Perl im Saarland

Die Lage und Ausdehnung der Villa

Das Gebiet des heutigen Archäologischen Parks "Villa Borg" mit der römischen Straße von Trier nach Metz und die Straßenstation "Auf Schiffels".

Seit 1987 wird im Dreiländereck von Deutschland, Frankreich und Luxemburg eine römische Villa archäologisch untersucht und in Teilbereichen rekonstruiert. Aufgrund ihrer Ausdehnung von etwa 7,5 ha zählt sie zu den größten Villenanlagen im Saar-Mosel-Raum. Im Waldgelände zwischen Borg und Oberleuken liegt auf einer flachen Kuppe das Villengelände in direktem Bezug zu der antiken römischen Straße von Metz nach Trier. Diese Stelle wurde seit der Antike weder überbaut, noch landwirtschaftlich genutzt. Allerdings kannte die Bevölkerung der umliegenden Dörfer die Siedlungsstelle jedoch immer, da sie über Jahrhunderte als Steinbruch verwendet wurde. Erst der Lehrer Johann Schneider aus Oberleuken interessierte sich für die Geschichte dieses Platzes. Er führte um 1900 kleinere Grabungen durch und stellte den römischen Ursprung des ausgedehnten Trümmerfeldes fest.

Die Villenanlage ist in einen Herrschaftsbereich – pars domestica – und einen vorgelagerten Wirtschaftsteil – pars rustica – gegliedert. Die noch nicht ausgegrabenen Nebengebäude der pars rustica zeichnen sich deutlich in über ein Dutzend Schutthügel im nordwestlich anschließenden Waldgelände ab. Sie verteilen sich auf einer Fläche von etwa 400 m Länge und 150 m Breite. Der Herrschaftsbereich besteht aus mehreren Gebäudeflügeln, die um einen weitläufigen Innenhof gruppiert sind. Die parkähnlich angelegte Freifläche zwischen den Flügeln wird durch ein großes, in die Gartenarchitektur eingebundenes Zierbecken, abgeschlossen. Quer zur Mittelachse des gesamten Villenbezirkes befindet sich das zentrale Herrenhaus, welches Wohn- und Repräsentationszwecken diente. An der südwestlichen Seite schließt ein Badebereich an, parallel dazu auf der gegenüberliegenden Seite ein Wohn- und Wirtschaftstrakt. An dem Badebereich und dem Wohnbereich grenzen weitere Raumfluchten, die zwar noch nicht ausgegraben wurden aber geophysikalisch erfasst und nachgewiesen sind. Somit steht fest, dass der Herrschaftsbereich eine in sich geschlossene Einheit bildete, die vom Wirtschaftsbereich durch eine Mauer abgetrennt war und durch eine innere Toranlage betreten werden konnte.


Die kaiserzeitliche Villenanlage

Die römischen Steinbauten:

Das Hauptgebäude bilden drei Gebäudeflügel, die den rechteckigen Innenhof umschließen. Der Innenhof wird im Nordwesten durch ein rechteckiges Wasserbecken mit den Maßen

30 x 10 m abgeschlossen, welches als Wasserreservoirs diente. Das aufgehende Mauerwerk der Villa war zum Teil bis in eine Höhe von 1,80 m erhalten und in einem relativ guten Zustand. Als Baumaterial für die kaiserzeitlichen Steinbauten diente hauptsächlich der in der Nähe anstehende Kalkstein in Verbindung mit Kalkmörtel. Durch verschiedene Mauerstärken und Mauertechniken, sowie die verschiedene Farben des Mörtels sind die einzelnen Bauperioden der Gebäude und Gebäudeteile gut dokumentiert. Die antiken Begehungsflächen bestanden in den Räumen überwiegend aus Estrich- und Stampflehmböden. Manche Räume besaßen zusätzlich noch einen Mosaikfußboden, so z.B. der große Saal. Im Gegensatz dazu wurde im Innenhof eine Pflasterung aus Taunus-Quarzit-Platten gefunden. Die Innen- und Außenwände waren mit Kalkputz verputzt, der zum Teil farbig bemalt war. Eine Hypokaustheizungsanlage konnte so wohl im Badetrakt des Seitenflügels, wie auch im nördlichen Wohnbereich nachgewiesen werden. Am süd-östlichen Ende der Anlage befindet sich der Mittelflügel mit einem 100 m² großen Saal, der zu beiden Seiten von Korridoren flankiert wird. Dieser Saal besaß eine reiche Ausstattung mit Mosaikböden und Marmor- und Malereiverkleidung an den Wänden. Der Innenhof wurde als Ziergarten im mediterranen Stil mit eingefassten Wegen, Skulpturenschmuck, Springbrunnen, etc. gestaltet.


