Herschbach im Westerwald

Handwerk und Wirtschaft in Herschbach

Am 7. Juli 1653 erneuerte und bestätigte Graf Ernst von Isenburg-Grenzau die von seinen Vorfahren der Stadt Herschbach verliehen Freiheiten und Privilegien. Er erteilt seiner Stadt auch das Recht, jährlich zwei Jahrmärkte, einen am St. Laurentiustag (10. August), den anderen Tag Simonis et Jude (28. Oktober) abzuhalten. Dazu überließ er der Stadt im Jahr 1663 die Hälfte der Akzise, einer Verbrauchs- und Warensteuer, auf diesen Jahrmärkten.

Der Laurentiusmarkt hatte sich aus dem Kirchweihfest der Kapelle in Oberherschbach entwickelt. Der Schultheiß hob schon 1486 den Zoll zu Oberherschbach, und zwar, wie es 1487 heißt, am Tag der »Obernherspacher Kyrmesz« am St. Laurentiustag.

Erzbischof Johan Philip von Trier bewilligte dem Flecken Herschbach 1763 zwei Jahr- und Viehmärkte, die 1772/73 auf Montag nach Pfingsten und am Tag nach Laurentius gehalten wurden. Die beiden Kram- und Viehmärkte hatten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wirtschaftliche Bedeutung. Im Jahr 1659 wird sogar das Herschbacher Maß genannt, nach dem auf dem Markt abgemessen wurde. Doch setzte sich dieses Maß nicht durch. Im Jahr 1723 wurde bereits wieder, wie auch schon früher (1491) nach Hachenburger Maß abgemessen.[Anm. 1]

Die Herschbacher verdienten ihr Geld als Landwirte und Viehbesitzer. Daneben wurden in und außerhalb der Stadt Gemüsegärten bewirtschaftet. Auf den Feldern galt die Dreifelderwirtschaft. Ein Teil der Flur wurden im 1. Jahr mit Korn oder Gerste bepflanzt, im 2. Jahr wurde »weiche Frucht« wie etwa Hafer eingesät. Im 3. Jahr wurde das Flurstücke nicht bebaut. Es blieb brach, damit sich der Boden erholen konnte. An Vieh wurden Kühe, Schafe und Schweine gehalten, im Herbst die Schweine in den Wald zur Mast getrieben.[Anm. 2]
Stadt und Burg Herschbach zogen auch so viele Menschen ihren Bereich, dass sich städtisches Leben im Ort entwickelte. So sind zu wechselnden Zeiten zahlreiche Handwerksbetriebe im Ort zu finden: Schmiede, Scherer, Zimmerleute, Wagenbauer, Weber, Schuster, Schneider, Gerber, Wollweber, Leinweber, Färber, Hutmacher, Strumpfwirker, Korb- und Kistenmacher.[Anm. 3]

Es gab im Laufe der Jahrhunderte mehrere Mühlen in Herschbach. Ein Bannmühle besaß schon 1368 Gerlach Herr von Isenburg. Sie war sein Eigentum, sie war aber an einen Pächter vergeben. Die Mahlgäste von Herschbach, Schenkelberg und der umliegenden Höfe waren verpflichtet, ihr Korn nur in dieser Bannmühle gegen entsprechendes Entgelt mahlen zu lassen. Der an diese Mühle angrenzende Mühlenweiher wird im Jahr 1470 erwähnt. Eine Walkmühle oberhalb »Walplachs« Mühle wird im Jahr 1428 genannt. Im Jahr 1488 wird an einer Mühle gebaut. Eine Walkmühle stand 1761 zwischen Herschbach und Oberherschbach, sie gehörte 1781 und 1785 dem Johannes Eschweiler. Die Lohgerber betrieben 1785 zwei Lohmühlen. Das kleine »Loemühlgen« des Seibert Thuer wird schon 1674 genannt.
Zum Haus Herschbach gehörte 1623/24 zwei Mühlen, die Obermühl und die Niedermühl. An Stelle der im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wohl im Jahr 1639 zerstörten »Nieder- oder Windtgesmühl«, erbaute Peter Müller 1691 eine Ölmühle. Die herrschaftliche Obermühl gehörte 1664 dem Grafen von Isenburg, später nach dem Wechsel der Ortsherrschaft (1683, 1723, 1781, 1785) unterstand Bann-Mahlmühle dem Trierer Erzbischof.
Herschbach hatte 1782 noch zwei Ölmühlen, die Nikolaus Klein und Matheis Lembach gehörten.
Flurnamen zeugten noch lange von der Existenz der verschiedenen Mühlen in Herschbach und seiner Gemarkung: »Bei der Walkmühle«, »bei Windgesmühl«, »bei der Ahlmühl«, »bei der Lohmühl«, »im Mühlengründchen«, »hinter der Mühl«, »bei Müllersborn«, »bei Wingasmühl«, »hinterm Stumpfmühlgen«, »ober der Stampfmühl«, »bei Sumpfmühlgen«, »am Mühlweiher«, »im Mühlengarten« und »am Mühlgraben«. Da viele dieser Flurnamen heute nicht mehr verwendet werden, können die einzelnen Mühlen zum Teil nicht sicher zugeordnet werden.[Anm. 4]

