Hachenburg im Westerwald

Kleine Hachenburger Archivgeschichte

Das Alte Hachenburger Stadtarchiv

"Die Geschichte des Stadtarchivs Hachenburg ist die traurige Geschichte einer stetigen Dezimierung". So fasst Peter Brommer, in seinem Vorwort zum "Inventar des Archivs der Stadt Hachenburg" (1989) die Geschichte des Stadtarchivs zusammen.Die Anfänge des Stadtarchivs, das von dem Archiv der Grafen von Sayn im Schloss zu unterscheiden ist,<ANM>Am 1.7.1506 wird Amtmann Mant von Limbach als Leiter der Kanzlei und wohl auch des Archivs sowie als Chef des Schreibers Jakob bezeichnet (HHStAW Abt. 340 Urkunden Nr. 12410a).</ANM> liegen weitgehend im Dunkeln. Aus dem 15. Jahrhundert stammt eine Nachricht, dass die Stadt ihre Freiheitsbriefe und Privilegienurkunden zeitweise in die Obhut der Stadt Montabaur gab, die sie sicher aufbewahrte. Diese Abmachung wurde mehrfach erneuert, wobei sich die Stadt ausdrücklich die Eigentumsrechte an den Schriftstücken vorbehielt.<ANM> HHStAW Abt. 340 Urkunden Nr. 12314a.</ANM> Wahrscheinlich hängt diese "Auslagerung" mit der Angst der Stadtväter vor einem Stadtbrand zusammen. Das Saynische Archiv auf dem Schloss wurde 1484 beim Stadtbrand beschädigt.Im Jahr 1600 wurde das Stadtarchiv ihm neu erbauten Rathaus am Markt untergebracht.<ANM>LHAKo Best. 620 Nr. 227 (unpaginiert)</ANM> Als kurpfälzische Truppen am 3. Februar 1602 Hachenburg besetzten, luden die Pfälzer eine unbekannte Anzahl von Urkunden und Aktenstücken auf Wagen und transportierten sie ab.<ANM>HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 3671.</ANM>Dort wurden die für die Stadt wichtigen Dokumente in der "Schöffenkiste" aufbewahrt, die erstmals 1613 erwähnt wird.<ANM> LHAKo Best. 620 Nr. 227. 1636 fertigte man ein Verzeichnis der Privilegien an, die die Stadt für ihre Eingaben an die Grafen von Sayn benötigte (LHAKo Best. 620 Nr. 226)</ANM> Im Archiv gab es u.a. einen Raum mit einer besonderen Lade, die mit "Verschiedenes" (Miscellanen) gekennzeichnet war, und mehrere Urkunden enthielt.<ANM> LHAKo Best. 620 Nr. 227 für die Zeit um 1608.

