Hachenburg im Westerwald

Die Orgel in der Stadtkirche von Hachenburg

Die älteste Orgel, von der man weiß, war nach dem großen Stadtbrand vom 24. August 1594 in die neu erstehende Kirche eingebaut worden. Ihr Schöpfer, Christoph Embach, erhielt 1595 insgesamt 70 Gulden 13 ½ Albus für seine Arbeit.[Anm. 1]
Im Jahr 1625 baute Georg Walker aus Lich/Oberhessen eine neue Orgel. Wahrscheinlich war die Orgel nach dem 21. Mai 1607, als Graf Wilhelm von Sayn-Wittgenstein nach der Einführung des reformierten Bekenntnisses in Hachenburg befahl, neben den Altären auch die Orgeln abzuschaffen, abgebaut worden.[Anm. 2] Das Geld für die teuere Orgel musste 1625 mühsam beschafft werden. 388 Gulden kamen zusammen. Einen Teil steuerte der Graf bei,[Anm. 3] die Stadt verkaufte Grundstücke, um Bargeld beisteuern zu können,[Anm. 4] 94½ Gulden erbrachte eine Kollekte in der Stadt. Man holte die Orgel in Lich ab.[Anm. 5] Meister Walker kam selbst mit nach Hachenburg und brauchte 12 Tage, um die Orgel aufzustellen.[Anm. 6] Die Fertigstellung der Orgel wurde von Inspektor, Amtmann, Kaplan und Kirchenmeister mit einem Festessen gefeiert.[Anm. 7] Als Hans Adam Oelgartten Kirchenmeister war, fanden 1652 größere Reparaturen an der Orgel statt.[Anm. 8]
Als dann am 13. Oktober 1654 die Kirche erneut abbrannte, musste im Zuge des Neubaus der Kirche 1655 ein Orgelbauer 12 Tage arbeiten, um sie wieder instandzusetzen.[Anm. 9]
1668 sind ebenfalls Arbeiten an der Orgel belegt.[Anm. 10]

Neubau der Orgel im 18. Jahrhundert

Während der Regierung des Grafen Georg Friedrich wurde um 1717/1718 "eine größere Orgel in der Kirche angelegt." Die Orgel mit dem heute noch erhaltenen Barockprospekt wurde von Johann Casper Kirchner aus Farnroda/Thüringen) gebaut und hatte damals 14 Register. Aufgestellt wurde sie nicht wie heute im Chorraum, sondern sie war an der Wand zum Markt hin platziert, an der das Schulhaus stand. Um Platz für die "Bälge" des Orgelbläsers, musste die lutherische Schulstube geräumt werden.
Bei der Umgestaltung des Mittelschiffes 1775-1776 wurde 1778 auch die Orgel neu gestaltet und ihr Standort von der Marktseite auf die Chorseite verlegt. Der Orgelbauer Johannes Andreas Mohr aus Wiesbaden fing am 29. Mai 1778 an, die alte Orgel zu reparieren. Zwei seiner Söhne und ein Gesell arbeiteten mit ihm zusammen unterunterbrochen bis zum 26. September daran. Dann war die Orgel gründlich überholt und durch einige Register ergänzt.[Anm. 11] Mit ihrem schönen Prospekt ist sie seit dieser Zeit Blickfang des Raumes.
Am 30. September 1778 wurde verboten, dass die instandgesetzte Orgel von Kindern und des Spielens Unkundigen benutzt wurde. Auch die Schuldiener waren gehalten, die Orgel nur bei den Gottesdiensten zu benutzen. Aus diesem Grunde wurde der Orgelraum verschlossen und der Schlüssel dem Balgtreter anvertraut.[Anm. 12]
1895/1897 musste diese Orgel einer neuen Orgel im Stil der Zeit weichen. Die Firma Walcker aus Ludwigsburg baute ein Werk mit pneumatischer Traktur und Kegellade mit 17 Registern, 2 Manualen und Pedal hinter den alten Barockprospekt. Damals wurde auch der Boden der Orgelempore um einen Tritt angehoben.
Auch die Orgel musste ihren "Kriegsbeitrag" leisten. Im Jahr 1917 wurden die Prospektpfeiler aus Zinn für Rüstungszwecke abgeliefert und 1918 durch bronzierte Zinkpfeifen ersetzt. 1937 hatten die alten Tretbälger ausgedient, nunmehr ließ ein elektrisches Gebläse die Orgel erklingen.
1963/64 verbesserte die Firma Kemper aus Lübeck das Pfeifenwerk der Walcker-Orgel, um den Klang zu verbessern, doch war man mit der Arbeit nicht zufrieden. Wegen technischer Mängel u.a. an der pneumatischen Steuerung, entschloss man sich 1995, erneut ein mechanisches Instrument in Auftrag zu geben, welches unter Beibehaltung des Orgelgehäuses von Johann Kaspar Kirchner nach den neusten Erkenntnissen gebaut werden sollte. Den Auftrag erhielt die weltweit tätige Orgelbaufirma Johannes Klais. Unter Verwendung der restaurierten Orgelteile wurde das neue Werk im Januar 1996 fertig. Jetzt hat die Orgel 28 Register, zwei Manuale und eine Pedalklaviatur. Die größten der 1796 Pfeifen sind bis zu fünf Meter lang. Die pneumatischen Bauteile der Orgel von 1895 wurden auf Vorschlag der Denkmalpflege zu Studienzwecken eingelagert. Am 20./21. Januar 1996 wurde die neue Orgel feierlich eingeweiht. Prof. Dr. Reinhardt Menger von der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt intonierte die Orgel. Die Kirchengemeinde Hachenburg gab zur Feier des Tages eine Festschrift herausgegeben.[Anm. 13]

