Kirchberg im Hunsrück

Vorgängerbauten der Michaelskirche

St.-Michaelis-Kirche in Kirchberg (Hunsrück)[Bild: Claus Thoemmes [CC BY-SA 3.0]]
Michaelskirche Bau I, II und III[Bild: Giovanni Battista [CC BY-SA 4.0]]

Kirchberg ist seit 1259 mit Stadtrechten ausgestattet und darf als eine der ältesten Ansiedlungen des Hunsrücks gelten. Zur früh- und hochmittelalterlichen Geschichte Kirchbergs sind keine Schriftquellen vorhanden. Eine in der Michaelskirche überlieferte Inschrift erwähnt für das Jahr 1280 einen Neubau oder ein Erweiterung. Im archäologischen Befund war dies nicht nachweisbar. Die Restaurierung der Michaelskirche in den 60iger Jahren bot die Möglichkeit, mittels archäologischer Untersuchungen, Einblicke in die Baugeschichte der Kirche und damit auch in die mittelalterliche Siedlungstätigkeit zu erhalten.

Die Ausgrabungen innerhalb der Kirche  reichten bis auf den gewachsenen Boden hinunter. Im gesamten Kirchenbereich zeichneten sich Spuren einer römischen Besiedlung ab. Es sind die Überreste des auf einer antiken Straßenkarte vermerkten Straßendorfes Kirchberg/Dumnissus. In den darüber liegenden Schichten fanden sich drei Vorgängerbauten der heutigen Michaelskirche.

Bau I: Saalkirche 8. Jahrhundert?

Vom ersten Bau hatten sich nur geringe Reste erhalten. Das Fundament des Gebäudes bildeten geschichteten Quarzitsteine, darüber folgte ein Mörtelbett und Lagen von Schieferbruchsteinen. Im Osten des zweiteiligen Kirchenbaus befand sich der Chor, ein rechteckiger 5 x 4,05 m großer Raum. Das westlich anschließende rechteckige Langhaus war bei einer Breite von 5,25 m etwa 8,7-9,7 m lang.

Aufgrund der unterschiedlichen Niveaus der Estrichböden im Chor und dem Langhaus, kann davon ausgegangen werden, dass mindestens zwei Stufen hinauf zum Chorraum führten. Der Chorraum wurde vermutlich durch einen bogenförmigen, etwa 2,5 m breiten Durchgang betreten. Im Chorraum konnte ein Altarfundament  nicht nachgewiesen werden. Einen Chorturm dürften die schwachen Fundamente des Chorraumes nicht getragen haben.

Bau II: Saalkirche 9.-10. Jahrhundert?

Nach dem vollständigen Abbruch des ersten Gebäudes wurde der größere zweite Bau errichtet. Die bis zu 1,4 m starken Fundamente waren im Gegensatz zum ersten Gebäude sorgsam errichtet worden. Fischgrätenartig geschichtete Schieferplatten bildeten die Unterlage, darüber folgen Schiefersteine und Sandsteinquader von 0,90x0,6 m Größe.

Der Chorraum war mit einem Estrichboden versehen, der in 0,1 m Stärke über einer Fundamentierung aus Schiefersteinen und Lehm ausgebreitet worden war. Mit einer Seitenlänge von 6 m war der Chorraum quadratisch ausgeführt. Nach Westen verbreitert sich das Langhaus, das nun eine Länge von 14,3 m bei einer Breite von 8,9 m aufwies. Der Durchgangsbogen zwischen Chor und Langhaus hatte eine Breite von 4,5 m, eine Treppenstufe überwand den Höhenunterschied zwischen beiden Räumen. Der Boden des Langhauses war mit Lehm ausgeführt, nur westlich der Trennmauer des Langhauses wurde ein Mörtelestrichboden ausgebreitet.

Durch Säulen und Bögen wurde der westliche, etwas tiefer liegende Raum, in dem vielleicht das Taufbecken gestanden hatte, abgetrennt. Die beiden Durchgänge waren 1,45 m breit. Möglicherweise trug die Mauer die Balkenunterzüge einer Empore.

Bau III: Basilika, 11. Jahrhundert?

