Hachenburg im Westerwald

Heiratsvorschriften in Mittelalter und früher Neuzeit in Hachenburg

Zwischen Hermann (Scheppeler), Pfarrer zu Hachenburg, und der Stadt Hachenburg war 1469 Streit darüber entstanden, wie eine Hochzeit von statten gehen sollte. Dabei ging es auch um die Frage, wie es mit dem Brauch, den Pfarrer anschließend zu einem Festbankett einzuladen, gehalten werden sollte. Auf entsprechende Befragung, stellte eine Untersuchungskommission fest, dass eine besondere Einladung zum Essen in den letzten 50 Jahren an der Mutterkirche zu Hachenburg nicht üblich gewesen sei. Der Pfarrer oder sein Kaplan sei vielmehr wie die anderen Bürger von den Brautleuten zu einem normalen Imbiss eingeladen worden.[Anm. 1]

Der Rat der Stadt[Anm. 2] erließ am 10. September 1544 bezüglich Hochzeiten und Kindtaufen einschneidende Bestimmungen. Mit rade und befellich des Grafen Johann wurde angeordnet, künftig keine ausschweifenden Verlobungen, Hochzeiten und Kindstaufen mehr zu veranstalten. Damals war es üblich, fast die ganze Stadt über mehrere Tage einzuladen. Das brachte manche "gemeyne Burger" finanziell an den Rand des Ruins. Um dies kündftig zu vermeinden, durften hinfort nur noch die engsten Freunde bei der "Hillich" anwesend sein. Die Hochzeitsgäste sollten für den Samstag geladen werden und sonntags "nach der Messen" mit Braut und Bräutigam zum Essen und Trinken gehen. Auch am Abend durften sich die Gäste von den Brautleuten zum essen einladen lassen, aber nur so, wyß die koech mittheilt. Am darauffolgenden Montag durften nur noch Verwandten und Freunde, die von den Brautleuten ausdrücklich uf den Montagmorgen eingeladen worden waren kommen, mussten ihr Essen dann aber selbst bezahlen.

Die gleichen Vorschriften, die Kosten der Feiern zu begrenzen galt bei Geburten bzw. Kindstaufen. Auch hier durften die Eltern ihre Verwandten und Freunden nur zu einer einzigen Mahlzeit einladen.[Anm. 3]

Wenig später wurden die Heiratsvorschriften in der Stadtregimentsordnung von ca. 1570 weiter präzisiert.[Anm. 4] Größere Hochzeiten durften künftig nur noch in den Räumen des neu erbauten Rathauses gefeiert werden durften. Die Brautleute zahlten dafür eine Nutzungsgebühr, durften dafür aber die Küche, das Inventar und das Geschirr im Rathaussaal benutzten. Kleiner Hochzeiten, mit weniger als drei Tischen, durften weiterhin zuhause gefeiert werden, es war dann aber verboten, Gerätschaften aus dem Rathaus auszuleihen.

Doch nicht alle Hachenburgern gelang es, ihren Hochzeiten und Kindstaufen in einem angemessenen finanziellen Rahmen zu belassen. Dem Druck der Öffentlichkeit folgenden wurden „standesgemäße“ Feste gefeiert, die manchen Veranstalter in hohe Schulden trieb.

Im Jahr 1590 ließ Graf Heinrich von Freusburg aus die "Heiratsordnung" zum wiederholten Male am Rathaus anschlagen, damit alle sie lesen und beachten konnten.[Anm. 5]

Dass es der Herrschaft nicht nur um das finanzielle Wohl ihrer Untertanen ging, sondern die Vorschriften auch ein gehöriges Maß an Kirchenpolitik ins sich bargen, zeigt die herrschaftliche Verordnung des Jahres 1609, Danach war es Bürgern, die zum 2. Mal heirateten, bei hoher Strafe verboten, eine "Schenkhochzeit" abzuhalten. Brautleute, die vor der Hochzeit Kinder hatten, durften überhaupt keine Hochzeit halten. Zu Kindertaufen dürfen nur 10-12 Personen eingeladen werden. Gleichzeitig wurde an Sonn- und Bettagen die Verkostung von Branntwein ebenso untersagt, wie das Kartenspiel. Dem, der dabei erwischt wurde, drohten eine Geldstrafe oder sogar Gefängnis.[Anm. 6]

Im Jahr 1624/25 wird die Bestimmung noch einmal wiederholt, dass Heiraten nur auf dem Rathaus gestattet sei.[Anm. 7]

Hinter dem Edikt des Grafen Salentin Ernst vom 12. August 1666, das die Zahl der Gäste bei Hochzeiten und Kindtaufen strikt beschränkte, stand auch die Tatsache, dass damals die Pest in Hachenburg grassierte.[Anm. 8]  

Redaktioneller Hinweis: Die hier vorgestellten Ausführungen sind inhaltliche Ergänzungen und Erweiterungen der entsprechenden Abschnitte des Buches „Geschichte der Stadt Hachenburg“. Die zugehörigen Basis-Informationen sind u.U. nur in der Druckausgabe zu finden. Die Inhalte dieser Seiten entsprechen also nicht denjenigen des Buches.


Anmerkungen:

  1. Als zur Zeit des verstorben Pfarrers Ludwig dieses Hochzeitessen ebenfalls gefordert worden war, hatte der mittlerweile verstorbene damalige Schöffe Henne Scheppelier darauf hingewiesen, dass ein derartiges Essen nie gereicht worden und man dazu auch nicht verpflichtet sei. (LHAKo Best. 620 Nr.2524; Regest: Brommer, Inventar S.17 Nr.51; Söhngen S.39 zum 25.1.1469). Graf Gerhard von Sayn vermittelte wenig später in dem Streit zwischen Pfarrer Hermann Scheppeler, dem Sohn von Henne Scheppeler einerseits, und der Stadt Hachenburg andererseits. Dabei ging es um Zahlungen der Kirchspielsleute an den Pastor, das vom Pastor erwartete Essen und der geforderte Wein bei Hochzeiten, um die "Kapellenrente" für den Kaplan des Pastors sowie um eine „Schrift“ des Pastors, die Abhaltung der Frühmesse, des Sendgeldes (sehent gelt) der Stadt und des freiwilligen Pflugdienstes für den Pastor (HHStAW Abt. 1098/I Nr. 104; LHAKo Best. 620 Nr.1716; Brommer, Inventar S.17 Nr.52 zum 29.3.1469.) Zurück
  2. Der Rat bestand damals aus: Schultheiß Jakob Brender, Bürgermeister Bartholomäus Scheld, Heinrich Bierbruwer, Imgen Bierbruwer, Claß Waltfürster, Wilhelm Vogt, Johann Vogt, Peter Heiderich, Wendel Rab und Peter Stall. Zurück
  3. Söhngen S.27 und 50. Zurück
  4. HHStAW Abt. 360 Hachenburg Nr. 10 pag. 24-31. Zurück
  5. LHAKo Abt. 620 Nr. 2128 vom 15.2.1590 Zurück
  6. Söhngen S.256. Zurück
  7. Söhngen S.76-78. Zurück
  8. HHSTAW Abt. 340 Nr. 1744t fol. 51r-68r; Seelbach S. 20f.;  Söhngen, Geschichte S.98. Zurück