Selchenbach in der Pfalz

Selchenbach

0.1.Allgemeine Angaben

Am Oberlauf des Selchenbachs

Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Kusel

Einwohner (2005): 391 

Einwohner (2007): 371

Einwohner (2008): 384

Einwohner (2010): 361

Gemarkung: 479 ha, davon 100 ha Wald

Naturdenkmale: eine Römerstraße, vom Krottelbacher Loch in Richtung Herchweiler, keltische Gräber im Distrikt Drei Hübel und im Jungwald. 

0.2.Lage

Selchenbach liegt in 380 bis 390 Metern Höhe über NN als ein lang gezogenes Straßendorf am Oberlauf des Selchenbachs und unmittelbar an der Grenze zum Saarland. Der Selchenbach entspringt südlich der Gemarkung in der Nähe des Königreicher Hofes, durchfließt den Ort Selchenbach sowie den nördlich liegenden Ort Herchweiler und wendet sich in einem weiten Bogen wieder nach Süden, mündet bei Haupersweiler in die Oster. Damit liegt Selchenbach in dem Flusssystem von Saar und Blies, indem die Berge östlich des Ortes eine Wasserscheide darstellen zu dem Flussgebiet von Glan und Nahe. Die Höhen auf beiden Seiten des Bachtals steigen auf mehr als 400 Meter an, höchste Erhebung ist der 465 Meter hohe Eichelberg. Ein größeres zusammenhängendes Waldgebiet erstreckt sich im Norden des Dorfes (Schachenwald). Die Gemarkung grenzt im Osten an die Gemarkung von Langenbach, im Norden an die Gemarkungen von Albessen und Herchweiler, im Westen und Süden an die Gemarkungen der saarländischen Orte Marth und Osterbrücken, die beide heute Stadtteile von St. Wendel sind.

0.3.Siedlung und Wohnung

Dorf an der B 420

Das Dorf, bestehend aus den beiden Ortsteilen Ober- und Unterselchenbach, erstreckt sich auf etwa 1000 Metern Länge hauptsächlich auf dem linken Ufer des Selchenbachs zu beiden Seiten der Bundesstraße 420, die als Hauptstraße des Ortes gilt. Ein Neubaugebiet entstand in den 1990er Jahren am Birkenweg. Von der Hauptstraße zweigen beiderseits mehrere kurze Nebenstraßen ab, von Süden nach Norden: Alte Hohl, Im Eck und Birkenweg, der Osterbrücker Weg, ein wenig länger der Siedlungsweg mit Dorfgemeinschaftshaus, Friedhof und Kapelle. Durchbrochen wird das Prinzip in Unterselchenbach, da hier die alte Dorfstraße (Alte Straße) bei ihrem Ausbau im Jahr 1938 durch eine Umgehungsstraße (heutige B 420) ersetzt wurde. Hier wendet sich auch der Selchenbach nach Nordwesten und damit auf die andere Straßenseite. Weitere Straßen in Unterselchenbach sind die Gartenstraße und der Mühlweg. Eine Mühle steht allerdings in diesem Bereich schon lange nicht mehr.


0.4.Wüstungen

Ein Dorf Neuhausen lag südlich von Selchenbach. Es wurde 1381 als "Neushusen" erwähnt und ist wohl an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert untergegangen. Der Name Neuhausen kommt heute noch in Flurnamen vor (Zimmer 1990, S. 71).

0.5.Name

Das Grundwort "bach" verbindet sich mit dem Bestimmungswort "Salicho", so dass wohl ein fränkischer Siedler dieses Namens hier eine Siedlung begründet hat. Die heutige Namensform erscheint schon in der Kopie einer Urkunde von 1262 aus dem Jahr 1588. Weitere Namensformen sind u.a. Sequebqac (1266), Selkinbach (1487), Seigenbach (1727). (Vgl. Dolch/Greule 1991, S. 233, und Zimmer 1990, S. 60/61)

0.6.Wappen

Das Wappen zeigt auf blauem Grund ein silbernes Pferd über einem silbernen Wellenbalken auf grünem Schildfuß. Das Pferd im Wappen ist auf ein früheres gewohnheitsrechtliches Wappen zurückzuführen (Goldenes Ross vor grünem Hintergrund), das sich an einem alten Schultheißensiegel orientierte. Das neue Wappen wurde 1983 durch die Bezirksregierung Neustadt genehmigt.

