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3.2 Das (Vertriebenen-)Heimatbuch

Eine erste Definition des Begriffs „Heimatbuch“ wagte Kessler, der den Themenkanon als kennzeichnend hervorhob:
„Geographie und Naturkunde; Geschichte; Verwaltung; Kirchen- und Schulwesen; Land- und Forstwirtschaft; Handel, Handwerk, Gewerbe und Industrie; Kunst- und Kulturgeschichte, Bau- und Kunstdenkmäler, Musik, Theater, Mundart, Brauchtum und volkstümliche Überlieferungen; de[r] Erst[e] und de[r] Zweit[e] Weltkrieg mit ihren Folgen; das Gemeindeleben; dazu ein Quellen- und Literaturverzeichnis und ein die Auswertung erleichterndes Register.“ [Anm. 1]
Für das Vertriebenenheimatbuch stellte Faehndrich fest, dass es sich durch die „kollektive Autorenschaft der Erlebnisgeneration“[Anm. 2] auszeichnet, welche ihr Heimatbuch des Ortes, Dorfes, Kreises oder ihrer Stadt in Eigeninitiative erstellten, manchmal von wissenschaftlichen- oder Verbandsinstitutionen beraten. Die breite Themenpalette lässt sich mit den Werken der Zwischenkriegszeit vergleichen. Der von Kessler erarbeitete Themenkanon wird meist erweitert durch die Themen Vertreibung und die Nachkriegsgeschichte des Ortes und seiner ehemaligen Bewohner in der BRD. Äußerlich kennzeichnen sich die Vertriebenenheimatbücher durch ihre Monografieform, deren wertige Titelprägung, Goldschnitt, Einband, Kartenbeilagen und qualitative Abbildungen Dauer- und Werthaftigkeit symbolisieren sollen.[Anm. 3]
Orosz-Takács ergänzte den Ansatz Kesslers in ihrer 2008 erschienenen Dissertation zu Vertriebenenheimatbüchern um einen durch die Autoren angestrebten Idealtypus des Heimatbuchs. Diese seien Monographien, „in der subjektive Heimaterlebnisse (Erinnerungen) mit objektiven Ansätzen (Dokumentation) vermischt eine organische Einheit bilden, in der möglichst alle Teilaspekte […] aus der Sicht der Vertriebenen abgehandelt werden, um eine Brücke zwischen der alten und der neuen Heimat zu schlagen.“[Anm. 4] Orosz-Takács spricht in Bezug auf die Vertriebenenheimatbücher von „Postheimatliteratur“[Anm. 5] , einer Literatur, die die Heimat erst nach dem Verlust rückblickend konstruiert.

Anmerkungen:

  1. Kessler. S. 17. Zurück
  2. Faehndrich. S. 250. Zurück
  3. Ebenda. S. 250f. Zurück
  4. Orosz-Takács. S. 14. Zurück
  5. Ebenda. S. 178. Zurück