Köngernheim in Rheinhessen

Die evangelische Kirche in Köngernheim

Evangelische Kirche von Köngernheim.[Bild: Georg Dahlhoff]

Die aktuelle evangelische Kirche in Köngernheim wurde erstmals am 6. Januar 1299 urkundlich erwähnt. Es wird jedoch eine ältere Kirche beim 1892 entdeckten Reihengräberfriedhof auf dem Wingertsberg vermutet. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde eine größere Kirche unter dem Patronat der Ritter von Randeck gebaut. Aus dieser Zeit stammen noch das Portalgewand, das Mittelfenster des Chors, zwei Fenster an der Westwand und das Sakramentshäuschen. Auf den Konsolen im Chor sind die Wappen der Stifter angebracht: Ruprecht von Randeck und Elsa von Dalberg. Sie stifteten den Kirchenneubau anlässlich ihrer Eheschließung 1361. Neben dem Patronatsrecht über die Pfarrei hatten die Ritter von Randeck auch das Kollaturrecht inne, d.h. sie ernannten den örtlichen Pfarrer. Das Recht ging auf deren Nachfolger, die Freiherren von Sickingen, über.[Anm. 1] Die Kirche war der Auferstehung Christi geweiht und besaß neben dem Hochaltar einen Nebenaltar zu Ehren des Hl. Nikolaus von Myrrha. Letztgenannter Altar wurde 1413 vom Erzbischof Johannes II. von Mainz (um 1360–1419; Amtszeit: 1397–1419) [Anm. 2] bestätigt. An der Südwand der Kirche befindet sich das Epitaph des Priesters Jakob von Mörstadt aus dem Jahr 1483. Interessant ist ein kleines Detail des Priester-Epitaphs: Auf der Platte ist die konsekrierende Hand des Priesters über dem Kelch dargestellt. [Anm. 3]


1526 wurde die Kirche renoviert und das Chorfenster erneuert. Es sind die Jahreszahl 1526 und das Steinmetzzeichen eingraviert. Zu dieser Zeit müsste auch die Muttergottesnische eingebaut worden sein, denn das die Nische zierende Ornament wurde im 16. Jahrhundert vornehmlich verwendet. In der Muttergottesnische ist auch das Familienwappen der Von Sickingen zu sehen. [Anm. 4]

1542 wurde von den Söhnen Franz von Sickingens (1481–1523) – Schweikard (gest. 1562), Hans (gest. 1547) und Franz Conrad (1511–1574) in ihren Herrschaftsgebieten das lutherische Bekenntnis eingeführt. So auch in Köngernheim. [Anm. 5] Mit Franz Conrads fünf Söhnen teilte sich das Herrschaftsgebiet der von Sickingen in mehrere Linien: Georg (Jörg) Wilhelm gründete Sickingen-Schallodenbach, Reinhard stiftete Sickingen-Landstuhl, Franz (1539–1597) die von Sickingen-Sickingen, Hans Schweikard die von Sickingen-Ebernburg und Friedrich die von Sickingen-Hohenburg (1544–1581). Letztgenannte bestand bis zuletzt fort. [Anm. 6]

Das Langhaus der Kirche wurde 1616 vergrößert. Der Stifter der Kirchenerweiterung war Hans Schweickard von Sickingen (1584–1625), wie aus folgender Inschrift hervorgeht: Anno Domini 1616 Men(se) Julio Die III/ Her ich hab lieb die Stede deines Hauses/ und den Ort da dein Ehr wohnt/ Er hat unser Volck/ lieb un diese/ Schul hat er uns/ erbaut/ Luc VII. Johan Suicard von Sickingen.[Anm. 7] Neben der Inschrift ist das Wappen der Familie von Sickingen angebracht, fünf silberne Kugeln. [Anm. 8] Die Erweiterung wurde am 10. Juli 1616 initiiert und am 17. Juli 1616 abgeschlossen. Die Inschrift über dem Fenster gibt das Ende der Erweiterung an. Darüber sind auch die Namen des amtierenden Schultheißen und Pfarrer zu lesen: Johann Leonhard Wadt und Johannes Fabritius Wings.[Anm. 9]  

Mit dem Tode Johann Schweickard von Sickingens kehrten dessen Söhne zur katholischen Kirche zurück. Unter Johann Arnold von Sickingen-Ebernburg (1612–1656) und dessen Sohn Franz Friedrich (1650–1710) wurde versucht, den katholischen Untertanen wieder einen Gottesdienstort zu geben. Nach dem Frieden von Rijswijck (1697) wurde die Kirche von Köngernheim schrittweise simultan. Beide Konfessionen mussten sich nun die Köngernheimer Kirche teilen. Seitdem erhielt die Kirche wieder entscheidende Erneuerungen und Verschönerungen. 1700 wurde auf Betreiben der katholischen Gemeinde die Sakristei vergrößert. Von der Ortsherrschaft der Von Sickingen wurden im 18. Jahrhundert viele für den liturgischen Gebrauch wichtige Einrichtungsgegenstände gestiftet. Um 1730 wurde eine neue Kanzel gebaut, eine neue Empore und ein neues Gestühl mit elegant verzierten Bankwangen angeschafft. [Anm. 10] Das Gestühl ist vollständig erhalten und daher besonders wertvoll. Die dekorierten Bankwangen zeigen eine Kombination aus Akanthus- und Bandelwerk, wie sie für die Zeit nach 1720 typisch ist. [Anm. 11] Ebenso zeigt ein erhaltenes Antependium – wohl vom Hochaltar – elegantes Bandelwerk, Akanthus und Blütenfestons als Rahmen für die Szene der Auferstehung Christi. Auch die dezente Ausmalung am Chorbogen und als Rahmung der Fenster folgt diesem Stil. [Anm. 12]