Das Saynsche Archiv

Das Saynsche Archiv im Schloss wird 1484 erstmals erwähnt. Als am 2. Januar 1484 die Stadt mit Kirche und Schloss brannte, soll eine größere Anzahl von Akten und Urkunden ein Raub der Flammen geworden sei.
Bedroht wurden die Archivbestände auch von anderer Seite. Als Gräfin Louise Juliane 1636 für 12 Jahre aus der Grafschaft vertrieben wurde, sah sich der Kaiser, der als Vermittler im Lehnsstreit eingriff, am 6. August 1638 genötigt, den Kölner Kurfürsten aufzufordern, das saynische Archiv unangetastet zu lassen.[Anm. 1]
Am 13. Mai 1650 werden das Archiv und sein mutmaßliche Leiter Dr. Hieronymus Ziegler genannt. In der Lehnsstube befanden sich Tausende Urkunden, die von dem Registrator Johann Jakob Garben verwaltet wurden.[Anm. 2] Zahlreiche Archivalien waren 1652 noch in Kisten verpackt,[Anm. 3] beredtes Zeichen dafür, dass sie in den damaligen kriegerischen Zeiten ausgelagert worden waren bzw. "reisefertig" bereitstanden.
Beim Stadtbrand am 13. Oktober 1654 geriet das Archiv auf der Burg in ärgste Bedrängnis. Ein großer Teil der Akten verbrannte. Zahlreiche bereits angesengte Akten konnten nur gerettet werden, weil mutige Helfer die Akten einfach durch das Fenster auf den Schlossberg warfen. Dort wurden sie notdürftig in Fässer geschlagen und in Sicherheit gebracht. Die durch die Feuersglut entstandenen Aufwinde erfassten ungezählte Aktenblätter und verstreuten sie in alle Richtungen. Wenn Graf Johann Ernst Graf zu Manderscheid am 20. Oktober 1654 aus Blankenheim an seine Schwägerin, die Prinzessin Ilse Diricariere (?) geb. Comtesse von Sayn und Wittgenstein in Frankfurt schreibt, beim Brand im Schloss habe es durch Herausnahme und Rettung der sowohl in der Kanzlei als auch im Archiv befindlichen Dokumente und Schriften eine nicht geringe Konfusion und Zerstörung gegeben, stellte er die dramatischen Ereignisse sehr schlicht dar. Er habe, so heißt es weiter, seinen Rat und lieben Getreuen Peter von Beytrich damit beauftragt, diese Urkunden (Briefe) wieder zusammenzubringen und an einem sicheren Ort zu verwahren.[Anm. 4] Die Archivräume scheinen schnell wieder instandgesetzt worden zu sein,[Anm. 5] wie viele Akten unrettbar verloren waren, lässt sich nicht mehr feststellen.
Am 24. Dezember 1735 wurde zwischen Herzog Wilhelm Heinrich zu Sachsen und dem Burggrafen Georg Friedrich von Kirchberg beschlossen, in Hachenburg ein gemeinsames Archiv für die beiden Teilgrafschaften Sayn-Altenkirchen und Sayn-Hachenburg einzurichten. Der bisherige Sekretär Heinrich Friedrich Avemann wurde am 24. Dezember 1736 zum gemeinschaftlichen saynischen Archivrat ernannt, der Kanzlist G. Fr. Negelin wurde zum Registrator bestimmt.[Anm. 6]
Im Laufe der Zeit sind auch auf anderem Wege wertvolle Urkunden und Akten verloren gegangen. So fehlen zahlreiche Stadtrechungen der Bürgermeister, die Ratsprotokollbücher sind ebenfalls nur bruchstückhaft erhalten. Auch andere Serienakten sind unvollständig. Bedauerlich ist vor allem, dass auch das Original der Stadtgründungsurkunde vom 16. Dezember 1314 verloren ist. Es war Mitte des 18. Jahrhunderts bereits so beschädigt, dass der kaiserlichen Notar Magdeburg, der Großvater des späteren Oberpräsidenten von Hessen-Nassau, im Jahr 1752 vorsorglich mehrere Abschriften anfertigt ließ,[Anm. 7] sodass zumindest der Text des wertvollen Dokuments erhalten blieb.
Beim Verkauf des "Beustschen Hauses" in der Hinteren Straße im Jahr 1766 an Kanzleidirektor Detmar Henrich Grün wird Archivrat Magdeburg erwähnt.[Anm. 8] Magdeburg taucht auch in der Stadtrechnung von 1766/67 als Archivrat auf.[Anm. 9]
Als saynische Registratoren werden 1650 Johann Jakob Garben,[Anm. 10] 1655/56 Johann Eberhard Letzmann[Anm. 11] und 1759/1760 bzw. 1763/64 Registrator Ritter genannt.[Anm. 12]