0.7.Abriss der Ortsgeschichte

0.7.1.Vor- und Frühgeschichte

Funde aus vorgeschichtlicher Zeit aus dem Bereich Selchenbach führen bis in die Steinzeit zurück. So wurden zwei steinerne Beile gefunden. Eins fand ein Bauer beim Pflügen am Wöllmesberg. Es war etwa 10 cm lang und befindet sich heute in Privatbesitz. Ein weiteres soll beim Abräumen einer Mauer entdeckt worden sein. Genauer Fundort, Aussehen dieses Stücks und Verbleib sind heute nicht mehr bekannt. Weiter sind mehrere Grabhügel aus der Bronzezeit und aus der Eisenzeit in der Gemarkung von Selchenbach nachzuweisen, so in dem Gräberfeld nördlich des Ortes nahe der B 420, das sich auch über die Gemarkungen von Herchweiler und Langenbach erstreckt, ebenso gibt es drei weitere Grabhügel am Westabhang des Eichelbergs. Mehrfach wurden bei den verschiedenen Grabhügeln Einzelfunde entdeckt, deren Verbleib meist nicht bekannt ist (Vgl. Zimmer 1990, S. 10 ff. und Bantelmann 1972, S. 60).

0.7.2.Mittelalter

Wenn Selchenbach in einem Grenzscheidweistum des 14. Jahrhunderts zu dem so genannten Remigiusland gezählt wurde, so bedeutet das nicht, dass der Ort schon bei seiner Gründung im Remigiusland lag. Die Grafen von Veldenz zählten ab dem 13. Jahrhundert auch solche Gebiete zu dem Remigiusland, die zuvor nicht Besitz des Erzbistums Reims waren, sondern Besitz des Erzbistums Mainz. Zu diesen Mainzer Besitzungen gehörten Ohmbach und Orte um Niederkirchen (Osternahe), mit großer Wahrscheinlichkeit auch Selchenbach. Die Besitzungen des Erzbistums Reims und des Erzbistums Mainz gehörten ursprünglich zu dem Reichsland um die Königsburg Lautern. Die Siedlung Selchenbach selbst entstand mit Sicherheit erst einige hundert Jahre nach der Schenkung eines fränkischen Königs an die Erzbistümer Reims und Mainz. 1127 begründete Graf Gerlach I. aus dem Nahegau die Grafschaft Veldenz und wurde zugleich Schutzvogt über die betreffenden geistlichen Besitztümer. Im Jahr 1262 wird Selchenbach in einer Urkunde erwähnt, nach der ein Pfarrer dem Kloster Wörschweiler Landbesitz übergab, u.a. auch einen Garten zu Selchenbach.

