Hachenburg im Westerwald

Rinaldo-Rinaldini-Aufführung - 1898

Eine Karnevals-Veranstaltung besonderer Art fand 1898 statt. Es wurde das Räuberspiel "Rinaldo-Rinaldini" gegeben. Dieses war 40 Jahre vorher schon einmal aufgeführt worden und wurde jetzt, da es kein Skript mehr gab, mühsam rekonstruiert. Hauptakteure waren Bapps Ahler, ein alter Hachenburger, die Vereinsvorstände und die Hachenburger Jugend.
Das Spiel wurde nicht auf einer Bühne gegeben, sondern die Handlung wurde an verschiedenen Stellen der Stadt zur gleichen Zeit aufgeführt. Dank geschickter Werbemaßnahmen fanden sich Tausende Zuschauer von auswärts ein. Zur Handlung:
Der Räuberhauptmann Rinaldo-Rinaldini hatte in Hachenburg sein Lager aufgeschlagen. Mit seiner Bande terrorisierte er die Bürgerschaft, drang in Häuser ein, z.T. mit langen Leitern, raubte die Räucherkammern aus, plünderte Läden, entführte Vieh und raubte Hachenburger Mädchen. Die Beute wurde in das große Räuberzelt im Hof "Zum weißen Ross" verbracht. Besonders verwerflich war der Raub der Rosa, die als Räuberbraut vom Räuberhauptmann persönlich aus dem obersten Stock des "Scharfen Eck" über eine lange Leiter geraubt wurde. Hoch zu Ross, eskortiert von der berittenen Räuberbande wurde Rosa in das Zelt auf den Markt gebracht, wo dann eine prächtige Hochzeit gefeiert wurde. Ein Oberräuber sollte die Festrede halten, er kam aber über den Anfang nicht hinaus. Nachdem er mehrmals versucht hatte, seine Rede mit "Hochgeehrter Herr Hauptmann, geliebte Braut" zu beginnen, musste er aufgeben.
Denn vom Untertor her kam eine zweispännige herrschaftliche Chaise (Kutsche). Als sie auf den Marktplatz fuhr, hielten die Räuber sie an, zerrten die Reisenden aus dem Wagen und wollten dem Kutscher die Pferde ausspannen. Der aber wehrte sich, und verpasste den Räubern mit seiner Peitsche blutige Striemen ins Gesicht. Ein Glück, dass die Pferde scheuten und im Galopp durch die Obergasse galoppierten. Es hätte sonst für den Kutscher übel enden können.
Da schleiften die Räuber zwei arme Bauern herbei, die man als vermeindliche Spione aufgegriffen hatte. Sie wurden von einem Gericht zum Tode verurteilt und an der Schlossmauer erschossen. Eine Zuschauerin schlug die Hände vors Gesicht und schrie: Ach du lewer Gott, etz hammeret. Dacht ich mer doch gleich, dat et heui en Onglock gaf. Die beiden Toten wurden an die Seite geschleppt und als sie zufällig in eine Pfütze zu liegen kamen, erwachten sie zum neuen Leben und gingen schimpfend von dannen.
Gegen Mittag rückte mit klingendem Spiel eine Militärabteilung zum Entsatz heran. Vorneweg ritt der Herr Major mit seinem Adjutanten. Es folgten die Musik und die Mannschaften, am Schluss ritt der Feldwebel mit dem Meldebuch. Es wurden Wachen aufgestellt, Soldaten patrouillierten durch die Straßen und nahmen die Räuber nach und nach gefangen.
Natürlich kam es zu Zwischenfällen: Ein Soldat, der seinen Posten an der Westendhalle verlassen hatte, wurde abgeführt. Der Herr Major, der nicht besonders gut reiten konnte, fühlte sich gleichwohl als stolzer Reitersmann. In seinem Übermut wollte er sich seinen Kollegen von der Bahn einmal hoch zu Ross zeigen und ritt zum Bahnhof. Ein hämischer Lokführer zog das Dampfventil, des Hauptmanns Pferd scheute und raste durch die Stadt bis vor seine Stalltür. Nur mühsam konnte sich der Major, den Hals des Pferdes fest umklammernd, im Sattel halten
Als die Truppen sich von allen Seiten auf dem Markt zusammenzogen, wurden nach kurzem Feuergefecht die letzten Räuber überwältigt. Gefesselt wurden sie im Triumphzug durch die Stadt geführt und damit war das Stück zu Ende. Als Soldaten und Räuber in das Zelt am Markt zurückkehrten, um die Beute gemeinsam in einem Gelage zu verzehren, war alles bereits von den Hachenburger Bürgern in Sicherheit gebracht worden. Nur in einer Ecke fand sich noch ein Topf mit Handkäse und ein trockener Räuberkuchen.[Anm. 1]

Anmerkungen:

  1. Heuzeroth, Karneval; Manuskript Heuzeroth (StAH). Zurück