Hachenburger Stadtschreiber

Ein wichtige Funktion im Rahmen der Stadtverwaltung übte der Stadtschreiber aus. Er erledigte im Auftrag von Bürgermeister und Rat der Stadt sämtliche Briefschaften, stellte Urkunden aus und verwaltete die alten Schriftstücke, war quasi der erste Stadtarchivar.[Anm. 13], und dokumentierte Schatzungs- und Steuerlisten.[Anm. 14] Der Stadtschreiber wurde für seine Tätigkeit von der Stadt bezahlt, verfügte aber auch über Nebeneinnahmen. So schrieb er nebenbei auch Kirchen- und Almosenrechnungen.[Anm. 15]
Der Hachenburger Stadtschreiber Johann Heinrich Helt war der erste, der in einem Handbuch versuchte, einen Stadtchronik zu schreiben. Er gab seinen Aufzeichnungen den Titel: Enchridium oder Richtige Registratur über die Stadt Hachenburg Recht und Gerechtigkeit, nebst  richtiger Annotation unterschiedlicher denckwürdiger Geschichten und begebenheidten, der lieben posterität zu guter Nachricht mit allem fleiß, theilß auß der Statt Hachenburg richtigen original Documenten gezogen, theilß selbsten observirt und dießes richtig zu beschreiben angefangen vonn Johann Henrich Helten, zur Zeidt Stattschreibern zu Hachenburg, den 24ten Junij Anno 1633.
Heil trug sämtliche Nachrichten aus den alten Urkunden zusammen, die in der Schöffenkiste aufbewahrt wurden bzw. im Archivraum der Stadt lagen. Leider sind seine Aufzeichnungen, die er über die Ereignisse des 30-jährigen Krieges niederschrieb, den er persönlich erlebt hatte, nicht mehr aufzufinden.
Heil beendet sein Werk nicht. Ein Nachfolger Helts im Stadtschreiberamt setzte das Buch fort, aber nicht in Helts Sinne. Der Nachfolger schrieb 1679, er habe nur das eingetragen, was nach seiner Ansicht für die Bewahrung der Hachenburger Stadtfreiheiten wichtig war. Alles andere wolle er in einer separaten Chronik zusammenstellen und der Hachenburger Stadtschreiberei anvertrauen. Diese Chronik hat, wenn sie je geschrieben wurde, die Zeiten leider nicht überdauert. Auf den hinteren Seiten des Enchridium sind nur noch belanglose Streitereien vermerkt, die die Stadt Hachenburg mit der Obrigkeit oder benachbarten Gemeinden hatte. Der Stadtschreiber Engelbert Heydhaußen hat das Buch am 17. September 1706 beendet. Er schrieb: „Dieses Buch dient nur einem Bürgermeister oder Rat, der es täglich zur Hand nehmen müsse, weshalb es Enchridium-Stammbuch genannt sei.“[Anm. 16]

1463/64Der Stadtschreiber wird erstmals erwähnt[Anm. 17]
vor 1495Johann von Horhausen[Anm. 18]
um 1495-1496 Rentmeister Rorich von Betzdorf[Anm. 19]
1512 Johann Bochener, ein Geistlicher[Anm. 20]
1547 Gerichtsschreiber Bürgermeister Bartholomäus Schelt[Anm. 21]
1551/52 Stadtschreiber erwähnt[Anm. 22]
1558/59 Johann Helt erwähnt[Anm. 23]
1561/63 Stadtschreiber erwähnt[Anm. 24]
1594/95 Stadtschreiber erwähnt[Anm. 25]
1606-1609 Joh. Rhenanus[Anm. 26]
1612/1613 Nikel Kremer[Anm. 27]
1625/26 Chrstian Optichtius, Stadtschreiber (?)[Anm. 28]
1625-1650 Johann Henrich Helt[Anm. 29]
1694/95 Jakob Grün[Anm. 30]
1696/97 Stadtschreiber erwähnt[Anm. 31]
1706 Engelbert Heydhaußen[Anm. 32]
1729-1753/30Es werden mehrfach Stadtschreiber erwähnt[Anm. 33]
1753/54Herr Axt[Anm. 34]
1759Regierungs-, Konsistoral- und Archivrat Albrecht Eberhard Wirths[Anm. 35]
1769/70 und 1772/73Herr Bertram[Anm. 36]

Im Jahr 1773 werden der Stadtschreiber und der Gerichtsschreiber letztmalig genannt,[Anm. 37] das Amt überdauerte das Ende der Selbständigkeit der Grafschaft Sayn 1799 also nicht. Im Jahr 1888 ist Stadtsekretär Lui belegt.[Anm. 38]