Zu dieser Zeit trat die ältere Linie der Grafen von Veldenz in ihr Endstadium. Graf Gerlach V. war Mitglied einer deutschen Delegation, die König Alfons X. von Kastilien während des Interregnums die deutsche Krone antrug, und er starb bald nach der Rückkehr in seiner Grafschaft. Für die kurz vor seinem Tod geborene Tochter Agnes übernahm der Großvater Graf Heinrich von Zweibrücken die Regentschaft. Die Tatsache, dass Graf Gerlach V. einen Großteil seines Eigenbesitzes dem Kloster Wörschweiler vermacht hatte, brachte auch Folgen für Selchenbach, da Ländereien in der Umgebung des Ortes nun ebenfalls in den Besitz des Klosters gelangten. Im weiteren Verlauf der mittelalterlichen Geschichte erscheint der Ortsname Selchenbach vor allem in Steuerlisten vornehmlich des Klosters Wörschweiler, in Weistümern, aber auch in Lehensvergaben, so in einer Urkunde von 1430, nach der Syfrit Bliek von Lichtenberg seine Frau Katerine von Sötern aus seinem Gesamtlehen der Grafen von Veldenz unter vielen anderen Begabungen auch mit "13 Hahnen an den Wäldern zu Selchenbach" bedachte. (Pöhlmann 1928, Urkunde 154 a) Diese Erwähnung weist daraufhin, dass Selchenbach damals mitten in einem dichten Waldgebiet lag. Schon im ausgehenden 13. Jahrhundert hatten die Blick von Lichtenberg die Vogtei über den Kirchenbesitz des Klosters Wörschweiler innerhalb der Grafschaft Veldenz übernommen. Im späten Mittelalter richteten die Äbte des Klosters Wörschweiler und die Vögte des Klosters ein Schöffengericht ein. Die Rechte und Pflichten der Grundholden gegenüber dem Kloster und den Vögten wurden in einer Reihe von Weistümern festgelegt, die aus den Jahren 1451, 1458, 1501, 1528 und 1539 schriftlich überliefert wurden. (Vgl. Zimmer 1990, S. 163 ff) Die Grafschaft Veldenz endete im Jahr 1444. Die Tochter Anna des letzten Grafen Friedrich von Veldenz heiratete den Pfalzgrafen Stephan von der Kurpfalz, der nun aus eigenen Besitztümern und aus dem Erbteil seiner Frau die Pfalzgrafschaft Zweibrücken begründete, später allgemein als Herzogtum bezeichnet.

0.7.3.Neuzeit

Das Dorf teilte die Geschichte der Pfalzgrafschaft Zweibrücken bis zu deren Ende zur Zeit der Französischen Revolution. Das Kloster Wörschweiler wurde in der Reformationszeit aufgelöst, den gesamten Besitz übernahm das Herzogtum Zweibrücken, das ihn durch eine Kirchenschaffnei verwalten ließ. Schon seit dem späten 15. Jahrhundert bildete das so genannte "Königreich" ein Problem für Selchenbach und eine Reihe benachbarter Dörfer. Der Name geht auf das freie Reichsland um Kaiserslautern zurück, von dem das Remigiusland abgetrennt wurde. Es handelte sich um einen größeren Landstreifen, der sich von Marth bis Bubach hinzog, auch über einen Teil der Gemarkung von Selchenbach. 1451 war das Gebiet im Besitz des Lichtenberger Amtmannes Thomas von Contwig, der es an die Grafen von Nassau-Saarbrücken verkaufte, die ihrerseits hier Hoheitsrechte geltend machten, was in der Folgezeit zu ständigen Auseinandersetzungen zwischen Nassau-Saarbrücken und der Pfalzgrafschaft Zweibrücken führte. In diversen Weistümern, die im Zuge dieser Auseinandersetzungen aufgeschrieben wurden, werden regelmäßig auch Bewohner von Selchenbach erwähnt. Die Streitigkeiten wurden erst 1603 im Staatsvertrag (Austausch) von Limbach beendet. Als 1762 die Pfalzgrafen (Herzöge) von Zweibrücken den Königreicher Hof erbauen ließen, zogen diese alle bis dahin verpachteten Grundstücke des Königreichs ein und vergaben den Hof im Erbbestand.