Eine Ziegelhütte wurde 1746 in Herschbach erbaut und noch 1764 betrieben.[Anm. 5]

Eisenerzbergwerke

Auf dem Ehrlich (Galgenhübel) suchte im Jahr 1666 Herr Sorg aus Hundsdorf nach Eisenerz, 1686 tat dies der Hüttenmeister Peter Pastert. In den Jahren 1686 und 1793 wird die Eisensteingrube am Galgenhübel bei Herschbach betrieben.[Anm. 6] Das Eisenbergwerk am Schenkelberger Kopf wurde 1745 dem Hüttenmeister Freudenberg verliehen. Die von Bergrat Freudenberg von Hachenburg betriebene Eisengrube brachte 1785 dem Flecken Herschbach beachtliche Einnahmen.[Anm. 7] Der Plan, eine Eisenhütte unterhalb von Oberherschbach zu eröffenen, wurde 1761 wegen des für die Weiher befürchteten Schadens abgelehnt.[Anm. 8]
Mitte des 19. Jahrhunderts wurden mehrere Eisenerzgruben betrieben: die Grube Galgenberg (auf dem Ehrlich), die Gruben Herschbach und Gleichen (Stilles Gründchen), die Gruben Pfalz und Herrnschacht (Vallendarer Straße), die Grube Bayzeche (Hohl), die Grube Kreuzberg (Vor dem Limbach), die Gruben Petersberg und Eichenheck (Eichenheck), die Gruben Ida und Emilie (an der Grenzschneide Herschbach/Mündersbach) sowie die Gruben Schenkelberg I und II (Eisenkauten).[Anm. 9]

Herschbacher Quarzit

Quarzitbruch in Herschbach[Bild: VG Selters]

Mehr noch als die Eisenerzgruben haben seit dem 19. Jahrhundert die Quarzitgruben das Wirtschaftsleben von Herschbach bestimmt. Als 1884 die Eisenbahnlinie Engers - Siershahn - Altenkirchen eröffnet wurde,[Anm. 10] bot sich eine günstige Transportmöglichkeit für den Süßwasserquarzit. Nach der Gründung der privaten Kleinbahn AG Selters-Hachenburg mit ihrem Sitz in Herschbach am 12. März 1900 begann der planmäßige Abbau des Herschbacher Quarzits und die systematische Erschließung der Vorkommen in den Gemarkungen Herschbach, Rückeroth, Freirachdorf und Marienrachdorf. Die Zahl der abbauenden Betriebe und der Beschäftigen stieg kontinuierlich an. Arbeiter aus Herschbach und den Dörfern der Umgebung fanden hier gut bezahlte Arbeit. Im Jahr 1914 war es 560, 1939 bereits 625 und 1949 schließlich noch 354 Menschen, die in den verschiedenen Betrieben beschäftigt waren. Noch 1943 wurden 86.500 Tonnen abgebaut. Doch Ende der 1950er Jahre sanken die Ergiebigkeit der Quarzitbänke und die Nachfrage nach dem Herschbacher Quarzit, zuletzt war nur noch ein Betrieb in Herschbach im Quarzitabbau tätig. Der Kleinbahnbetrieb zwischen Herschbach und Hachenburg war bereits im Mai 1951 eingestellt worden, die Bahn nach Selters wurde 1960 endgültig eingestellt. Ein Teil der genutzten Flächen wurde rekultiviert und zu Fischteichen umgewidmet. Noch heute erinnert teilweise überwachsene Abraumkuppeln und Halden, verfallene Verladerampen und unwegsames Gelände an die Zeit, der das »Herschbacher Quarzitbecken« seinen Namen verdankt.[Anm. 11]

Anmerkungen:

  1. Gensicke, Herschbach S. 222f.; Schenkelberg/Himmerich S. 198ff. Zurück
  2. Schenkelberg/Himmerich S. 179ff.. Zurück
  3. Schenkelberg/Himmerich S. 169ff. Zurück
  4. Schenkelberg/Himmerich S. 190ff. Zurück
  5. Gensicke, Herschbach S. 223. Zurück
  6. HHStA Wiesbaden Best. 114 Nr. 151. Zurück
  7. Zum Eisensteinbergwerk auf dem Schenkelberger Kopf bei Herschbach zwischen 1721 und 1807 siehe HHStA Wiesbaden Best. 114 Nr. 152. Zurück
  8. Gensicke, Herschbach S. 222. Zurück
  9. Schenkelberg/Himmerich S. 246f. mit weiteren Einzelheiten. Zurück
  10. Zum Anschluss Herschbachs an das Eisenbahnnetz ausführlich Schenkelberg/Himmerich S. 135ff. Zurück
  11. Schenkelberg/Himmerich S. 184ff. Vgl. Markovic, Verbandsgemeinde S. 80ff. Zurück