Das Archiv im 19. Jahrhundert

Nach dem Abbruch des alten Rathauses im Jahr 1820 wurden sämtliche Urkunden und Akten in das zur Schule umfunktionierte frühere Franziskanerkloster am Markt gebracht. Dort wurde es zunächst in einem schlecht verschlossenen Zimmer und später sogar auf dem jedem zugänglichen Speicher untergebracht. Dort hatte praktisch Jedermann Zutritt und konnte mitnehmen, was ihm in die Hände fiel. Dass damals zahlreiche Urkunden und Akten abhanden kamen, zeigt die Tatsache, dass im Jahr 1852 der Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung eine Vermehrung seiner Archivaliensammlung vermelden konnte. Der Probator Achenbach hatte offensichtlich im Antiquariat sechs Hachenburger Urkunden aus den Jahren 1347 bis 1439 sowie mehrere Aktenstücke der Stadt und der Grafschaft Hachenburg erworben und dem Vereinsarchiv übergeben. Unter den 1879 erschienen Regesten der in diesem Archiv aufbewahrten Urkunden, befanden sich auch 17 Urkunden, die zweifellos früher einmal im Archiv der Stadt Hachenburg gelagert haben.[Anm. 39]

Das Archiv im 20. Jahrhundert

Der Schrumpfungsprozess (Brommer) des Hachenburger Stadtarchivs hielt auch im 20. Jahrhundert an. So berichtet 1904 Dr. Emil Schaus über "Eine Sammlung von Hachenburgischen Archivalien", die aus dem Besitz des verstorbenen Landgerichtsrats Wilhelm Keim an das Staatsarchiv Wiesbaden gelangt waren. Unter diesen wertvollen Akten, die Keim 1903 in Hachenburg "verwahrlost im Staube der Speicher" und an anderen Orten aufgespürt hatte, befanden sich diverse Bürgermeisterrechnungen, Schreiben der städtischen Verwaltung, Akten des Stadtgerichts sowie das unersetzliche Stadtrecht (Enchyridium) des Stadtschreibers Johann Henrich Helt vom 24. Juni 1633, das in einer Abschrift des Engelbert Heyckhauss vom 17. September 1706 überliefert ist [siehe oben].
Eine unbekannte Zahl von im Besitz der Stadt befindlichen alten Urkunden wurden, so vermerkte der Stadtmagistrat am 11. Juli 1906, mittels eines „Depositalvertrages“, also "leihweise" an das Königliche Staatsarchiv in Wiesbaden abgegeben.[Anm. 40]