In der Beschreibung des Oberamtes Lichtenberg aus dem Jahr 1588 durch den Geografen Johannes Hoffmann wird auch der Ort Selchenbach genannt: "Die große Herchweiler Bach kompt oben vom Dorff Selchenbach herunter und fleust vor dem Dorff Herchweiler unnd dan anzeigter maßen hinunter in die Oster." Die beiden Selchenbacher Ortsteile gehörten zu unterschiedlichen Pfarreien: Oberselchenbach zu Niederkirchen, Unterselchenbach zu Konken. Während des Dreißigjährigen Krieges (1618 - 1648) wurde der Ort zerstört, nur wenige Einwohner überlebten den Krieg. Während Selchenbach im Jahr 1609 bereits 62 Einwohner gezählt hatte, stieg nach dem Krieg die Einwohnerzahl bis 1675 wieder auf ca. 30 an. Neue Zerstörungen ergaben sich durch die Eroberungskriege des französischen Königs Ludwig XIV.,nach denen der Ort 1677 als "verbrannt" bezeichnet wurde. Zur Zeit des Anschlusses an Frankreich während der Napoleonszeit gehörte Selchenbach im Saardepartement zur Bürgermeisterei Konken, zum Kanton Kusel und zum Arrondissement Birkenfeld, verblieb nach der Vertreibung Napoleons zunächst beim Kreis Birkenfeld, kam aber 1816 zum Königreich Bayern und 1818 zur Bürgermeisterei Niederkirchen. Während der bayerischen Zeit gehörte der Ort wie sechs Ostertalgemeinden zum Landcommissariat und Kanton Kusel in der Bürgermeisterei Niederkirchen. In der Zeit von 1834 bis 1848 war Selchenbach Sitz dieser Bürgermeisterei. Erst 1947 änderten sich die Verhältnisse. Während die übrigen Ostertalorte dem Saarland zugeschlagen wurden, verblieb Selchenbach beim Kreis Kusel. Der Königreicher Hof, der bis dahin auf der Gemarkung Selchenbach lag, wurde ebenfalls vom Ort losgetrennt und kam zum Saarland. Im Zuge der Regional- und Verwaltungsreform von Rheinland-Pfalz kam Selchenbach 1969 als selbstständige Ortsgemeinde innerhalb des Landkreises Kusel zu der neu gebildeten Verbandsgemeinde Kusel.

0.8.Politische Wahlen

Wie in der Pfalz und im Bezirksamt Kusel dominierte auch in Selchenbach nach der Reichsgründung 1871 für zwei Jahrzehnte die Nationalliberale Partei. Erstmals bei der Reichstagswahl 1903 erzielte der Bund der Landwirte (BdL) in der bäuerlich strukturierten Gemeinde eine Mehrheit. Bei den Wahlen von 1907 und 1912 konnte der BdL die Mehrheit noch ausbauen. Zentrum und Sozialdemokraten erhielten bis 1918 in Selchenbach keine Stimmen. Die Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und erste Veränderungen der Berufsstruktur (Beschäftigung von Einwohnern in der saarländischen Industrie) veränderten das Wahlverhalten. Bei der Wahl zur Verfassungsgebenden Nationalversammlung 1919 erhielt die SPD eine eindeutige Mehrheit. Bis 1928 verteilte sich das Wählerpotential etwa gleich auf die Linksparteien (SPD, KPD) und das konservative Lager (DVP, Bauernpartei). 1930 erhielt die NSDAP ein Viertel der Stimmen, 1932 dann zwei Drittel. Nach dem Zweiten Weltkrieg erreichte die SPD bei allen Bundestagswahlen die absolute Mehrheit im Ort bei Stimmenanteilen zwischen 60 und 70 Prozent. Zweitstärkste Partei war stets die CDU. Bei den Kommunalwahlen gab es in Selchenbach bisher stets Personenwahlen, keine Wahl von Parteien.