Unterschieden sich die Bauten 1 und 2 von außen nur durch ihre Größe, so wird der dritte Bau als Basilika ausgeführt. Die tief gegründeten Fundamente stehen teils auf einem Pfahlrost, das durch die Schuttschichten der einplanierten Vorgängerbauten getrieben wurde. Die aufgehende Schieferbruchsteinmauer zeigte stellenweise Putzreste und einen weißlichen Kalkanstrich. Die lichten Maße des Langhauses betragen ca. 18 m in der Länge und etwa 13 m in der Breite.

Der gewölbte Chorraum im Osten ist halbrund ausgeführt, die Apsis erreicht eine Tiefe von 3,8 m. Ein etwa 3,2 m breiter Chorturm ist an die Westseite des Langhauses angefügt. Ein weiterer Anbau befand sich an der Nordseite des Langhauses. Die Funktion des etwa 5 m großen Baus ist nicht gesichert. Seiner Nähe zum Chorraum zufolge könnte er als Sakristei gedient haben. Das Langhaus wird durch zwei durchlaufende Arkardenmauern in ein Mittelschiff und zwei Seitenschiffe unterteilt. Zwischen der Apsis und dem Langhaus erhob sich das Vorjoch, ein durch Chor- und Vorlagenböden abgetrennter Raum. Vorjoch und Apsis lagen gegenüber den Mittel- und Seitenschiff auf einem höheren, durch eine Treppenstufe überwundenen Niveau.

Im westlichen Teil des Langhauses lassen die Pfeilerfundamente auf die Bögen einer Emporenmauer schließen. Von der Empore aus dürfte der Turm zugänglich gewesen sein. Der Zugang zur Empore erfolgte über eine Seitentreppe im südlichen Kirchenschiff. Fundamentreste weisen auf den Standort des Taufbeckens südlich des Mittelpfeilers im Westraum hin.

Datierung

Bedauerlicherweise konnten datierende Kleinfunde während der Ausgrabung nicht geborgen werden. Die in der Michaelskirche nachgewiesenen Bestattungen sind ausnahmslos ohne Beigaben. Die fränkischen Siedler von Denzen dürften auch in der Kirche ihre Toten bestattet haben,  ab dem 8. Jahrhundert erfolgen diese Bestattungen beigabenlos. Der erste Bau könnte demnach frühestens im 8. Jahrhundert angesetzt werden. Im Chorfundament des zweiten Kirchenbaus der Michaelskirche fand sich eine Grabplatte des 8. Jahrhunderts eingemauert. Der zweite Bau wurde womöglich im 9.-10. Jahrhundert errichtet. Saalkirchen sind Bautypen des 8.-10. Jahrhunderts.

Die Datierung des dritten Baus erfolgt über die  kunstgeschichtliche Einordnung. Pfeilerbasiliken haben ihren Ursprung in der karolingischen Baukunst und reichen bis in die Romanik, im ländlichen Raum stellenweise bis in die Gotik. Die Datierung des dritten Baus der Michaelskirche in das 11. Jahrhundert ist bisher hypothetisch.

Bei dem im  des zweiten Kirchebaus eingemauerten Grabstein handelt sich um eine quadratische Platte aus Kalkstein, schwach erkennbar ist eine Inschrift, die in lateinischer Sprache die Eingangsformel: „Hier ruht in Frieden…. „, verfasst. Das Feld wird von zwei Linien eingefasst. Der epigraphische Befund wird unter Vorbehalt in das 6.-7. Jahrhundert datiert. Damit wäre bisher der früheste Zeitpunkt der nachrömischen Besiedlung Kirchbergs gegeben. Es wäre sogar denkbar, dass sich die frühchristliche Gemeinde Kirchbergs in einem Holzbau versammelt hatte, der noch vor dem ersten Steingebäude errichtet worden war.Der Wechsel vom saalförmigen zum größeren basilikalen Grundriss könnte seinen Anlass in der Zunahme Bevölkerung oder in der Pfarreigeschichte haben.

Nachweise

Verfasser: M. Thoma

Literatur:

H. Eiden, N. Müller-Dietrich, Die Ausgrabungen in der Michaelskirche 1967/68. Ein Vorbericht. (Kirchberg 1969).

E. J. Nikitsch, Das früheste Zeugnis für das Christentum im Hunsrück. Hunsrücker Heimatblätter 128 Jahrg. 45, 2005, 409-411.