Einen Terminus post quem für die Erbauung der römischen Villenanlage geben die Keramikfunde im Fundament und Unterbau der Estrichböden. Dort wurden Terra-Sigillatascherben aus claudischer und neronischer Zeit gefunden, sowie belgische Becher und Kochgeschirr, deren Typen bis in das 3. Viertel 1. Jh. n. Chr. Verwendung fanden. Auch im südlichen Seitenflügel verweist die Keramik in die 2. Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Die Errichtung der Steinbauten kann demnach in die flavische Zeit datiert werden. Die Gebäudeteile sind jedoch nicht in einem Zug erbaut worden, wie deutlich an den Baufugen erkennbar war. Zuerst wurde der Mittelflügel errichtet und darauf folgend die Seitenflügel angebaut. Ungewöhnlich ist die Lage des Hauptgebäudes, da es in der tiefsten Stelle des Geländes errichtet worden ist, wo der Untergrund ständig sehr nass ist. Die Errichtung eines Kellers war deshalb nicht möglich. Schließlich ist dieser Teil der Villa in der Spätantike unbewohnbar geworden, nachdem im 2. Jh. n. Chr. noch mehrfach neue Stampflehmböden auf den ursprünglichen Estrich aufgetragen worden waren.

Das römische Fachwerkhaus:

In den archäologischen Grabungen unterhalb des Mittelflügels wurde ein in Fachwerktechnik erbautes Gebäude freigelegt. Das Gebäude war rechteckig angelegt und misst eine Länge von ca. 17,80 m und eine Breite von ca. 10,40 m. Es bestand aus fünf Räumen mit mehreren Feuerstellen, die von einer Portikus umgeben waren. Die Fundamente der Außenwände bestanden aus Kalksteinreihen, die in feinsandigen Kiesmörtel gesetzt wurden. Die Fundamente der Innenwände bestanden aus schmalen Reihen von Taunus-Quarz-Platten und die Wände waren wahrscheinlich mit rotem Putz verputzt. Das „alte Benutzungsniveaus“ wurden bei Errichtung der Steinbauten aufgeschüttet. In der antiken Humusschicht wurden Sigillatascherben aus spätaugusteisch bis frühtiberisch Zeit, sowie belgische Ware in roter und grauer Technik und Fragmente von Kochgeschirr aus spätaugusteischer bis frühflavischer Zeit gefunden. Demnach existierte das Fachwerkhaus zwischen tiberischer und flavischer Zeit, also in der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. und ist somit jünger bzw. früher errichtet worden als die Steingebäude.

Die vorrömischen Siedlungsspuren

Besiedlung vor der Latènezeit:

Bereits Beile und Steingeräte des späten Neolithikums, sowie Funde der Glockenbecherkultur (2600 - 2200 v. Chr.) verweisen auf eine frühe Nutzung des Siedlungsplatzes. Eine größere Siedlungsstelle der Urnenfelderzeit (1300 - 800 v. Chr.) ist durch Siedlungsgruben, Gräber und zahlreiche verstreute Scherben bekannt.