0.9.Wahlergebnisse in Prozent, Bundestag Zweitstimmen

SPDKPDBauernDVPNSDAPSonstige
Reichstag 192814,817,010,7*38.20,718,6
Reichstag 193014,632,97,3**14,624,46,2
Reichstag 19338,83,4------63,93,9
*Dt. Bauernpartei
**Landvolk
CDUSPDFDPGrüneLinkeRep.Sonst.
Landtag 20019,768,92,66,6---5,17,1
Landtag 20067,561,03,74,30,52,7---
Landtag 201111,455,11,117,06,3---9.0
Bundestag 200211,763,44,99,85,42,2---
Bundestag 200511,245,80.99,328,54,1---
Bundestag 200912,5 35,98,35,230,2---8,1
Bundestag 201320,238,73,18,016,0---11,1

0.10.Zeittafel

FrühgeschichteFunde aus der Steinzeit, Grabhügel aus Bronze- und Eisenzeit
6. JahrhundertEntstehung des so genannten Remigiuslandes
um 900Mögliche Entstehung der Siedlung Selchenbach
1112Das Remigiusland wird als Vogtei an die Grafen von Veldenz gegeben
1257Teile von Selchenbach im Besitz des Klosters Wörschweiler
1262Ersterwähnung von Selchenbach in einer Urkunde
1381Erwähnung der Wüstung Neuhausen
1444Selchenbach in der Pfalzgrafschaft (Herzogtum) Zweibrücken
1451Erstes von fünf Weistümern, in denen Selchenbach erwähnt ist
1538Einführung der Reformation nach Luther in der Pfarrei Niederkirchen
1588Übertritt des Herzogs und der Bewohner zum Kalvinismus
um 1600Erwähnung der Siedlungen Ober- und Unterselchenbach
1762Entstehung des Königreicher Hofes
1801-1814Saardepartement, Arrondissement Birkenfeld, Kanton Kusel, Mairie Konken
1816Königreich Bayern, Bezirk Kaiserslautern, Kanton Kusel, Bürgermeisterei Konken
1818Landcommissariat Kusel, Bürgermeisterei Niederkirchen
1947Neue Saargrenze, Abtrennung des Königreicher Hofs von Selchenbach
1972Selbstständige Ortsgemeinde in der Verbandsgemeinde Kusel

0.11.Religiöse Verhältnisse

Friedhofshalle

Selchenbach lag im Remigiusland, unterstand damit ursprünglich der Herrschaft des Bistums Reims, Teile waren später im Besitz des Klosters Wörschweiler. Oberselchenbach, das zur Pfarrei Niederkirchen gehörte, besaß eine eigene kleine Kirche, die jedoch im Dreißigjährigen Krieg zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Nach dem Grundsatz "cuius regio eius religio" traten im Zeitalter der Reformation alle Bewohner nach Vorgabe der herzoglichen Verwaltung zunächst zum lutherischen Glauben über, und auf Anordnung des Pfalzgrafen Johannes I. erfolgte 1588 der Übergang vom Luthertum zur reformierten Lehre des Johannes Calvin. Der Ortsteil Unterselchenbach gehörte im Übergang zum 17. Jahrhundert zur Kirche von Konken, was die grundherrliche Zugehörigkeit zum Remigiusberger Besitz widerspiegelt. Nach dem 30jährigen Krieg wurde theoretisch die freie Konfessionswahl möglich, doch die Bewohner des gesamten Ortes Selchenbach blieben überwiegend reformiert bzw. protestantisch oder evangelisch. Die Angliederung von Unterselchenbach an die Kirchengemeinde Niederkirchen im Jahr 1821 wurde bereits zwei Jahre später wieder rückgängig gemacht. Oberselchenbach wurde 1966 aus der Kirchengemeinde Niederkirchen ausgegliedert und kam ebenfalls zu Konken. Die wenigen katholischen Christen im Ort gehören zur Kirchengemeinde Kusel.