Diese Anschaffungen waren die letzte Wohltat der Herrscherfamilie in Köngernheim. Die Erben aus der Linie von und zu Sickingen sowie Sickingen-Hohenburg ließen die Kirche unverändert. Im 19. Jahrhundert war die Kirche aufgrund der mangelhaften Pflege baufällig geworden. Deshalb fassten 1844 die katholische und protestantische Gemeinde den Entschluss eine neue Simultankirche zu bauen. Das Projekt wurde nicht zu Ende geführt und kam zum Erliegen. 1860–61 vergrößerte die katholische Gemeinde erneut die Sakristei. Anfang der 1880er Jahre wollte die evangelische Gemeinde die Simultankirche umbauen und mit einem Turm versehen. Pläne dazu lieferte der Mainzer Dombaumeister Joseph Lucas. Das Kreisamt in Oppenheim lehnte den Entwurf ab und er kam nicht zur Ausführung. So begnügte sich die evangelische Gemeinde damit, lediglich Reparaturen vorzunehmen. So wurden z.B. zwei der Stützpfeiler der Empore durch gusseiserne Pfeiler ersetzt. Die Orgel mit einem Prospekt im Neurenaissance-Stil wurde bei Carl Förster (1868–1934) in Auftrag gegeben und 1896 geliefert.[Anm. 13]

Die bürgerliche Gemeinde ließ 1925 schließlich den Dachreiter aufsetzen, der heute noch die Kirche ziert. Er wurde vom Oberbausekretär Philipp Schäfer in Oppenheim entworfen. [Anm. 14] 1930 kam es zur Auflösung des Simultaneums. Die katholische Gemeinde erbaute ihre eigene Kirche und weihte sie Christus dem König. Den Altaraufsatz und die Muttergottesfigur, die in der Muttergottesnische stand, nahmen sie mit. Am 24. Juli 1932 feierte die evangelische Gemeinde erstmals als Alleinbesitzer ihren Gottesdienst in der Kirche. Die leer gewordene Muttergottesnische zierte nun eine Büste des bekanntesten Vertreters der Adelsfamilie von Sickingen – Franz von Sickingen. [Anm. 15] Unter Pfarrer August Semmler – Pfarrer in Hahnheim und Köngernheim seit 1936 – wurde 1938 die Restaurierung des Daches vorgenommen. Weitere Maßnahmen konnten wegen des Kriegs nicht ausgeführt werden. Im Frühjahr 1946 renovierte Rudi Bikard aus Undenheim das Kircheninnere und malte es komplett neu aus. [Anm. 16]

Am Fastnachtsdienstag (26. Februar) 1963 entstand durch Überhitzung des Ofens an einer schadhaften Stelle des Kamins im Deckenbalken ein Schwelbrand. Zwei Tage später fing der Balken an zu brennen. Durch unverzügliches Handeln der Feuerwehr konnte der beträchtliche Schaden etwas eingedämmt werden. Die Kirchenfenster mussten alle ausgetauscht werden und die Kirche drei Jahre renoviert werden. Am 1. Advent 1966 konnte die Kirche wieder in Betrieb genommen werden, was mit einem Dankgottesdienst und Gemeindefest gefeiert wurde.[Anm. 17]

Die evangelische Kirche von Köngernheim gehört zu den sehenswertesten Dorfkirchen in Rheinhessen und ist gerade wegen der zahlreich an ihr vorgenommenen Überformungen eine der bauhistorisch interessantesten Kirchen.[Anm. 18]

Nachweise

Verfasser: 

Alexander Wißmann M.A.

Verwendete Literatur:

  • Benz, Michael: Sickingen-Bildnisse, München 1985.
  • Brück, Anton Philipp: Johann II., in: Neue Deutsche Biographie 10, 1974, 496-497.
  • Kneschke, Ernst Heinrich: Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexikon, Band 8, Leipzig 1868.
  • Krienke, Dieter: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz 18.3. Kreis Mainz-Bingen, Worms 2011.
  • Schwamb, Walter: Von Cuningesheim bis Köngernheim. Ein Dorf und seine Geschichte. 782-2007. 1225 Jahre Köngernheim, Köngernheim, Osthofen 2006.
  • Sobel, Hildegard: Barocke Kirchenbänke im Gebiet des Mittelrheins. In: Mainzer Zeitschrift 92/93, 1997/1998, S. 27-56.

Aktualisiert am: 19.02.2018

Anmerkungen:

  1. Siehe Schwamb 2006, S. 85f. Zurück
  2. Zu Johann II. siehe Brück 1974, S. 496. Zurück
  3. Siehe Schwamb 2006, S. 86. Zurück
  4. Siehe a.a.O., S. 87. Zurück
  5. Siehe a.a.O., S. 114. Zurück
  6. Siehe Kneschke 1868, S. 486 sowie Benz 1985, S. 188f. Zurück
  7. Krienke 2011, S. 112 Zurück
  8. Siehe Schwamb 2006, S. 87. Zurück
  9. Siehe Krienke 2011, S. 112. Zurück
  10. Siehe Schwamb 2006, S. 89. Zurück
  11. Siehe Sobel 1997/1998, S. 32. Zurück
  12. Siehe Krienke 2011, S. 112. Zurück
  13. Siehe ebd. Zurück
  14. Siehe ebd. Zurück
  15. Siehe Schwamb 2006, S. 94. Zurück
  16. Siehe a.a.O., S. 96. Zurück
  17. Siehe ebd. Zurück
  18. Siehe Krienke 2011, S. 112. Zurück