Zornheim in Rheinhessen

Zornheim im Mascop'schen Atlas

1. Der Mascop'sche Atlas

Der Mainzer Kurfürst Daniel Brendel von Homburg ließ, wie im 16. Jahrhundert bei vielen Landesfürsten üblich, sein Herrschaftsgebiet in Landkarten festhalten. Mit diesem Projekt beauftragte er den Kartografen Gottfried Mascop. Dieser bearbeitete in den Jahren 1576/77 die Ämter Olm und Algesheim und fasste sein Ergebnis in einem Kartenwerk zusammen. Alle Karten sind doppelseitig angelegt (Format ca. 27,5 x 43,5 cm), in Tusche gezeichnet, mit Wasserfarben koloriert und mit einem Rankenornament eingerahmt. Auf separaten Blättern folgen die Beschreibungen der Amtsdörfer.

Zornheim wurde in diesem Atlas berücksichtigt, obgleich damals noch das Mainzer Reichklarakloster im Besitz der Ortsvogtei war. Ausschlaggebend dürfte gewesen sein, dass die Klarissen ihr Dorf von Beamten des Kurstaates mitverwalten ließen und die Vorbereitungen der Ortsübergabe im Jahre 1578 zur Zeit der Entstehung des Kartenwerkes bereits im Gange waren.

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2. Die Übersichtskarte

Der Kartograf eröffnet seinen Atlas mit einer Übersichtskarte des nördlichen Rheinhessen zwischen Rhein, Hunsrück und Alzey. Sie ist nach Süden ausgerichtet. Dadurch ergibt sich ein Blick von Mainz auf die rheinhessische Hügellandschaft. Dem Kurfürsten sollte offenbar ein Blick von seiner Residenz aus über seine linksrheinischen Herrschaftsgebiete suggeriert werden. Alle geografischen Bezeichnungen sind in der damals gebräuchlichen rheinhessischen Mundart eingetragen. Zornheim heißt hier beispielsweise Zornum.

Die Karte enthält aus heutiger Sicht zahlreiche Mängel, die aber zum größten Teil auf die im 16. Jahrhundert noch unzulänglichen kartografischen Hilfsmittel zurückzuführen sind.

Zornheim (Zornum) auf der Übersichtskarte im Mascop'schen Atlas[Bild: Staatsarchiv Würzburg]

Im Umfeld von Zornheim wird fälschlicherweise die Quelle der Selz in die Klein-Winternheimer Gemarkung verlegt und ihr richtiger Verlauf hinter der Biegung bei Nieder-Olm mit Zornumer Bach beschriftet.

Richtig dagegen erscheint der Zornumer Bach (heute meist Kinzbach genannt) im Gemarkungsplan von Ebersheim, wo er wegen des umstrittenen Grenzverlaufes zwischen der Ebersheimer und Mommenheimer Gemarkung eine Rolle spielt.

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3. Die Gemarkungskarte

Zur Anfertigung der Gemarkungskarte kam Mascop mit seinem Sekretär Peter Kraichius nach Zornheim und ließ sich von Schultheiß und Schöffen die zu zeichnenden Örtlichkeiten zeigen. Dabei notierten sie alle Namen und Besonderheiten in Zornheimer Mundart. Nach den Recherchen vor Ort wurden die Risse in seiner Mainzer Werkstatt angefertigt. Der Zornheimer Gemarkungsplan trägt auf der Rückseite den Titel Zornumer Gemarck.

Der Zornheimer Gemarkungsplan im Mascop'schen Atlas[Bild: Staatsarchiv Würzburg]
(maßstabsgetreue) Erläuterungsskizze[Bild: Gottfried Kneib]

Der Plan ist in etwa in Nordostrichtung ausgerichtet. Wie bei fast allen übrigen Gemarkungskarten des Mascop’schen Atlasses bildet auch bei dem Zornheimer Plan eine schematische Ortsansicht den Mittelpunkt, von dem aus die Straßen spinnennetzartig zu den Nachbardörfern ausgehen. Es sind Ebersheim, Harxheim, Mommenheim, Selzen, Hahnheim, Wahlheimer Hof, Sörgenloch und Nieder-Olm.