0.12.Bewohner

Der Dorfbrunnen

"Ein Blick in die Bevölkerungsentwicklung zeigt uns, dass sich die Einwohnerzahl in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fast verdoppelt hat, um gegen die Mitte des Jahrhunderts wieder deutlich abzunehmen. Letzteres ist auf eine Auswanderungswelle nach Nordamerika zurückzuführen. Danach beobachten wir bis gegen Ende des Jahrhunderts eine stetige Steigerung, die dann aber, bedingt durch Abwanderungen in das Saarindustrierevier, wieder durch ein Absinken abgelöst wurde. Der Beginn des 20. Jahrhunderts brachte dann wieder ein Ansteigen. Eine rückläufige Entwicklung setzte sich im Ersten Weltkrieg, Ende der 20er Jahre sowie im Zweiten Weltkrieg durch. Auch die neueste Zeit ist durch eine Reduzierung der Bevölkerungszahl (hauptsächlich durch Geburtenrückgang) gekennzeichnet." (Zimmer 1992, S. 131/132). Über 90 Prozent der Bewohner gehören der protestantischen Religionsgemeinschaft an.

 

0.13.Einwohnerzahlen

1609182518361871190519391961200320052007
gesamt62290313329393439403395391371
evang.62279 389
kath. ---11 13

0.14.Schule, Kultur, Vereine

0.14.1.Schule

Nachdem im Zeitalter der Reformation das Schulwesen in unseren Dörfern seinen Anfang genommen hatte, wurden die schulpflichtigen Kinder aus Oberselchenbach zunächst in Niederkirchen unterrichtet. 1725 errichteten Ober- und Unterselchenbach dann ein eigenes Schulhaus. Als dies nach einem Jahrhundert den Ansprüchen nicht mehr genügte, entstand ein neues Schulgebäude, das noch heute - allerdings in Privatbesitz - an der Hauptstraße steht. Von 1814 bis 1854 erteilte Abraham Heyd, zuvor Soldat in der napoleonischen Armee, den Schulunterricht. Das Schulgebäude wurde 1934 umgebaut, und 1963/64 erhielt der Ort wieder ein neues Schulhaus. Im Zuge einer Strukturreform wurde die Schule 1971 geschlossen und das neue Schulgebäude 1985 zu einem Dorfgemeinschaftshaus umgebaut. Heute besuchen die Selchenbacher Grundschüler den Unterricht in Konken, die Hauptschüler fahren zum Roßberg in Kusel. Die Kreisstadt ist auch Standort der weiterführenden Schulen, der Berufsschule und der zuständigen Förderschulen.

Die Schule wird zum Bürgerhaus

0.14.2.Kultur und Brauchtum

Für die Naherholungs- und Freizeitgestaltung bietet Selchenbach gute Wandermöglichkeiten mit Rundwanderwegen in Wald und Flur mit Ruhebänken. Gut angenommen wird auch die Schutzhütte "Am Brückerbusch" mit Grillmöglichkeiten. Als gemeindliche Einrichtung besitzt Selchenbach ein Dorfgemeinschaftshaus, das für sportliche und kulturelle Veranstaltungen zur Verfügung steht. Durch die Schaffung von Baugebieten entwickelt sich das langgezogene Straßendorf mit bäuerlichem Charakter immer mehr zu einer reinen Wohngemeinde.

