Hachenburg im Westerwald

Gasthaus "Goldener Löwe" in Hachenburg

Im Jahr 1750 wurde in der Untergasse ein neues Gasthaus durch Johann Peter Freudenberg eröffnet.[Anm. 1] Als er 1785 starb, übernahm sein Sohn Johann Wilhelm Heinrich (geb. 1758) das Gasthaus.[Anm. 2] Er überlebte seinen Vater nur um 10 Jahre. Philippine, genannt die »schöne Witwe«, führte seit 1795 die Gaststätte, in der es dank der zahlreichen Einquartierungen während der Revolutionskriege zuweilen lebhaft zuging. So bewirtete Philippine im September 1795 Soldaten einer französischen Division mit Wein. Als die Franzosen fort waren, bezog eine preussische Sauvegarde am 24. September 1795 Quartier im "Goldenen Löwen". Sie blieben bis zum 24.10.1795. Am 18.6.1796 kamen Österreicher nach Hachenburg. Sie zahlten selbst und tranken nicht so viel wie die Franzosen, vielleicht deshalb, weil ihr Oberbefehlshaber, Erzherzog Karl, ebenfalls in der Stadt Quartier bezogen hatte.
Während dieser Zeit war bei den Kämpfen zwischen Franzosen und Österreichern, die viermal bei Vormärschen und Rückzügen durch Hachenburg kamen, den mit den Österreichern kämpfenden ungarischen Barco-Husaren ein gefangener feindlicher Bote durch den "Goldenen Löwen" entflohen. Die ungarischen Soldaten verfolgten ihn, zerschlugen das Mobiliar und verfolgten mit gezogenem Säbel die sich flüchtenden Hausbewohner von Stube zu Stube. Wirtin Philippine schloss sich aus Angst mit ihren fünf kleinen Kindern im Zimmer 10 ein. Die ungarischen Husaren versuchten mit Säbelhieben die Tür aufzubrechen. Einem zu Hilfe geeiltem Nachbarn gelang es die Ungarn mit Geld zu beschwichtigen und von weiteren Nachstellungen abzubringen. Kurz danach wurden vor dem "Goldenen Löwen" noch mehrere versprengte französische Soldaten erschossen. Die von den ungarischen Husaren mit dem Säbel beschädigte Tür des Zimmers Nr. 10 wurde geflickt. Noch 1929 sollen die Scharten an der Tür zu sehen gewesen sein. Heute existiert dieses Zimmer nicht mehr. Es befand sich wahrscheinlich in dem um 1914 abgerissenen Hinterhaus.[Anm. 3]
Am 19.4.1797 wurde ein französischer Offizier namens Reichard Platzkommandant in Hachenburg. Er wohnte vom 18.11.1797 bis 14.1.1798 auf Kosten der Stadt im Haus.
Der älteste der fünf Söhne Philippines, der 1786 geborene Georg Wilhelm, übernahm 1805 den Gasthof, nachdem er in einer Weinhandlung in Mainz in Lehre gegangen war.[Anm. 4]

Mit dem Ende Hachenburgs als gräfliche Residenzstadt erfasste der wirtschaftliche Niedergang auch die Gasthäuser.
1811 wurde Wilhelm Freudenberg Gastwirt. Er gab dies im Nassauischen Intelligenzblatt bekannt[Anm. 5] und heiratete im gleichen Jahr Catharina Elisabeth Reinhardt.
Das Gebäude wurde 1828 folgendermaßen beschrieben: Das dreistöckige Anwesen grenzt unten an das Haus des Metzgers Philipp Lück und oben an das dasjenige des Johann Wirth. Das Vorderhaus ist 54 Fuß lang und 21 Fuß tief. Dazu gehört ein Hinterhaus, eine Remise sowie ein Stall. Im Keller unter dem Vorderhaus, den man über eine steinerne Treppe erreicht, befindet sich ein Brunnen, der mit Wasser aus der städtischen Wasserleitung versorgt wird.[Anm. 6] Der Brunnen ist heute noch vorhanden. Er liegt vorne links an der Untergasse, an der unteren Ecke des Anwesens. Er ist jedoch mit Mauerwerk abgedeckt und stillgelegt.[Anm. 7] Bis 1914 wurde das Gebäude nicht mehr wesentlich verändert.
Als Kontributionen und Belastungen überhand nahmen, verkaufte der damalige Besitzer Georg Wilhelm am 17. Dezember 1828 bzw. am 8. Januar 1829 den Goldenen Löwen kurz vor seinem Tod (im März 1829) für 4.000 Frankfurter Gulden an den jüdischen Händler Baruch Drucker.[Anm. 8] Georg Wilhelm war der letzte Löwenwirt. Seit 1829 sind die Zeiten des Anwesens als Gasthaus vorüber.
Von Baruch Drucker ging der Goldene Löwe an den jüdischen Kaufmann Moritz Rosenau über. Am 12. Juni 1914 verkaufte Moritz das einsturzgefährdete Haus (damals Wilhelmstraße 113) dem Händler Matthias Klassmann, der es aber nicht sanierte. Er riss wahrscheinlich das Hinterhaus ab und baute das Gebäude in ein Geschäftshaus um. Doch bereits am 2. Juni 1915 verkaufte Matthias Klassmann das Anwesen für 30.000 Mark an den Buchdrucker Theodor Kirschhübel. Nachdem die Eheleute Paul und Clara Preusser, geb. Schlosser, das Haus am 31. Januar 1929 gekauft hatten, kam es zu größeren Renovierungen. Der Eingang wurde von der Seite in die Hausmitte verlegt und beiderseits des Eingangs jeweils ein großes Schaufenster eingebaut. Die Zwischenwand, die Theodor Kirschhübel zwischen sein Lädchen und die Druckwerkstatt gezogen hatte, wurde entfernt. So entstand ein großer Ladenraum für Textilien, Hüte und Pelze. Man versetzte die Treppe zu den oberen Stockwerken. Das ganze Haus wurde 1935 mit einem Drahtnetz benagelt und das Fachwerk verputzt. So wollte man das »unmoderne« Fachwerk verbrämen.
Zur Erinnerung an die Zeit, als der Goldene Löwe noch Gasthof war, wurde 1935 an der Giebelfront die heute noch vorhandene Skulptur angebracht.[Anm. 9]

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.


Anmerkungen:

  1. 324 Zurück
  2. 325 Zurück
  3. Text Hitzel. Zurück
  4. Heuzeroth Löwenwirt Zurück
  5. 326. Im Haus wurde 1819 C.J. Freudenberg, der spätere Inhaber der Lederfabriken Freudenberg in Weinheim geboren (gest. 1898) Zurück
  6. 327 Zurück
  7. 328 Zurück
  8. 329 Zurück
  9. 330
    Während des 2. Weltkrieges diente der alte Bruchsteinkeller des Hauses als Luftschutzkeller für Hausbewohner und Nachbarn. Zu diesem Zweck wurde das Gewölbe an zwei Stellen zum unterhalb gelegenen Anwesen Krämer durchbrochen und wurden Notausgänge geschaffen.
    Nach dem Krieg modernisierte man das Haus im Jahr 1950. Die Stelle, an der früher das Hinterhaus gestanden hat, wurde mit einem unterkellerten Anbau versehen.
    Im Jahr 1974 restaurierten die Eigentümer die Front des Hauses nach einer Farbempfehlung des Landesamtes für Denkmalpflege.331 Zurück