 

Besiedlung in der Latènezeit:

Die Besiedlung des Platzes in der Latènezeit (5 – 1. Jh. v. Chr.) wird durch zahlreiche Funde verifiziert. So wurden Fibeln der Früh- und Mittlelatènezeit und Glasschmuck aus der Mittlelatènezeit gefunden. Durch die hohe Dichte an Funden, welche vor der Römerzeit datieren, scheint eine Siedlungskontinuität von der Latènezeit bis in die römische Kaiserzeit gegeben zu sein. Dank dem Beschluss Teile der Villa wieder zu rekonstruieren und als eine Art Freilicht-museum zu nutzen wurden die römischen Baureste weitestgehend abgetragen. Dadurch wurde es möglich weitere Grabungen durchzuführen. Diese brachten unter den beiden Seitenflügeln der Villa mehrere Holzpfostenbauten zu Tage. Der Platz des Mittel-flügels blieb zu diesem Zeitpunkt nahe zu frei von Bauten.

Leicht schräg zum nordwestlichen Teil des späteren Villenbades befand sich ein quadratisches Bauwerk mit vier Holzpfeilern im Abstand von 7 m. Eventuell war es auch ein sechs - Pfostenhaus, da man einen fünften Pfosten in nordwestlicher Richtung in gleichem Abstand gefunden hat. An der Nordostseite und an der Südwestseite haben sich Reste von umlaufenden Gräben, in einem Abstand von 3,75 m zu den tragenden Pfosten erhalten. Durch die starke Zerstörung dieses Arials bei der Errichtung der Hypokaustheizung, ist die Umgebung des Pfostenhauses nur schwer rekonstruierbar.
Etwa 12 m südlich wurden die Steinfundamente eines quadratischen Baus mit 5,50 m Seitenlänge entdeckt. Es fehlen jedoch Hinweise auf Zeitstellung und Zweckbestimmung.
Die vorgeschichtlichen Baureste unter dem nördlichen Villenflügel sind besser erhalten. Zum Vorschein kam ein in exakt gleicher Ausrichtung, wie der Pfostenbau unter dem Südflügel, stehender Pfostenbau mit acht tragenden Pfosten, die in einem Rechteck der Größe 10x13 m angeordnet waren. Umgeben war der Bau von einem im Abstand von 2,50 m verlaufenden Grabensystem. Die gesamte Anlage misst 15 x 18 m. Es wurden Flechtwerk - Abdrücke in den Gräben gefunden, so dass man von Fundamentgräben für Lehmfachwerkwände ausgehen kann. An drei Seiten des Gebäudes waren die Gräben durch von Pfostengruben flankierte Eingänge unterbrochen. Im Haus selbst haben sich lediglich eine Herdstelle und ein Teil der Begehungsfläche erhalten. Eventuell scheint dieser Bau bereits über einen älteren Pfostenbau errichtet worden zu sein, welchem vier Pfostengruben und ein weiteres Grabensystem zuzuordnen sind.
Im Abstand von 5 m in südöstlicher Richtung schließt sich ein weiteres kleineres Gebäude an. Dieses Gebäude weißt ebenfalls sechs rechteckig in den Maßen 2,70 x 3,60 m angeordnete Pfostenlöcher auf und besitzt eine eigene Einfriedung.
In südöstlicher Richtung befand sich noch ein weiterer Bau mit Seitenlängen von ca. 5,80 m. Nach Süden und Osten konnten keine weiteren Siedlungsspuren beobachtet werden. Eine eventuelle Fortsetzung in nordwestlicher Richtung, nachdem römischen Zierbecken, wurde noch nicht untersucht.

 

Die Chronologie der Holzbauten:

Anlässlich der Überbauung an der nördlichen Ecke des Fachwerkhauses sind die Pfosten-häuser älter als der Fachwerkbau aus dem zweiten Viertel 1. Jh. v. Chr. einzustufen. Durch die exakte Ausrichtung aller Pfostenbauten in eine Richtung kann eine annähernd gleichzeitige Existenz angenommen werden. Somit wären alle Pfostenbauten älter als der Fachwerkbau einzustufen. Im Gebäude unter dem Villenbad wurde handgemachte Grobkeramik in Spätlatène - Tradition in den Einfüllungen der Pfostenlöcher und Fundamentgräben gefunden. Außerdem wurde in einigen Räumen ohne Hypokaustheizung, im Bereich des antiken Geländeniveaus des Pfostenhauses, handgemachte Ware zusammen mit der frühsten in diesem Gebiet bekannten römischen Keramik gefunden. Diese Keramik findet ihre nächst liegende Entsprechung in der Keramik des Titelbergs.