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.


Anmerkungen:

  1. Söhngen, Geschichte S.252f. Zurück
  2. Söhngen S. 256 Römheld, Kirchengemeinde S.99f. Zurück
  3. Auf Befehl des Grafen wurde die Alpenroder Monstranz verkauft. Von dem erlösten Geld überlieferte der Landschultheiß dem Kirchmeister 48 Gulden. Dazu gab der Graf noch 11 Gulden 6 AlbusZurück
  4. Dem Schneider Just wurden zwei Morgen Feld "vor den zeunen" gelegen, verkauft, jeder Morgen ertrug 45 Gulden. Johann Schmied kaufte 17 Ruten Garten "ufm Steinweg" und zahlte für die Rute 3 Gulden 6 Albus. Am Hatterter Kirchweg wurden 3 Morgen Feld verkauft, von denen jede 13 Gulden erbrachte. Zurück
  5. Jakobus fuhr nach Lich, um die Orgel abzuholen. Als Zehrgeld auf der 9-tägigen Reise gab man ihm 4½ Gulden mit. Der Fuhrmann Rudolf Helt übernahm den Transport. Er erhielt 18 Taler Fuhrlohn, die Stadt zahlte die Hälfte. Zurück
  6. Vom 27. Januar bis zum 8. Februar 1625 lebte er auf Kosten der Kirchenleitung in Hachenburg. Den Orgelsitz musste der Schreiner Henrich neu herstellen. Der Weißgerber lieferte ein Fell für die Bälge. Thonges der Schlosser gab das notwendige Eisen für die Bälge und ein Schloss für die Tür. Zurück
  7. Söhngen S.257f. mit weiteren Einzelheiten. Zurück
  8. Der Orgelmacher und sein Knecht bekam 26 Gulden Lohn (Söhngen S.94 und 261). Zurück
  9. Söhngen S. 95 und S. 261f. Zurück
  10. LHA Koblenz Best. 620 Nr. 430. Zurück
  11. Diese Orgel hatte zwei Manuale, ein freies Pedal und drei Spanbälge, welche neben der Orgel lagen und den erforderlichen Wind hinreichend liefern. Es waren 23 Registerzüge vorhanden. Die Orgel war – so hat dies Dahlhoff  überliefert - folgendermaßen disponiert: a. Das Hauptwerk hat 10 Stimmen, nämlich: 1. Principal 4 Fuß; 2. principal 8 Fuß; 3. Flöte 8 Fuß; 4, Bordon 8 Fuß; 5. Quinte 3 Fuß; 6. Superoctav 2 Fuß; 7. Gedact 4 Fuß; 8. Decima 1 Fuß; 9. Mixtur 4 Fuß (dreifach); 1o. Trompete 8 Fuß. b. Das Nebenmanual hat 6 Stimmen: 1. Viola di Gamba 8 Fuß; 2. Quintatön 8 Fuß; 3. Octave 2 Fuß; 4. Spitzflöte 2 Fuß; 5 Quintatön 4 Fuß; 6. Trompete 8 Fuß. c. Das Pedal hat 4 Stimmen: 1. Posaune 16 Fuß; 2. Octave 4 Fuß; 3. Principalbaß 8 Fuß; Subbaß 16 Fuß. d. Nebenzüge: Tremulant, Windventil, Koppel. Die ganze Wiederherstellung kostete im Taglohn 600 Gulden. (Dahlhoff, Grafschaft Sayn S. S. 227). Zurück
  12. HHStAW Abt. 342 Nr. 481. Zurück
  13. Dahlhoff, Grafschaft Sayn S. S. 227; Sayn-Wittgenstein, Im Westerwald S. 164; Struif, Hachenburg S. 109; Römheld, ev. Kirchengemeinde S.99ff.; Hans Dieter Weisel: Prachtvolles Gehäuse bis heute erhalten. In: Westerwälder Zeitung vom 6. Juni 1997; Söhngen, Geschichte S.257f.; Westerwälder Zeitung vom 16. und 23. Januar 1996 und vom 21.8.1997; INFORM 26.1.1996. Zurück