Wilhelm Söhngen, Hellmuth Gensicke und das Hachenburger Stadtarchiv

Im Jahr 1903 spürte Landgerichtsrat Wilhelm Keim etliche Archivalien "verwahrlost im Staube der Speicher" von Hachenburg auf.
Als im Jahr 1914 die 600-Jahrfeier der Stadt Hachenburg vor der Tür stand, machte sich Wilhelm Söhngen (1873-1943) daran, seine „Geschichte der Stadt Hachenburg“ zu schreiben, hatte Einsicht in Wiesbadener Akten, die heute als verloren betrachtet werden müssen. So erschien pünktlich zum Fest der 1. Teil der "Geschichte der Stadt Hachenburg" von Wilhelm Söhngen (1873-1943), die zugleich als Festschrift diente. Wilhelm Söhngen stammte aus Oberhattert und war als Lehrer und Rektor in Wiesbaden tätig gewesen. Sein Werk zeichnet sich durch eine ungeheuere Detailfülle aus. Leider hat Söhngen, der das Hachenburger Stadtarchiv und die Bestände des Staatsarchivs Wiesbaden durchforstete, keine Fundstellen des noch ungeordneten Archivs angeben können. Viele seiner Belege wurden bei der erneuten Durchsicht des heute noch bestehenden Aktenbestandes aufgefunden, andere dagegen nicht. Da bei der Überprüfung der Söhngenschen Belegstellen festzustellen war, dass der Autor mit Umsicht und Genauigkeit vorgegangen ist, wurden viele seiner Abgaben in die neue "Geschichte der Stadt" aufgenommen. Somit dient das Buch Söhngens an vielen Stellen selbst als Quelle.
Ähnliches gilt für das Geschichtskapitel, das Hellmuth Gensicke 1964 in der Festschrift zur 650-Jahrfeier der Stadt geschrieben hat. Gensicke schöpfte aus dem damals noch vorhandenen reichen Beständen des Hachenburger Stadtarchivs, das er allerdings völlig unsortiert vorfand. Deshalb hat auch er keine genauen Belegstellen angeben können und beschränkte sich auf die Angabe "Aus dem Stadtarchiv". Viele seiner Aussagen sind nicht mehr nachprüfbar, weil das ehemalige Hachenburger Archiv zwar in den Beständen der Staatsarchive aufgegangen ist, etliche Aktenstücke dort aber bisher noch nicht wieder aufgefunden wurden. Auch die Inventarisierung durch Bürger und Brommer weist Lücken auf. Somit müssen auch viele von Gensicke zitierten Quellen bis heute als "nicht wieder aufgefunden" angesehen werden. Einige wichtige, von Gensicke erstmals entdeckte Aussagen, sind deshalb z.Zt. nicht nachprüfbar. Doch angesichts des Ansehens, das Hellmuth Gensicke als Historiker genießt, wurde seine Aussagen ohne größere Bedenken ebenfalls genutzt.
Als Wilhelm Söhngen sich 1938 anschickte, den 2. Teil seiner "Geschichte der Stadt Hachenburg" zu schreiben, wurden ihm zahlreiche Urkunden und Akten in seinen Wohnort nach Wiesbaden geschickte. Viele dieser entliehenen Stücke sind nie wieder nach Hachenburg zurückgekommen und sind bis heute als verloren anzusehen. Im Oktober 1932 wurden die Bestände des [Koblenzer?] Preußischen Stadtarchivs durch den damaligen Leiter des Staatsarchivs in Wiesbaden, Staatsarchivdirektor Dr. Schubert, in Augenschein genommen. Man wollte die Ordnung des Archivs in Angriff nehmen und ein Verzeichnis der Bestände anfertigen.[Anm. 41] Als man 1936 in Hachenburg das Heimatmuseum einrichtete, wurden die Akten der Stadt aus den Klostergebäuden ins Schloss verbracht. Während des 2. Weltkrieges wurden die Archivalien dort im Keller des Amtsgerichtes aufbewahrt und zwar, wie man 1943 seitens der Stadt feststellte, "ziemlich durcheinander in den Kisten."
Auf einer Dienstreise im Jahr 1953 fand ein Mitarbeiter des Koblenzer Staatsarchivs (heute Landeshauptarchiv) die im Heimatmuseum aufbewahrten ungeordneten Archivalien ("lose aus ihrem Zusammenhang herausgerissene Blätter").
Der Privatgelehrte Gerhard Bürger vom Staatsarchiv Koblenz wurde beauftragt, den immer noch reichhaltigen Bestand zu verzeichnen. Dieser fand einen durch Söhngens unsystematische Arbeiten und Privatentnahmen völlig in Unordnung geratenen Bestand vor. Gleichwohl gelang es Bürger, den Bestand wieder zu ordnen und ein Inhaltsverzeichnis anzufertigen. Das Verzeichnis umfasst mehr fast 700 Titel, mit häufigen Verweisen auf die im Staatsarchiv Wiesbaden vorhandenen Bestände.

Unstimmigkeiten mit den Erben Wilhelm Söhngens 1970-1973

Die Tochter des 1943 verstorbenen Stadtchronisten Wilhelm Söhngen, Rosel Söhngen (Wiesbaden-Biebrich), wurde im Jahr 1970 von der Stadt mit der Bitte angeschrieben, ihr das  Manuskript des 2. Bandes der "Geschichte der Stadt Hachenburg" zu überlassen. Bürgermeister Seide besuchte Frau Söhngen am 7. Januar 1971 sogar persönlich. Das Manuskript war vorhanden, musste aber – so ein Notiz im Hachenburger Stadtarchiv – noch überarbeitet werden. Rosel Söhngen wollte das Manuskript auch nur herauszugeben, wenn die Stadt sie beim Nachdruck des 1. Bandes unterstützen würde. Als dann Rosel Söhngen die Überzeugung gewann, ihr Vater sei im Verlauf der Feierlichkeiten zur 650-Jahrfeier der Stadt Hachenburg nicht genügend gewürdigt worden, wurde die in Aussicht gestellte Übergabe des Söhngenschen Manuskriptes zurückgenommen, die Angelegenheit "vergessen". Spätere Vorstöße des Hauptstaatsarchivs in Wiesbaden und einiger Hachenburger Geschichtsinteressierter brachten kein Ergebnis. Heute gilt das Manuskript als endgültig verschollen. Man scheiterte auch in dem Bemühen, seinerzeit an Wilhelm Söhngen ausgeliehene Archivalien, zurückzuerhalten.
Seitens der Erben Söhngens zeigte man sich auch verärgert, dass immer noch keine Straße nach ihrem Vater benannt worden war. Dies ist mittlerweile geschehen.
Der Nachdruck des 1. Bandes der Stadtgeschichte wurde dann nicht von der Stadt sondern 1973 vom Verlag Dr. Martin Sändig in Wiesbaden (später Niederwalluf) vorgenommen.[Anm. 42]
Dank der intensiven Bemühungen des Vorsitzenden der Hachenburger Geschichtswerkstatt Bruno Struif, wurde der Stadt von den Söhngenschen Erben ein Porträt des Wilhelm Söhngen leihweise überlassen, das heute eine Wand des Stadtarchivs in der Perlengasse schmückt.

