Zornheim in Rheinhessen

Der Zornheimer Friedhof

1. Die Entstehung

Wie in allen alten rheinhessischen Dörfern lag auch in Zornheim der ehemalige Friedhof um die Pfarrkirche. Noch heute erinnert die Bezeichnung „Kirchhof“ an die ursprüngliche Lage. Den ersten Anstoß zur Verlegung an den Ortsrand gab in der sogenannten Franzosenzeit (1798-1814) der Präfekt des Departements Donnersberg, als er verfügte, dass Beerdigungen aus hygienischen Gründen nur noch außerhalb der Ortschaften zulässig seien. In Zornheim wurde diese Anordnung allerdings erst in der nachfolgenden Hessischen Zeit realisiert.

Als geeigneter Standort erwies sich ein an der Ebersheimer Straße gelegenes Grundstück am Ortsrand unmittelbar hinter dem Dorfgraben, welches den Flurnamen „An der Leimenkaut“ trug, weil hier seit dem Wiederaufbau des Dorfes Anfang des 18. Jahrhunderts die Dorfbewohner unentgeltlich Lehm als Baumaterial abbauen durften. Der Rest des in Gemeindebesitz befindlichen Geländes wurde jährlich verpachtet. Da dieser aber „wegen übler Lage und ausgefahrenem Leimen“ immer unrentabler wurde, überließ man ihn zuletzt dem Halter des Zornheimer Faselochsen.

Nachzeichnung des Katasterplans von 1810
Nachzeichnung des Katasterplans von 1810[Bild: Gottfried Kneib]

Mit der Anlage des neuen Friedhofs wurde der Lehmabbau gestoppt. Im Jahre 1831 begann mit der Einebnung des Geländes die Herrichtung zur Begräbnisstätte. Das eigentliche Gräberfeld benötigte nur den mittleren Bereich des ehemaligen Gemeindefeldes.

2. Der Friedhof bis zum Zweiten Weltkrieg

Den ursprünglichen Plan einer Umrandung mit einer Steinmauer verwarf der Gemeinderat und bevorzugte stattdessen die Anlage eines „lebendigen Zaunes“. Im Frühjahr 1832 wurden hierzu 700 Akazien und 14 Pappeln im Westteil und ein Jahr später 600 Akazien im Ostteil des Geländes gepflanzt und mit einem Lattenzaun umgeben. Die ausgewachsenen Bäume wurden ab 1836 regelmäßig für ihr Holz versteigert und durch Neupflanzungen ersetzt. Nach der Errichtung eines steinernen Kreuzes erfolgte am 2. Februar 1832 die erste Beerdigung.

Der Katasterplan von 1843 dokumentiert den damaligen Zustand. Er zeigt die Ausdehnung des Gräberfeldes und die beiden mit Akazien bepflanzten Randflächen, welchen die Nutzungsart „Wald“ zugeschrieben werden. Außerdem verrät der Plan, dass schon damals an der Kreuzung der Ebersheimer und Mommenheimer Straße ein Heiligenhäuschen stand.

Nachzeichnung des Katasterplans von 1843
Nachzeichnung des Katasterplans von 1843[Bild: Gottfried Kneib]

Mit der steigenden Einwohnerzahl musste der Friedhof schrittweise vergrößert werden. Der erste Erweiterungsabschnitt wurde 1869 vom Mainzer Bischof Wilhelm Emanuel von Ketteler eingeweiht. In der Folgezeit ersetzte man die Akazien zum Teil durch Kastanienbäume. Ansonsten blieb das Erscheinungsbild bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges nahezu unverändert.

3. Neugestaltung nach dem Zweiten Weltkrieg

In den Nachkriegsjahren fällte man wegen der extremen Kohleknappheit die inzwischen groß gewachsen Kastanienbäume. Im Rahmen der Neubepflanzung kam es in den Jahren 1947 und 1948 zu umfangreichen Erneuerungsarbeiten. Mit Steinen der Mainzer Häuserruinen errichteten Maurer aus Bretzenheim mit Unterstützung von freiwilligen Helfern aus Zornheim die Grenzmauer an der West- und oberen Nordseite sowie das Heiligenhäuschen an der nordwestlichen Friedhofsecke. Außerdem befestigte man die Friedhofswege und pflanzte neue Bäume und Sträucher. Schließlich sollte noch das Kreuz im Hauptweg durch ein neues, dessen Standort in der Rundung der Westseite geplant war, ersetzt werden. Dieser Plan konnte aber nicht realisiert werden, da das hierfür angesparte Geld durch die Währungsreform wertlos wurde.

Friedhofsweihe im Jahre 1949
Friedhofsweihe im Jahre 1949[Bild: Privatarchiv]

Im Jahre 1949 weihte der Ortspfarrer Josef Schwarz den neuen Teil des Friedhofs ein. Den Abschluss der Umfriedungsarbeiten an der Niedernbergstraße erledigten im Jahre 1967 ortsansässige Maurer durch freiwillige und unbezahlte Arbeit.

Friedhofsplan von 1969
Friedhofsplan von 1969[Bild: Gottfried Kneib]

Auf der gegenüberliegenden Seite hatte man bereits im Jahre 1959 im Bereich des ehemaligen Dorfgrabens das aus einem Obelisken bestehende Kriegerdenkmal 1870/71 postiert, da dieses an seinem bisherigen Standort auf dem Lindenplatz bei dem zunehmenden Verkehrsaufkommen ein Hindernis bildete. Im gleichen Grünsteifen wurden auch ein Feld für Kindergräber und ein weiteres für unvorhersehbare Katastrophen ausgewiesen.

In den Jahren 1969 und 1970 wurde in der Südostecke eine Friedhofskapelle errichtet.

Friedhofskapelle im Jahre 1971
Friedhofskapelle im Jahre 1971[Bild: Rudi Kloos]

4. Friedhofserweiterung im Jahre 1979

Mit der Ortserweiterung wuchs auch der Bedarf an Begräbnisplätzen und führte zu einer Erweiterung des Friedhofs. Dazu erwarb die Gemeinde die auf der Dorfseite angrenzenden Gärten. Zwischen dem alten und neuen höher gelegenen Friedhofsteil verlief einst der Dorfgraben. Heute ist er noch als abschüssiger Grünstreifen erkennbar.

Der Friedhof im Jahre 1990 (Kartengrundlage TK 6115)
Der Friedhof im Jahre 1990 (Kartengrundlage TK 6115)[Bild: Gottfried Kneib]

Im neuen Friedhofsteil platzierte man nach Fertigstellung der Erweiterung im Jahre 1979 die von dem Zornheimer Künstler Jakob Eckert modellierte Plastik Die Trauernde.

"Die Trauernde" von Jakob Eckert
"Die Trauernde" von Jakob Eckert[Bild: Gottfried Kneib]

Den sich veränderten Gewohnheiten in der Bestattungskultur trug man mit den 2006 und 2013 errichteten Urnenwänden Rechnung. 2015 wurde zudem eine Fläche für Wiesengräber ausgewiesen.

(Gottfried Kneib)

Nachweise

Verfasser: Gottfried Kneib

Redaktionelle Bearbeitung: Jonathan Bugert

Weiterführende Literatur:

  • Gemeinde Zornheim (Hg.): 1200 Jahre Zornheim: 771 - 1971. Beiträge aus der Geschichte der Gemeinde, Zornheim 1971.
  • Kneib, Gottfried: Zornheim. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Zornheim 2016.
  • Weitere Literatur

Aktualisiert am: 18.05.2021