Selchenbach feiert die Kerwe am zweiten Wochenende im September. Dabei schmückt die Dorfjugend einen Strauß, lässt in der Straußrede das vergangene Jahr Revue passieren und tanzt die "Drei Erschde". Früher wurden in der Fastnachtszeit zünftige Bälle gefeiert, heute hat sich das auf einen Kindermaskenball reduziert. An Ostern suchen die Kinder die Eier. Größere Buben und Mädchen, die zur Konfirmation gehen, erhalten von den Paten drei weiße und drei bunte Eier. Zur Mainacht wird ein Baum geschmückt. Der Brauch, dass junge Burschen ihren Angebeteten einen Maienzweig oder Blumenstrauß stecken, hat sich mittlerweile verloren. Aber verstärkt treiben die Hexen ihr Unwesen, auch der Brauch des Pfingstquack ist noch lebendig. In den letzten Jahren bürgert sich mehr und mehr der aus Nordamerika kommende Halloween-Brauch ein. In der Silvesternacht wird das neue Jahr von der Dorfjugend mit Böller- und Raketenschießen begrüßt. Das Selchenbacher Dorffest findet seit 1984 stets am ersten Wochenende im August statt. Auf dem 1843 errichteten und mehrfach erweiterten Friedhof steht seit 1970 eine Leichenhalle, von deren Turm die Dorfglocke zweimal täglich läutet: vormittags um elf Uhr und abends bei Einbruch der Dunkelheit. Außerdem läutet sie ein "Zeichen" beim Tod eines Einwohners. Das Kriegerdenkmal auf dem Friedhof wird von "Ehrengräbern" mit roten Grabsteinen umrahmt. In dieser Abteilung konnten und können sich ehemalige Teilnehmer der beiden Weltkriege beisetzen lassen.

0.14.3.Vereine

Der erste Verein, der in Selchenbach gegründet wurde, war der Arbeiterverein 1893. Laut Satzung bestand sein Zweck darin, durch gesellige Zusammenkünfte den kameradschaftlichen Geist sowie die Vaterlandsliebe zu Kaiser und Prinzregent zu fördern, außerdem sollten in Not geratene Mitglieder unterstützt werden. Der Arbeiterverein bestand bis 1945. Seit 1910 gab es einen Radfahrerverein "Viktoria", ab 1920/21 einen Musikverein. Beide stellten im Verlaufe der 1930er Jahre ihre Tätigkeit ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand 1950 zunächst der Gesangverein "Liederkranz", dem sich 1958 ein zweiter Gesangverein mit Namen "Harmonie" hinzu gesellte. Da es nun zu Reibereien kam, lösten sich um 1967/68 beide Vereine auf. Hierauf bildete sich ein Gemischter Chor, der bis 1991 bestand. Derzeit gibt es im Ort einen Landfrauenverein (seit 1959), den Frauenkegelclub "Die Harmlosen", den Freizeitclub (seit 1979) und den Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr (seit 2000). Auch dem Heimat- und Kulturverein Ostertal gehören Mitglieder aus Selchenbach an.

0.15.Gesundheits- und Sozialwesen

Allgemeinärzte, Zahnärzte und Spezialärzte werden hauptsächlich in Kusel aufgesucht. Weitere Institutionen des Gesundheits- und Sozialwesens bestehen in Konken und Herschweiler-Pettersheim. Zuständige Sozialstation ist die in Kusel-Altenglan. Nächste Krankenhäuser sind die Westpfalzkliniken in Kusel und Kaiserslautern, die Krankenhäuser Landstuhl und St. Wendel sowie die Universitätsklinik in Homburg. 

0.15.1.Wirtschaft und Verkehr

Die Landwirtschaft diente ursprünglich den Bewohnern des Ortes als Haupterwerbszweig. Doch mit dem Aufkommen der Industrie seit dem 19. Jahrhundert suchten immer mehr Menschen ihren Broterwerb als Arbeiter in der Industrie, vor allem im benachbarten Saarland. Früher bestanden Mühlen im Ortsbereich, eine wurde bereits im 16. Jahrhundert erwähnt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts lebte im Ort Hans Morgen, der an den Weihern in der Nähe des späteren Königreicher Hofes eine Mühle betrieb und zwei weitere in Osterbrücken. Um 1600 errichtete er eine vierte Mühle zwischen Ober- und Unterselchenbach. Diese eigentliche Selchenbacher Mühle wurde im 30-jährigen Krieg zerstört, danach wieder aufgebaut und diente noch im 19. Jahrhundert als Ölmühle. Eine weitere Mühle stand Bach abwärts zwischen Selchenbach und Herchweiler. Im 19. Jahrhundert war Selchenbach auch eine Bergbaugemeinde. Die Felder der Ostergrube und der Grube Leimgraben erstreckten sich teilweise auf die Ortsgemarkung. Über insgesamt vier Jahrzehnte erfolgte der Abbau von Kohlen am Karstrech und "Ober der Säuwiese" bzw. "Off de Hall". Da die Kohle aber nur von geringer Qualität war, wurde die ohnehin schwierige Förderung 1874 eingestellt.

