beim Uhrmacher Stahl in Kirchheimbolanden in Auftrag gegeben. 1853/4 wurde ein neues Kirchendach angeschafft und die Decke erneuert. Die Namen der Wörrstädter Soldaten, die in den Kriegen von 1866 und 1871 kämpften, sind in der evangelischen Kirche verzeichnet. In diesen Kriegen hatte Wörrstadt keine Opfer zu beklagen.

Gegen 1900 zersprang die große Glocke und kurz darauf wurden Beschädigungen an den anderen Glocken festgestellt, weshalb neue Glocken angeschafft wurden. Im Ersten Weltkrieg mussten die Orgelpfeifen aus Zinn für die Kriegswirtschaft abgegeben werden. Die Wörrstädter Glocken entgingen durch den Einfluss des früheren Wörrstädter Pfarrer Reinhard einer Beschlagnahme, der Mitglied der Glockenkommission war. Nach dem Krieg wurde die Kirche modernisiert und 1922 eine elektrische Anlage für die Glocken eingebaut.

Im Nationalsozialismus spaltete sich die evangelische Kirche in die Bekennende Gemeinde und die Reichschristen auf. Den Bekennenden Christen wurde ab 1933 die Nutzung der Kirche untersagt, die ihren Gottesdienst stattdessen in einer Notkirche in der Schwenkhalle des Limonadenherstellers und Obsthändlers Heinrich abhielten.  Ab 1935 durften sie die Kirche wieder nutzen. Im Zweiten Weltkrieg musste die Glocken für die Kriegsbemühungen abgegeben werden. Deshalb wurde 1949 ein neues Geläut gegossen und geweiht.

1978 wurde eine Fußbodenheizung nach dem römischen Hypokausten-System eingebaut. Bei den dafür notwendigen Grabungen wurde eine mittelalterliche Altarplatte sowie der Sarkophag der Rheingräfin Elisabeth Christiane Marianne, geb. Prinzessin zu Leiningen-Hartenberg, aus dem Jahr 1792 gefunden, der Erbauerin des Wörrstädter Schlosses. 1981 wurde eine vollständige Innenrenovierung der Kirche vorgenommen.

Heute ist die evangelische Gemeinde in Wörrstadt Teil des evangelischen Dekanats Alzey-Wöllstein.

Nachweise

Redaktionelle Bearbeitung: Jonathan Bugert

Verwendete Literatur:

Aktualisiert am: 11.10.2021