Abgabe an die Staatsarchive

Im Jahr 1987 entschloss sich die Stadt Hachenburg, die seit 1955 im Rathaus aufbewahrten Aktenbestände als Depositum an das Landeshauptarchiv Koblenz abzugeben. Auch noch im Landschaftsmuseum Westerwald aufgefundene Bestände wurden Koblenz überlassen.[Anm. 43] Leider gingen bei diesem "Umzug" erneut Urkunden und Akten auf nicht nachvollziehbare Weise verloren. Diese 1989 weitgehend vollzogene Übergabe der Hachenburger Akten an das Archiv in Koblenz wurde abgeschlossen, als Peter Brommer im Jahr 1990 das Buch "Inventar des Archivs der Stadt Hachenburg", das im Auftrag der Landesarchivverwaltung entstand, vorlegte.

Das Stadtarchiv im Jahr 2010

Auf Bemühen des Stadtratsmitgliedes Dr. Wolfgang Möhring wurde im Jahr 1998 wieder ein "Stadtarchiv Hachenburg" eingerichtet, dessen Aufgabe es sein sollte, die "Restbestände" an alten Akten, die jüngeren Schriftstücke der Stadtverwaltung und die Aufzeichnungen der Hachenburger Vereine zu sichern. Gleichzeitig sollten die diversen verstreute liegenden Artefakte aus verschiedenen Jahrhunderten wieder an einer Stelle aufbewahrt werden. Bis Ende 2009 hat diese Aufgabe Dr. Möhring selbst wahrgenommen.

Seit 2010 haben Bürgermeister Peter Klöckner und der Hachenburger Stadtrat die Weichen dafür gestellt, dass das "Hachenburger Stadtarchiv" seine Bemühungen intensiviert. Nach wie vor ist es Aufgabe des Archivs, als "Gedächtnis der Stadt" fungieren und erhaltenswerte Schriftstücke, Photos und Gegenstände, die sich im Privatbesitz befinden, feststellen und für die Nachwelt sichern. Zudem wurde von der Stadt alle Voraussetzungen geschaffen, ein digitales Archiv aufzubauen. Das digitale Archiv stellt eine Bestandsübersicht und eine schriftliche Zusammenfassung wichtiger Urkunden und Akten am Bildschirm zur Verfügung. Gleichzeitig wird eine umfangreiche Bilddatenbank mit mehreren tausend Photos zur Stadtgeschichte aufgebaut. Interessierte Geschichtsfreunde können dann am Besuchercomputer sämtliche Bestände der Archive in Hachenburg, Koblenz und Wiesbaden sowie einiger anderer Archive durchforsten. Eine kleine Archivbibliothek bietet zusammen mit der benachbarten Stadtbibliothek alle wesentlichen Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte zur Einsicht an. Wer dennoch die Originale einsehen möchte, kann dann gezielt in die Archive nach Koblenz bzw. Wiesbaden fahren, ohne dort lange suchen zu müssen.

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.


