Hachenburg im Westerwald

Das Haus Perlengasse (Bergratshaus) in Hachenburg

Ein von Professor Otto Spengler aus Mainz angefertigtes Gutachten legt den Baubeginn dieses markanten Hachenburger Hauses und seines Gewölbekellers auf die Jahre nach dem Stadtbrand von 1654 fest. Dendrochronologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass das Holz für den Neubau im Winter 1691/1692 geschlagen wurde und das Fachwerk 1692 aufgestellt wurde.[Anm. 1]
Ob an dieser Stelle bereits zuvor ein Burgmannenhaus gestanden hat, lässt sich nur vermuten. Der Hof wäre dann 1654 zusammen mit den benachbarten Burgmannensitzen vernichtet worden. Das von der gräflichen Verwaltung als Patrizierhaus wieder aufgebaute Anwesen diente dann über viele Jahre hinweg als Wohnhaus hoher gräflicher Verwaltungsbeamter. Nach alten Überlieferungen soll in diesem Haus ein Stadtpräfekt gewohnt haben. Die angrenzenden Gebäude in der Judengasse (Haus 5 und 7) bildeten die sogenannte Kaserne, wo u. a. im 18. Jahrhundert die "Hachenburger Husaren" untergebracht waren.
In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde das Haus modernisiert. Damals entstand die Barocktreppe in das Obergeschoss, außerdem wurde ein Schornstein eingebaut.[Anm. 2] Im späten 18. Jahrhundert dürfte auch die Anordnung der Fenster verändert worden sein. Weitere Umbauten erfolgten im 19. und 20. Jahrhundert.
Nach dem Ende der Grafschaft Sayn im Jahr 1799 fiel das Anwesen in private Hände, bis es dann die Erbengemeinschaft Latsch übernahm. Im Haus wurde eine Bäckerei (Entenbraterei) eingerichtet. Der Backofen im Keller zeugt noch heute davon.[Anm. 3]
Schließlich wurde das Anwesen an den Unternehmer Sassenrath verkauft, der es 1979 abreißen und das Grundstück als Parkplatz verwenden wollte.[Anm. 4] Doch diesen Plan konnte die Untere Denkmalschutzbehörde vereiteln, sie stellte das einzige freistehende Bürgerhaus 1979 vorläufig und 1986 endgültig unter Denkmalschutz.[Anm. 5]
Im Jahr 1993 gelang es der Stadt, sich nach längeren Vorverhandlungen das Haus im Zuge eines Gütertausches zu sichern. Man nahm eine Bestandsaufnahme vor, ließ zahlreiche Gutachten anfertigen[Anm. 6] und kalkulierte die Kosten für eine Restaurierung. Schnell war klar, dass man auf Zuschüsse staatlicher Stellen angewiesen war.[Anm. 7]
Die Sanierung des Gebäudes erfolgte nach dem Beschluss des Stadtrates von Ende März 1995 seit 1996 unter Leitung des Architekten Gunter Breuer. Alte und neue Bautechniken wurden in dem Bau vereinigt. Die Wände zwischen den Eichenbalken wurden nach alter Tradition aus Lehm ausgeführt, innen keine Tapeten verwendet. Die Neufertigung der Fenster wurden den Originalen nachempfunden, innen aber eine moderne Verglasung vorgesetzt. Den Flurboden bilden Blausteine, die einst auf dem Schloss verlegt waren. Das Treppenhaus wurde komplett ausgebaut, saniert und wieder eingebaut. Anlass zu Beanstandungen gab lediglich das Material, mit der die Außenfassade restauriert wurde. Es ließ dem Lehm in den Gefachen zu wenig Luft, ließ unschöne Risse entstehen und alterte zu schnell.
Ursprünglich war geplant gewesen, die Stadtbibliothek in dem neu erworbenen Gebäude unterzubringen, doch schon bald ließ man diesen Plan fallen, und sah das Gebäude als neuen Sitz des Stadtbürgermeisters an.
Bis 2001 residierte der Stadtbürgermeister in dem schmucken Haus, heute sind die Touristeninformation, die Hachenburger Kulturzeit, die Verbraucherberatung und das Stadtarchiv in dem Gebäude untergebracht.[Anm. 8]

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.


Anmerkungen:

  1. Bauhistorisches Gutachten von Dr. Hans-Hermann Reck (Wiesbaden). Zurück
  2. Dieser Schornsteine stürzte nach einem Erdbeben am 13. April 1992 ein. Zurück
  3. Dieser wurde anlässlich der Einweihung des Rathauses 1989 von Bäckermeister Gerhard Latsch mit einem "Probebacken" feierlich neu eingeweiht. Zurück
  4. Später unterstützte Ulrich Sassenrath die Bemühungen der Stadt, indem er die benötigten Flächen für ein rollstuhlgerechtes Betreten des Rathauses zur Verfügung stellte. Zurück
  5. Der Kreisrechtsausschuss des Westerwaldkreis hob überraschend 1980 diese Verfügung wieder auf. Daraufhin klagte die damalige Bezirksregierung vor dem Verwaltungsgericht Koblenz gegen diese Verfügung des Kreisrechtsausschuss. Nach einem sechsjährigen Rechtsstreit bestätigte das Oberverwaltungsgericht Koblenz am 29. Oktober 1986 die Schutzwürdigkeit des Gebäudes. Zurück
  6. U.a. 1993 durch Dr. Reck 1993 und 1994/1995 durch die Propstei Johannesberg. Zurück
  7. Die Gesamtkosten betrugen von 3 Millionen DM, die zu 70 % (1,9 Mio Mark) im Rahmen der Städtebauförderung des Innenministeriums und des Amtes für Denkmalpflege (200.000 Mark) vom Land Rheinland-Pfalz übernommen wurden. Zurück
  8. Backes, Hachenburg S. 26; Kwasnik/Trautmann, Denkmäler S. 25; Manuskript Nassauischer Altertumsverein; Berichte in der Westerwälder Zeitung vom 18.4.1992, 25.11.1994, 30.3.1995, 22.8.1998, 3.10.1998, 9.-11.10.1998 sowie ein Bericht im Westerwaldjournal vom 9.10.1998. Zurück