Neben diesen Dörfern sind auch die Selz und der Teich bei Nieder-Olm markant dargestellt. Noch deutlicher und zusätzlich farbig hervorgehoben wurden die Grenzen zu den Nachbargemarkungen.

Die Zornheimer Gemarkung im Mascop'schen Atlas[Bild: Staatsarchiv Würzburg]

In der Gemarkung sind die Weinberge und Wiesen sowie die Obstfelder schematisch durch entsprechende Symbole angedeutet. An Besonderheiten mit Texterläuterung erkennt man einen Steinbruch (Steinkaut), in dem zwei Arbeiter mit Hacken oberirdisch Steine abbauen, und am äußersten Ende der Gemarkung im Dreigemarkungseck den Galgen (Zorn[umer] Gericht). Ähnlich postiert und weit ins Selztal sichtbar erkennt man auch die Galgen von Sörgenloch und Selzen.

Die Fluren (Pflegen) sind mit arabischen Ziffern und die Dreigemärkersteine (Steine, bei denen drei Gemarkungen aufeinanderstoßen) mit Tierkreiszeichen markiert. Sie sind zeichnerische Identifikationsmittel für die angefügten schriftlichen Erläuterungen.

Wappen im Gemarkungsplan[Bild: Staatsarchiv Würzburg]

Schwachpunkt der Karte ist das Wappen links oben in der Ecke. Es zeigt auf goldenem Grund eine rote Wagendrehscheibe mit zwei Balkenstümpfen. Dieses Bildmotiv stimmt nicht mit dem Siegelbild des Zornheimer Ortsgerichts überein. Seine Authentizität muss daher bezweifelt werden, zumal auch der größte Teil der übrigen Wappen im Atlas unzuverlässig wiedergegeben wird.

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4. Der Erläuterungstext

Im Anschluss an den Kartenteil ergänzte Mascop seinen Atlas mit einem Textanhang, in dem er seine Pläne erläutert. Diese beginnen mit der Beschreibung des Grenzumgangs, welchen er mit Schultheiß und Schöffen im Jahre 1576 durchgeführt hatte. Es schließen sich die Namen und kurze Beschreibungen der Fluren (Pflegen) an, welche im Plan mit arabischen Ziffern markiert sind. Hinter der Gemarkungsbeschreibung folgen einige Gemeinderechte und -gewohnheiten.

Überschriften im Textteil[Bild: Staatsarchiv Würzburg]

Nach dem Bericht waren die Nonnen des Mainzer Reichklaraklosters im Besitz der Vogteirechte über die 72 Zornheimer Herdstätten. Von den Einwohnern des Dorfes besaßen nur 13 die mainzische Leibeigenschaft. Dass fast alle übrigen Zornheimer Leibeigene des konkurrierenden Pfalzgrafen waren, verschweigt er höflich. An Gemeindebediensteten werden sechs Schützen genannt. Schröter (für den Weintransport) benötigte man keine, da die Bürger sich gegenseitig halfen. Für die Pfarrbesetzung war der Propst von St. Alban zuständig. Schließlich wird noch die den Heiligen Philippus und Jakobus geweihte Kapelle am Ortsrand erwähnt. Der Bericht schließt mit der namentlichen Aufzählung der am Gemarkungsrundgang beteiligten Gerichtspersonen.

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(Gottfried Kneib)

Nachweise

Verfasser: Gottfried Kneib

Redaktionelle Bearbeitung: Jonathan Bugert

Weiterführende Literatur:

  • Gemeinde Zornheim (Hg.): 1200 Jahre Zornheim: 771 - 1971. Beiträge aus der Geschichte der Gemeinde, Zornheim 1971.
  • Kneib, Gottfried: Zornheim. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Zornheim 2016.
  • Weitere Literatur

Aktualisiert am: 25.06.2021