Anmerkungen:

  1. HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 409 fol. 108ff. Zurück
  2. HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 1008 Bl. 132. Zurück
  3. HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 4 fol. 36v vom 30.1.1652. Zurück
  4. HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 348 c. Zurück
  5. 1664 erfolgten Bauarbeiten am Kanzleigebäude (HHStAW Abt. 340 Nr. 1848 a.), ohne dass man nähere Einzelheiten erfährt. Zurück
  6. HHStAW Abt. 340 Urkunden Nr. 14248 a. Am 7. Juli 1741  beglaubigte Archivrat Avemann eine saynische Urkunde vom 28. Dezember 1234 (HHStAW Abt. 74 Nr. 1380). Vgl. HHStAW Abt. 340 Urkunden Nr. 14248 a. Zurück
  7. HHSTAW Abt. 340 Akten Nr. 348a Bl. 3 und ebd. Abt. 360 Hachenburg Nr. 9 pag. 22 bzw. „Vidimus“ bzw. Abschriften im Landeshauptarchiv Koblenz (Best. 650 Nr. 1391 und 2500 sowie Best. 701 Nr. 505 S. 21f. Stück 7). Zurück
  8. HHStAW Abt. 340 Akten 4734. Zurück
  9. Söhngen S. 157. Zurück
  10. HHStAW Abt. 340 Akten Nr. 1009 Bl. 132 vom 13.5.1650. Zurück
  11. Söhngen S. 95 und 261f. Zurück
  12. Söhngen S. 150 und S. 154f. Zurück
  13. Der Stadtschreibereid (HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 10 pag. 42). Vgl. Gensicke S. 47. Zurück
  14. 1751/52 wurde der Zoll an Markttagen vom Stadtschultheißen und Stadtschreiber erhoben (Söhngen S. 141f.). Zurück
  15. Söhngen S. 63ff. zu 1594/95. Zurück
  16. HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 9; Söhngen S. 81f.. Zurück
  17. Söhngen S. 37. Der Stadtschreiber schrieb vielleicht die Namen der Steuerpflichtigen auf, als er zusammen mit dem Bürgermeister und Kreyen in der Stadt umherging, um eine Schatzung zu verkünden  Zurück
  18. Söhngen S. 41ff. Zurück
  19. Als der bisherige Stadtschreiber Johann von Horhausen starb, versah Rentmeister Rorich von Betzdorf dessen Dienst im Nebenamt mit (Söhngen S. 41ff.). Das tat er auch 1495/96 noch (HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 2). Zurück
  20. Söhngen S. 235f. Zurück
  21. HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 4. Zurück
  22. Söhngen S. 51f. Zurück
  23. Er wird am 11.11.1558 und 1558/59 erwähnt (Brommer, Inventar Nr. 108; Söhngen S. 52). Zurück
  24. Söhngen S. 54f. Zurück
  25. Söhngen S. 63ff. Zurück
  26. Er wird am 9.11.1606 und 9.11.1609 erwähnt (HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 3). Zurück
  27. Er starb in diesem Jahr (Söhngen S. 69ff.). Zurück
  28. Söhngen S. 77. Zurück
  29. Siehe im Buch unter "Berühmte Hachenburger. Zurück
  30. Söhngen S. 115 und 188ff. Zurück
  31. Söhngen S. 120ff. Zurück
  32. Er beendete das „Enchridium“ des Stadtschreibers Johan Henrich Helt (HHStAW 360 Hachenburg Nr. 9; Söhngen S. 81f.). Zurück
  33. 1729/30 (Söhngen S.125ff.); 1734/35 (Söhngen S. 129ff.); 1748/49 (Söhngen S. 138ff.); 1751/52 (Söhngen S. 141f.); 1752/53 (Söhngen S. 142ff.). Zurück
  34. Söhngen S. 143f. Zurück
  35. Grün, Stammbaum Zurück
  36. 1769/70 (Söhngen S. 158ff.), 1772/73 war er zusätzlich Gerichtsschreiber (Söhngen S. 161). Zurück
  37. Söhngen S. 161f. Zurück
  38. Heuzeroth, Ahle Verzellcher Nr. VI März 1952. Zurück
  39. Das ehemalige Vereinsarchiv wird heute als Depositum im HHStAW aufbewahrt. Zurück
  40. LHAKo Best. 620 Nr. 1705: Protokolle des Magistrats (der Stadt Hachenburg) 1902-1911. Zurück
  41. LHAKo Best. 620 Nr. 1716. Zurück
  42. Der ausführliche Briefkontakt zwischen der Stadt und Rosel Söhngen in dieser Angelegenheit ist im Stadtarchiv Hachenburg noch erhalten. Zurück
  43. Vgl. WWZ vom 10.2.1987 Zurück