Die Vergleichsstücke vom Titelberg wurden in dem von J. Metzler definierten Horizont „gallo - römisch 1“ zugeordnet. Dementsprechend sind sie in dem Zeitraum von ca. 30 und 15/10 v. Chr. datiert. Anhand der gefundenen Keramik lässt sich davon ausgehen, dass die Pfostenbauten in den ersten drei Jahrzehnten des 1. Jh. v. Chr., vielleicht bis kurz nach der Zeitenwende, in Benutzung standen. Die Grundrissgestaltung der Pfostenbauten steht in keltischer Tradition. Auch die Tatsache, dass in dem Verfüllungsmaterial der Pfostenlöcher und Gräben nie römische Keramik gefunden wurde, spricht dafür, dass die Bauten zu einem Zeitpunkt im 1. Jh. v. Chr. entstanden, als in diesem Gebiet noch kein römischer Einfluss geltend gemacht wurde.

 

Fazit:

Bisher erscheint eine Siedlungskontinuität von vorrömischer Zeit, der Latènezeit, bis in die römische Zeit gesichert. Die Besitzkontinuität einer Familie ist eventuell erklärbar durch das Festhalten an den angestammten Siedlungsplatz, obwohl dieser ungünstig für die römischen Steinbauten war. Demnach könnte die römische Villa von Borg eventuell eine Art keltische „Proto – Villa“ als Vorgängerbau in Form der Pfostenbauten gehabt haben. Diese „Proto – Villa“ wurde dann allerdings durch die frühe Parteinahme der Besitzer für die römische Seite schnell im römischen Stil aus- und umgebaut. Da der Lehmfachwerkbau kurz nach den ersten römischen Kultureinflüssen entstand und ein bis zwei Generationen später die prunkvolle römische Villa aus Stein errichtet wurde.

Literatur:

- Birkenhagen Bettina, Die Straßenstation „Auf Schiffels“ – eine mansio als Teil des cursus publicus?, Denkmalpflege im Saarland – Arbeitsheft 2 (Saarbrücken 2010) 127-138.

- Birkenhagen Bettina, The Roman villa at Borg. Excavation and reconstruction. In: Villa Landscapes in the Roman Morth (Amsterdam 2011) 317 - 330.

- Brück Joachim/Frey, Martin, Römische Villa und keltische Traditionen. In: Rieckhoff, Sabine/Biel, Jörg, Die Kelten in Deutschland (Stuttgart 2001) 442-445.

- Brück Joachim, Die Villa von Borg. In: Lichardus, Jan/Miron, Andrei, Der Kreis Merzig-Wadern und die Mosel zwischen Nennig und Metz. Führer zu archäologischen Denkmäler in Deutschland 24 (Stuttgart 1992) 112-119.

- Frey Martin, Die römische Villa von Borg. Ein reiches Landgut mit vorrömischer Tradition. In : Haffner, Alfred/von Schnurbein, Siegmar, Kelten, Germanen, Römer im Mittelgebirgsraum zwischen Luxemburg und Thüringen: Akten des Internationalen Kolloquiums zum DFGSchwerpunktprogramm "Romanisierung" vom 28. bis 30. September 1998 in Trier (Bonn 2000) 41-50.

- Frey Martin, Die Terra Sigillata der gallorömischen Villenanlage bei Borg, Landkreis Merzig - Wadern. Bericht der Staatlichen Denkmalpflege im Saarland, Abteilung Bodendenkmalpflege, Beiheft 5 (Saarbrücken 2001).

- Frey Martin, Die spätkeltische Vorgängersiedlung der Villa von Borg. In: Gleser, Ralf (Hrsg.), Zwischen Mosel und Morava – Neue Grabungen und Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Saarbrücker Studien und Materialien zur Altertumskunde 11 (Bonn 2007) 285 -325.

- Miron Andrei, Das Badegebäude der römischen Villa von Borg (Merzig 1997).