Heute ist Selchenbach eine reine Wohngemeinde für Beschäftigte der unterschiedlichsten Berufe, die zu ihrer Arbeit zumeist auspendeln müssen. Der Ort liegt unmittelbar an der Bundesstraße 420, die von Ottweiler in Richtung Mainz führt. Durch den innerörtlichen Ausbau der Straße mit Anlage sicherer Gehwege und Errichtung zweier Buswartehallen hat die Gemeinde deutlich an Attraktivität gewonnen. Aufgrund der Mobilität der Bevölkerung gibt es jedoch seit einigen Jahren kein Lebensmittelgeschäft mehr im Ort, auch die früheren Gastwirtschaften sind geschlossen. Zum Einkaufen fahren die Bewohner nach Kusel, St. Wendel und Kaiserslautern. Die Auffahrt zur Autobahn A 62 liegt nur 5 Kilometer weit vom Ort entfernt, die nächsten Bahnhöfe befinden sich in Kusel und St. Wendel.

0.16.Nachweise

Verfasser: Hans Kirsch

Redaktionelle Bearbeitung: Ernst Schworm

Literatur:

  • Alter, Willi (Hg.): Pfalzatlas I, Speyer 1964 - Die Bevölkerung der Pfalz im Jahre 1825 / Bevölkerungsveränderungen 1825-1961, S. 180.
  • Bantelmann, Niels: Die Urgeschichte des Kreises Kusel, Speyer 1972
  • Heß, Melanie: Entstehung und Inhalt des Grundkatasters der Gemeinde Selchenbach, in: Westricher Heimatblätter Jg. 26/1 (1995), S. 4-16.
  • Kirsch, Hans: Sitten und Bräuche im Ostertal, in: Westrichkalender Kusel 1987, S. 87-89.
  • Kirsch, Hans: Ein Palmzweig, eine Blume, ein letzter Gruß... Zur Geschichte eines Friedhofs im saarländisch-pfälzischen Grenzgebiet, in: Westrichkalender Kusel 1993, S. 83-88.
  • Kirsch, Hans: Die Abtrennung des Königreicher Hofs von Selchenbach, in: Westrichkalender Kusel 1999, S. 176-179.
  • Kirsch, Hans: Warum Eschenau und St. Julian 1816 bayerisch wurden, in: Westrichkalender Kusel 2000, S. 144-145.
  • Kirsch, Hans; Zimmer, Klaus: Chronik des mittleren Ostertals Band III, Von der Französischen Revolution bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, Niederkirchen i. O. 2001.
  • Klein, Wilfried: Wirtschaftliche Entwicklung und politische Radikalisierung im Bezirk Kusel während der Jahre 1924 -1930. [Manuskript]
  • Kramer, Karl: Geschichte des Volksschulwesens im früheren Herzogtume Zweibrücken, Band II, Kaiserslautern 1915, S. 432.
  • Pöhlmann, Carl: Regesten der Lehensurkunden der Grafen von Veldenz, Speyer 1928.
  • Zimmer, Klaus: Chronik des mittleren Ostertals, Band I - Von der Steinzeit bis zum Ende des 30-jährigen Krieges, Niederkirchen i. O. 1990.
  • Zimmer, Klaus: Chronik des mittleren Ostertals, Band II, Vom 30-jährigen Krieg bis zur Französischen Revolution, Niederkirchen i. 0. 1993.
  • Zimmer, Klaus: Geschichtliche Kurzinformation über Selchenbach im Ostertal, in: Westrichkalender Kusel 1992, S. 128-132.